"Global Player" gegen Lärm- und Klima-Schutz

Autor:  Horst Bröhl-Kerner,     04.02.2014

Während vor Ort um kleine Fortschritte im Lärmschutz gerungen wird, starten die "Global Player" der Luft­verkehrs­wirtschaft auf nationaler und inter­nationaler Ebene neue Versuche, alle Hinder­nisse für ein weiteres unbe­grenztes Wachstum aus dem Weg zu räumen. Sie wollen mehr Menschen und mehr Fracht um die Welt fliegen, sie wollen ihre Flugzeuge besser auslasten, vor allem aber wollen sie mehr Profit. Dafür sollen auch alle Beschränkungen fallen, die ihnen aus Gründen des Gesundheits- und Umwelt­schutzes auferlegt wurden.
Auch wer einfach nur Ruhe und saubere Luft haben will, wird diese Aktivi­täten nicht ignorieren können. Nachfolgend sollen einige der neueren Attacken kurz beschrieben und überlegt werden, was dagegen zu tun ist.


Das "Luftverkehrskonzept" für Deutschland

Das Bedürfnis, die Entwicklung der Luft­verkehrs­wirtschaft irgendwie zu steuern und Rahmen­bedingungen für sie festzulegen, ist schon älter. Ein erstes Luft­verkehrs­konzept für Deutschland wurde in den neunziger Jahren des vergangenen Jahr­hunderts entwickelt, ohne grössere Spuren zu hinterlassen. Im Jahr 2000 wurde ein Flughafen­konzept verabschiedet und nach heftigen Diskussionen im Jahr 2009 erneuert, ohne den Wildwuchs völlig überflüssiger Regional­flughäfen verhindern zu können. Anfang 2013 legte die Bundes­regierung eine neue Luftfahrt­strategie vor, und kurz danach begann eine Kommission unter Leitung des ehemaligen hessischen Verkehrs­ministers Posch, Anforderungen an ein neues "Luft­verkehrs­konzept für Deutschland" zu formulieren. Die neue Bundes­regierung hat in ihrem Koalitions­vertrag versprochen, ein solches Konzept zu entwickeln, und die Luft­verkehrs­wirtschaft hat schon mal zusammen geschrieben, was sie gerne darin stehen hätte. Was kommt da auf uns zu?

Die "Anforderungen" der Posch-Kommission lassen nichts Gutes erwarten. Zwar hat sich wohl vor allem das Umwelt­bundes­amt redlich bemüht, eine allzu einseitige Ausrichtung des Textes zu verhinden, und man findet Aussagen wie

"Die Kommission geht von einer gleich­wertigen Bedeutung der wirtschaft­lichen und umwelt­bezogenen Belange aus",
aber um Miss­verständnisse zu vermeiden, heißt es gleich dahinter
"Ziel eines Luft­verkehrs­konzeptes für Deutschland sollte sein, in Balance mit wirtschaft­lichen, ökolo­gischen und sozialen Belangen die Wett­bewerbs­fähigkeit des Luft­verkehrs­standortes Deutschland zu sichern".
"Wett­bewerbs­fähigkeit ... sichern" ist also das Ziel, alles andere sind Rahmen­bedingungen, die abgewogen zu gestalten sind. Im Folgenden wird dann das übliche Wachstums­dogma herunter­gebetet, und Lärm und Schadstoffe (verniedlichend "Umwelt­belastungen" genannt, von Gesundheit ist nirgendwo die Rede) müssen hauptsächlich deshalb soweit vertretbar reduziert werden, weil sonst die Akzeptanz für das Wachstum in Gefahr geraten könnte.
Allerdings kommen die Apologeten des Neo­liberalismus, die unter Führung von Herrn Posch die eindeutige Mehrheit in der Kommission stellten, mit ihrer Argumentation immer wieder in Schwierig­keiten. Überall da, wo sie staatliche Leistungen für die Luft­verkehrs­wirtschaft in Anspruch nehmen (sprich: Steuer­gelder abgreifen) wollen, schimmert durch, was Verkehrs-Infra­struktur eigentlich ist: ein Element der Daseins­vorsorge, das nicht dem Prinzip der Profit­maximierung unterworfen sein, sondern im öffentlichen Interesse geplant und entwickelt werden sollte.
So fordert das Papier u.a.
Das klingt fast, als solle der Luftverkehr aufgrund der volks­wirtschaft­lichen Notwendig­keiten staatlich geplant werden. Zugleich zeigt aber das Gejammer über die aktuelle Stagnation, dass es nicht darum geht, tatsächlich vorhandene Bedarfe zu befriedigen. Stillstand ist eine Katastrophe; der Luftverkehr muss wachsen, wachsen, wachsen, auch wenn keiner fliegen will. Das Papier muss das gar nicht mehr extra betonen, es setzt durchgehend "Entwicklung des Luftverkehrs" mit "Wachstum" gleich. Nur sicherheits­halber wird nochmal eingeschoben, dass die Bundes­regierung natürlich "die Liberalisierung des Luftverkehrs weiter­entwickeln" muss.

Der eigentliche Sinn der ganzen Veranstaltung liegt aber wohl darin, die Kompetenz des Bundes stärker im Interesse der Wirtschaft einzusetzen. Dort, wo der Bund die "nationale Bedeutung" bestehender Infra­struktur erkannt hat, soll er zur Not auch gegen die betroffenen Länder die gewünschten Rahmen­bedingungen durchsetzen. Die Sprache ist hier noch zurückhaltend, aber die Absicht ist klar: "wettbewerbs­fähige" Dimensionen, d.h. insbesondere Ausbau­maßnahmen und Betriebs­zeiten, sollen notfalls zentral gegen jeden lokalen Widerstand durchgezogen werden.

Eine Koordination zwischen Bund und Ländern zur effektiven Organisation des notwendigen Luftverkehrs und zur sinnvollen Entwicklung der dafür notwendigen Infrastruktur wäre dringend notwendig.
Eine stärkere Bundeskompetenz zum Abräumen aller "Wettbewerbs­hindernisse" muss dagegen unbedingt verhindert werden.


Das EU - Flughafenpaket

Nachdem die EU-Kommission bereits 2007 angekündigt hatte, dass sie sich Gedanken um die europäischen Flughäfen machen wollte, hat sie im Dezember 2011 drei Verordnungs­entwürfe vorgelegt, die zusammen mit einem Strategie­papier das "EU-Flughafenpaket" bildeten. Der hier wichtigste Teil davon war der Entwurf für eine Verordnung über "lärmbedingte Betriebs­beschränkungen" (lies: Nachtflug­verbote), der es den Mitglieds­staaten erschweren soll, solche Beschränkungen einzuführen, und es darüber hinaus der EU-Kommission ermöglichen sollte, sie auch wieder abzuschaffen, falls sie schon eingeführt sind. Insbesondere die US-Regierung und einige US-Firmen hatten auf eine solche Regelung gedrungen.
Eine ausführliche Kritik an diesem Entwurf gibt es in der gemeinsamen Stellung­nahme der Bundes­vereinigung gegen Fluglärm und der Arbeits­gemeinschaft der Fluglärm­kommissionen. Auch die AG Europa des BBI hat sich dazu positioniert.

Nach längeren Auseinander­setzungen wurde Ende Januar 2014 eine Einigung zwischen Vertretern von Kommission, Ministerrat und Parlament gemeldet. Danach bekommt die Kommission zwar kein formales Vetorecht, muss aber über alle Betriebs­beschränkungen informiert werden und kann dazu Stellung nehmen (was keinen Sinn macht, wenn damit nicht Druck ausgeübt werden soll). Auch wird der sog. "Balanced Approach" bekräftigt, der die Mitglieds­staaten verpflichtet, Betriebs­beschränkungen zum Zweck des Lärmschutz nur als aller­letztes Mittel einzusetzen. Es bleibt abzuwarten, was die Anwendung dieser Verordnung bringen wird. Wenn die jetzige Einigung von allen Beteiligten bestätigt wird, wird die Verordnung 2016 in Kraft treten.

Sollte die "Betriebs­beschränkungs-Verordnung" gemäß dem jetzigen Kompromiss verabschiedet werden, bietet sie der EU-Kommission nach wie vor Möglichkeiten, Druck für weitere "Liberalisierungen" auszuüben und lokale Betriebs­beschränkungen aus Lärmschutz­gründen, insbesondere Nachtflug­verbote, in Frage zu stellen.
Bund und Länder müssen sicherstellen, dass derartige Betriebs­beschränkungen rechtssicher verankert werden können.


Die Freihandelsabkommen (TTIP & Co.)

Freihandels­abkommen dienen nicht nur dazu, Zölle zu beseitigen, sondern auch sog. "nicht-tarifäre Handels­hemmnisse", von unter­schied­lichen Kenn­zeichnungs­pflichten für Produkte bis hin zu Umweltschutz-, Sicherheits- und Arbeitsschutz-Vorschriften. Das gilt auch für das "Trans­atlantic Trade and Investment Partnership ( TTIP)", mitunter auch "Trans­Atlantic Free Trade Agreement (TAFTA)" genannt. Was da aktuell weitgehend unter Ausschluss der Öffent­lichkeit zwischen EU und USA verhandelt wird, hat ein breites Bündnis von zivil­gesellschaft­lichen Organisa­tionen ans Licht gezogen und kritisiert. Eine gut lesbare Übersicht über die Inhalte der Verhandlungen und die wichtigsten Problem­bereiche hat die EU-Koordination des Deutschen Naturschutz­rings zusammen­gestellt.
Auch innerhalb der EU-Institutionen regt sich Widerstand. Eine Studie für den Umwelt­ausschuss des Europa-Parlaments empfiehlt offen die Ablehnung dieser Verhandlungen und identifiziert unter den Bereichen, in denen EU-Regeln durch das Abkommen besonders gefährdet sind, auch die Luftfahrt. Zwar bezieht sie sich dabei insbesondere auf den Emissions­handel, aber aus dem Text wird deutlich, dass auch andere Bereiche gefährdet sein können, insbesondere natürlich Betriebs­beschränkungen wie Nachtflug­verbote.
Auf US-Seite kämpft ein ähnliches Bündnis aus den gleichen Gründen gegen TTIP und TPP ("Trans-Pacific Partnership", ein vergleich­bares Abkommen, dass die USA mit 12 pazifischen Staaten schliessen wollen). Hier kommt noch hinzu, dass die Verhandlungen völlig der parlamen­tarischen Kontrolle entzogen werden sollen und Exekutive und Konzerne allein entscheiden wollen.
Der Widerstand auf beiden Seiten des Atlantik wird über das Seattle to Brussels Network koordiniert.

Nachdem allein in Deutschland weit über 300.000 Menschen einen Appell unterzeichnet haben, diese Verhandlungen zu beenden, hat die EU-Kommission ein kleines Stückchen eingelenkt und erklärt, dass ein Teil der laufenden Verhandlungen für einige Monate ausgesetzt und eine sog. "Konsultation zu Sonder­klage­rechten für Investoren" durchgeführt werden soll, damit die Kritiker der Kommission die Meinung sagen können (s. Presse­mitteilung der EU-Kommission mit Links zu weiterem EU-Material). Damit ist jedoch nur ein kleiner Teil der Aktivitäten erfaßt, andere Verhandlungs­runden laufen unein­geschränkt weiter.
Um den Vorwurf der "Geheim­verhandlungen" zu entkräften, wurde auch ein neues Beratungs­gemium einberufen, in dem auch Vertreter der Zivil­gesellschaft sitzen, so u.a. Pieter de Pous vom Europäischen Umweltbüro EEB und Jos Dings von Transport & Environment. Inwieweit dieses Gremium aber tatsächlich Öffentlichkeit herstellen und Kontrolle ausüben kann, bleibt abzuwarten.

Die Europa-Wahlen im Mai müssen unbedingt dazu genutzt werden, die Kandidatinnen und Kandidaten zu fragen, wie sie zu diesen Abkommen und ihren Folgen stehen. Wer die souveränen Rechte der EU und ihrer Mitglieds­staaten und das erreichte Niveau des Arbeits-, Gesundheits- und Umwelt-Schutzes dem Freihandel opfern will, ist nicht wählbar.


Klimaschutz a la ICAO

Ein Großteil der inter­nationalen Klimaschutz-Bemühungen läuft unter dem Dach der Klima­rahmen­konvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC). Am 27.09.2013 hat die UN-Unter­organisation IPCC ihren fünften Sachstandsbericht veröffentlicht und betont, dass die Emissionen von Treibhaus­gasen dringend gesenkt werden müssen, wenn eine Klima­katastrophe verhindert werden soll. Eine Woche später, am 4.10.2013, hat die General­versammlung der UN-Unter­organisation ICAO begonnen, den Auftrag umzusetzen, den sie 1997 im Rahmen des Kyoto-Protokolls erhalten hatte, und eine Resolution beschlossen, die aussagt, wie der Beitrag der Zivil­luftfahrt aussehen soll. Bis zum nächsten Treffen 2016 möchte man darüber nachdenken, ob man eventuell vielleicht ab 2020 einen Mechanismus etablieren möchte, der materielle Anreize dafür geben könnte, die CO2-Emissionen des Flugverkehrs eventuell vielleicht nicht ganz so schnell steigen zu lassen wie vorhergesehen. Bis dahin soll kein ICAO-Mitglied irgendwelche Maßnahmen ergreifen dürfen, die den inter­nationalen Flugverkehr irgendwie beein­trächtigen könnten.

Diese letzte Bestimmung zielt gegen das EU-Emissions­handels­system (EU-ETS) das versucht hatte, zumindest den europäischen Flugverkehr in den Emissions­handel einzubeziehen und damit CO2-Einsparungen zu errreichen. Die EU hatte bereits eine vollständige Einbeziehung aller Flüge von und nach Europa beschlossen, aber nach Protesten, wiederum vor allem aus den USA, aber auch von Russland, China und anderen, diesen Beschluss bis zur ICAO-Konferenz 2013 ausgesetzt. Nachdem die ICAO aber nur eine unverbind­liche Absichts­erklärung beschlossen hat, hatte die Kommission einen Vorschlag vorgelegt, diese Aussetzung zu beenden. Lobby-Gruppen im Parlament liefen Sturm gegen diesen Vorschlag. Da für eine Mehrheit der Abgeordneten aber wohl eher die Glaub­würdig­keit der EU auf dem Spiel stand, fand der Kommissions­vorschlag (leicht abgeschwächt) doch eine Mehrheit.

Unter den Anti-Klima-Lobbyisten tut sich besonders MdEP Michael Gahler (CDU) hervor, der u.a. auch den Kreis Gross-Gerau in Brüssel vertritt. Sonst eher als Rüstungs­lobbyist bekannt, versuchte er im Verkehrs­ausschuss des EP (obwohl dort nur Stell­vertretendes Mitglied) zusammen mit anderen CDUlern, eine Aussetzung bis 2020 zu erreichen. Damit stellte er sich sogar gegen seinen Partei­kollegen Peter Liese, der als verantwort­licher Bericht­erstatter im Umwelt­ausschuss den Kommissions­vorschlag durch­setzen wollte, aber der hatte die grosse Mehrheit im Ausschuss, und wahrscheinlich demnächst auch im Gesamt-Parlament, hinter sich.
Auch hier ist aber noch längst nicht alles klar. Noch existiert kein Konsens zwischen Parlament, Minister­rat und Kommission, und einige Mitglieds­länder, darunter bisher auch Deutschland, stellen sich gegen diese Entscheidung. Deshalb versucht die internationale Luftfahrtlobby weiterhin, jeden Ansatz von Klimaschutz zu torpedieren, und ihr deutscher Ableger macht eifrig mit. Wenn die Menschheit beim Klimaschutz voran kommen will, muss dieser Bande das Handwerk gelegt werden.

Auch hier bieten die Europa-Wahlen im Mai Gelegenheit, die Kandidatinnen und Kandidaten zu fragen, wie sie in dieser Frage abstimmen wollen. Wem der Profit der Luft­verkehrs­wirtschaft wichtiger ist als Umwelt- und Klima-Schutz, der gehört auch nicht ins Europa-Parlament.



Nachtrag vom 27.04.2014:

Bilanz des EU-Parlaments

Mit der Sitzungs­woche vor Ostern hat das alte EU-Parlament seine Tätigkeit im Wesent­lichen beendet und dabei noch eine Reihe von Prozessen zum Abschluss gebracht, die die Themen­bereiche "Flug­verkehr" und "Fluglärm" betreffen. Die Bilanz ist leider weniger positiv als erhofft.

Im Rahmen des EU-Flughafen­pakets wurde die oben diskutierte Verordnung über "lärm­bedingte Betriebs­beschränkungen" verab­schiedet. Das Bündnis der Bürger­initiativen übt in einer Presse­mitteilung heftige Kritik an diesem Beschluss. Vor dem Hinter­grund, dass eine Zeitlang Besseres erreichbar schien, ist das verständ­lich. Man sollte aber den positiven Aspekt nicht übersehen. Kosten­effizienz und "Balanced Approach" waren auch bisher schon mehr oder weniger explizit die Leit­linien der EU-Fluglärm­politik. Wesent­licher neuer Inhalt des Pakets war in diesem Bereich der Versuch der Kommission, sich zum Ober-Zensor für Betriebs­beschränkungen aufzu­schwingen - und damit ist sie nicht durch­gekommen.
Der Ball liegt jetzt wieder im nationalen Spielfeld. Bundes- und Landes­regierungen könnten nach wie vor Betriebs­beschränkungen durchsetzen, wenn sie es denn wollten. Und hier liegt der eigentlich bedenk­liche Punkt dieses Kompromisses. Die Kommission ist nicht etwa an einem über­mächtigen Parlament gescheitert. Im sog. Trilog hat der Minister­rat, also die Vertreter der EU-Mitglieds­länder, durchgesetzt, dass es bei den nationalen Kompetenzen bleibt, weil sie dieses Thema nach eigenen Bedürfnissen regeln möchten. Und was z.B. die Bundes­regierung sich dazu vorstellt, steht im Koalitions­vertrag: "Generelle Nacht­flug­verbote lehnen wir ab.".

Der Terminplan für die Verhand­lungen über neue Frei­handels­zonen ist durch die Kritik der Zivil­gesellschaft schon derart durch­einander gebracht worden, dass die Karten dafür erst in der neuen Legis­latur­periode neu gemischt werden. Die Bedenken insbesondere gegen TTIP haben inzwischen derartige Ausmaße angenommen, dass selbst sonst kreuz­brave Institu­tionen wie der Deutsche Städte- und Gemeinde-Bund Kritik äußern, weil Elemente der Daseins­vorsorge in Gefahr sind. Hier wird es also sehr darauf ankommen, wie sich die Mehrheit des neuen Parlaments positioniert.
Leider hat das alte Parlament in seiner letzten Sitzung noch einer Verordnung der EU-Kommission zugestimmt, die zwar nicht direkt die aktuell verhandelten Abkommen betrifft, aber die Grundlagen der finan­ziellen Lasten­verteilung im Fall von Investor­klagen regelt und damit Rahmen­bedingungen für alle neuen (und schon bestehende) Abkommen dieser Art schafft. Wie die deutschen EU-Parlamen­tarier­Innen bzw. Parteien dazu abgestimmt haben, kann man hier nachsehen.

Auch bei der Einbeziehung des Luftverkehrs in den europäischen Emissions­handel kommt es auf das neue Parlament an. Hier ist das alte Parlament komplett vor dem Minister­rat eingeknickt und hat entgegen der Empfehlung seines zuständigen Fachaus­schusses zugestimmt, die Einbeziehung inter­nationaler Flüge bis 2016 komplett auszu­setzen. Gerade die deutsche Regierung hat hier massiven Druck ausgeübt - Ex-"Klimakanzlerin" Merkel hat offen­sicht­lich nicht nur ein Herz für die notleidende Auto­industrie, sondern auch für die darbende Luftfahrt.

Der Voll­ständig­keit halber sei noch ein Beschluss erwähnt, der allerdings nicht vom Parlament kommt: Die EU-Kommission hat per Erlass die Subventio­nierung von Regional­flughäfen und Billig­fluglinien fortge­schrieben. Öffentlich stellt sie es zwar anders dar, aber die Hinter­gründe sind in einem Kommentar von Jos Dings gut erläutert.


Hintergründe zum "Luftverkehrs­konzept"

Zum Thema "Luftverkehrs­konzept" gibt es noch einige interessante Hinter­grund-Infor­mationen. Bereits im März erschien eine vom BdL bestellte Studie zur Wett­bewerbs­fähigkeit der deutschen Luft­verkehrs­wirtschaft. Eine der ersten Adresse für wissen­schaftlich verbrämte Polit-Studien dieser Art ist natürlich der allseits bekannte Prof. Rürup und sein "Handels­blatt Research Institute". Er kommt wunsch­gemäß zu dem Ergebnis, dass insbesondere Luft­verkehrs­steuer, Emissions­handel und Betriebs­beschränkungen Gift für die Wett­bewerbs­fähigkeit sind. Dabei rechnet er natürlich auch aus, wie teuer hohe Arbeits-, Sozial- und Umwelt-Standards kommen, erklärt diese aber mit salbungs­vollen Worten für ander­weitig nützlich - schließlich will man im aktuellen Konflikt zumindest die Gewerk­schaften mit im Boot haben. Und die von diesen Standards ach so gebeutelten Konzerne, wie die Lufthansa, wissen ja auch so, was sie zu tun haben.
Anderer­seits gibt es Erfolgs­meldungen, die man anscheinend nicht so gerne allzu laut hinaus posaunt. So krönt die Weltbank Deutsch­land zum "Logistics Champion 2014" und McKinsey erklärt Deutsch­land zum obersten Globali­sierungs-Gewinner, wobei "Global Connected­ness" die Haupt­rolle spielt. Letzteres kommentiert die FAZ eher beiläufig und distanziert, während die Bertels­mann-Stiftung sogar solange mit anderen Indices herum­spielt, bis sie Finnland auf Platz 1 setzen kann (und Deutschland "nur" auf Platz 4 landet) - german under­statement ? Auch Frau Merkel tut ja gerne so, als hätte sie in der EU fast nichts zu sagen. Offenbar herrscht es sich zur Zeit besser, wenn man dabei nicht allzu sehr im Rampen­licht steht.
Wer aber noch Zweifel gehabt haben sollte, auf welch hohem Niveau BDL und Co. zu jammern pflegen, kann sich von diesen Elaboraten eines Besseren belehren lassen. Es geht nicht um das Aufholen oder Beseitigen irgendwelcher Defizite - es geht um Vorrang­stellung und Maximalprofit.



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