(on the policy options for market-based measures to reduce the climate change impact from international aviation)
Die EU hat den Anspruch, ihre Gesetzgebung regelmäßig zu überprüfen und auf dem neuesten Stand zu halten (und seit einiger Zeit leider auch, sie zu "vereinfachen" und Konzern-freundlicher zu gestalten). Diese Überprüfungen sind in den meisten Fällen auch mit einer öffentlichen Konsultation verbunden, die es allen Interessierten erlaubt, ihre Meinung dazu zu äussern.
Dazu gibt es üblicherweise einen Fragebogen, in dem die Kommission abfragt, was sie wissen will (und der in der Regel bereits andeutet, was sie zu ändern gedenkt), aber auch die Möglichkeit, seine Meinung zu diesen Fragen oder zu anderen Punkten mit Bezug zur jeweiligen Gesetzgebung weitergehend zu erläutern.
Dabei gibt es allerdings feine Unterschiede: wer sich bei der EU als "Stakeholder" registrieren läßt, dessen Beiträge werden auch getrennt erfasst und gewürdigt. Beiträge von Einzelpersonen oder Gruppen, die sich nicht registriert haben, werden eher summarisch behandelt. Hier interessiert die Kommission in erster Linie, wieviele Beiträge eingehen, wie wichtig das Thema also in der Öffentlichkeit genommen wird. Gelesen wird allerdings alles, was kommt.
Dass die EU-Kommission aktuell eine Konsultation durchführt, die sich mit "der Reduktion der Klimawirkungen der internationalen Luftfahrt" befasst, ist solchen EU-internen Verpflichtungen geschuldet.
Im Jahr 2008 hatte die EU beschlossen, die CO2-Emissionen des Luftverkehrs von und nach Europa in ihr 2003 eingeführtes Emissionshandelssystem
EU-ETS einzubeziehen, nachdem die ICAO-Mitgliederversammlung im Jahr zuvor deutlich gemacht hatte, dass ICAO den ihr bereits 1997 in Kyoto erteilten Auftrag, die Emissionen aus dem Luftverkehr international zu begrenzen, weiterhin verzögern würde. Nach heftigem Widerstand mehrerer Fluggesellschaften und Staaten und nachdem ICAO 2013 versprochen hatte, 2016 endlich ein entsprechendes System zu beschliessen und 2020 einzuführen, hatte die EU die Einbeziehung internationaler Flüge vorläufig ausgesetzt mit der Auflage, über das weitere Vorgehen auf der Grundlage der Ergebnisse der ICAO-Tagung im Herbst 2016 neu zu beschliessen. Diese Beschlussfassung muss jetzt vorbereitet werden.
Den Fragebogen, den die Kommission für die Konsultation entwickelt hat, gibt es bisher, wie alle anderen
Informationen dazu auch, nur in Englisch. Er besteht neben dem üblichen formalen Vorspann aus neun inhaltlichen Fragen, die auf 1.000 Zeichen begrenzte Antworten erlauben. Das ist doppelt ungewöhnlich. Zum Einen gibt es nicht die Möglichkeit, einen freien Text hochzuladen, in dem man sich mit dem Thema in beliebiger Form (z.B. mit Tabellen, Karten etc.) auseinander setzen könnte, zum Anderen gibt es keine JA/NEIN-Fragen, die auf klare und quantifizierbare Entscheidungen hinaus laufen würden. Das lässt der Kommission einen weiten Spielraum, die vorgebrachten Argumente zu interpretieren, zu bewerten und zusammenzufassen und so das Gesamtergebnis in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Auch die inhaltliche Fragestellung ist sehr eingeschränkt. Es geht keineswegs um die "Reduktion der Klimawirkungen der internationalen Luftfahrt" allgemein, sondern um "Politik-Optionen für markt-basierte Maßnahmen" (MBMs), mit denen so etwas erreicht werden soll. Damit ist der Fokus von vorneherein auf verschiedene Varianten von Emissionshandel festgelegt. Andere Maßnahmen will die Kommission offensichtlich nicht berücksichtigen, selbst wenn sie vorgebracht werden. Lediglich eine Frage erlaubt noch Ausführungen zu "ergänzenden und zusammenwirkenden" Maßnahmen zum ICAO-MBM.
Da die Fragen sich sehr spezifisch auf die geplanten ICAO-Maßnahmen und das bestehende EU-Emissionshandelssystem beziehen, sind sie ohne entsprechende Fachkenntnisse kaum zu beantworten. Um es dennoch allen Interessierten zu erlauben, die wichtigen grundsätzlichen Botschaften an den richtigen Stellen anzubringen, hat das Bündnis der Bürgerinitiativen
Muster-Antworten erarbeitet. Diese können von allen genutzt werden, indem sie einfach übernommen oder nach eigenen Wünschen modifiziert werden.
Zu einer besonders schwierigen Frage, zu der es auch in der Umwelt-Bewegung unterschiedliche Auffassungen gibt, stehen drei Antwort-Varianten zur Verfügung, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.
Da es nicht anders angegeben ist, können die Antworten in jeder EU-Sprache, also auch in Deutsch, gegeben werden, auch wenn der Fragebogen nur in Englisch vorliegt.
Für diejenigen, die die Chancen erhöhen wollen, dass die Zuständigen bei der EU auch tatsächlich lesen und verstehen, was gemeint ist, gibt es die Musterantworten auch in Englisch.
Der Antwort-Vorschlag, der zur Zeit bei BIFR diskutiert wird, unterscheidet sich auch in einigen Punkten vom BBI-Papier. Die Antworten gibt es da auch in Deutsch und Englisch, wobei nur die englischen Varianten überall die Längen-Vorgabe von 1.000 Zeichen einhalten.
Der Fragebogen selbst ist nur online bearbeitbar. Zwar kann man eine
PDF-Version herunter laden, aber Einsendungen in Papierform oder als Mail-Anhang werden nicht bearbeitet.
Als Letztes muss man noch beachten, dass am
30. Mai 2016 Einsendeschluss
ist. Danach steht der Online-Fragebogen nicht mehr zur Verfügung, und andere Arten von Meldungen werden nicht mehr berücksichtigt. Also: Online-Fragebogen aufrufen, Texte hochladen - und schon muss die EU-Kommission eine weitere Stimme für besseren Klimaschutz in Europa registrieren.