Die HLNUG-Messungen in Flörsheim

Um den Einfluss der lokalen Beding­ungen ab­schätzen zu können, ist zunächst die Lage der Quellen für Emis­sionen ultrafeiner Partikel im Umfeld der Meß­station zu betrachten. Da derartige Partikel im Prinzip bei allen Verbrennungsprozessen, insbesondere aber bei besonders effektiver Verbrennung in Turbinen und Motoren entstehen, gibt es eine ganze Reihe potentieller Quellen.


Quellen aus dem Flugbetrieb

Grafik: Karte Flugrouten, Wind, ergänzt

Abb. 1: Die Grafik zeigt die Lage der Meßstation in Flörsheim, die Flug­routen in ihrer Nähe, einige sonstige UFP-Quellen sowie die Wind­richtungs­verteilung für 2022 in der Nähe dieser Station.

Als Quellen für UFP aus dem Flug­betrieb kommen zunächst die An- und Abflug-Routen im Umfeld der Station in Frage. Man erkennt auf der Karte in Abb. 1, dass die Grund­linie für den Anflug auf die Nordwest­bahn (oberste blau gestri­chelte Linie mit Pfeilen) nur wenige Meter nördlich an der Meß­station vorbei­führt. Die Norm-Überflug­höhe an dieser Stelle beträgt 300 Meter. (Falls mal eine Maschine den "lärm-mindernden" 3,2°-Anflug wählen sollte, wären es 320 m).
Emissionen dort anflie­gender Flug­zeuge können die Meß­station bei (schwachen) südwest­lichen bis nordöst­lichen lokalen Winden erreichen. Aller­dings sollten solche Anflüge nur statt­finden, wenn der Wind am Flug­hafen mit einer Kompo­nente stärker als 5 Knoten aus Nordost weht ('Rücken­wind­kompo­nente').
Theo­retisch könnten auch die Emis­sionen der Anflüge auf das Parallel­bahn­system (blau gestri­chelte Linien mit Pfeilen unten) eine Rolle spielen, die in den gleichen Zeit­räumen statt­finden. Hier müssten Winde aus südwest­lichen bis öst­lichen Rich­tungen die Partikel transpor­tieren.


Grafik: Flugrouten und -höhen

Abb. 2: Das Bild zeigt reale Abflüge und die dabei geflogenen Höhen im Umfeld der Flörs­heimer Meß­station.

Die Nordwest­abflug­routen (obere orange­farbene Linien in Abb. 1, oberes rotes Linien­bündel in Abb. 2) liegen etwas weiter im Norden, werden weniger genau einge­halten und die Über­flug­höhen vari­ieren deutlich stärker. Wie Abb. 2 zeigt, werden Höhen zwischen 1.000 und 2.000 ft (300 - 600 Meter) bereits unmittel­bar am Flug­hafen erreicht, im Nord­osten der Station (der Haupt­wind­rich­tung aus Osten) werden Höhen zwischen 2.000 und 4.000 ft (600 - 1.200 Meter) erreicht, im der Station nächsten Punkt nur gering­fügig mehr.
Emissionen von diesen Routen können die Meß­station bei (schwachen) nordwest­lichen bis öst­lichen lokalen Winden erreichen. Solche Anflüge finden nach der Regel bei allen Winden am Flug­hafen statt, die keine Komponente stärker als 5 Knoten aus Nordost haben.

Abflüge über die Südum­fliegung (mittleres rotes Linien­bündel in Abb. 2) und über die Start­bahn West (senk­rechtes rotes Bündel ganz rechts) sind bereits relativ weit entfernt und setzen stärkere Winde aus öst­lichen bis südöst­lichen Rich­tungen für den Trans­port voraus. Die Flug­höhen schwanken auf der Südum­fliegung ebenfalls stark und liegen im gekenn­zeichneten Bereich zwischen 2.000 und 5.000 ft (600 - 1.500 Meter).
Ein Einfluss des Boden­betriebs am Flug­hafen oder der Flug­routen auf der Ostseite erscheint extrem unwahr­scheinlich.


Lokale Quellen

Luftbild Flörsheim

Abb. 3: Das Bild zeigt den kleinen Park, in dem die Meßstation stand, sowie potentielle Quellen für UFP östlich davon.

HLNUG-Station Flörsheim

Abb. 4: Und dieses Bild der Meßstation zeigt das HLNUG auf seiner Webseite.


Die Meßstation stand in einem kleinen Park, so dass rele­vante UFP-Quellen im unmittel­baren Umfeld (im schlimmsten Fall Gruppen von Rauchern oder gärtne­rische Maschinen) die Messungen wohl kaum beein­trächtigt haben. Rund 500 Meter östlich verläuft die Bundes­strasse 519, direkt daran liegt ein Logistik-Zentrum, von dem intensiver LKW-Verkehr auch zu sonst unüb­lichen Verkehrs­zeiten ausgehen dürfte.
In etwa zwei Kilo­meter Entfer­nung im Osten verläuft die Auto­bahn A3, eine der am stärksten frequen­tierten Strassen Deutsch­lands. Der Strassen­verlauf liegt erhöht, da die Strasse dort den Main über­quert, dazwischen befinden sich fast aus­schliess­lich niedrig bewachsene Acker­flächen. Ein Einfluss der Emis­sionen des Auto­verkehrs ist daher wahr­schein­lich.

Weiter entfernt im Südwesten liegt die Main­brücke der B43, dahinter das Gewerbe­gebiet Keramag. Ein Einfluss von dort ist weniger wahr­schein­lich, aber nicht völlig auszu­schliessen.


Was die Messungen aussagen könnten

Die Messungen wurden mit einem reinen Partikel-Zähler durch­geführt, so dass keine Aussagen über die gemes­senen Partikel-Grössen oder ihre chemische Zusammen­setzung vorliegen. Dafür sind die Messungen (zumindest in den Rohdaten) zeitlich hoch aufge­löst, so dass auch die Wirkungen kurzer Ereig­nisse (z.B. Überflüge) verfolgt werden können.
Einzige zusätzliche Infor­mationen sind die jeweilige Wind­richtung und -geschwin­digkeit, eventuell noch die Konzen­tration anderer Schad­stoffe. Letztere können u.U. dabei helfen, den Einfluss von Partikel­emissionen aus anderen Ver­brennungs­motoren (PKW, LKW) abzu­schätzen.

Im ersten Schritt wären daher die räum­lichen und zeit­lichen Charakte­ristika der poten­tiellen UFP-Quellen mit den Meß­werten zu korre­lieren. Für die vermut­lich sehr rele­vanten Emis­sionen der Anflüge auf die Nordwest­bahn heisst das, dass die Meß­werte zu den Zeiten betrachtet werden müssten, in denen tatsäch­lich Anflüge statt­fanden und in denen die lokalen Wind­bedingungen einen Trans­port der emittierten Partikel zur Meß­station erlaubten. Gleiches gilt für die Abflüge auf den Nordwest­routen und der Südum­fliegung.
Die vom HLNUG veröffent­lichten Halb­stunden-Werte für die Anzahl­konzen­tration reichen dafür nicht aus. Je näher die Über­flüge an der Station statt­finden, desto kurz­zeitiger ist die Ein­wirkung, so dass Betrach­tungen in Minuten-Zeit­räumen not­wendig werden.

Für die sonstigen lokalen Quellen (Logistik­zentrum, B519, A3) bleibt ohne zusätz­liche Informa­tionen über Tages­gang und Aus­breitungs­verhalten der dortigen Emis­sionen nur die Möglich­keit, durch Betrach­tung der jeweils in Frage kommenden Wind­sektoren Abschät­zungen über deren Beitrag zu gewinnen.


Warum die HLNUG-Auswertungen nichts aussagen

Die HLNUG-Auswer­tungen enthalten nichts von dem, was für eine sinn­volle Quellen-Abschät­zung not­wendig wäre. Ihre "drei grund­sätz­lichen Belas­tungs­situa­tionen" basieren auf einem "Wind­sektor 45° bis 134°" (in Abb. 1 mit durch­gehenden blauen Strichen markiert), dessen Konstruk­tion jegliche Logik sowie jeden Bezug zu den lokalen Beding­ungen vermissen lässt. In nörd­licher Rich­tung greift er schon weit über das Flug­hafen­gebiet hinaus, schliesst aber wesent­liche Teile der rele­vanten Flug­routen nicht mit ein. Auch möglicher­weise rele­vante lokale Quellen wie die B519 und die A3 werden jeweils nur etwa zur Hälfte erfasst.
Im Süden reicht der Sektor noch wesent­lich weiter über das Flug­hafen­gebiet hinaus. Sollte hier die Absicht sein, Flug­routen mit einzu­beziehen, wider­spräche das in Bezug auf die Abflug­routen aber den Grund­annahmen des HLNUG. Danach werden die Belas­tungen von "ultra­feinen Partikel, die von den Flug­zeug­trieb­werken beim Betrieb am Boden auf dem Flug­hafen­gelände und auf niedrigen Flug­höhen unter 400 Metern (z.B. beim Anflug auf die Lande­bahn Nordwest und das Parallel­bahnsystem) ausge­stoßen werden", verur­sacht. 400 Meter Höhe werden aber beim Abflug in aller Regel schon beim Verlassen des Flug­hafen­geländes erreicht. Die erwähnten Anflug­routen werden von diesem Wind­sektor aber wiederum nur zu höchstens der Hälfte ihres Einfluss­bereiches erfasst.

Da aber alle denk­baren rele­vanten Quellen für UFP ganz oder teil­weise im Osten der Meß­station liegen und der Wind auch haupt­sächlich aus östlichen Rich­tungen weht, wird jeder Wind­sektor, der irgend­wie gross genug und nach Osten ausge­richtet ist, im Jahres­mittel eine höhere Anzahl­konzen­tration anzeigen als der rest­liche Bereich. Über den Beitrag einer bestimmten Quelle sagt das absolut nichts aus.


Was getan werden müsste

Um wirklich zu belast­baren Aussagen über die Quellen der Belas­tung mit ultra­feinen Partikeln in Flörsheim zu kommen, müssen sicher­lich zusätz­lich zu den oben vorge­schlagenen Auswer­tungen der vorhan­denen Meßdaten weitere Daten erhoben werden. An erster Stelle steht dabei natürlich die Bestim­mung chemischer Marker, die eine eindeutige Zuord­nung gemes­sener Partikel zum Flug­betrieb erlauben. Da dies zeitlich hoch aufgelöst nicht möglich ist, ergäbe sich daraus eine Aussage darüber, wie hoch der Anteil der Flug­zeug­emissionen an der Gesamt­belastung über einen gewissen Zeit­raum ist. Messungen der Grössen­vertei­lungen der Partikel in den verschie­denen Anflug-, Abflug- und Nicht­betriebs-Situa­tionen können diese Aussagen unter­stützen.
Auf der anderen Seite würde auch eine genauere Bestim­mung der sonstigen lokalen Quellen (Anzahl der Partikel­emissionen, Tages­gang, Aus­breitungs­verhalten) helfen, deren Beitrag abzu­schätzen.
Mit entsprechend aufwändigen statis­tischen Methoden sollte es dann möglich sein, die rela­tiven Beiträge der verschie­denen Quellen zur UFP-Gesamt­belastung im Tages- und Jahres­gang zu bestimmen und, verbunden mit Ergeb­nissen aus anderen Orten, daraus ein Modell zu ent­wickeln, das es erlaubt, die Verän­derung der Belas­tung mit der Zunahme des Flug­verkehrs zu prognos­tizieren - aber auch zu ermitteln, wie der Flug­verkehr schrumpfen muss, um die Belastung in gesund­heits­verträg­lichen Grenzen zu halten.


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