Diese Seite enthält kurze Beiträge zu Themen, die im Jahr 2014 aktuell waren.
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Mit Urteil vom 9.12.14 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Klage des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung hin die Revision gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom September 2013, das die Südumfliegung für unzulässig erklärt hatte, zugelassen. Damit wird es in absehbarer Zeit selbst entscheiden, ob die Festlegung der Südumfliegung zulässig war oder nicht.
Bis dahin darf die ursprünglich festgelegte Route weiter geflogen werden, d.h., die Piloten dürfen noch länger üben, die vorgegebenen Kurven so exakt zu fliegen, dass sie weder zu nahe an die Startbahn-West-Abflüge noch zu nahe an bewohntes Gebiet (d.h. insbesondere Raunheim) kommen (Erläuterungen dazu in einem etwas älteren Kommentar).
In einer neuen Studie hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, LV Hessen (BUND Hessen) nachgewiesen, dass es heute schon möglich wäre, 28.000 Kurzstreckenflüge pro Jahr auf die Schiene zu verlegen. Das Verlagerungspotential insgesamt ist deutlich grösser, die Studie schätzt es auf über 100.000 Flüge.
Um dieses Potential zu nutzen, müsste das existierende AirRail-Konzept, also die engere Verknüpfung von Flug- und Schienen-Verkehr, erweitert und verbessert werden. Leider ist die Bahn derzeit eher auf einem gegenteiligen Kurs und reduziert Angebote, die solche Flüge, insbesondere in der Nacht ersetzten könnten. Daher fordert der BUND in seiner Pressemitteilung auch, dass „der Hessische Verkehrsminister die Verantwortlichen des Flughafens, der Bahn und der Airlines an einen Tisch holt und den Umstellungsprozess moderiert“.
Fraports Argumente für den Bau von Terminal 3 stehen auf immer wackligeren Füssen. Nicht nur würde durch die Verlegung einer solchen Anzahl von Flügen der behauptete Kapazitätsengpass insgesamt deutlich reduziert, auch der von Airbus öffentlich gemachte Rückgang des Bedarfs an Großraumflugzeugen wie den A380, für die Fraport einen besonderen Platzmangel anführt, weist darauf hin, dass dieses Terminal eine gewaltige Fehlinvestition werden kann.
Die Nachrichten aus der letzten Sitzung der Fluglärmkommission sind überwiegend positiv. So ist der gesamte Vorstand der FLK, inkl. des Vorsitzenden, Bürgermeister Thomas Jühe, in geheimer Wahl mit grosser Mehrheit wiedergewählt worden. Trotz vieler Meinungsunterschiede im Detail finden wir das gut, weil die FLK unter dieser Leitung zu einer wirkungsvollen Kraft für die Fluglärmminderung geworden ist. Sie zwingt die Luftverkehrswirtschaft zu einem Maß an Transparenz, das der garnicht recht sein kann, und ihre Beschlüsse können von den Entscheidern längst nicht mehr ohne Weiteres übergangen werden, auch wenn sie nur beratende Funktion hat. Deshalb Glückwunsch und Weiter so - auch wenn natürlich Vieles noch besser werden kann.
Zu den Lärmpausen hat die FLK noch keinen Beschluss gefasst, aber immerhin einen Zwischenbericht und
Kriterien vorgestellt, nach denen sie im Januar eine Empfehlung abgeben will. Beide lassen hoffen, dass sie dem Minister raten wird: "Lass es bleiben".
Der Beschluss zu "Anforderungen an eine Lärmobergrenze" orientiert sich glücklicherweise nicht vollständig am Wörner-Konzept, sondern fordert einen deutlich niedrigeren Grenzwert, eine differenziertere Betrachtung und eine Dynamisierung nach unten. Grundsätzliche Probleme mit diesem Konzept sind damit allerdings noch nicht gelöst.
Auch die Weiterentwicklung der Entgeltstruktur ab 2016 am Flughafen Frankfurt soll zur Förderung des Lärmschutz beitragen.
Karikatur: Europäisches Umweltbüro
Schon die Zusammensetzung der neuen Kommission, die am 1. November ihr Amt angetreten hat, liess für die Umwelt nichts Gutes ahnen. Kaum war der langjährige Organisator einer Steueroase zum Kommissions-Präsidenten gewählt, berief er einen Öl-Lobbyisten zum Klima-Kommissar und machte einen führenden Vertreter einer maltesischen Vogelmord-Bande zum Leiter eines ohnehin geschrumpften Umweltressorts. Entsprechend gedämpft waren die Erwartungen der europäischen Umweltverbände.
Mit der Vorlage des Arbeitsprogramms der neuen Kommission wird nun langsam deutlich, wohin die Reise gehen soll. Bisher war es üblich, dass zu Beginn einer Amtszeit neue Projekte vorgestellt wurden und dabei auch "übrig gebliebene" Gesetzesvorhaben aus der alten Periode, die aus verschiedensten Gründen nicht umgesetzt wurden, zurückgezogen wurden. Die Juncker-Kommission nutzt diese Gelegenheit, auch einige neue, weit fortgeschrittene Verfahren zu beenden, die ihr nicht in den Kram passen.
Dazu gehören die wichtigsten Weiterentwicklungen der EU-Umweltgesetzgebung: die Umsetzung des sog.
Clean Air Policy Package, mit dem die Luftverschmutzung in der EU bis 2030 wenigstens halbwegs auf den Stand reduziert werden sollte, den die Weltgesundheitsorganisation für unverzichtbar hält, und das
Kreislaufwirtschafts-Paket, das die Ressourcennutzung in der EU effektiver machen und die Recyclingquoten steigern sollte.
Hier tobt sich insbesondere Junckers Stellvertreter Timmermanns aus, der den Kahlschlag unter dem Stichwort "Bürokratieabbau" verkaufen möchte.
Das Drehbuch dafür schreibt die Grossindustrie. In einem Brief des konservativen Lobbyverbands BusinessEurope sind die wesentlichen Punkte vorgegeben, die die Kommission umzusetzen hat - und sie tut es. Da nützt es nicht einmal, wenn vergleichsweise fortschrittlichere Wirtschaftsverbände wie der WBCSD das Gegenteil fordern, elf EU-UmweltministerInnen (inkl. der deutschen Ministerin Hendricks) in einem Brief die Beibehaltung beider Initiativen fordern und eine Abstimmung im Ministerrat sich mit einer Mehrheit von 23 von 28 Stimmen ebenfalls für deren Fortführung ausspricht - Timmermanns bleibt hart.
Immerhin bekommt er ja auch Zuspruch. So lobt Fraport ausdrücklich, dass auf der Streichliste auch das Vorhaben einer "Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste" aus dem alten Flughafenpaket steht, das von den meisten EU-Flughäfen heftig bekämpft wurde.
Der Widerstand gegen die Streichung der Umweltschutz-Initiativen geht allerdings weiter. Das EU-Parlament hat angekündigt, dass es sich nachdrücklich für die Beibehaltung einsetzen wird, Umweltverbände mobilisieren die Öffentlichkeit - eine Kraftprobe zeichnet sich ab, die auch darüber entscheiden wird, ob die EU auch noch das letzte bisschen Reputation bei den Bürgerinnen und Bürgern Europas verlieren wird. Die hängt nämlich laut Umfragen ganz entscheidend an den Fortschritten im Umweltschutz, die die EU bisher bewirkt hat.
Nicht auf der Streichliste stehen natürlich die diversen Freihandelsabkommen, über die die EU gerade verhandelt (TTIP, CETA, TISA u.a.), obwohl die selbstorganisierte Bürgerinitiative, als eine unter vielen Initiativen dagegen, binnen weniger Wochen über 1 Million Unterschriften gesammelt hat. Diese Kommission wird noch sehr viel Druck brauchen, bis sie begreift, dass sie die Interessen der EuropäerInnen nicht einfach so übergehen kann, weil einige rückwärtsgewandte Lobbyverbände das so fordern.Diese Frage haben wir vor über einem Jahr schon einmal gestellt, und seither hat sich nicht allzu viel verändert. Zwar gab es zwei Ergänzungen zum Planfeststellungsbeschluss, mit denen dieses Programm durchgesetzt werden sollte, (die wichtigsten Fakten dazu können in unserer Doku nachgelesen werden), aber noch immer geht es mit den Sicherungen schleppend voran.
Wohl deshalb hat die Stadt Raunheim aktuell noch einmal
aufgerufen, das Sicherungsprogramm in Anspruch zu nehmen.
Leider sind die meisten Fragen, die wir damals aufgeworfen haben, immer noch offen. Zwar ist das Anspruchsgebiet auf ganz Raunheim ausgeweitet und alle, auch neuere, Häuser einbezogen, aber nach wie vor weigert sich Fraport in vielen Fällen, wirklich alle Kosten zu übernehmen. Dass man sich das nicht gefallen lassen muss, und von der Politik verlangen sollte, die Rahmenbedingungen für dieses Sicherungsprogramm vernünftig zu setzen, begründen wir hier und haben es in einer Pressemitteilung noch einmal zusammengefasst.
Die "Montagsdemo am Samstag", zu der das Bündnis der Bürgerinitiativen am 22.11.14 aufgerufen hatte, war in vieler Beziehung anders. Zwar war die Teilnehmerzahl nicht wesentlich grösser (1.400 laut interner Zählung), und die sicht- und hörbaren Begleitumstände (Garde-Musikkapelle, Trommeln, Trillerpfeifen usw.) waren sehr ähnlich, aber der Aufruf und die Eingangs-Rede hatten einen etwas anderen Tenor als üblich.
Die politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der Flughafenausbau stattfindet, und die treibenden Kräfte dahinter waren sehr viel direkter Thema, und entsprechend wurden auch die Forderungen des BBI in einen grösseren zeitlichen Zusammenhang gestellt und Bezüge zu anderen sozialen Bewegungen verdeutlicht. Auch der Ablauf war etwas anders als sonst. Der "offizielle" Teil wurde schon recht bald beendet, und dann gingen die TeilnehmerInnen "einzeln und aufgrund individueller Entscheidung" hinaus auf die Zufahrtsstrasse, um sich weiter auszutauschen, wodurch es zu Behinderungen (manche sprachen von "Blockade") des Autoverkehrs kam.
Auch im Hintergrund gab es Unterschiede. So wurde diese Demo nicht vom "Montagsdemo-Team", sondern von der "AG Org" des BBI vorbereitet, und Insider wussten einzuschätzen, dass zwar etwa die gleiche Anzahl von Teilnehmern, aber nicht unbedingt dieselben Leute da waren wie sonst. Dahinter standen und stehen unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Proteste weiterentwickelt und wirksamer gemacht werden können. Vereinfacht gesagt, gehen die einen davon aus, dass, wenn hundert Montagsdemos, die sich im streng vorgegebenen formalen Rahmen halten, keine Veränderungen im Handeln von Fraport und Landesregierung bewirken, man eben 200 oder 300 davon machen muss, bis sich etwas tut, während die anderen es für notwendig halten, zu anderen, provokanteren Aktionsformen überzugehen und zur Not auch mal den Rahmen der Demo-Auflagen zu überschreiten, um wirksam zu stören. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Frage, ob sich die Proteste "nur" gegen den Fluglärm richten sollen, oder ob Erfolge nur möglich sind, wenn man die Triebkräfte analysiert und bekämpft, die zu rücksichtslosem Wachstum auf Kosten von Gesundheit und Umwelt führen. Diese Diskussion ist mit der Demo natürlich nicht beendet, sie wird das Bündnis im nächsten Jahr mit Sicherheit weiter beschäftigen.
Thorsten Schäfer-Gümbel schafft Transparenz
Nachdem Schwarz-Grün ihren Antrag, im Landtag eine Anhörung zu Terminal 3 durchzuführen, im Juli abgelehnt hatte, hat die SPD am 14.11. in Wiesbaden eine eigene Anhörung veranstaltet. Während es aber im Juli im Landtag vielleicht noch spannend gewesen wäre, den Eiertanz der Landesregierung und der sie tragenden Parteien um die Frage, wer über den Bau entscheidet, zu beobachten, wurden hier nur noch die altbekannten Positionen der jeweiligen Experten heruntergeleiert. Bürgerinitiativen und Umweltverbände hatten daher von vorneherein eine Teilnahme dankend abgelehnt.
Daher durfte nun Fraport-Chef Schulte eine Stunde lang erzählen, warum das dritte Terminal absolut notwendig ist, und sich von Luftverkehrslobby, Wirtschaftsverbänden und anderen Ausbau-Befürwortern darin bestätigen lassen, während Kritik nur von einigen Kommunalvertretern (KAG und ZRM) und dem Umweltreferenten der Evangelischen Kirche geäussert wurde.
Interessant dabei war bestenfalls, wie kühl Schulte die Bemühungen des zuständigen Ministers Al-Wazir, die Entscheidung über den Bau noch als offen darzustellen, abprallen liess. Die Frankfurter Neue Presse zitiert ihn mit dem Satz: „Ich glaube schon, dass wir die Kompetenz haben, das zu entscheiden“. Al-Wazir hatte ja auch zwischenzeitlich schon einen Rückzieher gemacht und erklärt, gar kein eigenes Gutachten einholen zu wollen, sondern lediglich die von Fraport vorgelegten Gutachten "auf Plausibilität prüfen" zu lassen.
SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel ist trotzdem zufrieden. Laut Frankfurter Rundschau sagte er zum Abschluss: «Wir haben für Transparenz gesorgt, nun ist es eine Frage des Unternehmens und nicht mehr der Politik, was geschieht». Sollte das Zitat so stimmen, so bestätigt es nur einmal mehr, was die Bürgerinitiativen von vorneherein kritisierten: die Anhörung war keineswegs "ergebnisoffen", sondern darauf angelegt, den Bau von Terminal 3 zu unterstützen. Damit ist zwar transparent, wofür die SPD steht, aber neu ist auch das nicht.
Als erster Teilbereich der NORAH-Studie zu den Auswirkungen von Fluglärm auf Gesundheit und Lebensqualität in Rhein-Main hat nun die Kinderstudie erste Ergebnisse vorgelegt.
Während seriösere Medien Wirkungen wie die verlangsamte Entwicklung von Lesefähigkeiten unter erhöhtem Fluglärm-Einfluss in den Mittelpunkt der Berichterstattung stellen und auch die erhöhte Zahl ärztlich diagnostizierter Sprech- und Sprachstörungen und Medikamenten-Verordnungen erwähnen, reiten Radaublätter auf dem Fakt herum, dass diese Effekte bei Kindern mit Migrationshintergrund nicht eindeutig festgestellt werden konnten. Die beteiligten WissenschaftlerInnen führen dafür jedoch statistische Effekte an und stellen klar fest: "Aus dem Ergebnis
lässt sich keinesfalls folgern, Kinder mit Migrationshintergrund
seien unempfindlich gegenüber Fluglärm."
Als weiteres Ergebnis der Studie wird berichtet, dass zwar auch die Lebensqualität der Kinder unter Fluglärm leidet, dieser Effekt aber als nicht allzu stark empfunden wird. Demnach dürfte man darauf hoffen, dass Kinder generell mit Fluglärm besser fertig werden als Erwachsene.
Dieses Ergebnis nutzen allerdings auch Fraport und andere, um die Resultate insgesamt zu verharmlosen und die notwendigen Schlussfolgerungen auf Massnahmen des passiven Schallschutz zu reduzieren.
Auch die Landesregierung nimmt, wie üblich, "sehr ernst", sieht aber "keine dramatischen Auswirkungen des Fluglärms". Trotzdem möchte sie "umgehend und gründlich prüfen, wie Kinder in besonders belasteten Gebieten unterstützt werden können". Die Pestalozzischule hat darauf reagiert und Sofortmaßnahmen gefordert: ein "Fluglärm-Abschlag" auf die Klassengrösse, um intensivere Betreuung zu gewährleisten, und zusätzliche Fördermaßnahmen für Kinder, deren Leseleistungen unterdurchschnittlich sind. Dazu wurde Kultusminister Lorz (CDU) nach Raunheim eingeladen.
Eine kritische Bewertung der Ergebnisse der Studie durch nicht beteiligte Ärztinnen und Ärzte wird sicherlich in Kürze vorliegen. Als vorläufiges Fazit der Beteiligten kann man herauslesen: Die schädliche Wirkung von Fluglärm konnte genauer nachgewiesen werden als in bisherigen Studien, aber die Frage nach den Wirkungsmechanismen ist so offen wie zuvor. Für eine derart aufwändige und mit viel Vorschusslorbeeren versehene Studie scheint das zunächst einmal als ziemlich dürftiges Ergebnis.
Die Ergebnisse der Teilstudie sind inzwischen auch in einer Broschüre zusammengefasst, die Studiendetails können in vier Einzelberichten auf der Ergebnis-Seite heruntergeladen werden.
... aber kaum hörbar, und nicht wegen der Anstrengungen der Landesregierung oder der Luftverkehrswirtschaft. Vielmehr ist es der weitere Rückgang der Zahl der Flugbewegungen, der dafür sorgt, dass die Belastung der Anwohner zumindest nicht zunimmt.
Wie aus einer Pressemitteilung der Fraport AG hervorgeht, nimmt die Zahl der Flugbewegungen im Winterflugplan 2014/15 gegenüber dem Vorjahr um 1,8 % ab. Damit setzt sich ein Trend fort, der seit 2011 sichtbar ist und dazu führt, dass die Flugbewegungen sich wieder dem Niveau der Krisenjahre 2009/2010 annähern.
Während der Flughafenausbau mit Prognosen begründet wurde, nach denen die Zahl der Flugbewegungen heute schon über 600.000 liegen sollte, pendelt die aktuelle Zahl seit zehn Jahren deutlich unter 500.000. Die Prognostiker lernen daraus allerdings nichts und verschätzen sich regelmäßig nach oben. Auch die neuen Gutachten, die den Bedarf für Terminal 3 rechtfertigen sollen, starten in die falsche Richtung (s. Grafik links), auch wenn sie die Wachstumsraten etwas reduziert haben. Wie man es besser machen könnte, hat der DFLD in einer Bewertung der beiden Pro-Ausbau-Studien dargestellt, auch wenn da "nur" der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Zahl der Flugbewegungen anders dargestellt wird und andere Faktoren, wie das Wachstum der Flugzeug-Grössen, ebenfalls ausser Acht bleiben.
Fraport betont deshalb immer wieder, dass die Zahl der Flugbewegungen nur deshalb zurückgeht, weil die eingesetzten Flugzeuge immer grösser werden, und das Terminal für die nach wie vor wachsende Zahl der Passagiere gebraucht werde.
Man darf davon ausgehen, dass dieses Argument auch von möglichen weiteren Gutachten, die die "Konsortialpartner" Land Hessen und Stadt Frankfurt nun mit grossem öffentlichen Tamtam angekündigt haben, nicht zwingend widerlegt werden kann - und Fraport deshalb bauen wird in der Hoffnung, dass irgendwann mal wieder bessere Zeiten kommen. Zwar können nach einem bekannten
Bonmot nur Verrückte und Ökonomen an ein unbegrenztes Wachstum glauben, aber Fraport-Chef Schulte gehört zumindest zur zweiten Kategorie.
Regine Barth - ab 1. November 2014 Leiterin der Stabsstelle Fluglärmschutz und hessische Fluglärmschutzbeauftragte
Ebenfalls in der unten schon erwähnten Pressemitteilung zum dritten Jahrestag der Eröffnung der Landebahn Nordwest gibt Minister Al-Wazir auch "die Einrichtung einer neuen Stabsstelle für Fluglärmschutz zum 1. November" bekannt und beschreibt ihre Aufgaben: "Innerhalb der Stabsstelle sollen verstärkt innovative Strategien und Konzepte im Bereich des Fluglärmschutzes entwickelt und Einzelmaßnahmen und Instrumenten im Bereich des Fluglärmschutzes analysiert und bewertet werden. Dazu zählen auch die Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Lärmobergrenze und die Intensivierung des Lärmmonitorings." Und er freut sich, "mit Regine Barth eine kompetente und seit vielen Jahren mit allen Fragen des Fluglärmschutzes betraute Expertin gewonnen zu haben.“
Man kann seine Freude verstehen. Mit Regine Barth hat er genau die Expertin auf diesem Posten, die er für seine Politik braucht. Ältere wissen vielleicht noch, dass das Öko-Institut vor vielen, vielen Jahren mal gegründet wurde, um ökologischen und sozialen Bewegungen wissenschaftlich zuzuarbeiten. Der Prozess hin zu einem kommerziellen Institut, das vorwiegend damit beschäftigt ist, die Umsetzung staatlicher Umweltpolitik zu legitimieren, war lang und widersprüchlich. Regine Barth gehört zu den Personen, die ihn mitvollzogen und vollendet haben. Seit 2000 dabei und zuletzt Leiterin des "Bereich Umweltrecht & Governance", muss sie sich in ihre neuen Aufgaben nicht lange einarbeiten. Sie hat die
wissenschaftliche Begleitung des Flughafenausbaus, die das Öko-Institut von Anfang an übernommen hatte, wesentlich mitbestimmt und sowohl im "Regionalen Dialogforum" als auch im "Forum Flughafen und Region" eifrig versucht, die Ziele von Luftverkehrswirtschaft und Landesregierung "wissenschaftlich" zu rechtfertigen.
Dabei hat ihr ihre juristische Ausbildung sicherlich geholfen. Von Standards (natur-)wissenschaftlicher Arbeit weiß sie entweder nichts, oder sie sind ihr egal. Wie dünn die Datenbasis von Fluglärmmessungen auch immer gewesen sein mag, für ein Gutachten mit den gewünschten Ergebnissen hat es allemal gereicht.
Immerhin soll sie noch eine/einen Referentin/Referenten bekommen, die/der über entsprechende Fachkenntnisse verfügt. Dabei wird auch gleich deutlich, dass diese Stabsstelle keineswegs direkt beim Minister angesiedelt ist, sondern als sechstes Referat in der Abteilung V (Mobilität, Luftverkehr, Eisenbahnwesen)
eingerichtet wurde, aber immerhin: sie hat ein "unmittelbares Vortragsrecht" bei Al-Wazirs Staatssekretär Samson. Auch daran kann man die Bedeutung messen, die das Ministerium diesem Thema zuweist.
Frau Barth übernimmt ab 1. November auch das Amt der Fluglärmschutzbeauftragten. Von ihrem Vorgänger (er hiess Patrick Kirsch) hatte kaum jemand etwas gehört, und noch weniger werden ihn vermissen. Frau Barth wird mit der Kombination der beiden Jobs sicher stärker in der Öffentlichkeit präsent sein. Ob das den Fluglärmschutz in irgendeiner Weise voranbringt, darf man allerdings bezweifeln.
Am 28.09.2014 hat die Kreismitgliederversammlung der Grünen im Kreis Groß-Gerau einen Grundsatzbeschluss zur Flughafenpolitik gefasst, dessen Inhalt der Kreisvorstand dem zuständigen Minister, dem "lieben Tarek", per Brief mitgeteilt hat. Die Kernaussagen sind prägnant formuliert: "Der Kreisverband Groß-Gerau bekräftigt ... seine Grundhaltung, dass ein echtes Nachtflugverbot von 22:00 bis 06:00 Uhr weiterhin umgesetzt und die Anzahl der Flugbewegungen verringert werden sollte. Den Bau von Terminal 3 lehnt der Kreisverband ... ab." Womit auch die Kernforderungen der Bürgerinitiativen treffend wiedergegeben sind.
Auch zu den "Lärmpausen" hat der Kreisverband einen Vorschlag: "Wir schlagen vor, die einstündige Lärmpause in Form einer verlängerten Nachtruhe jeweils hälftig an das bestehende Nachtflugverbot anzuhängen und somit eine echte Nachtruhe von 22:30 bis 05:30 Uhr für alle Betroffenen zu gewährleisten." Als Stufenplan hin zu einem achtstündigen Nachtflugverbot, der den Lärm nur zeitlich, nicht aber räumlich verschiebt, wäre das keine schlechte Idee.
Auch von Grünen kommen also noch gute Vorschläge zur Flughafenpolitik. Dumm nur, dass der gerade durchgeführte Landesparteitag davon so garnichts wissen wollte. Der "liebe Tarek" wird die Vorschläge entsprechend gewichten.
Obwohl die Anpassung der lärmabhängigen Entgelte ein Baustein aus dem Maßnahmepaket der
Allianz für Lärmschutz ist, deren Umsetzung sonst stets mit grosser Fanfare angekündigt wird, sind die Beteiligten diesmal anscheinend garnicht so wild darauf, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Lediglich aus einer (auch nur auf deren Webseite veröffentlichten) Stellungnahme der Fluglärmkommission erfährt man, dass Fraport schon im Juni einen Antrag auf "Genehmigung der Entgeltordnung des Flughafens Frankfurt/Main ab 1. Januar 2015" gestellt hat, den das Ministerium ebenfalls noch im Juni zur Anhörung an die "beteiligten Kreise" verschickt hat. Fraport und Ministerium hüllen sich über den Inhalt dieses Antrags in Schweigen.
Aus der FLK-Stellungnahme geht immerhin hervor, dass der Antrag all die Schweinereien enthält, die schon im letzten Jahr kritisiert wurden, einschliesslich des sog. Anreiz-Programms FRAconnect, mit dem durch Entgelt-Rabatte zusätzlicher Verkehr nach Frankfurt gelockt werden soll. Herr Al-Wazir hatte, bevor er Minister wurde, gerade diesen Passus heftig kritisiert und bedauert, dass sein Vorgänger dieses Programm noch in letzter Minute genehmigt hatte. Man hätte erwarten können, das er diesmal etwas dagegen unternimmt - aber auch hier sieht er sich wahrscheinlich wieder durch Verträge gebunden und kann leider, leider nichts tun.
In seiner Pressemitteilung zum dritten Jahrestag der Eröffnung der Landebahn Nordwest faselt er jedenfalls nur von einer "weitere(n) Spreizung der Lärmentgelte", die er gemeinsam mit Fraport "innerhalb des vorgegebenen Rechtsrahmens" erreichen möchte. Vermutlich wußte er da ja schon, dass das auch diesmal wieder nichts wird.
Am 31.10. teilt das Ministerium dann in einer Pressemitteilung mit, dass die Entgeltordnung 2015 genehmigt wurde. Was sie genau beinhaltet, wird nicht mitgeteilt, lediglich einige prozentuale Erhöhungen werden genannt. Auch der angebotene Download enthält nur eine schlampig aufbereitete Tabelle mit Prozentzahlen. Wesentliche Änderungen werden erst für die Entgeltordnung 2016 angekündigt.
Eine kleine Ausnahme gibt es. „Die Entgeltordnung 2015 entlastet nunmehr auch erstmals einen nachweislich mit Wirbelgeneratoren ausgerüsteten A320“, läßt sich der Minister zitieren. Ein entsprechend modernisierter A320 zahle für einen Start ein um rund 40 Prozent geringeres Lärmentgelt, weil "... die Wirbelgeneratoren Störgeräusche unterbinden und den Gesamtschallpegel des Flugzeugs, insbesondere bei der Landung, deutlich reduzieren.“ Das stimmt zwar so nicht, aber weil Lufthansa nun nach über zehn Jahren allmählich doch ihre A320-Flotte
nachrüsten will, muss dieses Entgegenkommen schon sein.
Zu dem, was er alles Sinnvolles tun könnte, hatte die FLK dem Minister schon im Juli eine Ideensammlung übermittelt. Darunter sind sicher ein paar gute Ideen, aber angesichts der Tatsache, dass die Lärm- und Emissions-bedingten Entgelte in der Regel weniger als 5% der Gesamt-Entgelte ausmachen (selbst wenn nachts gestartet und gelandet wird), ist dieses Instrument ohnehin nur von sehr begrenzter Wirkung.
Ca. fünf mal ein Meter gross und 50 kg schwer
- aber zum Glück "nur" im Wald gelandet.
Nicht nur Dachziegel, die von Wirbelschleppen herausgerissen werden, stellen eine Gefährdung dar - Flugzeuge können massive Teile auch direkt verlieren. In Raunheim, Flörsheim und Bischofsheim sind aus der Vergangenheit Fälle bekannt, in denen Eisbomben vom Himmel Dächer beschädigt hatten. Das kam in jüngerer Zeit auch anderswo häufiger vor. Der jüngste spektakuläre Fall im Rhein-Main-Gebiet war ein Eisbrocken, der in Niederjosbach gefunden wurde. Der kam nach Fraport-Angaben zwar nicht von einem Flugzeug, das in FRA an- oder abgeflogen war, aber trotzdem hat Fraport den Sachschaden bezahlt. Das kennt man von den Wirbelschleppen-Schäden, von denen Fraport auch lange behauptete, sie seien nicht durch Flugzeuge bedingt - und trotzdem zahlte.
Noch spektakulärer ist allerdings der jüngste Fund einer Landeklappe, deren Fall am 8.10.2014 beobachtet wurde, die aber erst am 14.10. im Frankfurter Stadtwald gefunden wurde. Ein himmelblauer Jumbo hatte sie beim Anflug auf die Centerbahn verloren.
Das Gleiche kam auch fünf Jahre vorher schon mal vor, und vermutlich handelte es sich dabei um den gleichen Flugzeugtyp und die gleiche Airline (B747-400F der Korean Air). Auch damals hatte die offizielle Suche nichts gefunden - das Teil liegt entweder noch irgendwo in der Landschaft oder ziert einen Hobbykeller oder Kleingarten.
Allerdings wurden am 16.10. noch ein paar kleinere Teile gefunden, die laut Lufthansa-Technik von diesem Zwischenfall stammen könnten.
Bisher ist nicht bekannt, dass Mensch oder Tier mal von so einem Teil getroffen wurden - was aber nicht heißt, dass es immer so bleibt.
Zweieinhalb Wochen nach dem letzten spektakulären Schadensfall trat am Donnerstag, den 2.10.14, gegen 19:00 Uhr (bzw. zwischen 19:15 und 19:30 Uhr, die Angaben sind unterschiedlich) der nächste Wirbelschleppen-Schaden auf. Nicht weit entfernt, flogen in der Albert-Schweitzer-Strasse zwölf Ziegel vom Dach und schlugen neben dem Hauseingang auf. Da aber um diese Zeit niemand unterwegs war und die Ziegel auf einer Grünfläche landeten, fiel der Schaden erst am nächsten Morgen auf.
Ohne genaue Zeitangabe läßt sich auch der Verursacher nicht bestimmen. Im fraglichen Zeitraum überflogen 15 Maschinen den Bereich, darunter auch schweres Gerät wie Boeing 747, 777 oder A 380.
Auch im zweiten Fall am Sonntag, den 5.10., gegen 17:00 Uhr in der Gebrüder-Grimm-Strasse, ist der Verursacher nicht sicher zu bestimmen. Zwar hat ein Zeuge eine grosse und laute Maschine gesehen und den anschliessenden Schaden beobachtet, aber da kurz hintereinander vier Maschinen vom Typ Boeing 747-400 das Haus überflogen (16:56, 16:59, 17:02, 17:05 Uhr), müsste man die Uhrzeit schon sehr exakt wissen, um herauszufinden, welche es war.
Auch hier knallten die Ziegel wieder in den Eingangsbereich des Hauses (und über die Mauer bis zum Nachbarn), auch hier wurde wieder (wie am 15.09.) ein in der Einfahrt geparktes Auto beschädigt, allerdings weniger spektakulär.
Interessant sind wieder einmal die Windverhältnisse bei Schadenseintritt. Am 2.10. kam der Wind im fraglichen Zeitraum aus unterschiedlichen Richtungen. Zwar gab es Stunden vorher eine kurze Phase stärkeren Ostwindes, so dass die für die Rückenwind-Komponente maßgeblichen Werte auf bis zu 5,7 Knoten anstiegen, aber wie die Grafik zeigt, lag die Windstärke schon eine Stunde vor dem Zwischenfall und für den Rest des Tages unter fünf Knoten; zum Schadenszeitpunkt herrschte sogar kurzzeitig Westwind. Also auch hier, wie bei den anderen Schadensfällen dieses Jahres: würde die DFS die gültigen Regeln einhalten, würden diese Überflüge nicht stattfinden und die Schäden nicht auftreten.
Anders sieht es allerdings am 5.10. aus. Hier gab es bis zum Schadenszeitpunkt stärkere Winde mit bis zu 9 Knoten aus ONO, so dass auch die geplante höhere Rückenwind-Komponente von 7 Knoten überschritten war, erst danach nahm der Wind ab. Dieser Fall hätte also durch eine Erhöhung der Rückenwind-Komponente nicht verhindert werden können.
Die BI hat in einer Pressemitteilung zu den beiden Vorfällen Stellung genommen und gefordert, endlich wirksame Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos zu ergreifen.
In ihrer Sitzung am 24.09.14 hat die Fluglärmkommission das Todesurteil für die Lärmpausen-Modelle der Landesregierung gefällt. Die Hinrichtungsmethoden sind in einem 4seitigen Papier aufgelistet, die Exekution wird in den nächsten Wochen erfolgen. Ob sie, wie gewünscht, für Minister Al-Wazir weitgehend schmerzfrei sein wird, bleibt abzuwarten.
Zwar ist in der Pressemitteilung nur von "Prüfkriterien für Lärmpausen" die Rede, und zu jedem Kriterium sind umfassende Prüfungen und Berechnungen vorgesehen, aber das Ergebnis ist absehbar: mindestens die Hälfte der 10 Kriterien ist für die Modelle tödlich.
Die FLK wird sich in einer Sondersitzung am 13.10. mit den Ergebnissen der Prüfungen befassen.
Weitere revolutionäre Neuigkeiten gab es in der Sitzung nicht. Eine Untersuchung der Betriebsrichtungsverteilung in Abhängigkeit von den Windverhältnissen am Flughafen hat ergeben, dass bei einem Anteil von Winden mit einer 70°-Nordost-Komponent grösser als Null von 26,6% (2013: 29,5%) zu 27,2% (2013: 29,8%) Betriebsrichtung 07 (Anflug über Raunheim) geflogen wurde; mit anderen Worten: eine Anwendung der Rückenwind-Komponente zugunsten der höher belasteten Kommunen im Westen erfolgt nicht mehr. In den Sommermonaten 2014 (Mai - Juli) ist der Anteil der Betriebsrichtung 07 daher laut Bericht der Fraport AG auf 40,8% gestiegen, 9,1% mehr als im Vorjahr.
Bei der Nutzung der Nordwest-Abflugstrecken, wo alle Betroffenen den Eindruck haben, dass sie seit dem Urteil zur Südumfliegung wieder verstärkt genutzt werden, behauptet die DFS, sie sei mit der Verlegung nach wie vor im Plan, es gäbe nur ungewöhnlich viele "wetterbedingte Ausnahmen". Die müssen wirklich zahlreich gewesen sein, denn nach dem Bericht des Fluglärmschutzbeauftragten stieg der Anteil der tages-durchschnittlichen Abflüge auf der Nordwestroute im Sommer 2014 gegenüber dem Sommer 2013 von 7,9 auf 11,3%, nachts sogar von 8,1 auf 17,4% (S. 10 und 11). Anspruch und Wirklichkeit klaffen wohl überall auseinander.
Ergebnisoffene Bedarfsprüfung
Wenig überraschend hat Fraport am 17.09. mitgeteilt, dass "unabhängige Gutachten" (von
Intraplan und
MKmetric) bestätigt haben, dass Terminal 3 spätestens ab 2021 unbedingt gebraucht wird und daher 2015 mit dem Bau begonnen werden muss.
Verkehrsminister Al-Wazir teilt dazu knapp mit, dass die von Fraport vorgelegten Unterlagen "ergebnisoffen" geprüft werden sollen - Kapitulationserklärungen werden nun mal üblicherweise kurz gehalten.
Natürlich könnte der Minister darauf hinweisen, dass Intraplan sich auch schon bisher bei allen Prognosen zu Flugbewegungszahlen gründlich nach oben verschätzt hat (die aktuelle Schätzung für 2020 lautet 529.000, bis vor Kurzem waren es noch 701.000). Aber der gesamte Ausbauprozess wurde auf der Basis fehlerhafter Prognosen und Gutachten durchgezogen, ohne dass dies bisher Konsequenzen gehabt hätte. Auch mit diesen Gutachten könnte Fraport sein Baurecht durchklagen. Um den Bau von Terminal 3 noch zu verhindern, müsste man den Planfeststellungsbeschluss selbst angreifen. Möglichkeiten dafür gäbe es genug - aber diese Regierung will das ja ausdrücklich nicht.
Am Montag, den 15.09., gegen 15:20 Uhr, kam es erneut zu einem Wirbelschleppen-Schaden in Raunheim, diesmal in der Adalbert-Stifter-Strasse, im Südosten der Stadt. Verursacher war sehr wahrscheinlich wieder eine Boeing 777, die in einer Höhe von ca. 390 Meter vorbeiflog.
Wie die Main-Spitze berichtet, wurde diesmal anders als bei den letzten Schäden ein ziemlich grosses Loch gerissen, mind. 20 Ziegel flogen auf beiden Seiten des Daches herunter. Und ebenfalls anders als bisher, landeten sie nicht nur auf dem Boden. Einige trafen vielmehr einen PKW, den eine Mutter mit drei Kindern unmittelbar danach benutzt wollte. Es war pures Glück, dass noch niemand am oder im Wagen war und es bei Sachschaden blieb - dieser allerdings erheblich.
Dieser Vorfall macht erneut deutlich, dass das Risiko erheblicher Schäden durch Wirbelschleppen noch keinesfalls hinreichend gemindert ist, und es ist auch nicht absehbar, dass es durch die bisher ergriffenen Massnahmen ausreichend gemindert werden könnte. Es ist dringend erforderlich, weitere Massnahmen zu ergreifen, um das Überfliegen von bewohntem Gebiet in derart niedriger Höhe soweit als möglich zu reduzieren. Vorschläge dazu liegen seit langem auf dem Tisch.
Auch in diesem Fall, wie bei allen anderen Schadensfällen der letzten Zeit, war der Wind nicht allzu stark. Würde eine Rückenwind-Komponente von 7 Knoten bei Betriebsrichtung 25 (Anflug aus Osten) akzeptiert, hätte dieser Überflug nicht stattfinden müssen. Das Risiko weiterer Schäden, die noch deutlich schlimmer werden könnten, könnte so effektiv gemindert werden, da die Überflughöhen im Osten deutlich grösser sind als in Raunheim oder Flörsheim.
Fraport, DFS und Landesregierung verlassen sich aber lieber darauf, dass es auch weiterhin (einigermaßen) gut gehen wird und kein Mensch von einem Ziegel erschlagen wird. Das ist unverantwortlich.
Der Aufruf war erfolgreich: die BI Raunheim war bei der Präsentation der "Lärmpausen"-Modelle am 12.09. in Kelsterbach ebenfalls deutlich präsent. Gemeinsam mit etlichen anderen BIs wurde allen, die an der Sitzung teilnehmen wollten, deutlich demonstriert, dass die Vorschläge, die Minister Al-Wazir im Saal zu erläutern hatte, grundsätzlich abgelehnt werden und keine Art der Lärmverschiebung in der Region Vorteile bringt. Das Flugblatt, das die BI dazu mitgebracht hatte, fand reissenden Absatz.
Die Modelle, die der Minister präsentierte und die auf der
Webseite des Ministeriums auch als
Video betrachtet werden können, fanden auch bei den Mitgliedern der Fluglärmkommission und des Konvents des Forums Flughafen und Region, die zu der Sondersitzung eingeladen waren, wenig Zustimmung. Zwar verspricht die FLK in ihrer Pressemitteilung, die Modelle sorgfältig zu prüfen, aber die Skepsis ist aus dem weiteren Text deutlich herauszulesen. Schon die erste grobe Berechnung der Veränderung der Lärmbelastung durch das Umwelt- und Nachbarschaftshaus, die ebenfalls in der Sitzung vorgestellt wurde, zeigt ja sehr deutlich, dass drei der fünf Modelle zu einer, zum Teil sehr deutlichen, Mehrbelastung der Region führen, und auch die beiden insgesamt positiven Modelle an einzelnen Orten den Lärm unzumutbar verstärken. Einen guten Überblick über die regionalen Auswirkungen der vorgelegten Modelle, wenn auch nur für Landungen, gibt eine Tabelle, die im DFLD-Forum veröffentlicht wurde. Weitere Infos gibt es in unserer Doku.
Die sorgfältige Prüfung und Beurteilung der Modelle, die die FLK angekündigt hat, kann letztendlich diese Negativbilanz nur noch verdeutlichen und diese Modelle als unannehmbar charakterisieren.
In einer Presseinformation vom 10.09.14 teilt Lufthansa mit, dass sie "ab heute" das neue Flachstartverfahren "deutschlandweit" eingeführt hat. Als Begründung gibt sie an, dass "über 3.000 Tonnen weniger Treibstoff verbraucht" würden, das entspräche "rund 10.000 Tonnen weniger CO2-Ausstoß." Dabei konnten beim Test des Verfahrens "keine signifikanten Veränderungen in den Schallemissionen" festgestellt werden.
Letzteres ist nicht überraschend, da man bereits vor einem Jahr herleiten konnte, dass das vorgesehen "Monitoring" keinerlei Effekte würde messen können - was der
Bericht dazu dann auch deutlich machte, auch wenn die Autoren krampfhaft versuchten, diese Schlussfolgerung mit viel Statistik zu tarnen.
Allerdings hatten Recherchen zu den unterschiedlichen Startverfahren damals auch ergeben, dass sehr wohl mit drastischen Veränderungen gerechnet werden muss, auch wenn sie an den vorhandenen Messstellen nicht nachgewiesen werden konnten. Nachdem Lufthansa auf entsprechende Anfragen gar nicht geantwortet hatte, hatte Ministerpräsident Bouffier immerhin mit einem Schreiben auf unseren zweiten Offenen Brief geantwortet und gesagt, wenn es soweit sei, wolle er sich der Diskussion "nicht verschliessen" - wir werden ihn daran erinnern.
Auch die Fluglärmkommission äussert sich kritisch zur Darstellung der Lufthansa und weist darauf hin, dass bei der Diskussion des Monitoring-Berichts "fraglich blieb, ob die beobachteten Effekte auch ... auf anderen Abflugstrecken eintreten" würden und "empfahl deshalb, das Monitoring auszuweiten". Besonders wichtig: "Die Kommission blieb bei ihrer bisherigen Forderung, fur die verschiedenen Abflugstrecken das jeweils lärmgünstigste Startverfahren zu ermitteln und festzuschreiben."
Aber wie alle anderen läßt auch die FLK völlig ausser acht, dass durch das neue Startverfahren nicht nur der Lärm, sondern auch der Schadstoff-Ausstoss verändert wird. Da die Flugzeuge länger tief fliegen, wird insbesondere auch mehr Stickoxid in die unteren Luftschichten emittiert, wo es absinken und am Boden wirksam werden kann. Laut ICAO-Umweltkommittee kann die Steigerung bei solchen Verfahren bis zu 20% ausmachen - ein Wert, der alle Einsparungen beim Autoverkehr durch Umweltzonen u.ä. zunichte machen kann.
Das aber kümmert die Lufthansa nicht. Sie schützt die Umwelt durch CO2-Einsparungen - und spart praktischerweise auch noch Geld dabei. Die BI hat mit einer Presseerklärung darauf reagiert.
Am 12. September 14 will Minister Al-Wazir sein Lärmpausen-Modell vorstellen.
Das Bündnis der Bürgerinitiativen ruft dazu auf, dem Minister bei dieser Gelegenheit deutlich zu machen, dass Lärmverschiebungen keine Alternative zu echter Nachtruhe sind.
Nachdem die Landesregierung in den ersten sieben Monaten ihrer Amtszeit in Sachen Lärmschutz absolut nichts Positives zustande gebracht hat, geht es Anfang September in zwei Punkten, die zu den erklärten Koalitionszielen gehören, mit Trippelschrittchen voran: bei der Lärmobergrenze und den Lärmpausen.
Dabei wird die Landesregierung beim ersten Thema auch noch von anderen geschoben, und es ist noch längst nicht klar, ob sie sich wirklich bewegen will. Die Initiative zur weiteren Diskussion der Lärmobergrenze geht zunächst einmal von der Fluglärmkommission aus, die in ihrer Sitzung am 03.09. ein Gutachten diskutiert hat, das Aussagen darüber macht, ob und ggf. wie eine Lärmobergrenze am Flughafen Frankfurt rechtssicher eingeführt werden kann.
Beim Thema Lärmpausen will Minister Al-Wazir allerdings höchstselbst Vorschläge vorstellen, wie die realisiert werden könnten. Am 12.09. sind die Fluglärmkommission und der Konvent des Forum Flughafen und Region ins Bürgerhaus Kelsterbach geladen, um sich dort erläutern zu lassen, was dem Minister und seinen Beratern (d.h. Fraport, DFS, etc.) dazu eingefallen ist.
Die Bürgerinitiativen sind zwar nicht eingeladen, wollen dem Minister bei dieser Gelegenheit aber trotzdem nochmal sagen, dass diese Lärmpausen keine gute Idee sind. Die einzig akzeptable Maßnahme, die den immer deutlicher werdenden medizinischen Notwendigkeiten Rechnung trägt, lautet:
Nach Presseberichten hat Fraport am 03.09.14 ein neues, satelliten-gestütztes Navigationssystem namens GBAS in Betrieb genommen. Damit wären theoretisch unterschiedlichste Anflugverfahren möglich. Während beim alten ILS-System alle Flugzeuge entlang eines starren Leitstrahls zum Aufsetzpunkt gelotst werden, könnten damit gekrümmte Anflüge, unterschiedlichste Anflugwinkel und einiges mehr realisiert werden. Dichter besiedelte Gebiete könnten damit umflogen oder zumindest höher überflogen werden.
Praktisch darf man von sowas erstmal nur träumen. Was wirklich passieren soll, hat Fraport bereits bei der Ankündigung des
ersten Spatenstichs für die neue Anlage im Oktober 2013 beschrieben und in der Auflistung der aktuellen
Schallschutzmassnahmen im Frühjahr 2014 und in der Pressemeldung samt Hintergrund-Material zur Inbetriebnahme nochmal konkretisiert.
Erstmal ändert sich garnichts, weil nur wenige Flugzeuge mit der notwendigen Hard- und Software ausgestattet sind, um die neue Technik zu nutzen und es auch keine Verpflichtung gibt, diese einzuführen. Daher wird erstmal das alte Anflugverfahren mit der neuen Technik getestet, und wenn alles klappt, dürfen dann die schon entsprechend ausgerüsteten Maschinen ein bisschen steiler anfliegen (3,2° statt 3° auch auf der Süd- und Centerbahn, so wie jetzt schon auf der Nordwestbahn). Dadurch wird es dann in Mainz bzw. Offenbach ein bisschen leiser, aber näher dran spürt man diesen Unterschied nicht. Gekrümmte Anflüge werden frühestens für 2018 in Aussicht gestellt, und von noch steileren Anflügen (etwa 4,5°, wie im Oktober 2013 auf der Nordwestbahn getestet) ist garnicht die Rede.
Dass Fraport und DFS hier trotzdem vorpreschen, hat keine Lärmschutz-, sondern Sicherheits- und Wirtschafts-Gründe. Exaktere Positionsbestimmung ist in einem so dicht gepackten Luftraum wie über Rhein-Main immer ein Sicherheitsfaktor, und wenn man dadurch bei schlechten Sichtbedingungen die Sicherheitsabstände etwas kleiner machen und damit mehr Kapazität herausholen kann, lohnt sich das Ganze auch wirtschaftlich.
Aber auch wenn sie nicht geplant sind: ein solches System ist Voraussetzung für eine Reihe von sinnvollen Schallschutzmaßnahmen, die auch den Endanflug etwas leiser machen könnten, und daher zu begrüssen. Es wäre damit z.B. möglich, nicht nur steiler anzufliegen, sondern auch mit versetzten Landeschwellen zu arbeiten - zwei Forderungen, die Raunheim zum Schutz vor Lärm und Wirbelschleppenschäden schon lange erhebt. Von allein wird das nicht kommen, das hat Fraport klargemacht, aber mit dem neuen System ist es schwieriger, das als unmöglich hinzustellen. Es fehlt dann "nur noch" der politische Druck, es auch durchzusetzen.
Ursprünglich wollte er die Pläne wieder einrollen ...
... aber als Minister hat er die Richtung gewechselt.
Wie Fraport in einer Pressemitteilung freudig erregt mitteilt, hat das Bauamt der Stadt Frankfurt die vor knapp einem Jahr beantragte Baugenehmigung für die erste Bauphase von Terminal 3 am 12.08.2014 erteilt, anscheinend ohne wesentliche Auflagen. Fraport-Chef Schulte betont aus diesem Anlass einmal mehr, dass das neue Terminal spätestens 2021 in Betrieb gehen muss, um die dann prognostizierten Passagierströme abfertigen zu können. „Wir werden diese Einschätzungen nun auch noch einmal durch fundierte Prognosen überprüfen und auf dieser Grundlage die Bedarfsanalyse für die künftige Terminalkapazität konkretisieren“, merkt er noch freundlich an, um die Landesregierung mit ihrer Forderung nach einer "Bedarfsprüfung" nicht völlig im Regen stehen zu lassen.
Die zuständigen Grünen-Politiker sind im Urlaub abgetaucht, lassen aber die Presse wissen: „Baurecht heißt nicht Baupflicht“ (Al-Wazir, lt. FAZ) und die Stadt habe "die Genehmigung aus rechtlichen Gründen erteilen müssen" (Cunitz-Referent Walter lt. FR). Beide haben wahrscheinlich von Karl Valentin gelernt: "Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut." Möglicherweise wollten sie aber auch garnicht dürfen.
Die Initiative Zukunft Rhein-Main hatte in einer Stellungnahme, die von dem Verwaltungsjuristen Dr. Schröder erstellt wurde, erst ein paar Tage vorher Gründe aufgeführt, warum das Terminal 3 derzeit nicht genehmigungsfähig sei. Dabei ging es im Wesentlichen darum, dass die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Erschliessungsmassnahmen für das Terminal 3 weder beantragt noch durchgeführt sind. Ministerium und Bauaufsicht halten das allerdings auch nicht für nötig. Fraport wird die notwendigen Massnahmen schon rechtzeitig durchführen.
Eine dieser Massnahmen ist die Rodung des Treburer Oberwaldes und der Bau des neuen Autobahnanschlusses für das Terminal. Damit ist wohl auch klar, wo sich der nächste Konflikt abspielen wird. Die BIs haben mit dem Aktionscamp im Juni ja schon mal das Gelände sondiert, das im Herbst zu verteidigen wäre.
Es ist Sommer, wer kann, ist in den Ferien, und die, die da bleiben müssen, haben in der Regel Zeit, Dinge zu erledigen, die sonst liegenbleiben. Im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ist das offenbar auch so. Minister Al-Wazir ist in Urlaub und hat als Vertreter seinen Staatssekretär Samson dagelassen. Dieser fleissige Mensch hat soviel Zeug abgearbeitet, dass er sogar bis zu unseren Briefen an den Herrn Minister vorgedrungen ist, und hat dazu auch noch ein vierseitiges Schreiben verfasst. Eine Antwort ist es allerdings nicht.
Zur Erinnerung: wir hatten am 24. April 2014 einen ersten Offenen Brief an den Minister geschrieben und ihm zu vier Problemkreisen (Wirbelschleppen, Lärmpausen, Startverfahren, Schadstoff-Messungen) je zwei Fragen gestellt, die Raunheim besonders betreffen. Nach der provozierenden Presseerklärung des Ministeriums zu dem Wirbelschleppen-Vorfall am 12.04.2014 haben wir die Fragen zum Thema Wirbelschleppen am 10.05. in einem zweiten Offenen Brief konkretisiert. Einen Monat später, am 09.06.2014, haben wir per Mail nochmal nachgefragt, ob wir mit Antworten rechnen dürfen. Diese letzte Frage hat Herr Samson nun am 31.07.2014 mit einem klaren "Nein" beantwortet.
Was er zu den von uns "aufgeworfenen Fragen" mitzuteilen hat, enthält nichts, was nicht schon in den vom Ministerium veröffentlichten oder lancierten Pressebeiträgen gestanden hätte. Auf die darauf basierenden Fragen geht er mit keinem Wort ein. Lediglich ein paar eingestreute Phrasen sollen wohl den Eindruck vermeiden helfen, dass hier nur längst existierende Textbausteine zusammenkopiert wurden.
Die eigentliche Botschaft dieses Schreibens steht zwischen den Zeilen, und sie ist klar genug: "Uns interessiert nicht, was ihr schreibt. Ihr könnt Fragen stellen, Widersprüche aufzeigen, Forderungen formulieren - wir ändern unsere Position um keinen Millimeter. Die neue Hessische Landesregierung wird die ... als sinnvoll erachteten Vorhaben ... in die Praxis umsetzen." Danke, Herr Staatssekretär - wir haben verstanden.
Die jüngste Sitzung der BI war von den Themen "Wirbelschleppen", "Südumfliegung", "Lärmpausen" und "Betriebsrichtungswahl" bestimmt. Der jüngste Vorfall in Flörsheim (s. 2 Meldungen weiter unten) hat geradezu exemplarisch aufgezeigt, wie ungenügend das bisherige Dachsicherungsprogramm ist. Allerdings ist unklar, ob die betroffene Familie Fraport auf Kostenübernahme verklagen und der Fall damit juristisch geklärt wird. Als umso wichtiger wurde daher eingeschätzt, zu versuchen, den politischen Druck zu erhöhen. Minister Al-Wazir soll nochmal daran erinnert werden, dass ja auch die Landes-Grünen vor Jahresfrist noch der Meinung waren, dass Dachklammern allein nicht genügt.
Zum Thema "Südumfliegung" gibt es zwar offiziell nichts Neues, aber aus der Gerüchteküche tauchen immer wieder Hinweise darauf auf, dass bei einer Bestätigung des VGH-Urteils auch der Geradeaus-Abflug über Raunheim wieder ins Spiel kommen könnte. Während die Stadt sich für diesen Fall auf ein juristisches Vorgehen vorbereitet, wird es auch Aufgabe der BI sein, dagegen politisch zu mobilisieren.
Auch zu den Lärmpausen gibt es offiziell nichts Neues, aber Gerüchte. So absurd es in Raunheimer Ohren klingt: die "Lärmpause" für die Südbahn könnte realisiert werden, indem der Verkehr für eine Stunde auf die Centerbahn verlagert wird. Sollte dieser Schwachsinn tatsächlich zum offiziellen Vorschlag werden, müsste auch dagegen mobilisiert werden.
Das Thema "Betriebsrichtungswahl" kam auf, weil einigen Sitzungsteilnehmern aufgefallen ist, dass in den letzten Wochen häufiger für relativ kurze Zeit, insbesondere zwischen 5 und 6 Uhr morgens, Betriebsrichtung 07 (Anflug über Raunheim) geflogen wurde, obwohl die Windsituation dagegen sprach. Auch andere Fälle "falscher" Betriebsrichtungswahl wurden benannt.
Nach dem Bericht über die Sitzung in der Main-Spitze erhielten wir u.a. einen Hinweis eines Mainzer Betroffenen, der auf Basis der DFLD-Statistik (s. Grafik) argumentiert, dass in diesem Jahr anteilmäßig rund 30% BR07 geflogen wurde, obwohl nach den Windbedingungen nur knapp 15% notwendig gewesen wären (das war in den Vorjahren nicht viel anders, aber inzwischen sollte ja die DFS gemäß dem "Maßnahmepaket Aktiver Schallschutz" die Nutzung der Rückenwind-Komponente optimieren). Nach Aussage der Geschäftsstelle der Fluglärm-Kommission untersucht das Umwelt- und Nachbarschaftshaus derzeit, warum das so ist. Wir sind gespannt. Eine mögliche Erklärung bietet ein Fluglotse im DFLD-Forum:
Wir sehen das eher pragmatisch. Die RWK auf der Piste 25 wird oft nicht angewandt, da sich in der Praxis gezeigt hat, das dies von vielen Fliegern nicht akzeptiert wird. Da sind wir wieder bei dem berühmten Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Man kann der Bevölkerung viel versprechen, gerade was Lärmschutz betrifft. Jedoch muss man auch klar sagen, dass vieles einfach schlecht oder kaum umsetzbar ist. Und ob 25 oder 07 angeflogen wird, das wurde schon immer aus Sicherheitsgründen entschieden. Da ist, auch wenn anders propagiert, Lärmschutz sekundär. Und da wird den Bewohnern einfach etwas vorgemacht. Tut mit Leid.Wenn das die Praxis ist, muss man sich über das oben aufgezeigte Missverhältnis nicht wundern. Ob es allerdings wirklich daran liegt, dass die RWK "von vielen Fliegern nicht akzeptiert wird", oder ob nicht doch andere, betriebstechnische Aspekte eine grössere Rolle spielen, wäre noch zu untersuchen. Auf alle Fälle sollte die Politik die Konsequenz ziehen, dass, wenn sie schon eine Lärmschutz-Maßnahme einführt, sie auch die Umsetzung kontrollieren muss, und zwar dauerhaft.
Während der durchstartende A343 abdreht, startet die B777 (oben) ...
... aber der vorher gestartete A321 wurde auf eine Notabflugroute über Raunheim gelenkt (unten).
Am frühen Nachmittag ist häufig viel Betrieb am Flughafen, auch wenn die Flugbewegungszahlen noch deutlich unter dem Ausbauziel liegen und keinesfalls so dicht geflogen wird, wie es theoretisch möglich werden soll. Trotzdem geschieht Merkwürdiges, wenn mal nicht alles hundertprozentig funktioniert, wie am 03.07. kurz nach 14:00 Uhr.
Ein A343 der Lufthansa bricht die geplante Landung auf der Südbahn ab und fliegt in einer engen Kurve zurück nach Osten für einen zweiten Versuch (der dann auch reibungslos klappt). Sowas kommt offenbar häufiger vor, das Ungewöhnliche passiert aber auf der Centerbahn. Ein A321, der eigentlich schon gestartet ist, bevor der A343 in die Nähe kam, nimmt (wegen des Durchstartens?) eine Notabflugroute direkt über Raunheim. Während aber der A343 über der Südbahn nach Süden abdreht, startet auf der Centerbahn eine B777 völlig unbeeindruckt davon, was nebenan vorgeht, und nimmt die Nordwestabflugroute. Das wirft mal wieder einige Fragen auf.
Warum wurde der A321 auf die Route über Raunheim geschickt, obwohl der (durchstartende) A343 noch relativ weit entfernt war? Sollte er eigentlich die Südumfliegung nehmen und wurde aus dem Weg des A343 dirigiert? Warum nimmt er dann nicht die Nordwestroute? An den Landungen auf der Nordwestbahn kann es nicht gelegen haben: die erfolgten lt. DFS (STANLY Track) um 14:11:49 und um 14:14:55, der Start um 14:12:00. Wenn ein 3-Minuten-Intervall nicht reicht, um einen Flieger da sicher raus zu bringen, kann Fraport 126 Flugbewegungen pro Stunde wirklich vergessen.
Noch fraglicher aber ist: wieso durfte die B777 auf der Centerbahn starten, bevor der A343 abgedreht hat? Zwischen Süd- und Centerbahn gibt es keinen unabhängigen Betrieb, da sie nach ICAO-Regeln zu eng beieinander liegen. Speziell für die Südumfliegung, die Flugzeuge dieses Types eigentlich immer nehmen sollten, gibt es eine ausgedehnte Tabuzone, die leer sein muss, wenn ein Start erfolgt. Wurde auch hier umgeleitet, diesmal aber auf die reguläre Nordwestroute?
Wir werden es nicht erfahren. Die DFS wird betonen, dass keine Gefahr bestanden hat (was vermutlich stimmt), und das BAF hat gerade bewiesen, dass es an der Untersuchung etwaiger Regelverletzungen unterhalb der Gefährdungsschwelle nicht interessiert ist.
Für die Anwohner bleibt dann nur, in Kauf zu nehmen, dass über ihren Köpfen merkwürdige Dinge passieren, die u.U. mit viel Lärm verbunden sind, und darauf zu vertrauen, dass die höheren Mächte Gefahren schon abwenden werden - jedenfalls so lange, bis die Politik angemessene Informationsrechte auch tatsächlich durchsetzt.
Überflug einer B777-300 über Flörsheim am 25.06., 20:23 Uhr
Wie die Main-Spitze meldet, gab es am 25. Juni abends (bei Ostwetterlage) einen Schadensfall in Flörsheim. Ein halb geöffnetes Dachfenster ging mit einem Knall zu Bruch. Der von Fraport beauftragte "vereidigte Sachverständige" kam aber zu dem Schluss, dass die Ursache dafür keine Wirbelschleppe sein könne.
Zitat Main-Spitze: " … konnte der Sachverständige auf der relevanten südlichen Dachfläche keine Anzeichen für das Einwirken einer Wirbelschleppe feststellen. Wirbelschleppen (…) betrafen stets Dachbereiche von mehreren Quadratmetern (circa 5 bis 15 Quadratmeter)."
Eine wahrhaft kühne Behauptung! Wieviel Wirbelschleppen-Schäden hat dieser "Sachverständige" wohl schon gesehen? Über wieviele liegen ihm Unterlagen vor, die die Schadensbilder und -flächen zu beurteilen erlauben? Wie kann man Flächen gelöster Dachziegel mit einem Schaden an einem beweglichen Einbau-Element vergleichen? Was könnte denn sonst die Ursache gewesen sein, wenn der vorhandene Wind nachweislich nicht stark genug war, die versicherungstechnische Grenze für einen Windschaden zu erreichen?
Und vor allem: Zur fraglichen Zeit landete eine B777-300 über Flörsheim, der gleiche Flugzeug-Typ, der am 12.04 und ev. auch am 31.05. nicht bestrittene Schäden in Raunheim verursacht hat.
Vor Gericht müsste Fraport wohl mit wesentlich besseren Argumenten kommen, um den Schadensersatzanspruch abzuwehren, aber sie setzen offenbar auf Abschreckung.
Die seit Juli 2013 veröffentlichte Dokumentation gemeldeter Dachschäden und ihrer Beurteilung durch Fraport enthält inzwischen bereits 14 Fälle, die angeblich "nicht auf Wirbelschleppen zurückzuführen" sind. Man muss wohl davon ausgehen, dass die Betroffenen die Ablehnung stillschweigend hingenommen haben, weil sie sich aus welchen Gründen auch immer nicht in der Lage sahen, ihren Anspruch vor Gericht durchzusetzen.
Der politische Skandal liegt darin, dass die zuständigen Behörden, allen voran das Wirtschaftsministerium, die Betroffenen alleine lassen und Fraport erlauben, sich mit windigen Behauptungen aus der Verantwortung zu schleichen. Das erste Gutachten zu Wirbelschleppen (nach dem sie in Flörsheim und Raunheim keine Schäden anrichten können) ist formal immer noch gültig, das zweite (nach dem selbst in Rüsselsheim Schäden nicht ausgeschlossen werden können) hält Fraport nach wie vor geheim. Die Kriterien, nach denen Fraport gemeldete Schäden beurteilt, sind ebenfalls nicht dokumentiert und offenbar ziemlich willkürlich. Wie lange will Minister Al-Wazir diese Situation noch dulden?
Die BI hat in einer Pressemitteilung zu dem Vorfall Stellung genommen und Al-Wazir zum Handeln aufgefordert.
Als ob es noch eines Hinweises bedürfte, wie nah der Flughafen ist ...
Nachdem sie schon zu Jahresanfang begonnen hatten, bombastisch aufgemachte, aber weitgehend inhaltslose Werbematerialien zu verbreiten (s. Meldung unten), beginnen die Raunheimer Wirtschaftsförderer nun damit, das Stadtbild zu verschandeln. So prangen nun auf den ersten Wegweisern die neuen Gewerbegebiets-Namen "AirportGarden" und "AirgateOne", wenn auch noch halb verdeckt.
Wie die Main-Spitze berichtet, waren diese Bezeichnungen auch einigen Stadtverordneten peinlich, aber praktischerweise bleibt es ihnen erspart, sich dazu verhalten zu müssen: Gewerbegebiete dürfen offenbar von der Verwaltung selbstherrlich benannt werden.
Ob wirklich alle potentiell interessierten Gewerbebetriebe mit einer solchen Benennung glücklich sind? Wenn es richtig sein sollte, dass (auch wegen des Fluglärms!) nur sog. "Flughafen-affine" Gewerbe für eine Ansiedlung in Frage kommen, dann bindet sich Raunheim damit endgültig wirtschaftlich an das Auf und Ab der Luftverkehrs-Konjunktur - und im Moment geht die gerade nach unten. Auch wenn der Flughafen nicht so schnell verschwinden wird - wenn Lufthansa niest, bekommen viele Firmen im Umfeld Grippe, und im Augenblick entwickelt LH wohl einen prächtigen Schnupfen (s. Meldung unten). Sollen wir künftig wirklich alle die Daumen drücken, dass möglichst viel geflogen wird, damit der Stadtsäckel nicht klamm wird?
Man spürt beim Lesen der Pressemitteilung geradezu die Freude: nicht nur konnte die Fluglärmkommission in ihrer letzten
Sitzung der Übernahme von vier von ihr unterstützten Maßnahmen des aktiven Schallschutz in den Regelbetrieb zustimmen, auch der Gesamtbericht zur Umsetzung der FLK-Vorschläge fällt positiv aus. Der Bericht wurde ein paar Tage später der Öffentlichkeit mit einer eigenen Pressemitteilung vorgestellt. Ohne Zweifel sähe die Lärmsituation ohne die Arbeit der Fluglärmkommission noch düsterer aus - aber zu dem, was eigentlich notwendig wäre, bleibt doch noch ein sehr grosser Abstand.
Wie nicht anders zu erwarten, bringen die in der Sitzung beschlossenen Maßnahmen für Raunheim (und andere, die ähnlich nah dran sind) nichts, sie wirken nur in grösserer Entfernung vom Flughafen.
Ein Tagesordnungspunkt der Sitzung ist noch besonders interessant: das Forum Flughafen und Region stellte den Monitoring-Bericht zum sog. Testbetrieb für das neue Startverfahren der Lufthansa an der Startbahn West vor. Wie vorhergesagt, ist die erhobene Datenbasis viel zu dünn für verlässliche Aussagen, was der Bericht allerdings mit exzessiver statistischer Akrobatik zu vertuschen sucht. Immerhin hat sich die FLK aber nicht dazu drängen lassen, der Lufthansa auf dieser Basis einen Freibrief für weitere "Versuche" zu geben, sondern fordert bessere Daten und "Entscheidungen im Einzelfall".
Ansonsten kann man den diversen Berichten mit statistischem Material, die wie immer vom Fluglärmschutzbeauftragten, von Fraport und vom Ministerium vorgelegt wurden, viele traurige Fakten entnehmen: Raunheim ist immer noch die lauteste Stadt, die Centerbahn wird bei Betriebsrichtung 07 ausgerechnet in den "Nachtrandstunden" intensiv genutzt, es gab wieder viele Flugbewegungen nach 23:00 Uhr (also während des sog. Nachtflugverbots), usw.. Wer möchte, kann also hier nachlesen, was er/sie ohnehin schon weiss: es ist zu laut, speziell dann, wenn es am meisten stört.
Am 09.07. hat der neue Lufthansa-Chef Spohr sein Konzept vorgestellt, mit dem er den Konzern "wettbewerbsfähiger" machen will. Die offizielle Meldung dazu ist ein Musterbeispiel von Marketing-Neusprech, aber einige Zeitungsberichte, z.B. in der
FAZ oder in der SZ, bringen die Sache auf den Punkt: gegen die Konkurrenten Ryanair und Easyjet möchte Lufthansa die Billigtochter "Eurowings" aufrüsten, und auch im Langstreckenbereich soll eine neue "Plattform" nach dem "Wings-Konzept" Marktanteile von Etihad & Co. zurückgewinnen.
Für die Passagiere bedeutet das weniger Komfort, aber die Hauptersparnis soll natürlich durch die Senkung der Personalkosten erreicht werden. Damit die "Stückkosten" konkurrenzfähig werden, sollen sich die Lufthansa-Bediensteten in den Billigtöchtern nicht mehr an deutschen Tarifverträgen, sondern an den Angestellten-Gehältern in Irland oder den Löhnen für die indischen Wanderarbeiter am Golf orientieren. Zu dieser "innovativen" Strategie passt, dass die neuen Töchter nahezu ausschließlich mit veraltetem Fluggerät ausgestattet werden sollen. Das schluckt zwar unnötig viel Kerosin und ist laut, aber dafür bereits abgeschrieben und daher "wirtschaftlich".
Als Flughafen-Anwohner darf man das als einen weiteren Hinweis darauf nehmen, dass die Wachstums-Phantasien, die angeblich den Flughafen-Ausbau unbedingt notwendig gemacht haben, weiter zusammenbrechen. Um überhaupt noch Wachstum generieren zu können, sollen durch Lohndrückerei Billigangebote möglich gemacht werden, die sonst nicht vorhandene Bedarfe wecken sollen. Dass Umwelt und Gesundheit dabei auf der Strecke bleiben, interessiert die Stategen nicht.
Da es aber kurzfristig mit dem Wachstum so oder so nichts wird, müssen noch andere Hebel in Bewegung gesetzt werden. Wie man der oben zitierten LH-Meldung entnehmen kann, sollen die Bereiche, die nicht direkt zur Fliegerei gehören (also die Service-Gesellschaften Lufthansa Technik, die Dienstleistungen rund um die Flugzeug-Technik anbietet, und die LSG Sky Chefs, die das produzieren, was auf Flügen als Essen angeboten wird), einen höheren Anteil zum Gewinn beisteuern. (Auch Fraport verdient ja schon mehr Geld mit Immobiliengeschäften als mit der Fliegerei.)
Und für Anwohner besonders erfreulich, heißt es im 'Ausblick' kurz und knapp:
"Die Lufthansa Passage wird in diesem Jahr deshalb das Wachstum der Sitzkilometer gegenüber der ursprünglichen Planung um mehr als 50% verringern und im Winterflugplan 2014/15 fünf Maschinen im Kontinentalverkehr und drei Maschinen im Interkontinentalverkehr herausnehmen. Die Kapazität von Lufthansa Cargo wird im kommenden Winter um zwei Fracht-Maschinen vom Typ MD-11 verringert."Wenigstens dadurch wird es wohl ein bißchen weniger Krach geben.
Wenig überraschend, hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) den Vorfall vom 7. April dieses Jahres nicht als "gefährliche Annäherung" eingestuft (siehe Meldung des BAF und z.B. den Bericht der Main-Spitze vom 08.07. sowie unsere Beiträge auf dieser Seite unten).
Die wirklich spannende Frage lässt die Meldung aber unbeantwortet: war das nun ein weiterer Fall von unnötigem Risiko, das durch die unzureichende Regelung der Südumfliegung herbeigeführt wurde, und wurden dabei die Regeln des abhängigen Betriebs zwischen Süd- und Center-Bahn verletzt? Das BAF macht dazu keine Aussage, und ob sich bei der geforderten Akteneinsicht dazu etwas Neues ergibt, bleibt abzuwarten.
Zunächst einmal hat das BAF diese Akteneinsicht verweigert mit der kuriosen Begründung, es gebe keine Akte.
Fraport hat den dritten
Schallschutz-Bericht veröffentlich, diesmal für die Winterflugplan-Periode 2013/2014 (Oktober 2013 bis März 2014). Kernaussage wie bei allem, was von Fraport zu diesem Thema kommt: es ist leiser geworden. Nicht immer und nicht überall, aber da und dort ein bisschen.
Raunheim verteidigt seine "führende" Position bei der Lärmbelastung, aber nur knapp (tags 1 db(A) mehr als Kelsterbach, Offenbach-Lauterborn, Frankfurt-Lerchesberg und Mörfelden West, nachts sogar 1 dB(A) hinter Worfelden und gleichauf mit Büttelborn und Offenbach-Lauterborn).
Prominent figuriert aber auch die Drohung: wir dürfen noch viel lauter, sowohl insgesamt, aber auch in den sog. "Nachtrandstunden", d.h. abends von 22- 23 und morgens von 5 - 6 Uhr.
Sechs von 19 Textseiten widmet der Bericht aber dem kommenden Thema: eine längliche, aber inhaltlich völlig unergiebige Abhandlung über sog. "Dedicated Runway Operations" (bevorzugte Bahnnutzungen, kurz DROps) und dadurch erzeugte "Lärmpausen".
Bestenfalls kann man daraus lernen (aber nicht verstehen), was für ein Unsinn derzeit mit den sog. "DROps Early Morning" getrieben wird. Was uns ab Sommer 2015 erwarten könnte, wenn die von der Landesregierung so hoch gehandelten 7stündigen Lärmpausen eingeführt werden sollen, wird auch hier nicht erklärt.
Nett ist die Erläuterung, dass Lärmpausen am Besten realisiert werden können, wenn man, wie z.B. am Flughafen Amsterdam Schiphol, viele Bahnen zur Verfügung hat. Ob das auch als Drohung zu verstehen ist ?
Zur Lärmpausen-Diskussion paßt die Meldung, wonach Lufthansa und Vertreter der anderen Fluggesellschaften "größere Flexibilität" fordern, damit Abflüge "nicht an formalen Gründen scheitern", sprich: das ohnehin schon stark eingeschränkte Nachtflugverbot künftig nicht nur für Landungen, sondern auch für Starts weiter durchlöchert wird. Ob mal jemand den Herren erklären könnte, dass die Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung der Region kein "formaler Grund" ist ?
Der letzte Themenkomplex, den Fraport in diesem Bericht behandelt, ist das Beschwerde-Management, genannt "Nachbarschaftsdialog". Dieser existiert laut Bericht seit dem Jahr 2000 und hat seitdem "mit rund 42.300 Bürgerinnen und Bürgern Korrespondenz geführt", also etwa 3.000 pro Jahr. Laut dem gleichen Bericht gehen aber 7.250 Beschwerden pro Tag ein, davon 362 "individuelle Anfragen" (der Rest nutzt technische Hilfsmittel wie Online-Formulare). Bezogen auf alle Anfragen würden demnach weniger als 1 Promille beantwortet, bezogen auf die individuellen zwischen 2 und 3 Prozent. Trotzdem wird behauptet, der Nachbarschaftsdialog gehe "jeder einzelnen Anfrage nach". Und nicht nur das: "Unabhängig von den Beschwerden der Anwohner meldet die Abteilung Messung und Beurteilung von Fluggeräuschen der Fraport AG alle auffälligen Flüge selbst an das HMWEVL." Demnach dürfte man erwarten, dass inzwischen eine respektable Statistik über auffällige Flugereignisse, Ordnungswidrigkeiten, Bußgelder und sonstige Sanktionen vorliegt. Vielleicht ist das so - aber dann soll die Öffentlichkeit es wohl nicht erfahren. Der Bericht verliert jedenfalls kein Wort darüber.
Am Samstag eher regnerisch ...
Trotz eher mäßigem Wetter und WM-Kick war das Bahnhofstrassenfest am Samstag, den 28.06., nicht schlecht besucht. Auch der Infostand der BI, der neben dem generellen Thema Flughafenausbau über die Themen Wirbelschleppen und Lärmpausen informierte, fand Interesse und Zustimmung.
Einige berichteten am Infostand über ihre Erfahrungen mit dem Dachsicherungsprogramm der Fraport. Teilweise gab es keinerlei Probleme, aber teilweise wurde auch von Versuchen der Fraport gesprochen, Teile der Kosten für die notwendigen Maßnahmen auf die Besitzer abzuwälzen.
Andere begründeten, warum sie an dem Programm garnicht teilnehmen wollen. Von vielen wurde die Frage angesprochen, wer künftig für Schäden haftet, falls doch mal etwas Ernsthaftes passiert. Dabei wurde mehrheitlich die BI-Meinung unterstützt, dass es nicht sein kann, dass HausbesitzerInnen für Schäden haften, die von Dritten an ihrem Dach verursacht werden. Alle waren sich aber einig, dass letztendlich erst die Gerichte darüber entscheiden werden.
... aber am Sonntag viele interessante Diskussionen ...
Auch von Wirbelschleppen-Schäden Betroffene und Zeugen solcher Vorfälle berichteten. Einige erzählten, dass sie von den Vorfällen so beunruhigt sind, dass sie bei Anflug aus Westen den Aussenbereich nicht mehr nutzen, nicht nur weil es zu laut, sondern auch weil es zu riskant ist.
Am Sonntag war bei besserem Wetter bis in den Abend hinein mehr Betrieb, und auch am BI-Stand fanden sich viele InteressentInnen ein, um zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. Dabei spielte dann auch das Thema "Lärmpausen" eine größere Rolle. Viele waren überrascht und empört, dass Raunheim dadurch kaum entlastet werden kann, aber wahrscheinlich zusätzliche Belastungen ertragen müsste.
... und auch lokale Prominenz und internationale Gäste waren interessiert.
Da sich auch einige Stand-BesucherInnen an einer Mitarbeit in der BI interessiert zeigten, hat sich der Aufwand für die zweitägige Standbesetzung durchaus gelohnt.
Wer das Flugblatt, das die aktuell anstehenden Themen nochmal kurz zusammen faßt, am Stand nicht bekommen hat, kann es hier herunter laden.
Der Beitrag der BI Raunheim bestand diesmal im Wesentlichen in der Unterstützung des Kuchenstandes am Sonntag - das kann bei den nächsten Aktionen noch besser werden.
Das Aktionscamp von Robin Wood vom 19. - 22.06. im Treburer Oberwald, das von der BI Raunheim mit Kuchen und Geldspenden unterstützt wurde (Dank an die Bäckerinnen und Spender!), hat ein breites Presseecho gefunden und war schon deshalb ein Erfolg. Verdeutlicht wurde, dass auch der nächste Ausbauschritt, der Bau von Terminal 3, nicht ohne Widerstand über die Bühne gehen wird.
Aber auch die Diskussionen im Camp waren interessant. Insbesondere die unterschiedlichen Auffassungen zwischen denen, die direktere und provokantere Aktionen für nötig halten (und deswegen gleich mal symbolisch einen Bagger auf dem benachbarten Baugelände besetzt haben), und denen, die eine Kriminalisierung des Protestes und damit eine Abschreckung bisheriger Mit-Demonstranten fürchten, wird die Bewegung noch eine Weile beschäftigen.
Ausführliche Einschätzungen, Berichte und Bilder vom Camp finden sich auf den Seiten von Robin Wood, des Waldbesetzer-Blog und des BBI.
Wie mehrere lokale Zeitungen melden, darunter am ausführlichsten die
AZ, soll der Vorfall vom 7. April dieses Jahres, bei dem sich zwei Flieger über Raunheim ziemlich nahe gekommen waren (siehe Meldung auf dieser Seite unten), nun doch noch ausführlicher untersucht werden. Nachdem die DFS zunächst jedes Problem geleugnet hatte und die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen keinen Anlass für eine Untersuchung sah, hat nun überraschend die Aufsichtsbehörde der DFS, das Bundesamt für Flugsicherung, erklärt, demnächst einen Bericht zu dem Vorfall vorlegen zu wollen. Wieso die unterschiedliche Einschätzung?
Ein Blick auf die jeweiligen Zuständigkeiten hilft vielleicht weiter. Die DFS hat den Vorfall gemanagt und glaubt (oder möchte gerne glauben), alles richtig gemacht zu haben. Zum Aufgabenkatalog der BFU gehören nur Unfälle und "schwere Störungen"; wenn die Kriterien dafür nicht vorliegen, tut sie nichts. Also bleibt tatsächlich nur das BAF, zu dessen Aufgaben es gehört, Regelverletzungen und Verstösse zu verfolgen.
Es muss nun also klären, ob die Regeln des abhängigen Betriebs zwischen Center- und Südbahn eingehalten wurden, ob der A380 tatsächlich regulär nach Norden fliegen sollte oder von den Lotsen umgelenkt wurde, ob Anflug und Durchstart-Manöver der B747 korrekt abgewickelt wurden, und vielleicht noch einige Dinge mehr. Für die DFS wird es auch darauf ankommen, ob sie weiter an Glaubwürdigkeit einbüßt, weil sich herausstellt, dass sie die Öffentlichkeit mal wieder angelogen und Fehler vertuscht hat - oder ob ihre Aussagen korrekt waren, so schwer das auch zu glauben ist.
Schwere Zeiten für die Flugsicherung - auch ganz ohne mysteriöse Störfälle.
Trotz Ferienzeit, beginnendem WM-Fieber und anderen Verpflichtungen war das Treffen mit zehn TeilnehmerInnen relativ gut besucht; sicher ein Zeichen, dass die Probleme nicht weniger werden.
Im Nachgang zu der Veranstaltung der Grünen Raunheim mit Frank Kaufmann am 7. Mai wurde noch einmal die Frage aufgeworfen, wie seine Äusserungen zu den vorgesehenen siebenstündigen Lärmpausen zu bewerten sind und was wohl auf Raunheim zukommen könnte. Beschlossen wurde, diese Frage zum Hauptthema des nächsten Treffens zu machen, in der Annahme, dass bis dahin die angekündigten Modelle vorliegen werden.
Beim Thema "Wirbelschleppen" wurde die Unzufriedenheit mit der Reaktion der Landesregierung auf die jüngsten Vorfälle in Raunheim von allen geteilt. Wir werden weiter versuchen, von Minister Al-Wazir Antworten auf die von uns gestellten Fragen und Forderungen zu bekommen.
Der BI-Stand beim Bahnhofstrassen-Fest am 28./29. Juni wird wieder stattfinden, auch wenn noch Unterstützung gebraucht wird. Neben den beiden Kernthemen "Wirbelschleppen" und "Lärmpausen" soll auch noch eine Chronik das ständige Wachsen des Flughafens und den Widerstand dagegen demonstrieren. Wer dazu noch spezifisches Raunheimer Material hat, bitte melden !
Die BI unterstützt auch den Aufruf zum Sommeraktionscamp von Robin Wood vom 19.-22. Juni im Treburer Wald, der für die Zufahrt zu Terminal 3 gerodet werden soll. Das Programm und weitere Infos sind inzwischen verfügbar.
Wie um zu symbolisieren, dass die Wirbelschleppen-Problematik längst nicht gelöst ist, kam es am Samstag, den 31.05.14, wieder zu einem Schaden. Glücklicherweise war er gering: nur zwei Dachziegel wurden aus dem Dach gerissen, nur einer landete am Boden - und die Hausbewohner saßen auf der anderen Seite des Hauses.
Da die Uhrzeit nicht genau bekannt ist und um diese Zeit (gegen 19:00 Uhr) reger Überflug-Verkehr herrschte, kann der Verursacher nicht eindeutig bestimmt werden. Ein heisser Kandidat ist ein A380 der Lufthansa, der um 18:58 Uhr das Gebiet überflog, ein anderer eine B777 der Air China, die um 19:13 Uhr vorbei kam. Alle anderen Maschinen waren kleiner, aber auch die erzeugen Wirbelschleppen. Und dass das Wetter dafür geeignet war, konnte man das ganze Wochenende über deutlich hören - fast ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist.
Der neue Schadensfall liegt weiter östlich als die beiden vorhergehenden, im alten Klammerungsgebiet. Auch das hat vielleicht eine gewisse Symbolkraft: es ist auch nicht so, dass nur noch "anfällige" Dächer im Neubaugebiet betroffen wären.
Eines haben alle drei Schadensfälle gemeinsam: in allen Fällen herrschte schwacher Nordwind, von strikt Nord mit 6 Knoten bis Nordnordwest mit 5 Knoten (s. Grafiken links und unten, jeweils in der linken oberen Ecke ist der Wind angezeigt). Die Windkomponente in Bahnrichtung war daher in allen Fällen kleiner als 2 Knoten, im letzten Fall praktisch Null. Würde also immer strikt bis zu einer Rückenwind-Komponente von 5 Knoten Betriebsrichtung 25 geflogen, hätten alle diese Anflüge garnicht stattgefunden. Sollte das nicht Anlass für die DFS sein, ihre Betriebsrichtungswahl noch mal zu überprüfen ?
... die Dachziegel, und zwar vom Dach, auch wenn der Minister das nicht wahr haben will. Gerade mal fünf Wochen hat es gedauert, bis der nächste Wirbelschleppen-Schaden die kläglichen Versuche Al-Wazirs, den Schaden Mitte April zum aussergewöhnlichen Einzelfall zu erklären, zum Scheitern gebracht hat. Am Sonntag, den 18.05., kurz nach elf Uhr vormittags, hat es wieder gekracht. Und wieder war es Glück, dass niemand dort saß, wo die Ziegel herunter kamen. Die lokale Presse (Echo und Main-Spitze) berichtet in Wort und Bild, und auch die Feuerwehr Raunheim zeigt Bilder von ihrem Einsatz (Nr.66 anklicken).
Verursacher der Wirbelschleppe war eine Boeing 747-400 (ein "Jumbo-Jet") der Lufthansa, die in der üblichen Höhe von ca. 450 m knapp 200 m seitlich an den Häusern vorbeiflog. Ob der Pilot irgend ein ungewöhnliches Manöver durchgeführt hat, wie Zeugen gesehen haben wollen, läßt sich aus den öffentlich zugänglichen Daten nicht feststellen. Dass Zeugen das Flugzeug als laut empfunden haben, liegt wohl in erster Linie daran, dass es eine alte Kiste war, die immer noch lauter ist als modernere Flugzeuge.
Was es sonst noch zu kommentieren gäbe, steht in der Pressemitteilung des Ortsverbandes Raunheim von Bündnis 90/Die Grünen. Leider muss man wohl davon ausgehen, dass der Minister auch nicht auf seine Parteifreunde vor Ort hören wird. Wir warten aber umso gespannter auf Al-Wazirs Antwort auf unseren
Offenen Brief.
Immerhin in einem Punkt scheint der Minister (schon wieder) eine Kehrtwendung vollziehen zu wollen. Nachdem der erste Schaden "keineswegs modellhaft" gewesen sein soll, lässt er per
Pressemitteilung am Montag nach dem zweiten Schaden wissen: „Der erneute Vorfall in Raunheim am gestrigen Sonntag zeigt aus meiner Sicht eindeutig, dass hier Handlungsbedarf besteht“. Zur (politischen) Schadensbegrenzung soll nun doch der Dachsicherungsbereich auf ganz Raunheim (und Flörsheim) ausgeweitet werden.
Dies wäre zwar eine richtige und wichtige Massnahme, aber dabei darf es nicht bleiben. Es muss geklärt werden, wie groß das Risiko von Schäden durch Wirbelschleppen tatsächlich ist und welchen Ansprüchen die Sicherung genügen muss, welche Kosten Fraport übernimmt und nach welchen Kriterien (künftige) Dachschäden beurteilt werden. Selbst dann bliebe aber zweifelhaft, ob in einem vertretbaren Zeitraum eine vollständige Dachsicherung erreicht werden könnte. Und da Kräfte, die ein neues, intaktes Dach zerstören können, auch anderweitig eine Gefahr darstellen, bleibt es bei der Grundforderung: die Anzahl der Überflüge über Raunheim muss reduziert (und nicht, wie geplant, erhöht!) werden, und die Überflughöhe muss vergrössert werden. Die Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch ...
... aber aufgenommen werden sie nicht. Genau eine Woche hat das Ministerium gebraucht, um die Ankündigung umzusetzen und eine zweite Planergänzung zu erlassen (s. Pressemitteilung und Ergänzungs-Beschluss). Das Positive zuerst: jetzt liegt ganz Raunheim im "Vorsorgebereich" (s. Kartenausschnitt links, für Gesamt-Karte anklicken), und die absurde "Stichtagsregelung", nach der neuere Häuser keinen Anspruch haben sollten, ist gefallen. Das ist aber leider auch alles.
Wie zu befürchten war, nimmt das Ministerium von den weitergehenden Forderungen nichts auf, und aus den begleitenden Erklärungen, auch der der Grünen-Landtagsfraktion, kann man ablesen, dass mehr auch politisch nicht gewollt ist. Im Gegenteil: die Betroffenen sollen jetzt alle Unsicherheiten und zusätzlichen Kosten akzeptieren und klammern lassen, meint Frank Kaufmann. Da waren die Grünen vor einem Jahr schon mal weiter, wie wir in einer Pressemitteilung aufzeigen.
Immerhin enthält die o.g. Pressemitteilung des Ministeriums noch eine freundliche Klarstellung: "Schon bisher war die Fraport AG verpflichtet, Schäden an Hausdächern, bei denen Wirbelschleppen als Ursache nicht ausgeschlossen werden können, zu beheben. Bei dieser Verpflichtung bleibt es – unabhängig davon, ob Hauseigentümer das Vorsorgeangebot annehmen oder nicht." Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, denn diese Regelung war als Ergebnis einer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichtlich festgelegt worden. Trotzdem liess sich Fraport in einem kürzlich in der Main-Spitze erschienenen
Artikel zitieren mit der Ausage "Fraport hat den Hausbesitzern mitgeteilt, dass sie, sollte ein Dach nicht geklammert sein, zukünftig bei Beschädigungen durch Wirbelschleppen selbst für die Kosten aufkommen müssen." Hätte Fraport das selbst veröffentlicht, wäre das eine offene Ankündigung eines Rechtsbruchs und ein Fall für die Staatsanwaltschaft. So aber läßt man die Aussage von Betroffenen kolportieren und sorgt für Verunsicherung - gut nachbarschaftliches Verhalten eben, wie wir es von Fraport gewohnt sind.
Dabei hätte Fraport Werbung für das Sicherungsprogramm btter nötig, wie der Artikel zeigt. Schon im alten Klammerungsgebiet gibt es demnach 3.000 Anspruchsberechtigte, 862 haben Anträge gestellt, 69% davon sind bearbeitbar - selbst bei kompletter Abarbeitung dieses Programms wären also weniger als 20% der Dächer gesichert. Und bis wann das der Fall sein könnte, darüber gibt es keine Aussage. Wieviele Dächer jetzt neu hinzukommen, ist auch noch nicht klar, aber es ist deutlich: auf diese Weise kann Sicherheit vor Wirbelschleppen-Schäden nicht hergestellt werden, schon garnicht in der vom Gericht geforderten Schnelligkeit.
Man hätte es eigentlich nicht für möglich gehalten, aber der Grüne Al-Wazir schafft es tatsächlich, den FDP-Mann Rentsch beim Thema Wirbelschleppen in Bezug auf Dreistigkeit und Ignoranz noch zu toppen. In einem u.a. in der Main-Spitze erschienenen
Artikel läßt er sich mit Aussagen zitieren, die provokanter nicht sein können. Ob der Schaden am 12.04. wirklich durch eine Wirbelschleppe verursacht wurde, sei keinesfalls sicher. Wenn es aber doch eine Wirbelschleppe war, dann kam es nur deshalb zu einem Schaden, weil das Dach des (relativ neuen!) Hauses ohnehin marode und fehlerhaft war; man könne daraus keinesfalls folgern, dass auch andere Häuser gefährdet seien.
Hausbesitzer, die im Zweifel sind, ob ihr Dach den Ansprüchen des Ministeriums genügt, sollen es auf Fraport-Kosten inspizieren lassen können. Was passiert, wenn das Dach bei dieser Prüfung durchfällt, ist nicht erklärt. Soll der Besitzer es auf eigene Kosten instand setzen lassen? Trägt er das Risiko, wenn künftig Schäden auftreten?
Ein dreisterer Versuch, Fraport aus der Verantwortung zu entlassen, ist kaum denkbar. Offensichtlich spielt es für Al-Wazir keine Rolle, dass im gleichen Gebiet schon mindestens vier weitere Schäden aufgetreten sind und dass das (immer noch nicht veröffentlichte) Gutachten der DLR Wirbelschleppen-Schäden selbst in Rüsselsheim für möglich hält. Fraport möchte das Klammerungsgebiet nicht erweitern, weil das zu teuer würde - und der Minister spurt.
Die BI hat diese Fragen in einem zweiten Offenen Brief an den Minister ausformuliert - aber bisher ist noch nicht einmal der
erste beantwortet.
... aber rechnen Sie nicht mit Antworten: gleich zu Beginn der Veranstaltung des Ortsverbands Raunheim von Bündnis 90/ Die Grünen stellte der Flughafen-Experte der Grünen-Landtagsfraktion fest, dass die Raunheimer zu ungeduldig sind und es für viele der aufgeworfenen Fragen noch keine Antwort gäbe.
Und so fing es dann auch beim Thema Wirbelschleppen an: regieren ist schwierig, Verwaltungsverfahren sind komplex und dauern lange, und überhaupt ist es am Einfachsten, wenn Betroffene ihre Rechte selbst vor Gericht einklagen. Wofür genau werden Abgeordnete eigentlich gewählt? Selbst zum aktuellen Schwerpunkt des Ministeriums, den Lärmpausen, gab es nur die (auch nicht neue) Absichtserklärung, sie zum Sommerflugplan 2015 einzuführen. Immerhin wurde deutlich, dass es für Raunheim damit wohl garnichts wird: die technischen Probleme sind einfach zu groß. Gefragt, ob denn die Drohung im Koalitionsvertrag, die Lärmpausen notfalls per Änderung des Planfeststellungsbeschlusses und der Betriebsgenehmigung durchzusetzen, ernst gemeint sei, wurde Herr Kaufmann deutlich: er ignorierte die Frage geflissentlich.
Und in diesem Stil ging es dann auch mit den anderen Themen weiter: bezüglich der Verteilung der Landeanflüge auf Nordwest- und Südbahn müssen die Daten überprüft werden, für die Südumfliegung sind jetzt erstmal die Gerichte zuständig, zur Beurteilung des neuen Startverfahrens muss man die Daten des Tests abwarten, und bei den Schadstoffen werden doch die Grenzwerte eingehalten.
Nur zu Terminal 3, das explizit garnicht auf der Themenliste stand, gab es eine interessante Aussage: obwohl Herr Kaufmann bestätigte, dass Fraport entscheidet, ob gebaut wird, und Fraport-Chef Schulte derzeit in jedes vorbeikommende Mikrofon erzählt, wie dringend das Terminal benötigt wird, geht er davon aus, dass es "bis 2019 nicht gebaut wird". Warum er das glaubt, ist aber wohl keinem der Anwesenden wirklich klar geworden.
Die Aussagen dieses Abends geben genügend Anlass, sich damit und mit der 100-Tage-Bilanz der schwarz-grünen Regierung in einem polemischen Kommentar auseinanderzusetzen.
Am 3.9.2012 hatte das Regierungspräsidium Darmstadt einen Entwurf für einen sog. "Lärmaktionsplan" für den Flughafen Frankfurt vorgestellt und interessierte Kreise zur Stellungnahme aufgefordert. Dies wurde so reichlich genutzt (lt. RP-Angaben knapp 11.000mal, darunter auch durch die BI), dass es geschlagene 20 Monate gedauert hat, bis das RP am 5.5.2014 die
Endfassung fertigstellen konnte.
Nun kann man wenigstens nachlesen, warum die vielen guten Ideen zum Lärmschutz leider nicht umgesetzt werden können und nur das getan werden kann, was die Landesregierung ohnehin schon immer tun wollte. Sollten sich bei näherer Lektüre noch bemerkenswerte Details ergeben, werden wir denen einen eigenen Kommentar widmen.
Eine Kuriosität hat der Plan beibehalten: anstelle des sonst so gerne benutzten "Frankfurter Fluglärm-Index" verwendet er ein Berechnungsverfahren namens "Noise Score" zur Darstellung der Belastung durch Fluglärm (s. Grafik). Die Unterschiede, die sich daraus im Einzelnen ergeben, wären auch noch zu untersuchen, aber eine Grundaussage verändert sich nicht: Raunheim liegt auch hier im roten Bereich.
Eine erste generelle Kritik zum LAP gibt es von der Initiative Zukunft Rhein-Main.
Die Entwicklung des Flugverkehrs und der dadurch verursachten Belastungen wird auf allen Ebenen beeinflusst - vom Bundesland bis nach Europa (und der Welt). Daher können politische Entwicklungen auf jeder dieser Ebenen für Fluglärmgegner interessant sein.
Die schwarz-grüne hessische Landesregierung hat nach hundert Tagen im Amt eine erste
Bilanz vorgestellt - und die fällt (nicht nur) in der Flughafen-Politik ernüchternd aus. Ein oder zwei Bürgerinitiativen durften für ein Stündchen zum Plausch ins Ministerium, in der "Allianz für Lärmschutz" hat sich Minister Al-Wazir als der Neue vorgestellt, und auch die seinem Ministerium zugeordneten Institutionen Fluglärmkommission und Umwelthaus hat er schon besucht - mehr ist nicht passiert.
Das Bündnis der Bürgerinitiativen hat die ersten 100 Tage von Verkehrsminister Al-Wazir als "Enttäuschung mit Ansage"
kommentiert. Die BI hat in einem Offenen Brief an Minister Al-Wazir Fragen zu Themen gestellt, die die Landesregierung kurzfristig hätte aufgreifen können und müssen. Einen
Kommentar zur schwarz-grünen Bilanz haben wir auch.
Am 25. Mai wird ein neues Europaparlament gewählt. Alle offiziellen Infos dazu gibt es auf der entsprechenden EU-Webseite (Grafik links anklicken) oder im Dossier der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Was das noch amtierende EU-Parlament zu fluglärm-relevanten Themen zu sagen hatte, haben wir zuletzt in einer Meldung weiter unten berichtet - leider zu optimistisch. Zwischenzeitlich hat der Ministerrat klargestellt, wer in der EU letztendlich das Sagen hat, und das Parlament in (fast) allen Fragen zum Einknicken gezwungen. Die Ergebnisse haben wir in einem aktualisierten Kommentar zusammengefasst.
Man sollte aus dieser dürftigen Bilanz aber nicht unbedingt den Schluss ziehen, dass Wählen gehen garnicht lohnt. Auch wenn es nirgendwo echte Durchbrüche gab - einige von den erreichten Kompromissen dürften die Rahmenbedingungen für die kommenden Auseinandersetzungen doch positiv beeinflussen. Und schliesslich: mit den richtigen KandidatInnen kann es ja in den nächsten fünf Jahren nur besser werden. Andererseits - wenn die Falschen das Sagen haben, können sie noch mehr Unsinn anrichten. Also lohnt es sich schon zur Schadensbegrenzung, eine Liste zu wählen, auf der Leute stehen, die Rückgrat haben und den Wachstums-Phantasien der Wirtschaftslobbyisten etwas entgegen halten können.
- nicht nur die Flieger über Raunheim, sondern auch die Ziegel vom Dach. Auch wenn die Phasen mit Westanflug in diesem Frühjahr bisher eher kurz waren, waren doch schon öfter Wirbelschleppen gut zu hören, und es kursierten auch Gerüchte über Schäden, die zwar bemerkt, aber nicht gemeldet wurden. Am Samstag, den 12.04., am frühen Nachmittag, war es dann aber soweit. Mit einem Knall, der etliche Anwohner im westlichen Lache-Gebiet vor die Tür trieb, fegte eine Wirbelschleppe an zwei Reihenhäusern in der Straße "Am Ried" Ziegel vom Dach. Glücklicherweise wurde auch diesmal wieder niemand verletzt.
Mit den Ziegeln am Boden zerbrach aber auch die Illusion, mit den von Fraport und der Landesregierung veranlaßten Maßnahmen liesse sich das Wirbelschleppen-Risiko wirksam verringern. Die betroffenen Häuser liegen ausserhalb des Anspruchbereichs für die Dachsicherung, die Dachdeckung entsprach offenbar neuen Standards - und trotzdem hat es gekracht.
Extreme Bedingungen gab es dabei nicht. Die verursachende Maschine, eine relativ moderne B777 der Qatar Airways, flog in der üblichen Höhe von etwa 450 Metern knapp 300 Meter nördlich am Haus vorbei, und es herrschte nur leichter Nordwind von ca. 2 Knoten (s. Grafik, zum Vergrössern anklicken).
Die BI hat in einer ersten Pressemitteilung Stellung genommen und darauf hingewiesen, was jetzt geschehen müßte. Die grob falsche "Planergänzung", mit der noch Minister Rentsch auf die Schäden im letzten Jahr reagiert hatte, muss nachgebessert und besonders der Sicherungsbereich ausgedehnt werden. Fraport muss endlich sein "Geheimgutachten" veröffentlichen, das angeblich neue Aussagen zu Schadenswahrscheinlichkeiten macht. Langfristig lösen läßt sich das Problem aber nur, wenn die Zahl der Anflüge reduziert und die Überflughöhe vergrößert wird.
Immerhin hat der Vorfall auch die Politik aufgeschreckt. SPD und Grüne hatten schnell Presseerklärungen parat, und für die Landesregierung teilte Staatssekretät Samson per Interview mit, dass man schnell prüfen wolle, was passiert ist, und ggf. das Sicherungsgebiet ausdehnen werde.
Einige Details der Äusserungen stimmen allerdings bedenklich. So fordert die SPD "eine genaue wissenschaftliche Untersuchung, welche Gebiete zusätzlich von Wirbelschleppen betroffen sein könnten", obwohl sie natürlich genau wissen, dass Fraport schon ein entsprechendes Gutachten in der Schublade hat, das aber von allen intensivst beschwiegen wird. Schlimmer noch die beiden Grünen Samson und Kaufmann, die beide betonen, dass die "bereits durchgeführten Sicherungsmaßnahmen an Dächern ...die Zahl der Vorfälle schon reduziert" hätten, als ob schon eine relevante Zahl an Dächern geklammert wäre und nur noch ein paar zusätzliche Ecken einbezogen werden müssten. Dass immer noch nicht hinreichend klar ist, unter welchen Wetterbedingungen Wirbelschleppen Schäden am Boden anrichten können und hierzu wahrscheinlich noch umfangreiche (und teure) Untersuchungen notwendig wären, dass Umfang und Geschwindigkeit des Dachsicherungsprogramms den Anforderungen des Verwaltungsgerichts in seiner
Entscheidung zum Flörsheimer Eilantrag in keiner Weise entsprechen, und dass zur wirklichen Minderung des Risikos weitergehende Maßnahmen notwendig sind - das wollen sie als Regierungspartei nicht mehr wahr haben.
Die BI hat diese und andere Fragen in einem Offenen Brief an Minister Al-Wazir aufgegriffen in der Hoffnung, diese Themen wieder in die öffentliche Diskussion zu bringen.
Am Ostermontag gab es nach einer Meldung von Echo Online einen weiteren Dachschaden, diesmal in Nauheim. Eine nähere Betrachtung zeigt allerdings, dass Wirbelschleppen als Ursache dafür kaum in Betracht kommen. Zwar flog auch dort eine B777 vorbei, sie war aber mehr als zehnmal soweit entfernt wie im Raunheimer Fall, und die Wirbelschleppe hätte diese Entfernung senkrecht zur Windrichtung zurücklegen müssen. Offenbar können bei entsprechendem Wetter (böiger Wind) auch natürliche Phänomene solche Wirkungen hervorrufen.
Am Montag, den 7.4.14, hatten einige Augenzeugen gegen 17:30 Uhr mal wieder ein bedrückendes Erlebnis. Zwei "dicke Brummer" flogen eng nebeneinander auf Raunheim zu, ehe der eine nach Norden abdrehte und der andere direkt übers Dorf nach Westen donnerte. Durch eine Pressemitteilung des BBI aufgeschreckt, dementierte die Deutsche Flugsicherung umgehend, dass eine kritische Situation vorgelegen habe: alle Sicherheitsabstände seien eingehalten worden (siehe z.B.
hier und
hier). Weitere Details ließ sie sich aber nicht entlocken.
Was passiert ist, läßt sich aber auch so zum größten Teil nachverfolgen. Zum dritten Mal seit Eröffnung der Landebahn Nordwest und der damit verbundenen Einführung der Südumfliegung gab es einen Konflikt zwischen einem auf der Südbahn (25L) durchstartenden und einem auf der Centerbahn (25C) startenden Flugzeug. Während beim ersten Mal ein Lotse falsch reagierte und damit nach Ansicht der Aufsichtsbehörde eine "schwere Störung" provozierte, war der Ablauf beim zweiten und anscheinend auch beim dritten Mal aus deren Sicht in Ordnung. Der startende Flieger wurde nach Norden (über Flörsheim) geschickt, der durchstartende flog zunächst geradeaus (über Raunheim) und drehte dann nach Süden ab. Viel Lärm um nichts ?
Laut war es allemal, ob es auch gefährlich war, hängt von den Details ab. Die Flugrouten der beiden Flugzeuge (ein startender A380 der Lufthansa und eine durchstartende russische B747) liegen zunächst über dem Waldsee eng beieinander, eine Betrachtung der Flughöhen an dieser Stelle zeigt allerdings, dass vertikal noch Platz zwischen beiden war. Wie nah sie sich tatsächlich gekommen sind, hängt entscheidend vom zeitlichen Ablauf ab, über den keine öffentlich zugänglichen genauen Daten vorliegen. Die Lärmmessungen der Station Raunheim Nord zeigen allerdings, dass zwischen dem startenden A380 (der in Flörsheim mit 80 dB(A) gut zu hören war) und der durchstartenden B747 nur rund 35 Sekunden lagen.
Gerade dieser letzte Punkt wirft Fragen auf. Selbst wenn die Sicherheitsabstände eingehalten wurden, und selbst wenn der A380 planmäßig den Nordwestabflug nehmen sollte und nicht im letzten Moment umdirigiert wurde - Süd- und Centerbahn liegen so eng nebeneinander, dass auf ihnen kein unabhängiger Betrieb stattfinden darf. Der A380 hätte demnach nur starten dürfen, wenn die B747 entweder noch weit genug weg oder sicher gelandet war. Tatsächlich startete er aber, als die B747 schon über der Bahn war, aber noch bevor sie hätte aufsetzen können (siehe Grafik). Die DFS müsste also erklären, wieso es zu diesem Szenario kommen konnte. Stattdessen reagiert sie (in Person ihres Pressesprechers Raab) beleidigt und sieht sich durch kritische Fragen "diffamiert". Nichts dazugelernt ?
Dieser Vorfall verdeutlicht erneut, dass dieses idiotische Bahnensystem Risiken enthält, die nur entschärft werden können, wenn man die notwendigen zeitlichen Staffelungen zwischen Starts und Landungen einhält und damit die irrwitzigen Kapazitätsträume endlich aufgibt. Aber das wollen DFS und Fraport natürlich auf keinen Fall zugeben.
Zeitgleich haben Ende März der Sachverständigenrat für Umweltfragen und das Umweltbundesamt wichtige Gutachten vorgelegt. Der Sachverständigenrat beschäftigt sich unter dem eher populistischen Titel "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten" (Kurzfassung und Volltext) mit der Frage, welche Änderungen notwendig sind, um die künftige Planung des Luftverkehrs effizienter und ausgewogener vornehmen zu können, während die Studie des Umweltbundesamtes unter dem gradezu abschreckenden Titel "Gutachten zur Prüfung von formell- und materiellrechtlichen Vorgehensmöglichkeiten bei der Festlegung von Flugrouten" untersucht, wie die Einbeziehung von Lärmschutzaspekten und Betroffenen in die Flugroutenplanung möglich sein könnte, ohne den Prozess unnötig zu blockieren.
Der Arbeitskreis "Ärzte gegen Fluglärm" schätzt die Gutachten sehr positiv ein und fordert in einer Pressemitteilung, die darin enthaltenen Forderungen umzusetzen, um mehr Lärmschutz für die Bevölkerung zu erreichen und Gesundheitsschäden zu minimieren. Auch die Fluglärm-Kommission gibt die Inhalte beider Gutachten zustimmend wieder.
Bei genauer Lektüre ist allerdings auch Vorsicht geboten. Vergleicht man das SRU-Gutachten mit dem
Posch-Papier zur Entwicklung eines Luftverkehrskonzepts und die
BDL-Vorschläge dazu, erkennt man, dass hier ähnliche Fragen aufgegriffen werden. Die Antworten sind zwar durchaus unterschiedlich formuliert, es wird aber sehr deutlich, dass es sehr darauf ankommt, mit welchem genauen Inhalt die jeweiligen Forderungen gefüllt werden. So wird z.B. in beiden Papieren die Forderung nach einer zentralen Koordination der Kapazitätsplanung erhoben, wobei der SRU den Schwerpunkt auf die Beschneidung von Wildwuchs legt, während Posch/BDL eher die grössere Durchsetzungsfähigkeit von Bundesvorhaben gegen lokale Widerstände im Auge haben. Auch die Vorschläge im UBA-Gutachten sind teilweise durchaus zweischneidig.
Zusammengefaßt muss man wohl feststellen, dass beide Gutachten viele gute Analysen und Forderungen enthalten, aber in vielen Fällen auch eher das Feld kommender Auseinandersetzungen definieren, als fertige Lösungen anzubieten.
53 Tage nach Amtsantritt der neuen Landesregierung hat im Landtag die erste größere Debatte um Fluglärm stattgefunden. Die SPD wollte von der Regierung u.a. wissen, wie sie das Konzept der 7stündigen Lärmpausen umzusetzen gedenkt.
Neues gab es nicht. Weder hat die Landesregierung erklärt, wie die Lärmpausen umgesetzt werden sollen, noch gab es von den anderen Fraktionen Vorschläge dazu. Lediglich der Stil, in dem einzelne Akteure mit dem Thema umgehen, hat sich geändert. Besonders bedenklich dabei erscheint, dass die schwarz-grüne Landesregierung noch mehr als ihre Vorgängerin dabei auf Hinterzimmer-Kungelei setzt: nicht einmal mehr die bisherigen, ohnehin schon wenig transparenten Fachgremien wie das Forum Flughafen und Region werden in die Diskussion eingebunden. Mehr dazu in einem Kommentar.
Am 12. April 1984 wurde die Startbahn 18 West in Betrieb genommen.
Das Umweltamt der Stadt Mörfelden-Walldorf, die Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms und die BI Mörfelden-Walldorf gegen Flughafenerweiterung zeigen aus diesem Anlass vom 11. April bis 2. Mai im Rathaus Walldorf eine Foto-Ausstellung zum Widerstand gegen die Startbahn.
"Runde" Jahrestage sind immer eine besondere Gelegenheit, an Vergangenes zu erinnern. In der Geschichte des Frankfurter Flughafens gibt es 2014 einige davon. So beginnt die Geschichte am jetzigen Standort vor 80 Jahren: im Januar 1934 wurden die ersten Bäume für den Bau des neuen Frankfurter Flughafens gefällt, zwei Jahre später wurde er in Betrieb genommen (der alte, der 1924, also vor 90 Jahren, am stadtnahen Rebstock-Gelände in Betrieb genommen wurde, war zu klein geworden). Weitere acht Jahre später, also vor 70 Jahren, war zunächst wieder Schluss. Nachdem die Nazis noch im August 1944 ein KZ-Aussenlager bei Walldorf eingerichtet hatten, um jüdische Zwangsarbeiterinnen für den Bau einer neuen Betonpiste einzusetzen, legte ein Bombenangriff im Dezember 1944 nahezu den gesamten Flughafen in Trümmer.
Nach Kriegsende ließ die US-Luftwaffe eine Bahn wieder herrichten, und bereits 1946 wurde auch der zivile Luftverkehr wieder aufgenommen, ab 1955 wieder unter deutscher Hoheit. Die zweite, parallele Bahn wurde 1949, vor 65 Jahren, in Betrieb genommen. Vor 55 Jahren, 1959, wurde der Frankfurter Flughafen in den internationalen Düsenflugverkehr einbezogen. Dazu mussten die Bahnen auf über 3.000 Meter verlängert werden, und der Lärm nahm sprunghaft zu.
In den neunziger Jahren wurde vorwiegend die Infrastruktur ausgebaut, so wurde 1994 (vor 20 Jahren) Terminal 2 in Betrieb genommen, und 1999 (vor 15 Jahren) der Fernbahnhof Airrail Center. Schließlich wurde im derzeit letzten Ausbauschritt 2009 (vor 5 Jahren) der Kelsterbacher Wald für die Landebahn Nordwest gerodet.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat nicht nur eine Serie schriftlicher Urteilsbegründungen zu Entscheidungen vom Oktober 2013 vorgelegt (Offenbach, Egelsbach und Kinzigtal), sondern sich in einem sog. Jahrespressegespräch, das Ausblick auf die kommenden Aktivitäten gibt, zur geplanten Behandlung der 60 noch anstehenden Verfahren rund um den Flughafenausbau geäussert. Darin enthalten ist auch eine interessante Feststellung zum Status des Planfeststellungsbeschlusses von 2007 (s. Kasten). Die Frage nach der Bestandskraft ist entscheidend für die Beurteilung der Möglichkeiten insbesondere der neuen Landesregierung, gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen. Der VGH bestärkt mit dieser Aussage die Einschätzung, die u.a. in Stellungnahmen des Rechtsanwalts der sog. "Mainschiene" (Flörsheim, Hattersheim, Hochheim, Mainz), Dr. Schröder, und der Ruhebeauftragten der Stadt Hattersheim, Joy Hensel, vorgetragen wurde. Die Weigerung des neuen Verkehrsministers, gegen den Planfeststellungsbeschluss vorzugehen, ist demnach nicht durch die Rechtslage bedingt, sondern politisch gewollt.
Interessant ist auch eine Klage des Rüsselsheimer Vereins LAERM, mit der dieser besseren passiven Schallschutz auch für Eigentümer von Alt-Immobilien erreichen will. Sollte die Klage Erfolg haben, hätten sehr viele Betroffene deutlich höhere Ansprüche, und es würde für Fraport ziemlich teuer - aber vermutlich wird sie genau deswegen abgelehnt.
Wie angekündigt, hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Beschwerde eingelegt gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das
VGH-Urteil, dass die Südumfliegung für rechtswidrig erklärt hat. Kern der Argumentation ist, dass es keinen Grund für ein Verbot gibt, solange der bestehende Bedarf gedeckt werden kann und Aussichten bestehen, durch entsprechende Verbesserungen auch die geplante Kapazität zu erreichen.
Damit bleibt das BAF, wie nicht anders zu erwarten, im Rahmen der Kapazitäts-Logik des Gerichts. Es akzeptiert, dass die geplante Flugroute die vorgegebene Kapazität erreichen muss, und möchte dafür lediglich mehr Zeit. Die eigentlich notwendige
Änderung der Prioritäten, nach der auch Kapazitätseinbusen hinzunehmen sind, wenn das aus Schallschutzgründen erforderlich ist, wird vor Gericht nicht zu erreichen sein. Hier ist die Politik in Bund und Land gefordert, klare gesetzliche Vorgaben zu entwickeln.
Auch die Fluglärmkommission hat sich in ihrer letzten Sitzung mit diesem Thema befasst. Die DFS hat dort auch vorgestellt, welche Übergangsregelungen sie für denkbar hält; über mögliche endgültige Lösungen wurde allerdings nichts bekannt.
Zur Waldbegehung, zu der die "Süd-BIs" Gross-Gerau, Mörfelden-Walldorf, Nauheim, Rüsselsheim und Trebur aufgerufen hatten, kamen erfreulich viele Menschen, nach Presseberichten über 1.000. Vor Ort konnten sie sich ein Bild davon machen, wieviel Wald für den neuen
Autobahn-Anschluss des Terminal 3 gerodet werden soll. Ebenso wurden die Flächen begangen, mit denen die Rodung "ausgeglichen" werden soll. Hätten nicht VertreterInnen der BI Trebur die jeweiligen Grenzen gut beschrieben, niemand wäre in der Lage gewesen, die Flächen zu unterscheiden. Offenbar soll hier die Rodung eines Teils des Waldes dadurch "ausgeglichen" werden, dass der andere Teil nicht gerodet wird.
Leider wurde bei der Begehung aber auch die Inkonsequenz des kommunalen Widerstands deutlich. Zwar weigert sich die Gemeinde Trebur, die Flächen an den Bund bzw. an Fraport zu verkaufen, aber angesichts der drohenden Enteignung hat sie die "werthaltigsten" Bäume schon selbst zum Verkauf "entnehmen" lassen. Den ökologisch wertvollsten Teil dieses Waldes, die grossen alten Buchen, gibt es hier nicht mehr. Trotzdem lohnt es sich natürlich, für den Erhalt des noch stehenden Waldes zu kämpfen. Auch in der jetzigen Form bietet er wichtigen Schutz vor Autobahnlärm für Zeppelinheim, filtert Schadstoffe aus der Luft und trägt zur Regulierung von Lokalklima und Grundwasser bei - und wenn man sie läßt, werden auch die jungen Buchen (und anderen Bäume) einmal groß und alt.
Einen kleinen Eindruck von der Aktion und vom bedrohten Wald vermittelt dieses Video von QuerTV.
Abgeordnete des Europaparlaments, denen der Schutz vor Fluglärm wichtig ist, haben einen Erfolg zu vermelden: der
Entwurf der EU-Kommission für eine Verordnung über "lärmbedingte Betriebsbeschränkungen" (lies: Nachtflugverbote), der es den Mitgliedsstaaten erschweren soll, solche Beschränkungen einzuführen (und es darüber hinaus der EU-Kommission ermöglichen sollte, sie auch wieder abzuschaffen, falls sie schon eingeführt sind), konnte entschärft werden. Nach
Darstellung des Verhandlungsführers des EP, Lichtenberger (SPÖ), wurde eine Einigung zwischen EP, Ministerrat und Kommission erzielt, wonach es kein Veto-Recht der Kommission gegen solche Beschränkungen geben soll. Auch eine
Pressemitteilung des Ministerrates betätigt dies.
Vorsicht bleibt allerdings angesagt. So weist MdEP Cramer (verkehrspolitischer Sprecher von Bündis90/Die Grünen) darauf hin, dass insbesondere aus den USA erheblicher Lobby-Druck für diese Regelung gemacht wurde und noch andere Wege, z.B. Freihandelsabkommen, bestehen, so etwas durchzusetzen.
Ausserdem schreibt die Verordnung erneut den sog. "ausgewogenen Ansatz" ("balanced approach") der ICAO als für die EU verbindlich fest, wonach Betriebsbeschränkungen immer nur als allerletztes Mittel des Lärmschutz eingesetzt werden dürfen. Sollte der Entwurf nun gemäß dieser Einigung verabschiedet werden, wäre dies bestenfalls ein kleiner Abwehr-Erfolg. Besser wird dadurch nichts.
Auch Attacken auf das Klimaschutz-Programm der EU, diesmal aus dem Parlament selbst, konnten vorläufig
abgewehrt werden. Die EU hatte nach Protesten, wiederum vor allem aus den USA, aber auch von Russland, China und anderen, die Einbeziehung des Luftverkehrs in den EU-Emissionshandel (EU-ETS) bis zur ICAO-Konferenz 2013 ausgesetzt. Nachdem die ICAO aber wiederum nur eine unverbindliche Absichtserklärung beschlossen hat, hatte die Kommission einen Vorschlag vorgelegt, diese Aussetzung zu beenden. Lobby-Gruppen im Parlament liefen Sturm gegen diesen Vorschlag. Da für eine Mehrheit der Abgeordneten aber wohl eher die Glaubwürdigkeit der EU auf dem Spiel stand, fand der Kommissionsvorschlag (leicht abgeschwächt) doch eine Mehrheit.
Unter den Anti-Klima-Lobbyisten tat sich besonders MdEP Michael Gahler (CDU) hervor, der u.a. auch den Kreis Gross-Gerau in Brüssel vertritt. Sonst eher als Rüstungslobbyist bekannt, versuchte er im Verkehrsausschuss des EP (obwohl dort nur Stellvertretendes Mitglied) zusammen mit anderen CDUlern, eine Aussetzung bis 2020 zu erreichen. Damit stellte er sich sogar gegen seinen Parteikollegen
Peter Liese, der als verantwortlicher Berichterstatter im Umweltausschuss den Kommissionsvorschlag durchsetzen wollte, aber der hatte die grosse Mehrheit im Ausschuss, und wahrscheinlich demnächst auch im Gesamt-Parlament, hinter sich.
Auch hier ist aber noch längst nicht alles klar. Noch existiert kein Konsens zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission, und einige Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, stellen sich gegen diese Entscheidung. Die Verhandlungen zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission, der sog. Trilog, sollen am 18. Februar beginnen.
Wir erläutern Hintergründe zu beiden Vorgängen in einem Kommentar.
Wie das "Umwelt- und Nachbarschaftshaus" in einer Pressemitteilung verkündet, steht für die NORAH-Studie, die die gesundheitlichen Wirkungen des Fluglärms im Rhein-Main-Gebiet umfassend dokumentieren soll, nun eine einmalige Datenbank mit Lärmdaten zur Verfügung. Sie enthält laut Studien-Leiter Prof. Guski "exakte Daten über den Flug-, Straßen- und Schienenlärm an rund 900.000 Gebäudeadressen rund um den Frankfurter Flughafen, und das über einen Zeitraum von 15 Jahren und zu verschiedenen Tageszeiten". Das klingt in der Tat beeindruckend, allerdings bleiben doch gewisse Zweifel, wie "exakt" die Daten wirklich sind.
Der Aufwand, der getrieben wurde, war wohl erheblich. Schon im Mai 2013 war mitgeteilt worden, dass der Fluglärm nicht anhand der vorgegebenen Flugrouten, sondern auf der Basis von Radardaten anhand der tatsächlichen Flugverläufe berechnet werden sollte - angesichts der starken Variationen dessen, was geflogen wird, ein deutlicher Fortschritt. Ob dabei auch die tatsächlichen Flughöhen einbezogen wurden, ist allerdings vorläufig noch unklar. Andere wichtige Parameter, die die Stärke der Einzelschall-Ereignisse beeinflussen, wie Schubstärke, Klappenstellung usw., können naturgemäß gar nicht erfaßt werden. Darüber, wie Straßen- und Schienen-Lärm berechnet wurden, ist in den bisher zugänglichen Veröffentlichungen auch nichts gesagt.
Trotz möglicher Mängel könnten Auswertungen dieser Datenbasis natürlich spannend sein. Als Erstes wüsste man z.B. gerne, wie denn die so ermittelten Lärmwerte mit den bisherigen Berechnungen (nach denen ja u.a. Lärmschutzbereiche abgegrenzt wurden) übereinstimmen. So müßte sich damit beispielsweise nachweisen lassen, dass es im Norden Raunheims lauter ist als vorhergesagt, weil die vielen Swings auf die Centerbahn in die alten Berechnungen nicht eingegangen sind. Auch wäre es natürlich nett, wenn den Bewohnern der erfassten Gebäude auf Wunsch mitgeteilt würde, wie die berechnete Belastung für sie aussieht (was ja auch noch mal ein gewisser "Realitäts-Check" wäre). Wir werden nachfragen.
Nein, auch wenn es eindeutig so klingt, hier vermarktet nicht Fraport Gewerbeflächen, sondern die Stadt Raunheim. Auf einer eigenen Webseite, in einem Video auf YouTube und in einer Broschüre wird das, was mal die Gewerbegebiete Mönchhof, Stadttor und Resart-Ihm waren (und auf der städtischen Webseite interessanter Weise immer noch sind), nun unter dem Sammelnamen "AIRPORTESTATES" als "AIRPARKLOGISTIC", "AIRGATEONE" und "AIRPORTGARDEN" vermarktet. Im Stil von Computerspielen für Anfänger werden da Modelle animiert, die überwiegend noch zu bauen sind, und eine Infrastruktur versprochen, die noch längst nicht da ist - so wie Werbung eben heutzutage funktioniert. Positive Aspekte werden überlebensgroß aufgeblasen, negative weggelassen oder verniedlicht - speziell Flugzeuge sind in all dem schönen Material entweder nur ganz klein am Himmel oder irgendwie weit weg zu sehen, obwohl die Nähe zum Flughafen immer wieder heraus gestellt wird. Warum die Nordwestbahn im Video entgegen der Realität noch ein Stück Richtung Raunheim gedreht wurde, bleibt rätselhaft - vielleicht sollte ja optisch demonstriert werden, dass alles auf Raunheim weist? An Fluglärm soll dabei natürlich niemand denken.
Was wir von dieser Herangehensweise halten, haben wir schon in einem Kommentar zum "Klimakonzept" deutlich gemacht, das die Stadt Raunheim zusammen mit Kelsterbach entwickeln will. Aber von den Verantwortlichen scheint niemand um seine Glaubwürdigkeit zu fürchten, wenn einerseits von Klimaschutz und Fluglärm-Bekämpfung geredet wird, aber andererseits für die Expansion des Flugverkehrs und anderer klimaschädlicher Aktivitäten geworben wird. Auch die Stadtverordneten sollen das Werbefilmchen zustimmend zur Kenntnis genommen haben.
Natürlich ist klar, dass bei dem derzeitigen finanziellen Notstand der Kommunen (der allerdings von der gleichen Wirtschaftspolitik zu verantworten ist, die auch zu diesen Exzessen führt) Gewerbeflächen so gewinnbringend wie möglich vermarktet werden müssen. Auch sind Flächen in Flughafennähe natürlich besonders für Logistik-Unternehmen interessant, und die werden ja auch vom Fluglärm relativ wenig gestört, da sie selber jede Menge Lärm erzeugen.
Eine Kommune sollte aber trotz allem soviel Selbstachtung bewahren, dass sie sich nicht nur noch als Anhängsel des Flughafens verkauft - gerade weil dieser Flughafen nicht nur das wirtschaftliche Umfeld deformiert, sondern auch die Lebensbedingungen der Menschen massiv beeinflußt. In der schönen Werbewelt haben Lärm und Schadstoffe natürlich keinen Platz, aber Naherholungsgebiet und Kindergarten direkt in der Einflugschneise zu bewerben, grenzt hart an Menschenverachtung.
Der Propaganda-Apparat der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, kurz BDL (ja, mit "B") hat wohl inzwischen eingesehen, dass es keinen Sinn mehr für ihn macht, Seriosität vorgaukeln zu wollen. Sein jüngster Auftritt ist dumm-dreiste Propaganda der übelsten Art. Dass er seine Forderungen nach Abräumen aller Wachstumsschranken für den Luftverkehr hinter wohlgefälligen Formulierungen zu verstecken versucht, ist für eine Lobby-Organisation ja noch völlig angemessen. Dass er es bei seiner Argumentation mit der Wahrheit meist nicht so genau nimmt, muss wohl auch schon als normal gelten. Dass er aber versucht, sein Propaganda-Papierchen mit Hilfe willfähriger Medien (allen voran das Handelsblatt) als Ergebnis einer Bund-Länder-Einigung zu verkaufen, ist schon eine besondere Frechheit.
Dass sich die Grosse Koalition mal wieder vorgenommen hat, ein Luftverkehrskonzept für Deutschland zu erarbeiten, war eigentlich keine Nachricht wert. Davon gab es schon einige, und bewirkt haben sie nichts. Dennoch hat schon im vergangenen Jahr wieder eine Kommission getagt, die unter Leitung von Herrn Posch (ja, der Ex-FDP-Minister, der beim Ausbau in Frankfurt für Roland Koch die formale Drecksarbeit erledigt hat) und unter Beteiligung einiger noch amtierender Länder-Minister und Staatssekretäre (ja, auch aus Hessen)
"Anforderungen" an ein solches Konzept entwickeln sollte.
Dieses Vorhaben nimmt der BDL zum Anlass, noch einmal seine Maximalforderungen in Erinnerung zu bringen und insbesondere gegen jede Art von Betriebsbeschränkungen (wie z.B. Nachtflugverbote) zu schiessen und mal wieder mit dem Untergang der deutschen Wirtschaft zu drohen, wenn nicht rund um die Uhr die Welt verlärmt werden darf. Völlig ohne sein Verschulden entsteht bei den Medien der Eindruck, sein Papier sei das Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe (an der der BDL auch beteiligt war), und hier sei schon ein politischer Konsens formuliert. Was vielleicht deshalb in dem "Konzept" nicht ganz so drastisch ausgesprochen werden konnte, liefern die Chefs persönlich in einem
Papier zur Pressekonferenz nach, das seltsamerweise als Zusammenfassung bezeichnet wird. Faktisch ist es eher noch ein Draufsatteln spezifischer Forderungen der Hauptakteure.
Die ersten Reaktionen haben gezeigt, dass von Konsens nicht die Rede sein kann. Das Umweltbundesamt, das der BDL für seine Position zu vereinnahmen versucht, hat in einem aktuellen Presseinfo seine Forderungen nach Verringerung des Fluglärms und nach einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr bekräftigt. Auch die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen hat sich umgehend mit einer
Kritik gegen die Einschränkung des Fluglärmschutz gewandt, die der BDL fordert, und selbst die bayrische Landesregierung sah sich genötigt, sich zu distanzieren und das bestehende Nachtflugverbot für München zu garantieren. Wir wollen hoffen, dass Herr Al-Wazir, wenn er nächste Woche im Amt ist, ähnlich deutliche Worte findet.
Immerhin ist durch das BDL-Manöver nun auch das wohl eigentlich interessante "Anforderungs-Papier" der Posch-Kommission in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Das aber hat eine eigene Würdigung verdient. Einen ersten Ansatz dazu gibt es auch mit der
Pressemitteilung des Arbeitskreises "Ärzte gegen Fluglärm".
Die OBs von Frankfurt und Mainz sehen Chancen, im Rahmen eines solchen Konzepts die Verlagerung von Flügen von Frankfurt nach Hahn zu vereinbaren.
Die wichtigste Forderung ist schon mal vor Ort.
Am 12.01.14 hatte das Bündnis der Bürgerinitiativen zum Neujahrsempfang und anschliessendem Waldspaziergang nach Walldorf eingeladen. Sekt gab es nicht, wohl aber Tee, Kaffee und Kuchen, und einen kleinen Eindruck von dem, was da noch kommen soll. Nach einem kurzen Spaziergang vom nördlichen Ortsrand von Walldorf standen die über 100 Teilnehmer inmitten einer riesigen Baustelle, die erstaunlicher Weise nur an einigen kritischen Stellen abgesperrt, aber ansonsten in großen Teilen zugänglich ist.
Wofür die sichtbaren Tiefbau-, Strassenbau- und sonstigen Massnahmen jeweils gut sein sollen, erschliesst sich dem Beobachter nicht. Da das Gelände unmittelbar an die Cargo City Süd grenzt und früher die US Airbase beherbergte, kann es sich um Aus-, Um- und Rückbau-Massnahmen dafür handeln - oder aber eben auch um vorbereitende Massnahmen für den Bau von Terminal 3.
Deutlich erkennbar war allerdings, dass hier eine riesige Fläche für die weitere Expansion des Flughafens zur Verfügung steht - und rein rechtlich kann Fraport jederzeit mit den geplanten Baumassnahmen beginnen, da alle Massnahmen im Grundsatz durch den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau genehmigt sind. Im Detail sind noch Baugenehmigungen des Bauamts der Stadt Frankfurt nötig, die aber kaum verweigert werden können.
Am problematischsten dürfte noch die Herstellung der notwendigen Verkehrsanschlüsse sein. Für den Autoverkehr (der Fluggäste, aber auch schon vorher für den Baustellenverkehr) muss die Autobahn-Anschlussstelle Zeppelinheim
erweitert werden, wofür ein Stück des Treburer Oberwald entlang der A5 gerodet werden muss. Auch hier ist alles rechtlich vorbereitet, der Bannwald-Status aufgehoben, lediglich die Gemeinde Trebur weigert sich noch, das Gelände zu verkaufen, und muss daher enteignet werden.
Ob und wie das Terminal auch an die S-Bahn angeschlossen werden soll, ist noch offen, sollte aber tatsächlich die Riedbahn (S7) eine Schleife durch das Terminal machen, würde auch der letzte Rest Wald, der Walldorf noch vom Flughafen trennt, weitgehend verschwinden.
Was und wofür hier gebaut wird, ist nicht leicht zu erkennen.
Es gibt also auch aus Sicht des Waldschutzes viele gute Gründe, den Bau von Terminal 3 abzulehnen. Die Aktionen des Bündnisses werden sich in der nächsten Zeit u.a. auch darauf konzentrieren, vor Ort die Problematik deutlich zu machen und den Widerstand zu organisieren. Die nächste Aktion findet bereits am 02.02.14 statt: da soll der von der Rodung bedrohte Treburer Oberwald begangen werden.
Die Entwicklung an der Baustelle wird auch ein Maß für die Ernsthaftigkeit der Beteuerungen der kommenden Landesregierung sein. Sollte der Wald gerodet und der Bau des Autobahnanschlusses begonnen werden, ist alles Gerede von einer "ergebnisoffenen Prüfung" der Notwendigkeit von Terminal 3 endgültig Makulatur.