Archiv 2015

Diese Seite enthält kurze Beiträge zu Themen, die im Jahr   2015   aktuell waren.

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ICAO - COP21 Logos ICAO Destination Green COP21

ICAO's "Destinatinon Green" und die Ziele
von COP21 passen nicht zusammen.

Staaten wollen Emissionen senken -
aber nicht im Luftverkehr ?

Am 12.12.15 ist die 21. Welt­klima­konferenz (COP 21) mit dem Beschluss über eine Verein­barung zu Ende gegangen, die ab 2020 das sog. Kyoto-Protokoll von 1997 ersetzen soll. Der Text des Abkommens liegt bisher, ebenso wie die meisten Einschät­zungen dazu, nur in Englisch vor.
Während die offiziellen Stellung­nahmen sich in der Regel vor Begeis­terung über­schlagen, betrachten die meisten Nicht-Regie­rungs-Organisa­tionen das Ergebnis zwie­spältig: einer­seits Erstaunen und Erleich­terung darüber, dass es über­haupt ein Ergebnis gegeben hat, anderer­seits massive Kritik an den dras­tischen Schwächen, die der Text zeigt. Als Beispiele seien hier nur die Presse­informa­tion des Deutschen Natur­schutz­rings und eine ausführ­lichere Analyse der Hein­rich-Böll-Stiftung zitiert.

Das Abkommen tritt in Kraft, wenn hinrei­chend viele Teil­nehmer-Staaten es ratifi­ziert haben, und wird dann "völker­recht­lich verbind­lich", aber wer dadurch genau zu was ver­pflichtet wird, wird noch viele Juristen beschäf­tigen. Klar ist zumindest soviel: die Staaten­gemein­schaft strebt an, den globalen Tempe­ratur­anstieg auf "deut­lich unter 2°C, mög­lichst auf 1,5°C" zu beschränken. Möglich werden soll das durch frei­willige Begren­zungen der Emis­sionen, die jeder Staat für sich fest­legt und alle fünf Jahre über­prüft und möglichst ver­schärft. In "der zweiten Hälfte des Jahr­hunderts" sollen dann "Netto-Null-Emis­sionen" erreicht sein, d.h. es dürfen nur noch soviel Treib­haus­gase emit­tiert werden, wie von den Senken wieder aufge­nommen werden können.
Letzteres halten die vom UNFCCC befragten Experten für gerade noch erreich­bar, aber die Voraus­setzungen dafür sind drastisch: " In der Praxis müssen dazu nicht nur die fossilen Energie­emis­sionen nahe bei null sein, sondern zudem die schwer vermeid­baren Emis­sionen aus Landwirt­schaft und indus­triellen Prozessen durch Senken ausge­glichen werden", wie Stefan Rahmsdorf zusammen­fasst.

Klima-Thermometer

1,5°C sollen nicht über­schritten werden, 1°C ist schon erreicht, und ohne massive Kursänderung werden es mehr als 3°C.

Spätestens an dieser Stelle kommt der Luftverkehr ins Spiel. Ebenso wie die See­schiff­fahrt hat er es geschafft, jede Erwähnung oder gar Verpflich­tung im Pariser Abkommen zu vermeiden (obwohl sogar die EU heftig für eine entspre­chende Formu­lierung im Text geworben hatte). In einer Presse­mittei­lung bedankt sich der ICAO-Rats­präsident artig für dieses "Vertrauens­votum in den Fortschritt, den ICAO und die Luft­verkehrs-Gemein­schaft bisher erzielt haben", wohl wissend, dass dieser Fort­schritt bei Weitem nicht ausreicht, um die in Paris formu­lierten Ziele zu erreichen.

Nicht nur stehen, wie unten gezeigt, die ICAO-Ziele nicht im Einklang mit dem Erfor­dernis, dass bis 2050 "die fossilen Energie­emis­sionen nahe bei null sein" müssen, in Paris haben auch noch China und die Länder der "Gruppe der 77" Einwände gegen die bisher von den ICAO-Arbeits­gruppen entwickel­ten Vor­schläge für einen Emissions­handel im Luft­verkehr vorge­tragen und damit in Frage gestellt, ob wenig­stens dieses dürftige Instrument im nächsten Jahr von der ICAO beschlos­sen werden kann.

Wie auch bei allem anderen, was in Paris beschlos­sen wurde, wird es also im Luft­verkehr darauf ankommen, die Akteure unter massiven Druck zu setzen, ein Ergebnis zu liefern, was mit dem Ziel, den Klima­wandel zu begrenzen, halbwegs verträg­lich ist. Optimisten können sich dem BUND-Vorsit­zenden Hubert Weiger anschliessen, der kurz vor Abschluss der Pariser Konferenz erklärte: "Hoffen lässt vor allem das Engage­ment hundert­tausender Menschen überall auf der Welt, die sich für den schnelleren Ausbau erneuer­barer Energien und für ein Ende des fossilen Zeit­alters einsetzen. Die Demonstra­tionen im Umfeld des Pariser Gipfels haben deutlich gemacht, dass die Zivil­gesellschaft beim Abschied von der fossilen Ära vorangeht. Jene, die in Paris mehr Klima­schutz blockiert haben, werden sich noch wundern. Nach Paris wird das Engage­ment der Klima­schützer weiter zulegen".
Er hatte dabei nicht speziell den Luft­verkehr im Blick, sondern auch die vielen anderen Blockierer, die schon am Tag nach der Pariser Konferenz damit begonnen haben, die Ergeb­nisse zu relati­vieren, von der Kohle-Lobby bis zu Erdöl-för­dernden Staaten, aber auch die EU-Staaten, die sich in Paris noch als Vor­reiter feiern lassen wollten.

Für alle, die aus unter­schied­lichen Gründen dafür eintreten, dass dem Wachs­tum des Luft­verkehrs Grenzen gesetzt werden, wird es jetzt darauf ankommen, ein gemein­sames Vor­gehen zu finden und den Druck zu bündeln. Lärm, Schad­stoffe und Treib­haus­gase sind Gründe genug, um den Luft­verkehr auf das zu beschränken, wofür er unver­zichtbar ist: den Fern­reise-Verkehr, den sich Mensch und Umwelt leisten können, ohne Schaden zu nehmen.




Comic 'Vertrag'

Die "Institutionen" (vormals "Troika") unterstützen die Umsetzung der Vereinbarungen.
(Originalgrafik: harmbengen.de, verändert)

Fraport in Griechenland -
ein Schritt weiter, noch nicht am Ziel

Am 14.12. ist Fraport seinem Ziel, den Betrieb von 14 griechischen Regional­flughäfen zu über­nehmen, einen wichtigen Schritt näher gekommen: der Vertrag mit dem griechi­schen Privati­sierungs­fond HRADF wurde unter­zeichnet. Fraport freut sich in einer Presse­mittei­lung: "Die griechi­schen Regional­flughäfen sind von entschei­dender Bedeu­tung für die Gesamt­wirtschaft des Landes und insbe­sondere für die Tourismus­branche. Wir sind stolz darauf, dass Fraport und Copelouzos von der griechi­schen Regie­rung und dem HRADF mit der Aufgabe betraut wurden, die Wett­bewerbs­position dieser Flug­häfen für die kommenden Jahr­zehnte zu sichern und auszu­bauen.".
Von den wichtigen Infra­struktur-Funk­tionen, die insbe­sondere die elf Insel-Flug­häfen für die lokale Bevöl­kerung haben, ist natür­lich nicht die Rede.

Die Reaktionen in Griechen­land auf den Vertrags­abschluss waren wohl über­wiegend zurück­haltend bis negativ. Schon vor der Unter­zeichnung berichtete Spiegel Online über den Wider­stand der betrof­fenen Gewerk­schaften, und die Initia­tive "griechen­landsoli­darität" veröffent­lichte die Über­setzung eines Zeitungs­berichts über eine Volks­abstim­mung auf den ionischen Inseln, die noch bis zum 27.12. läuft.
Die englisch-sprachige griechische Online-Zeitung ekathi­merini.com zitiert den griechischen Infra­struktur­minister Spirtzis mit den Worten, er habe die Verein­barung nur "mit Schmerzen" unter­schrieben und weist auf eine Vielzahl von weiteren Maß­nahmen hin, die noch umgesetzt werden müssen, ehe der Deal "im Oktober oder November 2016" abge­schlossen werden kann.
Die Euro-Presse­schau der "Bundes­zentrale für Politische Bildung" zitiert eine weitere griechische Zeitung: "Der deutsche Staats­konzern Fraport wird 14 grie­chische Regional­flughäfen in den kommenden 40 bis 50 Jahren betreiben, wie am Montag bekannt wurde. Doch nur die Deutschen haben Grund zum Feiern, meint die links­liberale Tages­zeitung Efi­merida ton Syntakton: "Die wichtigste Aussage machte der Presse­sprecher von [dem deutschen Finanz­minister] Schäuble: 'Die Privati­sierungen waren schon immer wichtig für die deutsche Regierung.' Diese Aussage sollte uns Sorgen bereiten, denn in den sechs Jahren, in denen die Spar­memo­randen umgesetzt wurden, war stets das nicht gut für uns, was Deutsch­land zufrie­den stellte."

Am 8 Januar 2016 soll zunächst die Verhandlung über die Klage beginnen, die ein breites Bündnis aus Gewerk­schaften, Regional­verwal­tungen und anderen vor Griechen­lands oberstem Verwaltungs­gericht gegen die Flug­hafen-Privati­sierungen erhoben hat, eine weitere Klage vor einem europä­ischen Gericht ist bereits ange­kündigt.
Davor braucht Fraport aller­dings nicht besonders bange zu sein. Mit der massiven Unter­stützung der EU und der deut­schen Regie­rungen werden sie jeden juris­tischen und politi­schen Wider­stand gegen die Über­nahme brechen können, und zahlen müssen sie sowieso erst, wenn tatsäch­lich alle Formali­täten erledigt sind. Ob der betrieb­liche Alltag dann reibungs­los läuft und der Umbau der Flughäfen zu Touris­tik-Einkaufs­zentren reibungs­los von­statten geht, steht auf einem anderen Blatt.




Südumfliegungen

Auf ein Neues: Die Horrorvarianten über Raunheim sind aus dem Spiel, die anderen müssen nochmal geprüft werden.

Neue Ohrfeige für den HessVGH -
BVerwG hebt Urteil zur Südumfliegung auf

Am 10.12. hat das Bundes­verwaltungs­gericht (BVerwG) sein Urteil im Revisions­verfahren um die Klage gegen die Südum­fliegung verkündet. Bisher ist nur eine Presse­mittei­lung verfügbar, die ausführ­liche Begrün­dung wird erst in einigen Wochen vor­liegen.

Zunächst sieht es aber so aus, als wäre das Urteil ein Erfolg für Raunheim. Nicht nur wurde das Urteil des Hessi­schen Verwal­tungs­gerichts­hof (HessVGH), der der Klage betrof­fener Gemein­den und Personen statt­gegeben und die Südum­fliegung als rechts­widrig bezeichnet hatte, aufge­hoben. Das BVerwG hat offen­sichtlich auch die Vorstellung des HessVGH verworfen, die Abwägung zugunsten der Südum­fliegung sei falsch gewesen, weil sie die Kapazitäts­frage nicht als allein entschei­dend zugrunde gelegt hat, und dem HessVGH aufge­geben, lediglich zu prüfen, welche Route unter Lärm­schutz-Gesichts­punkten die güns­tigste ist.

Wörtlich führt das BVerwG in seiner Presse­mitteilung aus:
"Nach seiner Ansicht ist die Fest­legung der Flugver­fahren nur rechts­widrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, wenn sich zur Bewäl­tigung von bis zu 98 Flug­bewe­gungen je Stunde unter Lärm­schutz­gesichts­punkten eine andere, die Kläger nicht oder weniger belastende Flug­route als eindeutig vorzugs­würdig aufdrängt, ohne zur Wahrung der für den Flug­verkehr unabding­baren Sicher­heits­erforder­nisse weniger geeignet zu sein. Ob es eine solche Route gibt, muss der Verwal­tungs­gerichts­hof klären."

Der Ball liegt jetzt wieder beim HessVGH, der aber nun ange­halten ist, tatsäch­lich das zu prüfen, was die Kläger beantragt hatten: die Südum­fliegung aufzu­heben, weil es lärm­ärmere Alter­nativen gibt. Wenn, wovon auszu­gehen ist, die Flug­lärm-Kommis­sion ihre Arbeit richtig gemacht hat, wird die Antwort darauf ein klares "Nein" sein müssen.
Damit wäre dann für Raunheim das unter den gegebenen Beding­ungen Best­mögliche erreicht. Man muss aber im Gedächtnis behalten, dass die Südum­fliegung nur das Kleinste von mehreren großen Übeln ist: ein völlig verkork­stes, risiko-behaf­tetes und unöko­logisches Abflug­verfahren, das allein durch den Kapa­zitäts­wahn der Fraport bedingt und gerecht­fertigt ist. Eine Umkeh­rung der Priori­täten, die es erlauben würde, Flug­verfahren nach den Kriterien der Sicher­heit, der Lärmbe­lastung und der ökolo­gischen Opti­mierung festzu­legen und die daraus resul­tierende Kapazität hinzu­nehmen, liefert auch das BVerwG nicht.

Update 11.12.15: Auch wenn das Urteil noch nicht veröffent­licht ist, gibt es schon einige weitere Details zur Urteils­begründung, und die revidieren das positive Bild schon wieder. Die Geschäfts­führerin der Fluglärm­kommission, Frau Wollert, die offen­sicht­lich an der Verhand­lung in Leipzig teilge­nommen hat, hat eine Zusammen­fassung der münd­lichen Begrün­dung des Urteils des BVerwG zur Verfü­gung gestellt.
Demnach ist die Begrün­dung des BVerwG für die Zurück­weisung des VGH-Urteils (leider) rein formal-juris­tisch und sagt nichts darüber, ob der VGH bei der Abwägung falsche Priori­täten gesetzt hat: er hätte diese Abwägung in diesem Ver­fahren einfach nicht vornehmen dürfen. Für das Anliegen der Kläger ist nur relevant, ob sich "eine andere Flug­route aus Lärm­schutz­gründen als eindeutig vorzugs­würdig auf­drängt", was sicher­lich nicht der Fall ist. Aus dieser Argu­men­tation folgt dann aber auch, dass, würde Fraport klagen, weil die Südum­fliegung die geneh­migte Kapa­zität nicht liefert, die Klage vermut­lich Erfolg hätte. Damit sind, sollte die Zahl der Flugbewe­gungen mal wieder ansteigen, alle Risiken für Raunheim (und für Rüssels­heim und Flörsheim) wieder auf dem Tisch.




FLK-Logo

Die Fluglärmkommission zu NORAH

Die 233. Sitzung der Fluglärm­kommission stand ganz im Zeichen der Bewertung der Ergeb­nisse der NORAH-Studie, wie auch in der Presse­mittei­lung betont wird. Allein der Vortrag der Geschäfts­führerin, Frau Wollert, der die Ergeb­nisse zusammen­fasst, umfasst 77 Folien, dazu kam noch das Schreiben der Arbeits­gemein­schaft Deutscher Fluglärm­kommis­sionen an Abge­ordnete und andere Entschei­dungs­träger und eine Kurz­übersicht des daraus abgelei­teten Handlungs­bedarfs.

Das letztere Papier sorgte offenbar in der FLK für kontro­verse Diskus­sionen. Traditio­nell teilt die FLK keine Details der Abstim­mungen mit, aber die Main-Spitze zitiert den Vorsit­zenden Thomas Jühe mit einer Bemerkung über das Auftreten von "„größeren Interessen­gegen­sätzen“ und abweichen­dem Abstimmungs­verhalten". Ein Teil­nehmer der Sitzung wird in einem internen Mail­verteiler konkreter: "6 Nein-Stimmen: 5 Stimmen der Luftfahrt-Lobby und eine Stimme des regio­nalen BVF-Vertre­ters gegen alle Kommunen".

Der BVF-Ver­treter begründet sein Abstimmungs­verhalten im gleichen Verteiler so: "die zusammen­fassende Dar­stellung der Norah-Studie ist verzer­rend; insbe­sondere wird ausge­blendet, dass bereits bei mäßiger Belastung gesund­heitliche Beein­trächti­gungen auftreten können, und die Evidenz für die Einfüh­rung eines Nacht­flug­verbots wird nicht aufge­griffen ". Angesichts der Tatsache, dass den "Maßnahmen in der Nacht" fast die Hälfte des Papiers gewidmet ist und es sich ohnehin nur um eine 2-seitige Zusammen­fassung handelt, eine seltsame Ein­schätzung. Es ist schon sehr erstaun­lich, zu welch merk­würdigen Konse­quenzen politi­sche Kurz­sichtig­keit, gebündelt mit persön­lichen Aver­sionen und einer ordent­lichen Portion Dogma­tismus, führen kann.

Die übrigen Unter­lagen aus der Sitzung bedürfen noch einer genaueren Sichtung, um festzu­stellen, ob sich darunter noch etwas Berichtens­wertes befindet.




Dachsicherung

Pfusch bei der Dachsicherung ?

Am 07.12. hat Fraport die lokalen Medien informiert, dass die "Fraport-Qualitäts­sicherung" festge­stellt habe, dass bei der Klammerung von Dächern zum Schutz vor Wirbel­schleppen-Schäden "teil­weise unge­eignete Materi­alien" einge­setzt wurden und ca. 100 geklammerte Dächer nochmals auf ihre Sicher­heit über­prüft werden müssten. Fraport betrach­tete diese Infor­mation als so eilig, dass sie es nicht, wie sonst üblich, bei einer schrift­lichen Benach­richtigung beliessen, sondern sogar zum Telefon­hörer griffen. Was steckt dahinter?

Natürlich kann man im Augenblick nur speku­lieren. Sicher dürfte sein, dass Fraport als Flughafen­betreiber kein Qualitäts­sicherungs-Programm für Dach­klammern, womög­lich noch mit Belastungs­tests und allem sonstigen Aufwand, betreibt. Entweder kam man dem Fehler also auf die Schliche, weil schon irgendwo etwas passiert ist (was Fraport abstreitet), oder der Mangel ist so offen­sicht­lich, dass man ihn schon per Augen­schein fest­stellen kann. Wie aber könnte sowas passieren?

Schon seit Längerem gibt es Gerüchte, dass Fraport die Firmen, die sich verpflichtet haben, das Sicherungs­programm für sie umzusetzen, unter erheb­lichen Druck setzt, "kosten­günstig" zu arbeiten. Generell darf man davon ausgehen, dass Fraport wie jeder Groß­konzern von seinen Einkäufern erwartet, Dienst­leistungen deutlich unter Markt­preis einzu­kaufen. Das gilt sicher­lich erst recht, wenn es sich um Dienst­leistungen handelt, die nicht dem eigenen Geschäfts­betrieb dienen, sondern nur externe Auflagen umsetzen, an denen Fraport keiner­lei eigenes Interesse hat. Welche Ausmaße das konkret annimmt, wissen wir nicht, aber das daraus ein starker Anreiz für die Firmen folgt, ebenfalls billig einzu­kaufen, dürfte klar sein.

Nach dem anfäng­lichen Hype um "eigene Fraport-Standards" und "selbst­entwickelte Lösungen" ist ja inzwischen klar, dass bei der Dach­sicherung nach Stan­dard-Normen und mit markt­üblichen Materia­lien gearbeitet wird. Und dass neben Marken­produkten immer auch Billig­angebote auf dem Markt sind, die die Anforde­rungen nur gerade so, oder eben auch nicht, erfüllen, dürfte hier ebenso wie auf anderen Märkten der Fall sein. Man wird sehen.

Zwei Dinge darf man als sicher voraus­setzen. Fraport hat befürchtet, dass jemand anderes das Thema in die Öffent­lichkeit bringen könnte, und hat schnell reagiert; und das Problem ist zu ernst, als das es wie üblich herunter­gespielt und unter den Teppich gekehrt werden könnte.
Zweitens darf man davon ausgehen, dass sich auch hier die Schluss­folgerung bestätigen wird, die wir auch bei anderen Problemen im Umgang mit Wirbel­schleppen und den durch sie verur­sachten Schäden gezogen haben: es ist ein Fehler, die Abwick­lung solcher Programme der Fraport zu über­lassen. Natürlich haben sie ein, sogar berech­tigtes, Interesse, Einfluss auf die Kosten zu haben, die das Programm verursacht. Aber anderer­seits können die Interessen der Gegen­seite, also der von Wirbel­schleppen Geschä­digten oder Bedrohten, nur gewahrt sein, wenn ein Dritter das Programm abwickelt, der die Inter­essen beider Seiten austariert und Trans­parenz herstellt. Dies sicher­zustellen, ist eine klassische Aufgabe der Aufsicht - und die liegt bei Herrn Al-Wazir.




Lunge mit Flugzeug-Schadstoffen

Flugzeug-Schadstoffe gelangen tief in die Lunge ...

UBA bestätigt UFP-Belastung

In einem öffent­lichen Vortrag im Rathaus Walldorf hat Dr. Klaus Wirtz vom Umwelt­bundesamt in Langen erstmals Ergeb­nisse der Ultrafein­staub-Messungen des UBA rund um den Flughafen, in Langen und in Raunheim vorgestellt. Die wichtig­sten Details der Veranstaltung in Walldorf und die Folge­rungen daraus haben wir in einer Presse­mittei­lung zusammen­gestellt.

Das Aller­wichtigste in Kürze: das UBA kommt zu ähnlichen Ergeb­nissen wie der AK Feinstaub des BBI und hält es für sinn­voll und notwendig, den Einfluss von Großflug­häfen auf die UFP-Belastung der Umgebung in einem eigenen Forschungs­projekt zu unter­suchen. Wenn dieses Forschungs­projekt wie ange­kündigt umge­setzt wird, wäre ein wesent­licher Schritt getan, um das Problem ernsthaft angehen zu können.
Weniger positiv ist die Nachricht, dass mit einer Veröffent­lichung der bisher vorlie­genden Ergeb­nisse kurz­fristig anschei­nend nicht zu rechnen ist. So sehr man verstehen kann, dass bei Messungen, die noch nicht Stand der Technik sind und eine Luft­komponente betreffen, die sehr komplex zusammen­gesetzt ist, Mess­ergeb­nisse sorg­fältig kontrol­liert werden müssen, ehe man sich auf sie verlassen kann, so sehr ist es auch notwendig, den Betroffenen, die sich einer bisher wenig bekannten, aber potentiell gefähr­lichen Belastung ausge­setzt sehen, Informa­tionen nicht ewig vorzu­enthalten. Es geht schließ­lich nicht darum, die exakte Einhal­tung von Grenz­werten nachzu­weisen (die nicht existieren) oder unter­schied­liche Belas­tungen gegen­einander abzuwägen, sondern darum, einen Überblick über die Größen­ordnung des Problems zu erhalten. Deswegen ist es notwendig, die Messwerte zu ver­öffent­lichen, sobald feststeht, dass sie nicht auf groben Mess­fehlern oder Fehl­funktionen beruhen. Wie es scheint, braucht es dafür aber noch einen gewissen öffent­lichen Druck. Wir bleiben dran.

Update 11.12.15:

Dr. Wirtz hat auf unsere Presse­mitteilung reagiert und mitge­teilt, dass er mit etlichen Punkten nicht einver­standen ist. Zu den Mess­ergebnissen führt er aus: "Ich hatte versucht darzu­stellen, das UFPs, gemessen als Partikel­anzahl­konzen­tration, eine sehr hohe Varia­bilität aufweisen, die immer dann auf­treten, wenn man in Quellen­nähe die Messungen durch­führt. Ja, wir haben in Flughafen­nähe erhöhte Werte gefunden, im Vergleich mit den Werten im Wald. Die Formu­lierung „drastisch“ hatte ich nicht verwendet und sollte vor dem oben erwähnten Hinter­grund auch nicht verwendet werden. In Bezug auf die Raun­heim Messun­gen hatte ich die Wind­richtungs­abhängigkeit darge­stellt, wobei ich aber keiner­lei Aussagen über die Tage mit Anflug oder ohne getroffen hatte. Solche Analysen stehen noch aus und Ergeb­nisse können somit noch nicht vor­liegen."
Dazu können wir nur sagen, dass wir verstehen, dass jemand, der ein ganzes Netz von UFP-Mess­stationen betreut und mit einer Vielzahl von Ereig­nissen konfron­tiert sein dürfte, die stark vari­ierende Messwerte hervor­rufen, solche Ände­rungen nicht als "drastisch" einstuft. Für uns, die wir sehen, dass die Werte in unserer Atemluft deutlich über denen liegen, die man in unbelas­teten Gebieten findet, sieht das anders aus. Und was die Raun­heimer Daten angeht, brauchen wir nicht auf tief­schürfende Analysen zu warten. Die Anflug­richtung korreliert in der Regel sehr gut mit der Wind­richtung, und nichts ist einfacher, als das zu über­prüfen, wenn man erst mal die Daten der Messungen hat.

Auch für die Nicht-Veröffent­lichung der vorlie­genden Messergeb­nisse hat er eine Erklärung: "Die Experimental­station in Langen wird genutzt, die Mess­geräte­technik auf Eignung für den Mess­netz­betrieb zu testen. Ziel ist nicht die Umwelt­beobach­tung und die Veröffent­lichung der Daten – Ihre Forde­rungen! Das einzelne Daten­sätze auch dafür genutzt werden, Quellen­identifi­zierung durchzu­führen, ist eine Sekundär­verwertung, aber nicht der Fokus. Die Partikel­anzahl­konzen­tration ist ein Messwert, der von der betrach­teten Größen­verteilung abhängt – ich hatte versucht dies darzu­stellen – dabei ist die verwendete Mess­technik der limitie­rende Faktor. In Raunheim wird die Gesamt­anzahl von 3 nm bis 1000 nm erfasst. Ein Vergleich mit anderen Mess­werten von anderen Mess­standorten ist nicht zulässig, da im Regelfall der betrachtete Größen­bereich nicht überein­stimmt."
Das mag so sein, geht aber am Kern der Sache vorbei. Wie oben schon ausge­führt, geht es nicht um exakte Zahlen­werte, sondern um einen Vergleich von Größen­ordnungen. Wenn die gemessenen Größen­vertei­lungen unter­schied­lich sind, kann man anhand von Stan­dard-Größen­vertei­lungen korri­gieren, um zu sehen, ob ähnliche oder deutlich unter­schied­liche Größen­ordnungen vorliegen - es geht schliess­lich darum, erst einmal zu dokumen­tieren, dass ein Problem besteht, damit die Politik den Handlungs­bedarf erkennt.

Eine Empfehlung gibt er auch: "Viel wichtiger wäre ... der Hinweis, dass der Flughafen, so wie auch andere Quellen, zur Gesamt­partikel­belastung in einer Region beiträgt, mit den dafür bekannten Wirkungen auf die Gesund­heit, verbunden aber mit dem Hinweis, dass für eine spezifische Bewertung der Partikel­anzahl­konzentra­tionen (UFPs) noch keine verläss­lichen Daten vorliegen, unab­hängig davon, ob diese verursacht werden durch den Betrieb eines Flughafens oder im Zuge der Emissionen sonstiger Quellen auftreten. Diese fehlende Information ist eine not­wendige Voraus­setzung für eine wissen­schaft­liche Bewer­tung der Wirkung im Umfeld und sollte Ihre wesent­liche Forde­rung dar­stellen."
Unsere Forderung an das UNH zielte darauf, Lücken in der Wirkungs­forschung zu identi­fizieren und hier tätig zu werden, z.B. indem sie ein NORAH vergleich­bares Programm für Ultra­fein­staub auflegen. Grund­sätzlich aber gilt: Wir reden hier nicht von Sahara­staub oder Meersalz, die ebenfalls hohe Teilchen­zahlen bewirken können, wir reden von Abgasen aus Verbrennungs­prozessen, die nicht nur eine hohe Teilchen­zahl, sondern auch eine hohe Schad­stoff-Belas­tung bewirken und deren Schäd­lichkeit in dieser Kombi­nation hin­reichend begründet ist. Soweit der Flughafen also als Verursacher in Betracht kommt, ist zwangs­läufig von einem hohen Schädigungs­potential auszu­gehen - auch wenn das sicherlich im Einzelnen noch nachzu­weisen ist.

Der volle Wortlaut der Antwort von Herrn Wirtz kann hier nachgelesen werden.




Fluglärm-Jäger

Um den Lärm von Flugobjekten
in Grenzen zu halten, muss man
die richtigen Instrumente wählen

Grüne Grenzen ?

Ende November haben die Umwelt­dezernentin von Mainz, Frau Eder, und der Erste Stadtrat von Mörfel­den-Wall­dorf, Herr Urhahn, ein Diskus­sions­papier zur Einfüh­rung einer Lärmober­grenze für den Flughafen vorge­legt. Die Presse (genauer die FAZ und die FNP) hebt hervor, dass diese Initia­tive haupt­sächlich auf den Zeitdruck hinweisen soll, der entsteht, weil im Juni 2016 die EU-Betriebs­beschrän­kungs­verord­nung in Kraft tritt und es deshalb danach schwieriger wird, Lärm­schutz­maßnahmen durchzu­setzen, die Einfluss auf die Kapa­zität des Flughafens haben (können). Daher sollten sich alle Beteiligten schnell an einen Tisch setzen und eine Lösung erarbeiten. Ansonsten wird nicht deutlich, worin das Neue dieser Initia­tive besteht, aber das liegt nicht an den Journa­listen.

Das Papier besteht im Wesent­lichen aus einer Übersicht über die bisher vorge­legten Ansätze und Ideen zu einer Lärmober­grenze. Dann folgt eine bunte Mischung aus Wieder­holungen der vorher zitierten Ideen, Begrün­dungen und möglichen Instru­menten zur Erreichung der Lärm­schutz-Ziele. Dabei kommt man nicht umhin, sich zu wundern, wieviel Wider­sprüch­lichkeit und Realitäts­ferne man auf nur zwei DIN-A4-Seiten demon­strieren kann.
Zunächst ist der Anspruch sehr hoch, denn als "Bezugsjahr wird die Lärmbe­lastung der Region aus dem Jahr 2012 fest­gelegt", also im Wesentlichen die derzeitige, und die soll "um 0,4 dB pro Jahr" sinken. Erreicht werden soll diese revolu­tionäre Umkehr der aktuellen Trends "haupt­sächlich durch lärm­ärmere Flugzeuge und Flugver­fahren". Aber auch den jetzigen Lärm nur langsam zu reduzieren, soll noch nicht reichen, denn unter­halb der Ober­grenze sollen auch noch "dyna­mische Alarm­bereiche imple­mentiert werden, die verbindliche Lärm­minderungs­maßnahmen auslösen". Dafür sind in der Instru­menten­kiste "lärm­ärmere Flugver­fahren, Lärmpausen als Lärmaus­gleich, geänderte Belegung von Flug­routen ..., bis hin zur Sperrung einzelner Routen oder Bahnen".
Andererseits werden aber "lokale Grenz­werte fest­gelegt", wobei es für größere oder zersie­delte Städte sogar "ortsteil­bezogene Ober­grenzen" geben soll, und eine "Verschiebung von Lärm soll grund­sätzlich verhin­dert werden". Hier wird dann aller­dings doch noch eine Notbremse eingebaut in Form einer "Aufbruchs­klausel", die dann Lärm­verschiebungen erlaubt, wenn sie das Ergebnis einer "Einzel­fall­prüfung" sind.
Es würde wohl ein permanenter Aufbruch werden, denn alle genannten Instru­mente ausser den "lärm­ärmeren Flug­zeugen" sind Lärm­verschiebungs­maßnahmen.

Aber auch, wenn die genannten Maß­nahmen ohne Einschrän­kungen einge­setzt würden, ist es völlig absurd zu glauben, dass man damit den Lärm in den jetzigen Grenzen halten könnte, wenn die weitere wirtschaft­liche und politische Entwick­lung auch nur entfernt ein Wachstum erlauben würde, wie Fraport es anstrebt. Um das zu verstehen, muss man sich nur die Wirkungen der bisher schon implemen­tierten Maßnahmen dieser Art ansehen: weder die "Al-Wazir-Pausen" noch der 3,2°-Anflug auf die Nord­west­bahn oder die Verände­rungen von Flug­routen oder -höhen haben im Nahbe­reich, wo die Ober­grenze haupt­säch­lich wirken soll, etwas bewirkt.
Auf "lärm­ärmere Flugzeuge" zu hoffen, deren Einsatz durch wirksame Gestal­tung der "Start- und Lande­entgelte" gesteuert werden soll, heißt erstens einem schon geradezu kindlichen Fort­schritts-Opti­mismus anzu­hängen und zweitens, angesichts der aktuellen Gebühren­diskus­sion, die Augen vor der Realität fest zu ver­schlies­sen.

Was soll das Ganze also? Auch wenn sie das Gegenteil behaupten, spielt wohl die Hauptrolle, dass beide oben genannten Autoren sowohl Mitglied der Grünen sind also auch nächstes Jahr Wahlen vor sich haben. Da macht es sich gut, wenn man den frustierten Wählerinnen und Wählern wenigstens eine Aktivität vorzeigen kann, die ihre Interessen aufgreift - wenn es nachher nichts wird, kann man immer noch sagen, man habe sich bemüht, aber leider, leider habe die Koalition, das Land, der Bund, die EU, die Rechtslage oder wer auch immer die Umsetzung nicht zugelassen.
Allerdings wissen nicht nur Personalchefs: die Formulierung "hat sich immer bemüht" ist nur eine freundliche Umschreibung für "kriegt nichts auf die Reihe".




Verbindung FFR - DLR

FFR und DLR innig verbunden

Forschung für Lärmschutz - wer sollte zahlen ?

Das DLR darf sich freuen: zwei seiner Institute dürfen sich knapp 1 Million Euro hessischer Steuer­gelder für zwei Forschungs­projekte teilen, mit denen laut Flug­lärm­kommis­sion "lärmarme An- und Abflug­verfahren weiter­ent­wickelt werden sollen". Auftrag­geber ist das "Umwelt- und Nachbar­schafts­haus" des "Forums Flughafen und Region", das aber, wie die AZ korrekt anmerkt, "Mittel des Landes Hessen" vergibt.
Nun gibt das UNH durchaus noch grössere Summe für weit unnützere Projekte aus, aber bei dieser Größen­ordnung sollte man schon mal nach­fragen, worum es exakt geht und wer davon wie profitiert.

Mit beiden Projekten soll der Lande­anflug optimiert werden. Um die Details zu verstehen, verläßt man sich besser nicht auf die Presse­bericht­erstattung, sondern liest sich die ausführ­lichere Mittei­lung in den DLR-News durch (wort­gleich auch beim UNH verfügbar).

Comic Ritsch-Renn, C't 03/99

Piloten-Assistenzsysteme können problematisch sein, besonders wenn Airlines unter Kostendruck stehen ...
(Original: c't-Schlagseite 03/99, ,
 zum Betrachten Grafik anklicken)

Im ersten Projekt soll mit Hilfe eines Piloten-Assistenz­systems der Sinkflug so optimiert werden, dass möglichst wenig Trieb­werks­schub eingesetzt wird und Lande­klappen und Fahrwerk (die beide Lärm erzeugen) möglichst spät ausge­fahren werden. Dieses Assistenz­system entwickelt das DLR schon seit ein paar Jahren, und in einem Bericht vom Februar 2014 wurde auch klar beschrie­ben, was es leisten soll: "Inzwi­schen haben erste Auswer­tungen gezeigt, dass mit Hilfe des entwickel­ten Assistenz­systems bei den durchge­führten Testan­flügen eine mittlere Treib­stoffer­sparnis von elf Kilo­gramm pro Anflug erreicht werden kann. Außerdem sind die Anflüge präziser." Und als Neben­wirkung wurde "auch eine mögliche Verringe­rung des Lärms im Anflug ... in den Simulator­tests nachge­wiesen".

Warum brauchen die Piloten überhaupt Assistenz beim Sinkflug? Idealer­weise sollten Flugzeuge im Anflug auf einen Flug­hafen von der Reise­flughöhe im Leerlauf sinken (sog. konti­nuier­licher Sinkflug oder continous descent approach, CDA), bis sie (in ca. 18 km Entfernung vom Aufsetzpunkt) den Leit­strahl des Lande­systems errei­chen, und dann diesem folgend unter minimalem Einsatz von Schub und Bremse den Endan­flug abwickeln. Das kann schwierig werden, wenn die Wetter­beding­ungen schlecht sind - aber es ist unmög­lich, wenn alle Flugzeuge unab­hängig von aero­dynami­schen Eigen­schaften, Größe und Gewicht während des gesamten Anflugs in feste Abstände und Höhen einge­taktet werden müssen, weil der Andrang sonst nicht zu bewältigen ist.
Um die sich daraus ergebenden Anforde­rungen präzise einhalten zu können, bedarf es in der Tat zusätz­licher Unter­stüt­zung, denn hier geht es nicht mehr um einen konti­nuier­lichen Sinkflug über die ganze Strecke, sondern um die exakte Dosie­rung von Schub und Bremse zum richtigen Zeit­punkt - und vielleicht ein bißchen Sinkflug zwischen diesen Punkten. Der entspre­chende Lärm wird also nicht vermieden - er wird besten­falls ein bißchen reduziert.

Im zweiten Projekt geht es, als alternative Lösung, um die Umfliegung besonders dicht besiedelter Gebiete (gekrümmter Anflug oder curved bzw. segmented approach). Auch hier ist nicht der einzelne Anflug das Problem, sondern die Menge der Anflüge. Südbahn und Nordwest­bahn sind weit genug vonein­ander entfernt, um unab­hängig ange­flogen zu werden, d.h. für einen Anflug auf eine der beiden Bahnen ist es egal, ob und wann die andere ange­flogen wird. Das gilt aber nur, solange der Anflug auf dem ILS-Leit­strahl, also kerzen­gerade und mit hinrei­chender Genauig­keit, erfolgt. Ohne den Leitstrahl ist die Einhal­tung der seit­lichen Abstände nach ICAO nicht gewähr­leistet, und der Abstand müsste zeitlich herge­stellt werden, d.h. solange einer vor der einen Bahn herum­kurvt, darf auf der anderen keiner landen.
Hier möchte die DLR ein neues Sicher­heits­konzept entwickeln, das durch verbes­serte Naviga­tions­methoden die Einhal­tung der seit­lichen Abstände auch bei gekrümm­ten Bahnen garan­tiert.

Drastisch gesagt, geht es also bei beiden Projekten darum, einen mehr oder weniger kruden Ersatz für ein lärm­mindern­des Flug­verfahren zu finden, das aus Kapazitäts­gründen nicht geflogen werden kann.
Wenn es in der DLR-Mitteilung heißt: " „Die beiden neuen Forschungs­projekte ergänzen hervor­ragend die bishe­rigen Arbeiten des FFR“, erklärt Stefan Mauel von der Fraport AG und Leiter der FFR AG Perspek­tive", die die Projekte "fachlich begleitet", dann trifft das den Kern. Das FFR ist dazu da, die nega­tiven Begleit­erschei­nungen des Wachstums­wahns der Fraport zu kaschieren und den Flug­lärm­betrof­fenen Aktivi­täten vorzu­gaukeln, die angeb­lich ihre Inte­ressen schützen.
Ein echter "aktiver Schall­schutz" müsste lärm­mindernde Verfahren in ihrer wirkungs­vollsten Form einführen und die sich daraus erge­benden Ein­schrän­kungen in der Verkehrs­dichte hinnehmen. Ein Flug­betrieb aber, wie Fraport ihn mit über 700.000 Flug­bewe­gungen pro Jahr anstrebt, kann auch durch die raffi­niertes­ten Verfahren und Instru­mente nicht raumver­träglich gestaltet werden.

Aus Raunheimer Perspek­tive kann man sich über diese Verschwendung von Steuer­geldern zugunsten der Fraport sogar noch doppelt ärgern. Selbst wenn die erforschten Maßnahmen irgend­wann mal kleine Erfolge zeigen sollten - ihr Wirkungs­bereich beginnt in 10 - 20 km Entfernung vom Flughafen. Für den Endan­flug, unter dem Raunheim ebenso wie Flörsheim, Sachsen­hausen und Niederrad liegt, bringen sie nichts.
Aber unabhängig davon, wer aus diesen möglichen kleinen Erfolgen Nutzen ziehen kann - den Hauptprofit hat Fraport, und es wäre nur angemessen, wenn sie dafür auch zahlen würden.




Leq-Tag, Diff Raunheim

Idyllisch - Raunheim in Grün: Es wurde überall leiser - zumindest im Mittel dieser beiden Jahre

ZRM-Fluglärmmonitoring - Daten online verfügbar

Entgegen anders­lautenden Befürch­tungen (s. Meldung unten) sind die Ergeb­nisse der Lärm­berech­nungen, die der DFLD im Auftrag der Initia­tive Zukunft Rhein-Main durch­geführt hat, nun doch im Internet verfügbar. Es gibt Übersichts­karten für den Dauer­schall­pegel am Tag und in der Nacht sowie Einze­lereig­nisse in der Nacht, für das Jahr 2012 und für die Differenz zwischen 2012 (das erste Jahr nach Inbetrieb­nahme der Nordwest­bahn) und 2008 sowie Einzel­auswer­tungen für die Mitglieds-Kommunen der ZRM.
Zu Letzteren gehört Raunheim zwar nicht, aber netter­weise wird auf den Karten für Rüssels­heim Raunheim gleich mitbe­handelt, so dass man da alles findet, was auch für die anderen Kommunen allgemein verfügbar ist.

Das Material ist allerdings mit Vorsicht zu inter­pretieren. So zeigen z.B. die Diffe­renz-Karten 2012-2008, dass es durch die Inbetrieb­nahme der Nordwest­bahn in ganz Raunheim leiser wurde. Für den Raunheimer Norden ist das klar, weil die Anflüge auf die Centerbahn nach Flörsheim verschoben wurden. Die Rechnungen zeigen aber auch eine Abnahme im Süden, obwohl dort durch die Bündelung der besonders schweren Maschinen, die auf der Centerbahn landen durften, aber nicht auf der Nordwest­bahn, eher mit einer Zunahme des Lärms zu rechnen war. Hier muss man ganz genau auf andere Unter­schiede achten.
Zum Einen gab es 2012 weniger Flug­bewegungen als 2008 (482.242 bzw. 485.783), so dass die Lärm­belastung 2012 generell gering­fügig niedriger sein sollte als 2008. Zum Anderen gab es Unter­schiede in der Betriebs­richtungs-Vertei­lung. Die waren zwar übers Jahr auch nicht sehr gross (2012 25% Betriebsrichtung 07, 2008 27%), aber da nur die "sechs verkehrs­reichsten Monate" Mai bis Oktober ausgewertet wurden, können grössere Unter­schiede in diesen Zeiten eine Rolle spielen. Die Daten sind nicht direkt verfügbar, aber da es im Mai und September 2008 extrem lange Phasen mit Anflug über Raunheim gab, könnten auch dadurch Verschie­bungen auftreten.

Andere Effekte bedürfen noch einer Klärung. So ist z.B. nicht verständ­lich, warum für 2012, besonders in der Nacht, die Werte für die Anflug­linie auf die Nord­west­bahn deutlich höher sind als die für die Südbahn (bei gleichem Abstand vom Aufsetz­punkt), obwohl hier das Betriebs­richtungs-Verhält­nis keine Rolle spielt und die Vertei­lung auf die beiden Bahnen zahlen­mäßig nur leicht zulasten der Nordwestbahn (13% bzw. 11% der Gesamtlandungen, gem. UNH-Bewegungsmonitoring) und lärm­mäßig eindeutig zulasten der Südbahn (fast alle lauten Flieger) ausfällt.

Alles in allem steht hier aber nun noch eine weitere interes­sante Daten­quelle zur Verfügung (neben den Daten, die der DFLD auf seinen eigenen Seiten zur Verfügung stellt, siehe unsere Links zu Lärmwerten). Die wirklich spannen­den Unter­schiede, wie z.B. die zwischen den "offiziell" berech­neten Lärm-Vertei­lungen und den sich aufgrund der tatsäch­lich geflo­genen Routen ergeben­den Vertei­lungen sind aber noch heraus­zuar­beiten. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Instrument noch weiter genutzt wird, um offene Fragen zu beantworten.




Ohrstöpsel

Ohren zu und stillhalten ?
Die NORAH-Ergebnisse sind
kein Anlass dafür

NORAH: Verharmlosung funktioniert immer schlechter

Schneller als erwartet stellt sich heraus, dass der Versuch der Luftfahrt-Lobbyisten, die Ergebnisse der NORAH-Studie zum Abwürgen der Diskussion über die gesund­heit­lichen Wirkungen von Fluglärm zu miss­brauchen (s. Meldung unten), scheitern muss. Trotz aller weiterhin aufrecht erhaltener Kritik an Design und Durch­führung vieler Aspekte der Studie kommen auch kritische Wissen­schaftler­Innen zunehmend zu dem Ergebnis, dass das Material, das NORAH geliefert hat, nicht nur in vielen Punkten die bisher schon bekannten Gefahren des Lärms bestätigt, sondern in einigen Fällen noch darüber hinaus gehende Probleme aufzeigt.
Auch die NORAH-Wissen­schaftler­Innen selbst wehren sich teilweise sehr deutlich gegen die in die Öffent­lichkeit lancierten Fehl­inter­preta­tionen ihrer Ergebnisse, was umso bemerkens­werter ist, als ihnen eigent­lich eine 6monatige Schweige­pflicht auferlegt ist und sie erst nach deren Ablauf ihre Ergebnise frei kommen­tieren und verwerten können.

Die Medien vollziehen diese Wendung leider nur sehr begrenzt nach, auch wenn lokal zunehmend über kritische Meinungen berichtet wird, wie z.B. in der FR über die Veran­staltung der Initiative Zukunft Rhein-Main in Flörsheim am 20. November.
Wer sich aber die Dokumen­tation der vom Umwelthaus wohl als Bestätigung der von den Haupt­sponsoren vorge­gebenen Linie geplanten Konferenz ICANA 2015 (bisher nur als Video verfügbar) ansieht, kann nur zu dem Schluss kommen: die verharm­losenden Interpre­tationen, die von Fraport und UNH unmittelbar nach Abschluss der Studie in die Welt gesetzt wurden, sind nicht haltbar.

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die wirklichen Aussagen der NORAH-Studie heraus­gearbeitet und bewertet sind. Wer die Diskussion mitver­folgen will, sei hier nochmals auf die ständig aktua­lisierte DFLD-Seite zu NORAH hinge­wiesen, wo zeitnah neuere Ergebnisse, Reaktionen und Einschät­zungen gesammelt werden.




LH-Werbung, korrigiert

Luftverkehr und Klimaschutz - geht das zusammen ?

Im Vorfeld des Klimagipfels in Paris, der am 30 November beginnt, wird heftig darum gerungen, zu zeigen, wer für welche Emissionen von Treib­hausgasen verant­wortlich ist und wem welche Reduzie­rungen zugemutet werden sollen. Wohl auch deshalb sind jetzt kurz hinter­einander zwei Studien erschienen, die sich mit der Effizienz der Airlines, das heißt deren Treib­stoff-Verbrauch (und damit der CO2-Produktion) pro Dienst­leistung (i.d.R. Perso­nen-Kilo­meter) befassen.
Ein Ergebnis vorweg: der Home Base Carrier der Fraport, die Lufthansa, schneidet in allen Punkten schlecht ab.

Der Inter­national Council on Clean Transpor­tation (ICCT), dieselbe Organi­sation, deren Unter­suchungen den VW-Skandal ins Rollen gebracht haben, hat u.a. auch die Effizienz der Airlines bei Non-Stop-Trans­atlantik-Flügen unter­sucht und erstaun­liche Unter­schiede festgestellt. Sowohl die Fachpresse (z.B. airliners.de) als auch die Boulevard-Presse (z.B. Spiegel Online) heben hervor, dass die Billig­flieger (und hier besonders AirBerlin auf Platz 2) deutlich besser abschneiden als die etablierten "Netzwerk-Carrier" (und hier besonders Lufthansa auf dem vorletzten Platz, nur knapp vor BritishAirways).
Auch die Initiative Atmosfair hat ihren Airline Index aktualisiert. Der ist wesent­lich umfang­reicher und betrachtet 190 Airlines getrennt nach Kurz-, Mittel- und Langstrecke. Auch hier fokussiert die Bericht­erstattung (z.B. in der FR) auf das gute Abschneiden einiger deutscher Airlines (Tuifly auf Platz 3, AirBerlin auf Platz 8), wenn auch das schlechte Abschneiden der Lufthansa (Platz 68, Lufthansa Regional auf Platz 125) erwähnt wird.

Vergleich Effizienz-Faktoren

      Gleiche Frage, unterschiedliche Antworten

Derartige Effi­zienz-Bewer­tungen sind sehr komplex, und es gibt kein einheit­liches Verfahren dafür. Schon die Daten­grund­lage ist schwierig (z.B. weil die meisten Airlines nicht differen­ziert über ihre Treib­stoff-Ver­bräuche berichten), und in die Berech­nungen gehen jede Menge Annahmen ein, so daß die entste­henden Rankings zwar in sich konsistent, aber unter­einander nur schwer vergleich­bar sind. Auch sind die Inten­tionen unter­schied­lich: während atmosfair den Passa­gieren Entschei­dungs­hilfen bieten will und daher unter­schiedliche Geschäfts­modelle und Angebote stärker berück­sichtigt, ist ICCT mehr an den Klima­folgen interes­siert und betrachtet die Emissionen unab­hängig davon, wie nötig oder unnötig sie sind (denn dem Klima und dem großen Rest der nicht-flie­genden Mensch­heit ist es egal, warum eine bestimmte Menge CO2 in die Atmo­sphäre gelangt, die Wirkung ist immer dieselbe).
Entsprechend unter­schiedlich sind auch die Inter­preta­tionen der Ursachen für die Unter­schiede zwischen den Airlines. Generell spielen natür­lich die einges­etzten Flug­zeug­typen bzw. deren Trieb­werke und Ausstat­tungen eine große Rolle, aber während bei atmosfair die Passagier­auslastung (Prozent­satz der belegten Sitze) der Haupt­faktor ist, spielt bei ICCT die Konfigu­ration der Sitzplätze (Anzahl Sitze pro Flugzeug­fläche) eine viel grössere Rolle: die Prem­ium-Sitz­plätze (First und Business Class) sind für 14% der Sitz­platz­kilometer, aber rund ein Drittel der Emis­sionen verant­wortlich. Oder platt gesagt: laut ICCT sind die anti­quierten Bonzen-Bomber der großen Carrier die größten Klima-Schäd­linge.

Lufthansa hat das miserable Abschneiden in beiden Rankings bisher nicht kommentiert. Die letzte Äusserung zum Thema war eine Presse­mittei­lung vom 30. Oktober, mit der sie ein "Gold-Prädikat für verantwor­tungs­bewusste Unter­nehmens­führung" feiert. Im Ergebnis einer "repräsen­tativen Umfrage ... kürten die Befragten in der Kate­gorie „Flug­gesell­schaften“ Lufthansa als Marke mit dem höchsten Verant­wortungs­wert und damit als nach­haltigste Airline". Aber eben nur auf Basis einer Umfrage in der Bevölke­rung - was nur beweist, wie weit Schein und Sein ausein­ander klaffen können.
In der gleichen PM lobt sich LH dafür, dass "die Lufthansa Group wie in den Vor­jahren das anspruchs­volle Branchen­ziel einer jähr­lichen Effizienz­steigerung von 1,5 Prozent" erreicht hat. Das ist aller­dings auch keine Kunst - wer so weit hinter dem Branchen-Durch­schnitt hinterher hinkt, müsste sich deutlich stärker anstrengen, wenn die Branche insgesamt ihr Ziel erreichen wollte.

Ausschnitt BDL-Propaganda

Drei Sätze, zwei Lügen: selbst für BDL-Standards eine reife Leistung

Das wird die Luftfahrt-Industrie aber ohnehin nicht schaffen. Wie ICCT in einer anderen Veröffentlichung gezeigt hat, hinkt sie ihrem Effizienz-Ziel bereits jetzt um mehr als ein Jahrzehnt hinterher, und eine deutliche Beschleunigung ist in der nächsten Zeit nicht zu erwarten. Und wie bereits unten gemeldet, bestätigen selbst Studien, die die aktuellen Maßnahmen unterstützen sollen, "dass die in den Prog­nosen und Selbst­verpflich­tungen der Luft­verkehrs­wirtschaft enthal­tenen Verpflich­tungen auf Reduk­tions­ziele 2030 oder 2050 mit den absehbar vorhan­denen Techno­logien schlicht­weg nicht erreich­bar, also leere Versprech­ungen sind."

Trotzdem kämpft die Luftfahrt-Industrie darum, den Luft­verkehr ganz aus dem geplanten Pariser Abkommen heraus zu halten und alle Verant­wortung der ICAO zu über­tragen, und es sieht so aus, als würde ihr das weit­gehend gelingen.
Um die Konse­quenzen in der Öffent­lichkeit zu vertuschen, feuern ihre Dach­verbände aus allen Propa­ganda-Rohren, und der BDL tut sich dabei wie immer als besonders dumm-dreist hervor. (Ab nächstem Jahr wird Fraport-Chef Schulte Chef dieses Ladens, und man darf gespannt sein, ob ihm noch eine Steigerung gelingt.) Schon seit Längerem verbreitet er auf seiner Homepage eine doppelte Lüge (s. Grafik links). Aber selbst­verständ­lich wächst der Luftverkehr nicht "CO2-neutral", den erstens ist nur ein kleiner Teil selbst der europä­ischen Flüge in den hier ange­sprochenen Emissions­handel einbe­zogen, zweitens befindet sich dieser Handel in einem derart desolaten Zustand, dass auch die EU-Insti­tutionen längst dring­enden Reform­bedarf erkannt haben, damit er über­haupt noch eine Wirkung erzielt. Aber selbst wenn das Gerede vom "klima-neutralen Wachstum" wahr wäre: dass "das Klima ... nicht zusätz­lich belastet" würde, ist ebenso gelogen, denn da das Kohlen­dioxid in der Atmo­sphäre über lange Zeit kumu­liert, belastet jeder Input das Klima. Nur wenn die Emis­sionen auf Null reduziert würden, gäbe es keine zusätz­liche Belas­tung mehr.
Obwohl das alles seit Jahren bekannt ist, werden diese und andere Lügen immer wieder neu aufgelegt, wie z.B. aktuell wieder im sog. Energieeffizienz-Report des BDL, der von all den oben genannten Problemen nichts weiß, sondern fröhlich Schön­färberei betreibt.

Die Antwort auf die Über­schrift oben ist also ein klares Nein. Solange die Luft­fahrt nicht klaren Regeln zur Reduk­tion ihrer Emis­sionen unter­worfen und deren Einhal­tung streng kontrol­liert wird, im Zweifels­fall auch durch Beschrän­kungen der Anzahl der Flüge, wird sie auch weiter­hin als Klima­killer unter­wegs sein, in ständig wachsen­dem Ausmaß.
Angesichts der Tatsache, dass auch die Beiträge der Staaten und anderen Sektoren, die zur Reduktion der Treib­haus­gase bei­tragen sollen, weit davon entfernt sind, die Welt mit einer auch nur mitt­leren Wahr­schein­lich­keit vor dras­tischen Klima­ände­rungen zu bewahren, sind das keine guten Aussichten.

Klimalügner

Update 25.11.15: Auch die Mainzer Initiativen haben sich des Themas ange­nommen und eine Presse­mittei­lung und ein Faltblatt heraus­gegeben, das noch eine ganze Reihe weiterer Infos zusammen­trägt.

Update 30.11.15: Eine neue Studie für das EU-Parla­ment betätigt eben­falls, dass die Wachs­tumsab­sichten der Luft­verkehrs­wirt­schaft und ihre damit verbun­denen Emissions­ziele mit dem notwen­digen Klima­schutz unver­einbar sind. Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass, wenn die Luft­verkehrs­wirt­schaft weiter macht wie bisher, ihre Emissionen im Jahr 2050 mehr als ein Fünftel der welt­weiten Gesamt­emissio­nen an CO2 (22%) ausmachen könnten und den Wert aus dem Jahr 2005 um das Fünf­fache über­steigen würden. Um das in Paris disku­tierte 2°-Ziel einzu­halten, müsste dieser Wert aber schon 2030 um mindes­tens 40% unter­schritten werden.
Um Letzteres zu erreichen, schliessen die AutorInnen, "kann es notwendig sein, sowohl Verhaltens­ände­rungen zu fördern, die zu reduzierter Nachfrage nach inter­natio­nalen Transport­dienst­leistungen führen, als auch den Ausgleich der Klima­folgen durch Finan­zierung von Emissions­reduktionen in anderen Sektoren zu ermög­lichen" (Schluß­folge­rungen, S.41, eigene Über­setzung). Bezüg­lich der Wunder­waffe "Biotreib­stoff" warnen sie, es müsse berück­sichtigt werden, dass "besonders die nicht-CO2-ge­bundenen Klima­wirkungen des Luft­verkehrs nicht reduziert werden, wenn fossile Treib­stoffe durch Kohlen­wasser­stoffe aus erneuer­baren Energien ersetzt werden". Ihre Botschaft an die Pariser Verhand­lungen lautet, dass "es wichtig ist, Ziele für die inter­natio­nale Luft­fahrt und den See­verkehr zu formu­lieren, dass Emissionen nicht unbe­grenzt und unregu­liert wachsen können".
Bei aller Zurück­haltung, die solchen Studien zwangs­läufig auferlegt ist, ist die Aussage relativ deutlich. Man kann nur hoffen, dass die Verhandler in Paris auf Empfang sind.




Comic

Die "Institutionen" setzen sich mit guten Argumenten durch.
(Originalgrafik: harmbengen.de, verändert)

EU finanziert Fraports Raubzug in Griechenland mit

Nachdem Fraport schon letztes Jahr einen Versuch gemacht hat, Terminal 3 von der EU finan­zieren zu lassen, (was aber anschei­nend so nicht geklappt hat), sollen europä­ische Banken nun helfen, günstige Kredite für die Über­nahme der griechi­schen Regional­flug­häfen verfügbar zu machen. Wie die eng­lisch-spra­chige griechi­sche Online-Zeitung ekathi­merini.com meldet, sichern die Europä­ische Bank für Wieder­aufbau, die Europä­ische Invest­itions­bank und eine Tochter der Weltbank einen Kredit in Höhe von 800 Millionen Euro ab, den das Fra­port-Konsor­tium braucht, um den Deal über die Bühne zu bringen.

Trotz der guten Nachricht läßt Fraport aber mitteilen, dass es bis zur endgül­tigen Übernahme noch eine Weile dauern wird. Das hat aber wohl nichts mit der Unwillig­keit der griechi­schen Regie­rung zu tun, die eigene Infra­struktur verschleudern zu müssen, sondern, wie unten gemeldet, mehr damit, dass der Wider­stand gegen die Übernahme in Griechen­land weiter­geht und nun zunächst die Gerichte dazu Stellung nehmen müssen.

Warum wir diesen Deal für einen Skandal halten, haben wir hier und hier begründet. Das Ganze wird nun wirklich nicht besser dadurch, dass Fraport das (relativ geringe) Risiko einer Fehl­inves­tition auch noch zumindest teil­weise auf die europä­ischen Steuer­zahler abwälzt, darunter maka­berer­weise auch noch die griechi­schen.




Titel Faltblatt Bundesrat

Im Bundesrat den Fluglärm bekämpfen ?

Mit grosser Fanfare haben die Bundes­länder Baden-Württem­berg, Hessen und Rhein­land-Pfalz eine Initia­tive ange­kündigt, mit der erreicht werden soll, dass der Lärm­schutz bei der Regelung des Flug­verkehrs mehr Gewicht bekommt. In nahezu gleich­lautenden Presse­mittei­lungen kündigen sie an, dass ihnen die Quad­ratur des Kreises gelingen wird: "Der Vorstoß wird der Anforde­rung an eine stärkere Orien­tierung der An- und Abflüge an Lärm­schutz­gesichts­punkten gerecht und behält zugleich die Prakti­kabili­tät und Erfor­dernisse der Luft­verkehrs­wirtschaft im Blick".
Und das ist noch nicht mal alles: "Unser Ziel ist es, dass DFS und das Bundesamt für Flug­sicherung die Möglich­keiten des aktiven Schall­schutzes an Flughäfen so weit wie möglich und so schnell wie möglich identi­fizieren und umsetzen", und zudem "soll auch eine Öffent­lichkeits­beteiligung erfolgen, wenn Flug­verfahren neu fest­gelegt oder wesent­lich geän­dert werden".

Wie genau diese Wunder bewirkt werden sollen, ist noch das Geheimnis der drei Regie­rungen, aber schlechte Erfah­rungen sollten vor allzu grossen Erwar­tungen warnen. Bereits vor zwei­einhalb Jahren gab es ähnliche Initia­tiven, die schon vom Ansatz her proble­matisch waren und am Ende genau nichts erreich­ten (siehe dazu unseren damaligen Kommentar).

Das auch diesmal die Chancen nicht wirklich gut sind, zeigt das Schicksal der Initia­tiven, die das gerade beratene 15. Gesetz zur Ände­rung des Luft­verkehrs­gesetzes für ähnliche Zwecke nutzen wollten. Der Entwurf für dieses Gesetz wurde vom Bundes­kabinett am 23.09.15 beschlossen und sollte dazu dienen, Anforde­rungen der EU an eine bessere Berück­sichti­gung der europä­ischen Umwelt­schutz-Regeln bei der Fest­legung von Flug­routen umzu­setzen. Insbe­sondere geht es dabei darum, bei der (Neu-) Fest­setzung von Flug­routen eine Umwelt­verträg­lich­keits-Prüfung (UVP) durchzu­führen und dabei die Auflagen der Fauna-Flora-Habitat-Richt­linie (FFH-Richt­linie) zu erfüllen.

Nicht mal das will die Bundes­regierung umsetzen, sondern die Berück­sichti­gung dieser Anforde­rungen auf Plan­fest­stellungs­verfahren beschränken, die nur bei wirklich grossen Ände­rungen durch­geführt werden. Änderungs­vorschläge des BBI sowie der Bundes­vereini­gung gegen Fluglärm und anderer Verbände, die diesen sowie weitere Mängel des LuftVG beheben sollten, hatten es wunder­samer Weise sogar partiell in die zustän­digen Aus­schüsse des Bundes­rats geschafft und dort Unter­stützung gefunden.
(Der Bundesrat übt sich aller­dings nur scheinbar in Trans­parenz. Zwar wird jedes Räuspern im Plenum sofort ins Netz gezwit­schert, aber wer wie abstimmt, wird geheim gehalten. Es ist also nicht nach­voll­ziehbar, vom wem die Unter­stützung in den Aus­schüssen kam und wie umfang­reich sie war.)

Von den Beschlüssen der Aus­schüsse, die immerhin einige von den Vorschlägen über­nommen hatten, wie der Lärmschutz an verschie­denen Stellen verbessert werden könnte, ist im Beschluss des Plenums dann nichts mehr übrig geblieben. Ledig­lich einige formale Verände­rungen wurden empfohlen und gehen jetzt an den Bundestag, der theo­retisch auch noch die Chance hätte, dieses Gesetz zu verändern. Dass sich dafür in der GroKo aber Unter­stützung finden könnte, glaubt wohl niemand.

Um glaubhaft zu sein, müssten die drei Regierungen also bald erklären, was genau sie vorhaben, und wie sie die dafür notwen­dige Unter­stützung der anderen Bundes­länder, die aktuell offenbar nicht vorhanden ist, gewinnen wollen. Aber selbst wenn das gelingt, müssen sie auch noch eine Mehrheit im Bundestag organi­sieren, um entspre­chende Gesetzes­änderungen zu beschliessen. Niemand sollte darauf hoffen, dass das in absehbarer Zeit und ganz ohne Zutun der Öffent­lichkeit gelingen könnte.

Update 19.11.15: Zumindest ein Teil der geplanten Über­zeugungs-Strategie ist schnell deutlich geworden: der Gesetz­entwurf, den die drei Länder im Bundesrat einge­bracht haben und der dort am 27.11.2015 behandelt werden soll, ist eine noch weiter verwäs­serte Version des Kompromiss­antrags, den die hessische Landes­regierung im April 2013 im Bundes­rat vorge­legt hatte.
Was es im Detail bedeuten könnte, wenn dieser Vorschlag ange­nommen würde, lohnt sich erst zu kommen­tieren, wenn das Plenum des Bundes­rates darüber entschieden hat.

Update 26.11.15: Unmittelbar vor der Sitzung des Bundesrats am 27.11. haben fünf Organi­sationen (Bundes­vereini­gung gegen Fluglärm BVF, Arbeits­gemein­schaft Deutscher Flug­lärm­kommis­sionen ADF, BUND, VCD, Ärzte gegen Fluglärm) zur Unter­stützung des Gesetz­entwurfs aufge­rufen. Zwar schätzen auch sie ein, dass "der aktuelle Entwurf aus Sicht des Fluglärm­schutzes hinter diesem Entwurf aus dem Jahr 2013 zurück" bleibt, dennoch sehen sie "wichtige Fort­schritte", die es zu unter­stützen gelte.

Update 27.11.15: Das Plenum des Bundesrates hat wie erwartet den Gesetzentwurf an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Wann sie dort jeweils behandelt werden, steht wohl noch nicht fest. Alle Fluglärm-geplagten Menschen werden gebeten, sich in Geduld zu üben.




Luftkampf 1914

Die Instrumente sind heute andere ...

Luftkampf über Europa

Am 11.11. (nein, das ist Zufall) hat eine schwarz-rosa-gelbe Koali­tion (PPE, S&D und ALDE) im Europa­parla­ment eine Reso­lution zur geplanten EU-Luft­fahrt-Stra­tegie verab­schiedet. Sie enthält alles, was das Luft­fahrt-Lobby­isten-Herz so wünscht: Steigerung der Wett­bewerbs­fähigkeit der europä­ischen Luft­fahrt-Indus­trie, Vorgehen gegen staat­liche Subven­tionen für auslän­dische Air­lines, staat­liche Subven­tionen für euro­päische Regional­flughäfen (nein, nein, das ist kein Wider­spruch) und vor allem Abbau aller "Hemm­nisse", die dem Wachstum im Weg stehen. Die Begriffe "Fluglärm" und "Schad­stoffe" kommen in den Abwä­gungen und Forde­rungen dagegen nicht vor.

Worum es bei dieser "Strategie" geht, haben wir weiter unten schon erläutert. Der Parla­mentsbe­schluss ist ein Beleg für die Einschät­zung, dass die Luft­fahrt-Lobby gute Arbeit geleistet hat und in den EU-Institu­tionen kein Wider­stand zu erwarten ist. Es zeichnen sich lediglich einige kleinere, aber interes­sante Diffe­renzen ab.
So stuft die EU-Kommis­sion (die ja von den gleichen politi­schen Kräften getragen wird, die diese Reso­lution durch­gesetzt haben) das Gezeter gegen die subventio­nierten Golf-Airlines als populis­tisches Geschwätz ein, dass nur dazu dienen soll, bestimmte Teile der Öffent­lichkeit zufrieden zu stellen. Die zuständige Kommis­sarin Bulc stellt kühl fest, dass "die Verwen­dung von 'behaup­teten' Subven­tionen durch die Golf-Airlines und resul­tierende 'nega­tive Konse­quenzen' in Europa noch zu beweisen" wären. In einem Interview hatte sie bereits vorher erklärt, dass sie die Golf-Staaten nicht verärgern möchte, da diese wichtige Investoren und Abnehmer u.a. von Airbus-Produkten seien.

Die EU-Kommission weiss natürlich, dass Analysten den grossen europä­ischen Airlines schon lange Schwierig­keiten vorher­sagen, und es daher, wie eine Prognose von Boeing formuliert, "in den kommenden Jahren mehr Konsoli­dierung für die europä­ischen Airlines" geben müsse. "Konsoli­dierung" ist eine freund­liche Umschrei­bung dafür, dass im Wett­bewerb einige Konkur­renten ganz auf der Strecke bleiben und andere ihre Standards auf niedrigstem Niveau verein­heit­lichen müssen. Die Phase des heftigen Wett­bewerbs nach dem Aufbrechen der "künst­lichen" staat­lichen Monopole geht zu Ende, und es bilden sich langsam die "natür­lichen" kapita­listi­schen Monopole bzw. Oligopole heraus, so dass am Ende hierzu­lande viel­leicht wirklich nur eine Ryan­hansa überlebt.
Daher müssen aktuell nicht nur die Beleg­schaften der Luft­hansa-Gruppe um Arbeits­beding­ungen, Entloh­nung und Alters­siche­rung kämpfen, sondern die aller großen Airlines, wie z.B. auch der Air France in Frank­reich (wo man seit 1789 tradi­tionell etwas radikaler vorgeht und "konsoli­dierende" Manager von ihren Beleg­schaften schon mal über den Zaun geprügelt werden). Luft­hansa ist trotz guter Gewinn­situation deshalb so unnach­giebig, weil sie sich auf diesen "Über­lebens­kampf" einstellen möchte. Gute Löhne und Renten und früh­zeitiger Ruhe­stand passen nun mal nicht in den globali­sierten Wilden Westen.

Vor diesem Hinter­grund müssen auch die Flug­lärm­gegner fest­stellen, dass die EU-Politik derzeit noch eindeutig von der Luft­fahrt-Lobby gesteuert wird. Ihr eigener Einfluss auf europä­ischer Ebene ist noch absolut unzu­reichend, und da dort die wesent­lichen Rahmen­beding­ungen festge­legt werden, sind noch grosse Anstreng­ungen erfor­derlich, um die EU-Institu­tionen von ihrem selbst­mörde­rischen Wachs­tums- und Libera­lisie­rungs­wahn abzu­bringen.




GroKo

GroKo stimmt "TTIP für den Luftverkehr" zu

Wie kaum anders zu erwarten, hat sich die schwarz-röt­liche Koalition von Argumenten (s. Meldung unten) nicht beein­drucken lassen und einer formellen Erweite­rung des bestehen­den Luft­verkehrs­abkommen zwischen EU, USA und einigen weiteren Staaten um typische "Frei­handels"-Elemente zugestimmt. Die Entschei­dung fiel am 1. Oktober im Bundestag, wo nach kurzer Debatte der Gesetz­entwurf der Bundes­regierung mit den Stimmen von CDU und SPD ange­nommen und ein Alternativ­antrag der LINKEN gegen die Stimmen von LINKEN und Grünen abge­lehnt wurde. Am 6. November hat der Bundesrat das Gesetz­gebungs­verfahren beendet, indem er das Gesetz ohne Aussprache durchge­wunken hat.

Der Verkehrs­experte der LINKEN, Herbert Behrens, hat in seiner Bundes­tagsrede deutlich gemacht, was das für den Gesund­heits- und Umwelt­schutz bedeutet: "Die wirt­schaft­lichen Belange der Flug­gesell­schaften sollen über die Inter­essen der Bürge­rinnen und Bürger gestellt werden, die auf saubere Luft und Schutz vor Fluglärm ange­wiesen sind. ... Die Flug­gesell­schaften sollen über einen Gemein­samen Ausschuss Einfluss bekommen, um beispiels­weise über Nacht­flug­verbote und andere einschrän­kende Maßnahmen zu entscheiden. Schieds­gerichte sollen im Konflikt­fall darüber richten, ob und zu welchem Preis ein Nacht­flug­verbot bestehen kann oder auch nicht. Das ist so etwas wie das Frei­handels­abkommen TTIP des Luft­verkehrs einschließ­lich Investoren­schutz und privater Schieds­gerichte. Das ist für die Linke unan­nehmbar.".
Der Redner der Grünen, Stephan Kühn, stellt etwas zurück­haltender fest, die Rege­lungen "machen aus unserer Sicht das Erlassen von Betriebs­beschränkungen, wie beispiels­weise Nacht­flug­verboten, zum Schutz der Bevöl­kerung vor gesund­heits­gefähr­dendem Lärm an deutschen Flughäfen in Zukunft mindestens schwerer", und findet auch positive Aspekte wie eine "Anti-Dumping-Klausel", denn damit werde "endlich anerkannt, dass offene Märkte auch ordent­liche arbeits- und sozial­rechtliche Normen brauchen. ... Dieser Aspekt wiegt die eingangs beschrie­benen Nachteile des Abkommens aber nicht auf."
Vielleicht erklärt diese eher zwie­spältige Ablehnung, warum die Grünen, die ja in mehreren Landes­regie­rungen vertreten sind und daher im Bundesrat einen gewissen Einfluss haben, darauf verzichtet haben, dort irgend­einen sicht­baren Wider­stand zu organi­sieren. Aller­dings wäre es interessant zu wissen, ob die hessischen Grünen, in deren Zuständig­keits­bereiche dieses Abkommen ja komplett fällt (Wirtschaft, Verkehr, Umwelt), wenigstens eine Enthaltung Hessens durch­gesetzt haben.

Es ist nicht zu erwarten, dass nun in den nächsten Wochen neue Attacken auf das bestehende Nacht­flug­verbot in Frankfurt beginnen werden. Bei aller Ähnlich­keit in der Struktur unter­scheidet sich das Abkommen in Details von TTIP, CETA & Co., und es dürfte schwie­riger sein, darüber bestehende Rege­lungen anzu­greifen. Jede Art von Erweite­rung wird sich aller­dings mit dem Widerstand der Airlines auch über diese Schiene aus­einander­setzen müssen. Vielleicht sollte man die Hessen-SPD, die gerade mit einem Einsatz für eine Auswei­tung des Nacht­flug­verbots für sich wirbt, darauf aufmerksam machen, dass ihre Genossen in Berlin dafür einen dicken Stein in den Weg gerollt haben.




Ausschnitt HMWEVL-Webseite

So kann man es immer noch auf der HMWEVL-Webseite lesen ...

Die nächste Bauchlandung von Minister Al-Wazir

Anfang September hatte die Fluglärm­kommission mit der Veröffent­lichung Ihrer Stellung­nahme auch öffent­lich gemacht, dass die Verhand­lungen über einen Vorschlag der Fraport für eine neue Flug­hafen­entgel­te-Ord­nung für 2016 laufen (siehe Meldung unten). Als sie nun vor ein paar Tagen auf eine Meldung der FAZ verwies, wonach Fraport den Antrag zurück­gezogen habe, konnte man für einen Augen­blick der Illusion nach­hängen, das Ministe­rium sei ihrer Kritik gefolgt und habe Fraport zu einer deut­licheren Korrektur der Entgelte in Richtung mehr Lärmschutz gedrängt, wie es im Koalitions­vertrag von CDU und Grünen vorge­sehen war.
Fraport zu einer Entgelt­ordnung zwingen, die ein echtes Steuerungs­instrument für mehr Lärmschutz, viel­leicht sogar für die Verlagerung über­flüssiger Flüge werden könnte? Nicht mit Al-Wazir.

Die Kritik, auf die das Ministe­rium reagiert hat, kam aus einer ganz anderen Ecke. Bereits im Juni meldete airliners.de, die geplante Erhöhung der Entgelte um 1,9% habe "auf Seiten der Flug­gesell­schaften für scharfe Kritik gesorgt. ... 'Das Maß der Abgaben­last ist voll', kommen­tierte ... Michael Hoppe, General­sekretär des Airline-Ver­bandes BARIG". Zur jetzigen Rücknahme des Antrags berichtet die gleiche Webseite: "Zur Begründung hieß es von Fraport: Mit dem Hessi­schen Wirt­schafts- und Verkehrs­ministe­rium gebe es unter­schied­liche Auffas­sungen bei der Berechnung wesent­licher Kosten­bestand­teile, etwa der Kapital­kosten. Das Ministe­rium teilte mit: Ergeb­nisse von Gutachten hätten keine Geneh­migung zugelassen. Anstatt den Antrag nachzu­bessern, habe Fraport ihn dann komplett zurück­gezogen."
Mit anderen Worten: Das Ministe­rium hat auf Druck der Airlines Gründe gesucht, die geplante Mini-Erhöhung der Entgelte um nicht einmal 2% (oder 25 Cent pro Ticket) als ungerecht­fertigt zurück­weisen zu können, und dafür ein passen­des Rechts­gut­achten eingeholt.

Wie das Problem gelöst werden soll, berichtet wiederum die FAZ in der o.g. Meldung: "Das hessi­sche Wirt­schafts- und Verkehrs­ministe­rium appel­lierte an beide Seiten, nun rasch eine Lösung zu finden."
Von politischem Lenkungs­willen also keine Spur. Fraport soll sich mit den Airlines auf eine Lösung einigen, die unter dem ohnehin niedrig ange­setzten Entwurf bleiben soll. Das Ministe­rium darf dann öffent­lichkeits­wirksam feiern, dass inner­halb dieser niedrigen Summe die Lärm­entgelte "stärker gespreizt" werden, was heißt, dass die höchsten Gebühren­sätze, die eh keiner zahlt, stärker steigen, für das Gros der Flug­bewegungen sich aber fast nichts ändert.

Minister Al-Wazir scheut wirklich vor nichts zurück, um sein Publikum zu unter­halten. Nach dem Wirbel­schleppen-Wichtel und dem Lärm­pausen-Clown gibt er hier den Entgelt-Komiker, und für die Sommer­saison 2016 ist bereits ein Auftritt als Grenz-Kasper ange­kündigt. Er kann sich das aber auch leisten, ohne seine politische Glaub­würdig­keit zu gefährden - die ist ohne­hin nicht mehr vorhanden.




Überschriften zu NORAH

Die Presse berichtet überwiegend wie gewünscht ...

NORAH-Botschaft: Stellt Euch nicht so an !

Am 29.10. wurden die Ergeb­nisse der NORAH-Studie der Presse vorge­stellt (obwohl die meisten Medien die Ergeb­nisse vorher schon hatten und schon kurz nach der Konferenz ihre Berichte veröffent­lichten). Der versprochene "Online-Live­stream auf der NORAH-Website" war zwar nicht zu finden, und ob es irgend­wann mal das ebenfalls versprochene Video geben wird, bleibt abzu­warten, aber die Botschaft kam auch so an. Die meisten Online-Medien setzten den Grundton: alles gar nicht so schlimm wie gedacht, und mit den Details werden wir auch noch fertig.

Neben den in der Grafik verlinkten Berichten war es zum Beispiel der HR, der früh die wesent­lichen Schluss­folge­rungen zusammen­faßte. Um die Betrof­fenen nicht allzu sehr vor den Kopf zu stossen, werden zunächst die gefun­denen negativen Resultate aufgezählt, um dann über die Liste der positiven Ergeb­nisse bei den Aussagen der Auftrag­geber der Studie anzukommen.
Für das "Forum Flug­hafen und Region" durfte Herr Wörner mahnen, alle "sollten mit den 'hochkom­plexen Ergeb­nissen' sorgsam umgehen. Es gelte, 'extreme Inter­preta­tionen' und 'vor­eilige Schluss­folge­rungen' zu vermeiden".
Minister Al-Wazir betont, dass er sich nicht zu neuen Initia­tiven veran­lasst sieht, denn "auch wenn sich glück­licher­weise gezeigt hat, dass die gesund­heit­lichen Auswir­kungen von Lärm insgesamt geringer sind als ange­nommen: Der Lärmschutz bleibt eines der zentralen Themen der Landes­regierung", und was das in der Praxis bedeutet, hat er schon oft genug demon­striert. (Die nette Formu­lierung, es gehe jetzt darum, "Maß­nahmen gegen den Lärmschutz weiter voran­zutreiben", hat wohl der HR zu verant­worten.)
Fraport-Chef Schulte wird schließ­lich noch zitiert mit "Die gesund­heit­lichen Risiken durch den Flug­lärm seien minimal und damit geringer als ange­nommen ... Weitere Eingriffe in den Flug­verkehr seien unnötig".

Wer es etwas genauer wissen will, findet schon eine Menge Material, obwohl noch nicht alle Ergebnis-Berichte vorliegen. In der bekannten Broschüren-Reihe "NORAH Wissen" sind in Band 14 die "Ergeb­nisse im Über­blick" veröffent­licht. Auf der Ergeb­nis-Seite der NORAH-Homepage kann man sich den Wissen­schaft­lichen Ergebnis­bericht (knapp 100 Seiten) sowie eine Zusammen­fassung (3 Seiten) herunter­laden; in Kürze sollen hier auch die Abschluss­berichte der Teil­studien zu Verfü­gung stehen.
Fraport als einer der Auftrag­geber hatte die Ergeb­nisse natürlich schon vorher und war noch am Vormittag nicht nur mit einer umfas­senden Presse­mittei­lung, sondern auch mit einem Webauf­tritt zum Thema online. Hier bemühen sie sich, auch noch die wenigen kriti­schen Schluss­folge­rungen, die das NORAH-Team gezogen hat, in Frage zu stellen.

Natür­lich wird es noch eine ganze Weile dauern, das Material zu sichten und zu bewerten, aber ein Befund sticht bereits jetzt heraus. Bei den "harten" Krank­heiten, wie Blut­hoch­druck, gegen die man sich nicht wehren kann, soll es Entwar­nung geben: da soll der Flug­lärm keine nennens­werte Rolle spielen. Probleme werden zugestanden mit "der Lebens­qualität", "Depres­sionen", "Müdig­keit", also all den Luxus-Kränk­lich­keiten, die sich nur die ver­weich­lichten Mittel­euro­päer gönnen, und die eigent­lich kein Problem wären, wenn die sich ein bißchen am Riemen reißen würden. Oder, wie Fraport-Chef Schulte bereits vor drei Jahren wußte: Flug­lärm ist Kopf­sache.

Insgesamt darf man davon ausgehen, dass das NORAH-Team einen guten Job im Sinne seiner Auftrag­geber gemacht hat. Es hat all die Stich­worte geliefert, die es braucht, um die War­nungen vor den gesund­heit­lichen Folgen des Flug­lärms zu relati­vieren und in Frage zu stellen, ohne sich in der Fach­öffent­lichkeit sofort und für alle sichtbar zu bla­mieren. Natürlich werden seriöse Wissen­schaftler in den kommenden Monaten und Jahren diesen falschen Eindruck wieder zurecht rücken und die gesund­heit­lichen Wirkungen des Verkehrs­lärms, speziell des Flug­lärms, weiter und besser dokumen­tieren, aber es wird eine Weile dauern, bis der Konsens wieder herge­stellt und im öffent­lichen Bewußt­sein verankert ist: Fluglärm macht krank. Bis dahin wird den Flug­lärm-Geg­nern diese Studie von interes­sierter Seite immer wieder um die Ohren gehauen werden, denn genau dafür wurde sie gemacht.

Update 01.11.15: Inzwischen ist ein Großteil der NORAH-Ergeb­nisse an mehreren Stellen online verfüg­bar. Die umfang­reichste und über­sicht­lichste Samm­lung ist unserer Meinung nach die NORAH-Seite im DFLD-Archiv. Hier gibt es nicht nur die Ergeb­nis-Berichte der Studie, sondern auch eine umfang­reiche Samm­lung von Stellung­nahmen und eine Histo­rie, die die wichtig­sten Punkte zur Entwick­lung der Studie darstellt. Eine weitere Zusammen­fassung der Studien-Ergebnisse liefert auch die Flug­lärm­kommis­sion.
Die bisher beste Stellung­nahme zur Studie enthält die Presse­mittei­lung der 'Arzte gegen Flug­lärm'. Sie weist zum Einen auf wahr­schein­liche Mängel in manchen Studien­teilen hin, die einer genaueren Prüfung bedürfen - davon scheint insbe­sondere die Blutdruck-Studie betroffen zu sein. Zum Anderen stellt sie aber auch fest, dass viele Einzel­ergeb­nisse die generell betrie­bene Verharm­losung des Fluglärms nicht recht­fertigen, sondern im Gegen­teil die Gefähr­dungen, die durch frühere Studien gefunden wurden, bestä­tigen.

Update 11.11.15: Der Vorsitzende der Arbeits­gemein­schaft Deutscher Flug­lärm­kommis­sionen, Thomas Jühe, hat am 10. November 2015 ein Schreiben veröffent­licht mit einer eigenen Zusammen­fassung der NORAH-Ergeb­nisse, denn "Teil­weise wurden unzutref­fende Zusammen­fassungen der Studien­ergeb­nisse kommu­niziert". Ohne es explizit zu sagen, wendet er sich damit wohl insbe­sondere gegen die verfäl­schenden Darstel­lungen der Fraport, die von anderen Luft­verkehrs­lobby­isten aufge­griffen wurden.




Plakat TTIP-Kundgebung 5.11.

Die "Freihandels"-Gegner mobilisieren mit Plakaten ...

TTIP im Hessischen Landtag

Am 5. und 6. November veran­staltet der Hessische Landtag eine "Anhö­rung zum Thema: Frei­handels­abkommen TTIP, CETA, TiSA". Im gemein­samen Antrag CDU, SPD, Grüne und FDP heißt es: "Der Landtag spricht sich für eine größt­mögliche Trans­parenz und eine breite Infor­mation der Bevöl­kerung über die Chancen und Risiken von Frei­handels­abkommen wie zum Beispiel der "Trans­atlan­tischen Handels- und Investi­tions­partner­schaft" (TTIP) und des "Trade in Services Agree­ment" (TISA) mit den USA sowie des "Compre­hensive Economic and Trade Agreement" mit Kanada (CETA) aus."
Die Liste der einge­ladenen Exper­ten ist lang, und es sind auch ein paar Kritiker darunter, trotzdem dürften die zweimal sieben Stunden nur den ganz hartge­sottenen Polit-Freaks zuzu­muten sein. Das Wesent­liche läßt sich auch in den schrift­lichen Stellung­nahmen nachlesen, die als Aus­schuss­vorlagen herunter­geladen werden können. Zum Thema Umwelt sind die wesent­lichen Stellung­nahmen in Teil 9 und Teil 10 enthalten.

Die Gegner dieser Abkommen nutzen diese Veran­staltung, um am Abend des 5.11. in einer Kund­gebung ihre Argu­mente vorzu­tragen. Veran­stalter ist ein Bündnis von Gewerk­schaften und politi­schen Gruppen, auch das Aktions­bündnis Groß-Gerau ruft zur Teil­nahme auf. Ihre Kern­botschaft: "Wir fordern den hessischen Landtag auf, sich für einen sofortigen Stopp der Verhand­lungen mit den USA über die Trans­atlan­tische Handels- und Investi­tions­partner­schaft (TTIP) einzu­setzen, sowie sich gegen die Ratifi­zierung des Wirt­schafts- und Handels­abkommens (CETA) mit Kanada auszu­sprechen".
Von den Landtags­fraktionen unter­stützt mal wieder nur Die Linke die Aktion, von den Grünen gehört immerhin der Orts­verband Wies­baden zu den Veran­staltern, ebenso wie die Jusos Wies­baden.

Das Bündnis der Bürger­initia­tiven weist in seiner Stellung­nahme (Vor­lagen Teil 10, S. 19, s. oben) auf die Gefahr für den Lärm­schutz hin:
"Grund­sätzlich stellen Gebühren wie z.B. die deutsche Luft­verkehrs­abgabe und vor allem Betriebs­beschrän­kungen an Flug­häfen Handels­hemmnisse im Sinne des TTIP dar."
Diese "Hemm­nisse" zu besei­tigen, ist bekannt­lich ein Herzens­wunsch vieler Airlines und auch der Fraport. Dass sie mit TTIP und CETA ein neues Instru­ment dafür in die Hand bekämen, ist Grund genug, nach Wies­baden zu fahren.

Update 02.11.15: Inzwischen ist durch ein 'geleaktes' Papier aus der elften Verhand­lungs­runde zwischen USA und EU bekannt geworden, dass nicht einmal die von der EU einge­brachte Verhand­lungs­position, und dann erst recht nicht der am Ende mögliche Kompromiss, die geltenden Umwelt­standards schützen würde. Wie die EU-Koordi­nation des Deutschen Natur­schutz­ring mitteilt, würden "die vagen Formu­lierungen und die fehlen­den Umsetzungs­mecha­nismen eine ambitio­nierte Klima- und Umwelt­schutz­politik unter TTIP schwierig machen".
Entgegen anders­lauten­den Gerüchten haben beide Seiten inzwi­schen auch nochmals bekräf­tigt, dass die Verhand­lungen noch in der Amtszeit von Präsident Obama, also im nächsten Jahr, abge­schlossen werden sollen. Zum Abwarten gibt es also keinen Grund.




DFLD-Lärmkarte

Leider nicht viel zu erkennen ...

Und wie laut ist es nun ?

Am 15.10. darf die Mainzer Allge­meine Zeitung im Auftrag der Initia­tive Zukunft Rhein-Main melden, dass man nun endlich wisse: So laut ist es tatsäch­lich. Hinter­grund ist, dass der DFLD im Auftrag der Initia­tive eine Fluglärm-Berechnung durch­geführt hat, die nicht, wie die offi­ziell durchge­führten Berech­nungen, die Ideal-Flug­routen und -Höhen zugrunde legt, sondern die tatsäch­lich geflo­genen. Da die Abwei­chungen zwischen Soll und Ist bei den Flugver­läufen teilweise erheb­lich sind, darf man auch entspre­chende Unter­schiede in der berech­neten Lärmbe­lastung erwar­ten.

Ein deut­licher Fort­schritt also - leider nicht für alle Ausbau­gegner. Der große Mangel dieses Projekts ist nämlich, dass die Daten nicht ver­öffent­licht werden. Jede Kommune, die bei ZRM Mitglied ist, bekommt die Daten, die für sie relevant sind, und ihre Bürge­rinnen und Bürger dürfen sie in der Regel im Rathaus einsehen, aber weiter geht die Trans­parenz bisher nicht. (Raunheim ist schon seit Jahren nicht mehr Mitglied, daher gibt es für uns garnichts.) Die Kartendarstellung, die die AZ veröffentlicht hat, sagt zu den erwähnten Unterschieden auch nichts, sondern präsentiert nur ein anderes Teilergebnis: einen Vergleich des Lärms vor und nach dem Ausbau der Nordwestbahn. Mehr gab es für die Öffentlichkeit bisher nicht zu sehen.

Der zweite Grund, warum die AZ-Über­schrift nicht wirklich trifft, ist der, dass der DFLD auftrags­gemäß zur Berech­nung des Lärm die offi­zielle Anleitung (die sog. AzB) benutzt hat, die eine Reihe von Mängeln hat und auch nur die "sechs verkehrs­reichsten Monate" des Jahres berück­sichtigt. Grund dafür wiederum ist wohl die Absicht der ZRM-Kommunen, für ihren Bereich nachzu­weisen, dass die offi­ziell festge­legten Lärm­schutz­bereiche fehler­haft sind, und daraus entspre­chende Schlüsse zu ziehen. Ausser­dem sollen wohl die von ZRM gefor­derten lokalen Lärmober­grenzen mit Hilfe derartiger Berech­nungen kontrol­liert werden.

Trotz dieser Mängel ist diese Berech­nung ein Fortschritt, und es gibt keinen sach­lichen Grund, darin eine hohe Fehler­quote zu vermuten. Messungen von DFLD-Mess­statio­nen, die ggf. frag­lich sein könnten, gehen in die Berech­nung über­haupt nicht ein. Völlig zu recht weist der DFLD daher diese Kritik zurück.

Eigent­lich wäre der Aufwand aber garnicht nötig gewesen. Wie die Betreiber der NORAH-Studie schon vor einiger Zeit stolz mit­teilten, haben ihre Akustiker mit der gleichen Methode und für den gleichen (teil­weise sogar noch größeren) Bereich die Lärmbe­lastung durch Flug-, Schienen- und Straßen-Verkehr "für rund 900.000 Gebäude im Unter­suchungs­gebiet und zu unter­schied­lichen Tages- und Nacht­zeiten" ermittelt, und das "in den vergang­enen 18 Jahren". Jede/r könnte also ganz exakt wissen, welcher Lärmbe­lastung sie/er in der Ver­gangen­heit durch den Verkehr ausge­setzt war - wenn die Daten nicht geheim wären.
Auch bei der anste­henden Präsen­tation der Ergeb­nisse der NORAH-Studie ist nicht zu erwarten, dass diese Daten ver­öffent­licht würden. Man sollte aber nicht ver­säumen, die NORAH-Wander­prediger, die in den nächsten Wochen durchs Land ziehen werden, danach zu fragen, auch wenn zu befürchten ist, dass besten­falls eine Klage vor Gericht, wenn über­haupt, diesen Schatz für die Öffent­lichkeit erschließt.

Wie laut ist es also? Einer­seits weiß man es nicht genau, und mehr Infor­mation darüber wäre sicher­lich nützlich. Anderer­seits weiß man eigent­lich genug, auch ganz ohne Messung oder Rechnung: es ist zu laut. Damit das anders wird, braucht es nicht nur Infor­mation: nur Aktion bewirkt Verän­derung.

Update 02.11.15: Inzwischen steht auf der Homepage von ZRM auch die Presse­erklärung zur Verfügung, die über das Projekt informiert, sowie ein Link zu einer Präsen­tation von Horst Weise, DFLD, die eine verständ­liche Einfüh­rung in Inhalte, Metho­den und Ergeb­nisse bietet.
Auch die DFLD-Presse­mittei­lung, die sich mit der oben erwähnten Kritik auseinan­dersetzt, ist hier zu finden.




Lärmpausen-Clowns

Sonst eher großmäulig, jetzt erstaunlich still: das Lärmpausen-Bündnis

Lärmpausen-Halbzeit

Am 23. Oktober lief der Lärm­pausen-Test ein halbes Jahr, aber während sonst kein Anlass zu schäbig ist, um durch­schla­gende Erfolge beim "Aktiven Schallschutz" zu vermelden, sind die Betei­ligten diesmal erstaun­lich still. Minister Al-Wazir läßt sich in der FNP zitieren mit dem Satz "Es zeigt sich, dass beim Lärm­schutz noch Poten­ziale zu heben sind, wenn alle Betei­ligten konstruk­tiv zusammen­arbeiten.". Der Presse­sprecher der DFS, Herr Raab, malt in der FR eher schwarz: zwar "seien die Lärm­pausen „bis jetzt gut gelaufen“, hätten aber den Lotsen im Tower mehr Stress beschert. Ob sie zu einer festen Einrich­tung würden, sei nicht sicher, da niemand wisse, wie sich der Flug­verkehr ent­wickeln werde.". Eine eigene Presse­erklä­rung war der Anlass keinem der Bündnis­partner wert.

Warum die plötzliche Zurück­haltung? Schon die Presse­mittei­lung zur Wieder­einfüh­rung der unsäg­lichen DROps Early Morning klang wie eine lästige Pflicht­übung, die letzte Erfolgs­meldung liegt schon ein Viertel­jahr zurück. Hat da jemand inzwi­schen Probleme bekommen? Eins ist jeden­falls sicher: sollte dieses Modell den Test nicht bestehen, werden nur wenige ihm auch nur eine Träne nach­weinen.




Fraport-Bild

Geht es schon abwärts ?

Schwere Zeiten für Fraport

Obwohl die Presse­mittei­lung Opti­mismus zu ver­breiten sucht, sind die nackten Zahlen für Fraport sicher­lich nicht wie gewünscht. Im Winter­flugplan 2015/16 geht die Zahl der geplan­ten Flug­bewe­gungen abermals zurück, wenn auch nur um 0,4%, und auch die Zahl der angeflo­genen Ziele reduziert sich. Auch wenn die Zahl der Passagiere weiter­hin um 1,8% steigen soll, ist das doch deutlich entfernt von den eupho­rischen Prog­nosen, mit denen noch vor Kurzem der Bau von Terminal 3 begründet wurde.

Auch im interna­tionalen Geschäft geht es nicht ganz so wie erhofft. Zwar hat die griechische Regierung die Privati­sierung der 14 Regional­flug­häfen, für die das Fraport-geführte Konsor­tium am 14.10. ein unverän­dertes Angebot vorge­legt hat, anders als die Privati­sierung der Häfen und der Eisen­bahnen, nicht verzögert, dafür hat aber ein breites Bündnis aus Gewerk­schaften, Regional­verwal­tungen und anderen Klage vor Griechen­lands oberstem Verwaltungs­gericht dagegen erhoben. Zwar muss man davon ausgehen, dass der von Landes­regie­rung und EU mit Brachial­gewalt durch­gesetzte Deal auch daran nicht scheitern wird, aber es verzögert die Sache doch und wirft erneut ein ganz schlechtes Licht auf Fraport. Aber daran sollten Schulte & Co. ja inzwischen gewöhnt sein.




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So wirken die unterschiedlichen Feinstaub-Fraktionen

Ultrafeinstaub-Messungen in Raunheim

Mit Unter­stützung Raunheimer BI-Mitglieder hat der "Arbeits­kreis Fein­staub" des Bünd­nisses der Bürger­initia­tiven in Raunheim Messungen der Belas­tung durch Ultra­fein­staub durch­geführt.
Wie aufgrund der Erkennt­nisse von anderen Flug­hafen-Stand­orten nicht anders zu erwarten, wurden auch hier, abhängig vom Flug­betrieb, deutlich erhöhte Konzen­tratio­nen festge­stellt.

Die BI hat die wesent­lichen Ergeb­nisse der Messungen in einer Presse­mittei­lung ver­öffent­licht, weitere Details sind in unserer Schad­stoff-Doku nachzu­lesen.
Es ist geplant, weitere Messungen durchzu­führen. Anfang kommenden Jahres sollen die Öffent­lichkeit in einer Veran­staltung informiert und die wesent­lichen Schluss­folge­rungen vorge­stellt werden. Fraport und Landes­regierung müssen in die Pflicht genommen werden, die Belas­tungen umfas­send zu dokumen­tieren und soweit nötig zu redu­zieren.

Update 22.10.15: In einem Bericht der Frank­furter Rund­schau über die Messungen in Raunheim wird Herr Prof. Dr. Jacobi vom Hessi­schen Landes­amt für Umwelt und Geo­logie (HLUG) zitiert mit der Aussage, die Daten­lage zu den gesund­heit­lichen Wirkungen des Ultra­fein­staubs "sei nicht ausrei­chend, zum Teil sogar wider­sprüch­lich", und es gäbe "lediglich „Hinweise auf negative gesund­heit­liche Auswir­kungen“". Und seine Schluss­folge­rung daraus laut Bericht: "Vor diesem Hinter­grund gebe es derzeit keinen Anlass für die von der Bürger­initia­tive gefor­derte flächen­deckende Erfassung des Ultra-Fein­staubs." Solange also nicht größere Menschen­mengen nach­weis­lich daran gestorben sind, lohnt es sich für diesen Experten nicht, genauer hinzu­gucken.
Man erfährt aus diesem Bericht aber auch, dass HLUG und Umwelt­bundes­amt (UBA) "im Septem­ber mit einer ergän­zenden Schweb­staub­messung in Raunheim begonnen" haben. In der Presse­infor­mation des HLUG heißt es dazu: "Zusätz­lich zur Massen­konzen­tration des Fein­staubs (PM10), die routine­mäßig gemessen wird, wird dabei die Gesamt­zahl der Partikel in der Umgebungs­luft (Partikel­anzahl) ermit­telt, um Erfah­rungen mit dieser Mess­größe zu sammeln. Die Anzahl­konzentra­tion von Partikeln ist neben der Massen­konzentra­tion bereits seit längerem in Bezug auf deren gesund­heit­liche Auswirkung im Gespräch."
Na immerhin, könnte man denken. Aller­dings hat das UBA bereits 2008 in Langen mit solchen Messungen begonnen und war bzw. ist auch an anderen Meßnetzen beteiligt, die Ultra­fein­staub messen. Von daher geht es hier wohl eher darum, dass die UBA-Experten dem HLUG beibringen müssen, wie man so etwas mißt. Dass das allerdings "sechs bis zwölf Monate" dauern soll, ist schon peinlich.
Wir erwarten jedenfalls, dass auch die Ergeb­nisse dieser zusätz­lichen Messung umgehend und konti­nuier­lich veröffent­licht werden.

Update 26.10.15: In einem Bericht des Rüssels­heimer Echo wird eine andere Mitar­beiterin des HLUG zitiert mit der Aussage: "Die Unter­suchungen der BI hält Angelika Broll ... für zweifel­haft. Die Instru­mente seien schwierig zu bedienen und sehr sensibel. Da müssten Fach­leute ran" ... und in den BIs kann es ja nur Dilet­tanten geben, die von Technik keine Ahnung haben. Und weiter: "Auch den Einsatz­ort am Waldrand hält sie für bedenk­lich. 'Hier muss man auf­passen, dass man nicht aus Versehen andere Staub­partikel misst, die das Ergebnis verzerren.'"
Der Wald als Ultra­fein­staub-Quelle, die womög­lich noch im Rhythmus der Über­flüge pulsiert - das ist mal eine origi­nelle Idee aus dem HLUG, die in der Diskus­sion so bisher nicht aufge­taucht ist. Aber gut - dann kommt endlich in die Gänge, analy­siert das Zeug und seht nach, ob im Raun­heimer Wald ein UFP-Monster haust, oder ob nicht doch die Tur­binen-Abgase die wahr­schein­lichere Quelle sind.

Update 28.10.15: Das Bündnis der Bürger­initia­tiven hat sich in einem Schreiben an die Flug­lärm­kommis­sion gewandt und unter Hinweis auf den Bericht über die Unter­suchungen des AK Feinstaub darum gebeten, das Thema Ultra­fein­staub auf die Tages­ordnung zu nehmen. Die FLK, die gem. Auftrag nicht nur für Lärm, sondern auch für Schad­stoffe zuständig ist, hat zugesagt, das Thema aufzu­greifen.

Update 02.11.15: Auch der Kreistag Groß-Gerau wird sich mit der Thematik beschäf­tigen müssen. Ein Antrag der LINKEN, der die Forde­rungen der BI an die Landes­regierung aufgreift und zunächst im Regional­ausschuss zur Diskus­sion steht, wird in der Sitzung am 16.11. behandelt werden.

Update 10.11.15: Auf Bitten des AK Feinstaub fand am 10.11. auch ein Gespräch zu dem Thema im Hessi­schen Umwelt­minis­terium statt. Dr. Marita Mang, Leiterin des Referat II.4 und zuständig für "Immis­sions­schutz, gebiets­bezogene Luftrein­haltung, Lärm­schutz", machte deutlich, dass sie durchaus die Notwen­digkeit sieht, Ultra­fein­staub im Flug­hafen-Umfeld ange­messen zu erfassen, also sowohl Par­tikel-Konzen­trationen als auch -Größen­vertei­lungen zu messen. Allerdings musste sie auch mit­teilen, dass das in Raunheim instal­lierte Meßgerät (das wie vermutet vom UBA betrieben wird) grundsätz­lich nur die Konzen­tration messen kann und wegen eines tech­nischen Defekts bisher noch gar keine brauch­baren Daten geliefert hat. Ab Mitte November sollen aller­dings nun doch Messungen statt­finden, und sie will sich auch für die Veröffent­lichung der Messer­gebnisse einsetzen.
Ebenfalls ist geplant, die mobile Mess­station des HLUG, die im nächsten Jahr in Neu-Isenburg stehen wird, mit einem UFP-Mess­gerät auszu­statten. Die Finan­zierung dafür ist aller­dings noch nicht geklärt.
Wenn das alles so kommt, wäre es zumindest ein Anfang. Bis das passiert, was nötig wäre, braucht es aber wohl wesent­lich mehr politischen Druck.




Grafik EBI-Ergebnis

Millionen gegen "Freihandel"

Im Oktober gab es zwei besondere High­lights im Kampf gegen die "Frei­handels"-Abkommen, die die EU derzeit verhandelt. Am 6.10. endete die Frist, die eine offi­zielle Europä­ische Bürger­initia­tive Zeit gehabt hätte, um die not­wendige Anzahl Unter­schriften zu sammeln. Zu diesem Zeitpunkt waren statt der notwen­digen einen Million 3.26 Millionen Unter­schriften gesammelt, und das not­wendige Quorum wurde statt in sieben in 23 EU-Ländern erreicht. Damit ist diese Initia­tive die größte Europä­ische Bürger­initia­tive, die es je gab.

Demoauftakt Hauptbahnhof

Eine Viertel Million Menschen demonstrierten am 10.10. in Berlin

Die Unter­schriften­sammlung geht aber weiter, um weiter gegen diese Abkommen zu mobili­sieren. Zugleich läuft die Klage gegen die Ablehnung der Initia­tive durch die EU-Kommis­sion vor dem EuGH. Eine erste Wirkung ist schon sichtbar: in den EU-Gremien wird darüber nachge­dacht, das Zulassungs­verfahren für EBI zu ändern und nicht mehr die Kommis­sion entschei­den zu lassen, welche Initia­tiven zulässig sind.

Fast noch bedeutender war aber die Demon­stration am 10.10. in Berlin. 250.000 Menschen gingen auf die Straße, um ihre Ablehnung von TTIP, CETA, TISA & Co. deutlich zu machen. Seit den großen Friedens­demonstra­tionen der 80er Jahre hat es sowas in Deutsch­land nicht mehr gegeben. Und das war nur der Auftakt zu einer Aktionswoche, in der auch in vielen anderen europäischen Städten Aktionen liefen.

Die ersten Reaktionen aus der Politik reichten von Durch­halte­parolen der TTIP-Befür­worter bis hin zu verbalen Zuge­ständ­nissen an die Demon­stranten. Reale Verände­rungen sind aller­dings noch nicht sichtbar. Der Wider­stand muss weiter gehen.




Leidbild Raunheim 2015

Das sagt der "Illustrierte Sachstandsbericht zur Umsetzung des Stadtleitbildes ..." zum Thema Fluglärm

Raunheim aktiv gegen Fluglärm - aber richtig !

Ende September wurde eine Broschüre an alle Raun­heimer Haus­halte verteilt, die ein "Illus­trierter Sach­stands­bericht zur Umsetzung des Stadt­leit­bildes und der dazuge­hörigen Beschlüsse der Stadt­verordneten­versammlung" sein soll. Leider sind weder diese Broschüre noch das ursprüng­liche Leit­bild online verfügbar. (Auf der Home­page der Stadt Raunheim gab es am 5.10.15 genau 0 Einträge zum Stichwort "Stadt­leitbild".)
Nun mag ein 15 Jahre alter Text in vielen Details auch schon überholt sein, trotzdem kann es sich lohnen, genauer hinzu­schauen, was damals gewollt wurde, und was daraus geworden ist. Wir wollen das hier am Beispiel Fluglärm tun.

Bei der Ausar­beitung des Stadt­leit­bildes in den Jahren 1998/99 hat sich eine Arbeits­gruppe schwer­punkt­mäßig mit den Belas­tungen durch den Flug­hafen befasst. Das dort beschlos­sene Papier wurde zum Gründungs­dokument der "Bürger­initia­tive gegen Flug­lärm Raun­heim", die damit auch an die Arbeit der alten Bürger­initia­tive gegen die Star­tbahn West (personell und inhalt­lich) anknüpfte. Die ein­leiten­den Sätze haben an Aktua­lität nichts verloren:

"Für die Raun­heimer Bürger ist das Leben im direkten Umfeld des Frank­furter Flug­hafens nicht nur mit den Vor­teilen, die sich durch seine Wirt­schafts­kraft ergeben, verbunden. Mit dem Groß­flug­hafen vor der Tür werden die Bewohner der Stadt ständig mit Flug­lärm, Sicher­heits­risiken und Schad­stoffen in der Luft belastet. Dadurch wird unser Wohn­umfeld in seiner notwen­digen Funktion als täg­liches Erholungs­gebiet massiv gestört."

Ein Bericht wäre eigent­lich erst dann voll­ständig, wenn er zu allen drei Themen­schwer­punkten eine Aussage machen würde. Leider ist es tatsäch­lich so, dass zum Thema "Schad­stoffe" nichts passiert ist, und zum Thema "Sicher­heit" besten­falls das Dach­klammerungs­programm erwähnt werden könnte, das vor bestimmten "herab­fallenden Teilen" schützen soll.

Aber auch der Bericht zum Thema "Fluglärm" ist, freund­lich formuliert, unvoll­ständig. Von den "Grund­legenden Posi­tionen", deren tech­nische Aspekte in der ersten Version des Flug­lärment­lastungs­konzept Raun­heim ausgear­beitet wurden, ist fast nichts umge­setzt worden. Bedeutende Ausnahme ist das Nachtflugverbot, das auch in seiner derzeitigen kastrierten Form deutliche Erleichterungen bringt.
Dem­gegen­über gehört die Maß­nahme, die aktuell zu einer Redu­zierung des Fluglärms in Raunheim geführt hat, defini­tiv nicht zu unseren Forde­rungen: zur "Redu­zierung der Lande­anflug­tätigkeit auf eine Bahn", d.h. zum Bau der Lande­bahn Nordwest, heißt es klipp und klar "Den Flug­hafen­ausbau lehnen wir ab".

Raunheim weiss aus der Erfahrung mit der Start­bahn West, dass anfäng­liche Erleichte­rungen durch Ausbau­maßnahmen (ein Teil des Start­verkehrs wurde ja dadurch nach Süden abge­lenkt) eher früher als später durch Kapazitäts­steige­rungen wieder aufge­fressen werden und es von da an noch lauter wird. Entspre­chend liegt die Haupt­gefahr heute nicht in "Bemüh­ungen u.a. von anderen Kommunen ... auf Rück­verla­gerung des Flug­lärms in Rich­tung Raun­heim" (auch wenn die Forderung "Die Bahn muss weg" natür­lich genau das aussagt), sondern in der "Neube­lastung" durch den geplanten Kapa­zitäts­ausbau auf über 700.000 Flugbe­wegungen.

Die "Neu- oder Weiter­entwick­lung von Flug­lärm­minderungs­maßnahmen", an denen aktiv mitge­arbeitet werden muss, muss also nach wie vor haupt­sächlich darin bestehen, Wege zu finden, den Wachstums­wahn der Fraport zu brechen und den Flug­hafen auf ein raum­verträg­liches Maß zurück­zu­schrumpfen. Die Verant­wort­lichen der Stadt täten gut daran, sich zu erinnern, dass es genau das war, was die Bürge­rinnen und Bürger bei der Ausar­beitung des Stadt­leit­bildes vor Augen hatten:

"Durch Fest­legung von Ober­grenzen bei den Flugbe­wegungen und den Lärm­ereig­nissen müssen die Belas­tungen reduziert werden.
Weitere Belas­tungen durch Kapazitäts­erhöhungen des Flug­hafens zu Lasten Raunheims sind zu vermeiden."




FLK-Logo

Fluglärmkommission offiziell erweitert

Am 28.09.15 hat das Ministerium per Presse­mittei­lung offiziell die neue Zusammen­setzung der Flug­lärm­kommis­sion mitge­teilt. Sie entspricht erwar­tungs­gemäß dem, was die Kommis­sion selber schon als Vorschlag beschlos­sen hatte.
Damit sind nun 31 Städte und Gemeinden stimm­berech­tigte Mit­glieder, dazu kommen acht Land­kreise und sieben Vertre­terInnen sonstiger Gruppen. 14 Institu­tionen und sechs Sachver­ständige sind nicht stimm­berech­tigte ständige Mit­glieder. Mit 66 (mög­lichen) Teil­nehmern ist die Kommis­sion damit deutlich größer als vom Gesetz vorge­sehen (lt. § 32b LuftVG sollten es 15 sein), aber das zeigt nur, wie über­holt das Gesetz ist.
Von den neun Land­kreisen rund um den Flug­hafen, die mit dem Änderungs­vorschlag nicht einver­standen waren, fehlt nur der Hoch­taunus­kreis. Warum das so ist, geht aus der Mittei­lung nicht hervor. Grosse Proteste waren von dort aber bisher nicht zu hören.

Update 08.10.15: Am 7.10.15 tagte die FLK erstmals in der geänderten Zusammen­setzung. In der zuge­hörigen Presse­mittei­lung der FLK ist auch erläutert, welche Krite­rien der Hoch­taunus­kreis nicht erfüllt. Angesichts deren weiter Ausleg­barkeit darf man schliessen, dass der Kreis entweder die Landes­regie­rung mal schwer geärgert hat und deswegen raus­geflogen ist, oder, was sehr viel wahr­schein­licher ist, gar kein grosses Interesse hatte, weiter Mitglied zu sein (auf der Homepage des Kreises findet sich zum Suchwort 'Fluglärm' nur die Mittei­lung, dass der Kreis Mitglied der FLK ist; inhalt­lich gibt es dazu keiner­lei Aussage).
Ansonsten gab es eine Reihe von Berichten, die nur einmal mehr deutlich machen, dass das chaotische Bahnen­system von FRA zu ebenso chaotischen Verhält­nissen im Luftraum über Rhein-Main führt (Konflikt zwischen Südum­fliegung und Gegen­anflug über Mainz und Wies­baden, erhöhter Fluglärm über Edders­heim, Flörs­heim und Raun­heim wegen der stärkeren Nutzung der Nord­abflug­route, u.a.).

Peinlich­keiten gab es auch. So durfte Lufthansa ihre Beiträge zum Aktiven Schall­schutz darstellen: neben der unsäg­lichen Geschichte von den 'Wirbel­genera­toren' für ihre A320-Flieger die Durch­führung einiger Test­flüge mit MD11s, die nötig sind, um mit diesen Uralt-Kisten mithilfe von (auch mit Steuer­geldern entwickel­ten) Modifi­kationen die kommenden Lärm­grenz­werte halbwegs einhalten zu können. Höhepunkt ist die Tabelle am Schluss, in der Lufthansa nachweist, um wieviel besser ihre Flugzeuge in Zukunft sein werden - verglichen mit den inzwischen völlig überholten Grenz­werten nach 'ICAO Kapitel 3'.
Die Flug­lärm­beauf­tragte der Landes­regierung möchte dem nicht nach­stehen und berichtet ausführ­lich über ihre Bemühungen, eine Flug­gesell­schaft, die regel­mäßig das Nacht­flug­verbot verletzt, zu bewegen, doch bitte frei­willig ihre Planung so zu verändern, dass das nicht mehr (so häufig) vorkommt. Nächstes Jahr möchte sie nach­sehen, ob's geklappt hat. Rüssels­heims CDU-OB Burghard lässt es sich nicht nehmen, da noch einen drauf­zusetzen, indem er sich in der FLK-PM zitieren lässt: "So wünschen wir uns das Agieren der Flug­lärm­schutz­beauf­tragten".

In die gleiche Kategorie gehört im Grunde der Jährliche Moni­toring­bericht des Umwelt- und Nachbar­schafts­hauses UNH. Entgegen dem hochtra­benden Titel enthält er nur Aussagen zu vier recht speziellen Themen­bereichen, dazu aber jeweils einen Wust von statis­tischen Daten und Abbil­dungen. Erläute­rung und Bewer­tung der gewon­nenen Aussagen fehlen völlig, Begrün­dungen für gefundene Abwei­chungen von vorge­schriebenem oder erwar­teten Verhalten werden nicht gegeben. (Anspruch des UNH laut Präambel seiner Satzung: "Im Umwelt­haus werden die verschie­denen Moni­torings über die Entwick­lung von belebter und unbe­lebter Natur, des Fluglärms sowie der Sozial­struktur zusammen­geführt, soweit erforder­lich fachlich neutral aufge­arbeitet und einer breiten interes­sierten Öffent­lichkeit – auch durch die ständige Aktuali­sierung der Internet­präsenz - zugäng­lich gemacht". Faktisch existieren diese Themen auf der Internetpräsenz garnicht oder sind Jahre alt.)
Interes­sant für Raunheim könnte Punkt 2 dieses 'Berichts' sein: "A380 – Auswer­tung Höhe & Geschwin­digkeit Abflug­route 18-KNG (kurz) LH vs. SIA". Dahinter verbirgt sich ein Vergleich des von der Lufthansa seit zwei Jahren prakti­zierten Flach­start-Verfah­rens mit dem bei anderen Flug­gesell­schaften üblichen Steil­start-Verfahren. Leider enthalten die entspre­chenden Tabellen nur statis­tische Daten zu Flughöhe und Geschwin­digkeit für A380-Flüge von Lufthansa und Singapore Airlines von Frankfurt nach Singapur an vier aufeinander folgenden Stellen der Abflug­route zwischen Mörfelden und Darmstadt über 10 Monate hinweg (diese aller­dings inklusive Inter­quartil­bereich, Schiefe und Kurtosis). Die daraus zu gewinnende Erkenntnis fasst Frau Eder vom FLK-Vorstand in der PM sehr prägnant zusammen: "Beim Steil­start­verfahren sind die Flugzeuge höher und langsamer". Wow! Viel lieber hätte man natürlich gewußt, wie sich diese Startver­fahren hinsicht­lich Lärm und Schad­stoff-Aus­stoss unter­scheiden, aber dazu gibt es leider keine Aussage.

Die restlichen Dokumente enthalten halbwegs seriöse Statistiken, und aus einer läßt sich sogar noch eine interessante Information ableiten. Wie die Auswertung der Fraport-Lärmmessstellen ergibt, ist Raunheim nach wie vor in jedem Monat Spitzenreiter beim Tageslärm - ausser wenn der Anteil der Betriebsrichtung 25 am gesamten Flugbetrieb 90% übersteigt, dann ist es in Offenbach, am Lerchesberg in Frankfurt, in Kelsterbach und Mörfelden lauter (das war im Januar 2015 der Fall). Bei 80% BR25 (Mai und Juli 2015) liegen Lerchesberg und Raunheim gleichauf, ansonsten führt Raunheim unangefochten.
Bei aller Problematik des Vergleichs von Dauerschallpegeln - das sagt schon etwas darüber, wie die Belastungen verteilt sind.



Aktionen Oktober 2015

Zum Herbstanfang ist Einiges los

Heisser Herbst

Zum Herbst­anfang ist Einiges los im Wider­stand gegen den Flug­hafen­ausbau. Den Auftakt macht die 150. Montags­demo im Terminal 1, nach Zeitungsberichten mit rund 1.300 Teil­nehmer­Innen.
Auch wenn immer noch die Perspek­tive der durch die Nordwest­bahn neu Betrof­fenen die Parolen der Montags­demos prägen und eine für die gesamte Region konsens­fähige Heran­gehens­weise nicht immer erkenn­bar ist, bleiben sie ein wichtiges Moment im Kampf gegen den weiteren Ausbau. Das erkennen sogar die­jenigen an, die andere Schwer­punkte im Kampf gegen den Flug­lärm setzen und von den Demon­stranten manch­mal unfreund­lich behan­delt werden, wie z.B. Thomas Jühe in einem aktuellen Interview: "Die Montags­demos sind das konsti­tutive Element der gegen­wärtigen Anti-Ausbau­bewegung. Fielen diese Demos weg, wäre die Bewegung tot. Es wird sie also noch sehr, sehr lange geben." Auch wenn man nicht glaubt, dass die Bewegung dann tot wäre, muss man doch zugestehen, dass sie dann zumindest weit weniger auf­fällig wäre.
Immerhin ist es Michael Wilk in seiner Rede gelungen, die aktuellen Parolen in eine histo­rische Perspek­tive einzu­ordnen ("Was heute „die Bahn muss weg…“ heißt, hieß einmal „Keine Start­bahn-West“ ...") und deutlich zu machen, dass es darum gehen muss, den Wachs­tums­wahn zu brechen und den Flug­hafen auf eine regional verträg­liche Grösse zu schrumpfen.

In diesem Sinne wird auch die 151. Montags­demo am 5. Oktober, dem Tag, an dem Fraport den "ersten Spaten­stich" für Terminal 3 feiern möchte, eine Anti-Ausbau-Demo für Alle. Passen­der Weise ist die Dreh­kreuz-Funktion des Flug­hafens Thema, so dass die Kern­forde­rung heißt: "Kein Drehkreuz über unseren Köpfen - kein Terminal 3 !"

Warum auch die Frei­handels­abkommen TTIP, CETA, TISA & Co. beim Kampf gegen Fluglärm eine Rolle spielen, haben wir schon ausführ­lich begründet, deshalb gehört auch die große TTIP-Demo am 10.10. in Berlin in diese Aufzäh­lung.

Und wer nicht mit nach Berlin fahren kann (oder mit soviel Schwung von dort zurück­kommt, dass er/sie gleich weiter­machen möchte), hat an diesem Wochen­ende noch Gelegen­heit, den Airleb­nistag der Fraport im Sinne der Ausbau­gegner mitzu­gestalten. Treff­punkt ist die Mahn­wache um 13:00 Uhr im Terminal 1 - und dann sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

Foto Spatenstich

Endlich mal wieder im Sand spielen dürfen ...

Plakat 'Kein Drehkreuz'

Am Abend wurden dann Plakat­motive vorge­stellt, die zeigen, warum T3 ein Problem ist: 'Kein Dreh­kreuz im Wohn­gebiet' war das Motto.

Update 07.10.15: Über 400 Beschäftigte hatte Fraport laut eigener Presse­mittei­lung zum Beginn der Bauar­beiten abkomman­diert, aber das bei Flug­hafen­bauten übliche Desaster zeichnete sich da schon ab: wegen schlechter Koordi­nation hat die ganze Buddelei für den Aushub rein gar­nichts gebracht.
Die Landtags-Grünen liessen mitteilen, dass ihnen der Bau immer noch nicht so richtig schmeckt, wofür ihr rang­höchster anwesender Vertreter, Staats­sekretär Samson, in der Fraport-PM nur als "auch noch da" aufge­listet wurde, anson­sten waren alle glück­lich und zufrie­den.

Am Abend haben dann die Ausbaugegner im Terminal 1 demonstriert, was sie davon halten (nein, Minister Al-Wazir und OB Feldmann wurden dort auch nicht gesehen). Die Sprecher des Bünd­nisses der Bürger­initia­tiven machten in einer Presse­konfe­renz nochmal deutlich, warum Terminal 3 Schaden anrichtet, auch wenn es selbst keinen Krach macht; eine neue Serie von Protest-Pla­katen wurde vorge­stellt, und die übliche Demo gab es auch.

Update 12.10.15: Auch die Aktion zum Fraport-'Airlebnistag' war erfolgreich. "Fraports Plan, mit 'Showtime Las Vegas' Imagewerbung zu betreiben, ist heute nicht aufgegangen. Genau wie mit der missglückten 'Ja zu FRA'-Kampagne versucht Fraport immer wieder, alle Register zu ziehen, um das angeschlagene Image zu retten.“ so Knut Dörfel, der für das BBI Bündnis der Bürgerinitiativen, die Mahnwache organisiert hatte. "Nichts kann darüber hinwegtäuschen, wie unerträglich die Flughafenerweiterung mit ihrem Fluglärm und den Schadstoffen für die Anwohner der Region sind. So wie heute werden wir auch weiterhin nicht aufhören, die Fakten in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken und das wahre Gesicht von Fraport und den für den Ausbau des Flughafens verantwortlichen Politikern zeigen!"




Wörterbucheintrag Rowdiness

Roadmap to Rowdiness -
Die EU entwickelt eine Luftfahrt-Strategie

Am 18.09.15 hat die EU-Kommis­sion eine sog. Roadmap mit dem Titel "Communi­cation: a Compre­hen­sive Stra­tegy for Impro­ving the Compe­titive­ness of the EU Aviation Sector" vorgelegt.
Eine Roadmap (in deutsch: ein Fahrplan) ist eine grobe Über­sicht über die Inhalte und Ziel­setzun­gen, die die Kommis­sion mit einer neuen Regel­setzung ver­folgt, sie hat noch keiner­lei Verbind­lichkeit. Auch werden in diesem Fall noch keine kon­krete Aktivi­täten ange­droht; es geht im Wesent­lichen um eine Analyse der erkann­ten und abseh­baren Probleme und die Defini­tion der Rahmen­beding­ungen, unter denen sie gelöst werden sollen. Trotz­dem ist für Flug­lärm-Gegner Aufmerk­samkeit angesagt, denn hier sollen die Grund­lagen für die Weiter­entwick­lung der europä­ischen Luft­fahrt für die kommen­den Jahre gelegt werden.

Dass die EU die Rahmen­beding­ungen für den Kampf gegen Gesund­heits- und Umwelt-Belas­tungen durch den Luft­verkehr massiv, und leider meist negativ, beein­flusst, ist bekannt. Diese "Luft­fahrt-Strate­gie" ist Bestand­teil des "Luft­fahrt-Pakets" ("aviation package"), das uns auch schon die sog. Betriebs­beschrän­kungs-Ver­ordnung einge­brokt hat, die künftig die Möglich­keiten beschrän­ken wird, Flug­häfen Auf­lagen zum Schutz von Umwelt und Gesund­heit zu machen.
Worum es nun in der "Strategie" wirk­lich geht, ist im Kommis­sions­text noch relativ verklau­suliert und mit Kosmetik garniert aufge­listet. Viel deut­licher formu­lieren da die ein­schlägig bekannten Lobby­isten, und sie benennen auch einige der aktuellen Streit­punkte.

Einig sind sich alle Indu­strie-Lobby­isten, dass die Kosten für den Luftverkehr reduziert werden müssen. Dies soll vor allem dadurch geschehen, dass Steuern abge­schafft, Gebühren reduziert und das Streik­recht einge­schränkt bzw. Streiks wirkungs­los gemacht werden, wie z.B. einem Bericht über ein "press briefing" fünf europä­ischer Air­lines zur EU-Strategie zu ent­nehmen ist. Streit gibt es aller­dings schon zwischen Flug­gesell­schaften und Flug­häfen darüber, ob die Gebühren z.B. für Sicher­heits­kontrol­len nur gedeckelt oder gleich komplett der öffent­lichen Hand über­tragen werden sollten. Auch geht den großen Flug­gesell­schaften die Libera­lisie­rung des Luft­verkehrs da zu weit, wo Konkur­renten aus anderen Teilen der Welt ihnen allzu sehr die Preise verder­ben, während Vertre­ter der Flug­häfen in Reden und Artikeln massiv dafür werben, alle Märkte voll­ständig zu öffnen und auf unter­stem Niveau zu nivel­lieren.

Einig sind sie sich alle wieder, dass das der einzige Weg ist, "Wachs­tum" und "Investi­tionen" und damit auch "Jobs" zu fördern, womit sie genau die Schlag­worte auf­greifen, die auch die Politik der EU-Kommis­sion praktisch aus­schließ­lich bestimmen. "Gesund­heit", "Umwelt", "Klima" und anderes Gedöns tauchen da besten­falls noch in einem Neben­satz auf. Dass es rund um die Flug­häfen noch lauter wird, dass noch mehr Schad­stoffe die Luft belasten und noch mehr Treib­haus­gase den Klima­wandel anheizen, nehmen sie billi­gend in Kauf.
Wenn es nach diesen Herr­schaf­ten geht, steht nur noch ihr Profit im Mittel­punkt der Politik, die ihrem Wachs­tums­wahn den Weg frei zu machen hat. Die zustän­dige EU-Kommis­sarin wider­spricht dem nicht, sondern formu­liert nur etwas zurück­haltender die gleichen Ziele. Auch von den anderen EU-Insti­tutionen, wie etwa dem Europa-Par­lament oder dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialrat, ist kein großer Wider­stand zu erwarten. Wer möchte, dass Lärm, Schad­stoffe, Treib­haus­gase und andere Belas­tungen sowie gute Arbeits­beding­ungen und ordent­liche Bezah­lung in dieser Stra­tegie Berück­sichti­gung finden sollen, wird der EU noch ein paar deut­liche Worte sagen müssen.




Ausbau-Spaten

Terminal 3: breite Unterstützung von blassrosa über gelb-grün bis tiefschwarz - aber wer bedient die Instrumente ?

Terminal 3 - erstes Baulos vergeben

Am 31.08.15 hat die Fraport AG ohne grosses öffent­liches Aufsehen den Zuschlag für die erste Baumaß­nahme für Terminal 3 vergeben. Für 4,8 Mill. Euro darf die Fuldaer Firma Bickhardt Bau AG das Loch buddeln, in dem das Haupt­gebäude errichtet werden soll.
Leider erfährt man aus der Bekannt­machung sonst keine weiteren interes­santen Details. Als Baubeginn ist nur "ca. 4. Quartal 2015" angegeben, und im 2. Quartal 2016 soll die Grube fertig sein. Wann es wirklich losgeht, ist also weiter­hin offen.

Offen ist nach wie vor auch die Frage, ob Minister Al-Wazir wenigstens den Mut haben wird, seine Kehrt­wende öffent­lich zu demon­strieren, indem er als zustän­diger Minister den ersten Spaten­stich für eine Baumaß­nahme durchführt, deren Verhin­derung er vor der Wahl versprochen hat. Allzu viel Überwin­dung kann ihn das eigent­lich nicht kosten, denn er und seine Partei haben sich in ihre neue Rolle so deutlich und erkennbar zufrieden einge­lebt, dass wohl kaum jemand etwas Besonderes darin sehen würde, wenn er es tut.
Von fast allen anderen Parteien im Landtag wird er dafür auch Beifall bekommen, auch wenn SPD und FDP aus Prinzip ein wenig herum­nörgeln werden - in der Unter­stützung für den Expansions­kurs der Fraport sind sie sich alle einig (bis auf die LINKE).

Die Bürger­initia­tiven werden sich über­legen müssen, wie sie ein Zeichen setzen können dafür, dass der Wider­stand gegen zuneh­mende Verlär­mung, steigende Schad­stoff-Belas­tung und eskalie­renden Klima­wandel in der Region trotzdem noch präsent ist.

Update 16.09.15: Kaum veröffent­licht, schon (teil­weise) überholt, und dann auch noch daneben getippt: Wie die Hessen­schau meldet, steht der Termin für den ersten Spaten­stich jetzt doch fest (es ist Montag, der 5. Oktober, lt. Zeitungsberichten 10:30 - 12:30 Uhr.), und der Herr Minister wird nicht daran teil­nehmen. Ob er seinen Staats­sekretär schickt oder ob der Herr Minister­präsident sich selbst die Ehre gibt, geht aus der Meldung nicht hervor.
Auf den oben vermuteten Beifall der Aus­bau-Par­teien wird Al-Wazir nun weit­gehend verzichten müssen. Vielmehr wird die sog. Oppo­sition wohl schimpfen, dass der Verkehrs­minister ein so wichtiges Ereignis nicht gebührend würdigt, obwohl der doch einen schon lange verein­barten und absolut nicht verschieb­baren Termin mit Bundes­verkehrs­minister Dobrindt vorweisen kann. Und ob er nun statt dessen für diesen hero­ischen Akt des Wider­standes wenigstens Beifall von den Ausbau-Gegnern bekommt, ist auch äusserst fraglich.

Update 26.09.15: Nun ist auch die letzte Frage noch geklärt: sowohl der Herr Ministerpräsident als auch der Herr Staatssekretär kommen, um gemeinsam einen schwarz-grünen Spatenstich feiern zu können.
Allerdings tun sich auch schon wieder neue Fragen auf: der Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann hat auch einen unverschiebbar wichtigen Termin und kommt daher ebenfalls nicht. Darf dafür Herr Cunitz ein bißchen buddeln, oder Herr Becker, oder ... ?




Mod. Logo HessFG

Freihandels-Abkommen TTIP, CETA & Co
- Bedrohung auch für die Luftverkehrsteuer ?

Die Flug­lärm-Kommis­sion Frankfurt weist in ihrer jüngsten Mittei­lung auf ein Urteil des Hessi­schen Finanz­gerichts hin, das zunächst einmal sehr positiv klingt. Wie das Gericht in einer für die Allge­meinheit (halb­wegs) verständ­lichen Presse­mittei­lung erläutert, hat es die Klage einer US-Airline abgelehnt, die errei­chen wollte, dass das deutsche Luft­verkehr­steuer­gesetz (LuftVStG) für rechts­widrig erklärt wird, und betont: "Deutsches Luft­verkehr­steuer­gesetz verstößt weder gegen Völker­recht noch gegen inter­natio­nale Verträge".
So weit, so gut: Die Airlines müssen weiter Steuern zahlen, und die beab­sich­tigte Lenkungs­wirkung, die insbe­sondere Inland- und Billig-Flüge weniger attrak­tiv machen soll, ist recht­mäßig.

Wer sich allerdings durch die mehr als 40 Seiten Urteils­begründung hindurch­kämpft, den beschleicht bald ein merk­würdiges Gefühl. Die Liste der Gründe, aus denen die Klage abge­wiesen wurde, liest sich über weite Strecken ganz ähnlich wie die Liste der "Hinder­nisse für den freien Welt­handel", die mit Abkommen wie TTIP, CETA, TISA und anderen beseitigt werden sollen.
Welche Rege­lungen genau durch welche Bestim­mungen in den diversen Abkommen in Gefahr sind, läßt sich beim gegen­wärtigen Stand der Verhand­lungen kaum genau auf­dröseln - für Nicht-Juristen schon gar­nicht. Klar ist aber, dass alle diese Abkommen, ebenso wie die unten geschil­derten Bemüh­ungen zur schlei­chenden Erweite­rung des Luft­verkehrs-Abkom­mens zwischen der EU und den USA dazu dienen, exakt diese Inter­essen der Wirtschaft nach Abbau von Kosten, Auf­lagen und anderen Einschrän­kungen durchzu­setzen.

Die Liste der Gründe, warum auch Flug­lärm-Gegner­Innen gegen TTIP, CETA & Co. aktiv werden sollten, wird also immer länger. Die nächste Gelegen­heit, Wider­stand dage­gen zu demon­strie­ren, ist die große TTIP-Demo am 10.10. in Berlin. Wie man/frau da hinkommen kann, haben wir unten schon beschrieben.
Auch die Steuer-Klage ist übrigens noch nicht ausge­standen. Wegen der "grund­sätz­lichen Bedeu­tung" der Fragen hat das Hessi­sche Finanz­gericht die Revision beim Bundes­finanzhof zuge­lassen. Auch wenn nicht unbe­dingt zu erwarten ist, dass der anders entscheiden wird, kann es nicht schaden, deutlich zu machen, dass es nicht nur Wirt­schafts­inter­essen sind, die eine Rolle spielen sollten.
Die deutsche Luft­verkehrs­wirt­schaft ist schon im vorigen Jahr mit einer Klage gegen diese Steuer vor dem Bundes­verfas­sungs­gericht geschei­tert. Damals war es ausge­rechnet das Land Rhein­land-Pfalz, das mit freund­licher Unter­stützung der Luft­verkehrs­lobby geklagt hatte, weil die Steuer angeb­lich ihren Flug­hafen Hahn gegen­über auslän­dischen Flug­häfen benach­teilige.




NORAH-Logo

Neues von NORAH - die Schlafstudie

Im Rahmen der Lärm­wirkungs­studie, die seit einigen Jahren im Rhein-Main-Gebiet durch­geführt wird, ist eine neue Broschüre erschienen mit dem Titel "NORAH Wissen 5 – Schlaf­studie: Auswir­kungen von Flug­lärm auf den Schlaf – Frage­stellung und Methode".
Darin wird zusammen­gefasst, wie die Unter­suchung von einigen Dutzend Personen im Rhein-Main-Gebiet durch­geführt wurde. Was dabei heraus gekommen ist, ist nicht Gegen­stand dieser Broschüre. Das wird erst im November verra­ten, wenn die Ergeb­nisse aller Module der Studie vorge­stellt werden.

Einen groben Termin­plan dafür gibt es auch schon. Ende Oktober sollen die Medien die Ergeb­nisse erhalten, und im Novem­ber will das Umwelt­haus Veran­stal­tungen durch­führen, in denen auch das gemeine Volk infor­miert wird. Bis dahin ist also noch ein wenig Geduld nötig - die nicht allzu schwer aufzu­bringen sein sollte, denn mit revolu­tionären Ergeb­nissen ist ohnehin nicht zu rechnen, und, wie der Umgang mit den Ergeb­nissen der Kinder­studie beweist, mit Konse­quenzen schon gar nicht.




FLK-Logo

Fluglärmkommission schafft Transparenz
- wenigstens ein bißchen

Seit die Fluglärmkommission ihren eigenen Internet-Auftritt hat, können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger relativ gut über ihre Arbeit informieren. Oftmals führt das allerdings zu kuriosen Situationen, wenn andere Beteiligte nicht derart offen sind.
Aktuell hat die FLK zwei Stellungnahmen zu für die ganze Region relevanten Themen veröffentlich, die interessant, aber schwer zu verstehen sind, weil die Papiere, auf die sie sich beziehen, nicht öffentlich sind.

Die erste Stellung­nahme befaßt sich mit der Entgelt­ordnung für den Flug­hafen Frank­furt, speziell mit den dort veran­kerten Lärment­gelten. Das Proce­dere ist jedes Jahr dasselbe: Fraport beantragt die Höhe der Entgelte fürs kommende Jahr, das Minis­terium hört an und genehmigt, und zum Jahres­wechsel treten die neuen Entgelte in Kraft. Dieses Jahr war es für Insider etwas spannender, denn die Rahmen­verein­barung zwischen Fraport und Flug­gesell­schaften, die die Entgelte für die letzten fünf Jahre geregelt hatte, ist ausge­laufen. Nachdem Tarek Al-Wazir letztes Jahr also eine praktisch vorge­gebene Entgelt­ordnung genehmigen musste, war die Frage, ob er dieses Jahr die Gelegen­heit nutzt, deut­lich stärkere Anreize für den Einsatz leiseren Flug­geräts zu schaffen.

Obwohl der von Fraport vorgelegte Entwurf nicht öffent­lich ist, hat sich die Frage aber wohl schon erledigt. Aus der Stellung­nahme der FLK geht hervor, dass keiner­lei grund­legende Ände­rungen beabsich­tigt sind und inner­halb der beste­henden Struktur nur um Cent-Beträge gerangelt wird. Es wäre wahr­haftig eine Sensation, wenn sich das Minis­terium über den Fraport-Entwurf hinweg­setzen und eigene Vorschläge vorlegen würde.
Einzig positiver Aspekt scheint zu sein, dass das sog. Incentive-Programm "FRAconnect", das zusätz­lichen Verkehr nach Frank­furt locken sollte, nicht fort­gesetzt wird.

Auch die zweite Stellung­nahme befaßt sich mit einem Gutachten, das der Öffent­lich­keit nicht vorliegt. Aber die 15 Seiten, auf denen die Stellung­nahme (diesmal im Namen der Arbeits­gemein­schaft Deutscher Flug­lärm­kommis­sionen ADF, nicht nur der Frank­furter FLK) mit zum Teil drastischen Aus­sagen Kritik übt, lassen ahnen, dass dieses Gutachten von einer ähnlichen Qualität ist wie die Prog­nosen, mit denen Fraport den Bau von Terminal 3 rechtfertigt.
Aber auch hier darf die inter­essierte Öffent­lichkeit nicht mitreden, sondern sich erst irgend­wann später mit dem Luft­verkehrs­konzept aus­einander­setzen, das im Bundes­verkehrs­ministerium auf der Basis dieses und anderer Gutachten zusammen­geschrieben wird.




TTIP-Demo-Banner

Fahrkartenverkauf zur TTIP-Demo beginnt

TTIP-Zug

Einer der fünf Sonderzüge, die bisher für die Fahrt zur TTIP-Demo nach Berlin am 10. Oktober bestellt sind, startet am Frank­furter Südbahnhof. Karten dafür kosten 50€ pro Person und können ab sofort online gekauft werden. Die Abfahrts­zeiten sind noch nicht genau ange­geben, werden aber notwen­diger­weise sehr früh sein.
Im Gegen­satz zum ICE, der nur etwas mehr als vier Stunden nach Berlin braucht (aber hin und zurück zwischen knapp 120 und fast 200€ kostet), hält der Sonder­zug noch an etlichen anderen Stat­ionen und ist deut­lich länger unter­wegs.

TTIP-Bus

Am Haupt­bahnhof startet um 4:00 Uhr ein Bus des BUND Hessen, der über Giessen nach Berlin fährt. Die Fahr­karten kosten 30€ für Erwach­sene, 10€ für Kinder und Jugend­liche (bis ein­schließ­lich 16 Jahre) und 15€ für Studenten.
Vom Rathaus Rüssels­heim fährt ein Bus des DGB Süd­hessen um 3:45 Uhr ab. Für Gewerk­schafts­mit­glieder ist die Fahrt kosten­los.

Wer nicht so früh aufstehen will und die Fahrt lieber privat organi­siert, findet auf der TTIP-Demo-Seite auch eine Mitfahr­börse.
Es gibt also reichlich Gelegen­heit, nach Berlin zu kommen, ohne ins Flug­zeug zu steigen - und gute Gründe dafür gibt es ebenso reichlich!

Update 16.09.15: Inzwischen sind auch die Abfahrts­zeiten der Sonder­züge veröffent­licht. Für den Frank­furter Zug ist nun als Abfahrts- und Ankunfts­ort der Haupt­bahnhof angegeben, Abfahrt ist um 2:04 Uhr am 10., Ankunft um 2:55 Uhr am 11. Oktober. (Für die Rückfahrt ist auch der Südbahnhof als Halte­stelle ange­geben, für die Hinfahrt nicht.)




Fraport und Arbeitsplätze

Fraport, Arbeit und Ausbildung

Ende August half Fraport das mediale Sommer­loch mit zwei Erfolgs­meldungen zu füllen. Die Zahl der Arbeits­plätze im Konzern ist im Vergleich zum Vorjahr wiede­rum um 700 gewachsen, und 105 Azubis können ihre Ausbil­dung bei Fraport bzw. deren Tochter­gesell­schaften beginnen. Grund zum Feiern?

Natürlich ist jedem jungen Menschen ein halb­wegs zukunfts­fähiger Ausbildungs­platz zu gönnen, und selbst die überwie­gend miesen Jobs bei APS oder Fraport Security mögen für viele besser sein als gar keine Arbeit, aber Grund zum Jubeln ist das nicht.
Als Fraport im Jahr 2003 die Unter­lagen für das Planfest­stellungs-Verfahren für die aktuelle Ausbau­stufe an die zustän­dige Behörde übergab, setzte sie auch die Zahl von 100.000 neuen Arbeits­plätzen in die Welt, die mit diesem Ausbau bis 2015 geschaffen werden sollten. Diese Zahl war das Tot­schlag-Argu­ment, mit dem alle politi­schen Wider­stände gegen den Ausbau gebrochen wurden.
In diesem Jahr gab der Fraport-Geschäfts­bericht die Beschäf­tigten-Zahl im Fraport-Konzern im Jahres­durch­schnitt mit 23.353 an; die Zahl der Beschäf­tigten am Standort Frankfurt wurde nicht extra ausge­wiesen. Für den Flughafen insge­samt wurde eine Zahl von "über 70.000" Arbeits­plätzen genannt. Und heute?

Die PM vom 24.08.15 nennt "rund 24.000 Menschen im Fraport-Konzern, 21.000 davon am Standort Frankfurt". Da in den letzten zwölf Jahren einige Auslands­beteili­gungen im Konzern dazu gekommen sind, kann die Zahl der Arbeits­plätze bei Fraport am Standort Frankfurt in diesem Zeitraum besten­falls um einige Hundert gewachsen sein. Wahr­schein­licher ist, dass sie gar­nicht gewachsen, even­tuell sogar gesunken ist.
Für die Zahl der Arbeits­plätze am Flughafen insgesamt werden jetzt "über 80.000" genannt. Darin einge­rechnet sind aber alle Arbeits­plätze, die durch die aggres­sive Flächen­entwick­lung der Airport City von woanders her an den Flughafen gelockt und daher nicht neu geschaffen worden sind. Die prognos­tizierten 18.000 Arbeits­plätze, die durch den Ausbau direkt am Flughafen zusätz­lich geschaffen werden sollten, wurden jeden­falls bei weitem nicht erreicht.
Von den verspro­chenen 100.000 Arbeits­plätzen sind also mehr als 90.000 "indirekt", "induziert", "kata­lysiert", über­wiegend aber wohl imagi­niert. Aber was soll's? Haupt­sache, der Ausbau wurde durch­gesetzt, wen kümmern heute noch die Lügen von gestern?

Bleibt noch anzu­merken, dass auch die Ausbildungs­zahlen kein gutes Licht auf Fraport werfen. Insgesamt rund 350 Auszu­bildende in einem Konzern mit 24.000 Beschäf­tigten ergibt eine Quote von weniger als 1,5%. Das ist selbst für die ausbil­dungs-scheue Industrie kein guter Wert, und von der eigent­lich gewün­schten Vorbild-Funktion eines mehrheit­lich in öffent­lichem Besitz befind­lichen Unter­nehmens weit, weit entfernt. Die Zahl stagniert auch schon seit vielen Jahren, von einer zukunfts-orien­tierten Politik ist also auch keine Spur zu finden - typisch Fraport eben.




Stinkefinger

Griechenland sollte sich auf seine Traditionen besinnen ...

Fraport auf Beutezug - auch die EU hilft mit

Noch bevor überhaupt alle Beteiligten dem erpres­serischen dritten "Hilfs­programm" für Griechen­land zuge­stimmt haben, wird die griechi­sche Regie­rung gezwungen, einen Punkt des "Privati­sierungs-Pro­gramms" vorzu­ziehen: die Übergabe von 14 Regional­flughäfen an die Fraport.
Wie bereits weiter unten berichtet, hatte Fraport es mit Hilfe der hessi­schen Landes­regierung geschafft, diesen Deal explizit in den Bedingungen für die neuen Kredite zu veran­kern, obwohl dort generell auch verein­bart wurde, dass alle Privati­sierungen darauf hin zu über­prüfen sind, dass das best­mögliche Resultat erzielt wird und ein Verram­schen von Staats­eigentum verhindert wird. Das wäre in diesem Fall sicher­lich auch angesagt gewesen, denn die Vor­gänger-Regie­rung, mit der Fraport den Deal einge­fädelt hatte, wurde dabei von einer Luft­hansa-Tochter "beraten" - und Luft­hansa ist zugleich an Fraport beteiligt.

Bereits im vergangenen Jahr war klar, dass diese Privati­sierung für den griechi­schen Staat ein Verlust­geschäft werden würde. Schlimmer noch als der direkte finan­zielle Verlust dürfte aber sein, dass anders als in Deutsch­land Regional­flughäfen in Griechen­land, insbe­sondere auf den Inseln, ein wichtiger Teil der Ver­kehrs-Infra­struktur sind. Wenn diese nicht mehr nach den Bedürf­nissen der lokalen Wirt­schaft und Bevöl­kerung, sondern nach den Inter­essen des (auch über­wiegend aus Deutsch­land gesteu­erten) Massen-Touris­mus und zur Profit-Maxi­mierung entwickelt werden, wird das auch zum sozialen und wirt­schaft­lichen Desaster.
Nachdem Fraport und andere deutsche Firmen bereits seit Jahren beim Inter­natio­nalen Flug­hafen Athen mitbe­stimmen, wird dann die gesamte profi­table griechi­sche Flug­hafen-Infra­struktur wesent­lich von Deutsch­land aus gesteuert. Dem griechi­schen Staat bleibt nur noch übrig, die anderen ca. 30 Regional­flughäfen, die (massen-)touris­tisch uninter­essant sind, zu sub­ventio­nieren, um die Bevöl­kerung dort nicht völlig abzu­hängen - wenn er es sich noch leisten kann.

Bezeichnend ist die Rolle, die die "öffent­lichen" Mehrheits­eigner der Fraport hier spielen. Während insbe­sondere das Land Hessen massiven politi­schen Druck zugun­sten der Fraport ausüben kann (mit Hilfe der Bundes­regierung bis hin zur massiven Erpres­sung anderer EU-Mitglieds­staaten und der Aus­schaltung konkurrie­render wirt­schaft­licher Inter­essen), können Stadt und Land "aus aktien­recht­lichen Gründen" das Geschäfts­gebaren der Fraport selbst angeb­lich überhaupt nicht beein­flussen. Die Politik als Weg­bereiter (und finan­zieller Mit-Profi­teur), das Kapital als allei­niger Ent­scheider - da bleiben soziale und umwelt­politische Inter­essen zwangs­läufig auf der Strecke.

Update 21.08.15: Inzwischen hat der Grüne EU-Abge­ordnete Sven Giegold auch den Zeitplan öffent­lich gemacht, nach dem die Übergabe ablaufen soll. Demnach soll der Prozess bis März 2016 abge­schlossen sein. Zwei von acht Punkten sind bereits termin­gerecht abgear­beitet, inwie­weit Fraport die tech­nischen Anhänge zu den Konze­ssions-Ab­kommen (Punkt 3) bereits fertig hat, ist nicht bekannt. Im September sollen sie jeden­falls vor­liegen, damit die EU-Kommis­sion im November die endgül­tige Entschei­dung treffen kann. Pro forma darf das (dann neu gewählte) griechi­sche Parla­ment im Januar 2016 die Abkommen noch ratifi­zieren, damit im März mitge­teilt werden kann, ab wann Fraport welchen Flughafen über­nimmt.
Im Text sind auch noch ein paar Konkre­tisie­rungen der Beding­ungen für den Deal zu finden, ausser­dem enthält er die lange Liste der rest­lichen "Assets", die verscherbelt werden sollen. Kommentar von Sven Giegold: "Es bleibt das Geheimnis der Troika-Institu­tionen, wie 50 Milliarden Euro zusammen kommen sollen". Fraport zahlt sie jedenfalls nicht.

Update 1.09.15: Ein kleiner Vergleich macht das Ausmaß der Plünde­rung deutlich: Auch in England steht ein Flug­hafen zum Verkauf an. Es ist ein kleiner Flug­hafen ohne Erwei­terungs­möglich­keiten, mit nur einer 1,5 Kilometer langen Bahn in einem alten Londoner Hafen­becken, mit dichter Bebauung ringsum und zahl­reichen Beschrän­kungen. Politi­sche Hinter­gründe gibt es hier nicht, offen­bar braucht die Heu­schrecke, die ihn besitzt, gerade finan­zielle Mittel, während die, die ihn kaufen will, derzeit nicht weiß, wohin mit dem Geld. Hier speku­liert die FAZ über einen Kauf­preis von 2,9 Milli­arden Euro; das wäre fast das 2,5fache dessen, was Fraport als Kaufpreis für die Konzes­sionen für alle 14 Flughäfen zusammen bezahlen soll.

Update 8.09.15: Für den 22.09.15 ruft die Griechen­land-Solida­rität Frank­furt-Rhein-Main anläß­lich der ersten Sitzung nach der Sommer­pause zu einer Protest­aktion vor dem Gebäude des Hessi­schen Land­tags auf, Beginn ist um 10:00 Uhr. Das Gleiche soll auf dem Römer­berg zur ersten Sitzung der Frank­furter Stadt­verord­neten­versamm­lung im September statt­finden (das wäre nach derzei­tigem Stand der 24.09., Sitzungs­beginn ist normaler Weise um 16:00 Uhr).
Dazu Dieter Hooge von der Griechen­land-Solida­rität in einer Rede auf der 147. Montags­demo: "Was Fraport in Griechen­land vor hat, ist die feind­liche Über­nahme der 14 Flug­häfen, die zur Zeit alle Gewinne abwerfen. Damit wird das Unter­nehmen endgültig zur inter­national agie­renden Heu­schrecke. Mit allen zur Verfügung stehenden politi­schen Mitteln und mit Aktionen wollen wir erreichen, dass dieser Deal nicht zustande kommt."

Update 18.09.15: Das "Griechen­land-Solida­ritäts­komitee Frankfurt Rhein-Main" hat einen Aufruf veröffent­licht, in dem weitere Einzel­heiten zu den beiden Aktionen mitge­teilt werden.
Die Aktion am 22.09. findet auf dem Dern'schen Gelände statt. Das Solida­ritäts­komitee hat einen Offenen Brief an die Land­tags­abgeord­neten und Stadt­verord­neten verfaßt, in dem es seine Posi­tionen und Forde­rungen formu­liert. Zur Aktion heißt es in der Presse­mittei­lung: "Mit unserer Aktion wollen wir den geplanten Deal szenisch dar­stel­len und die Öffent­lichkeit sowie die Abge­ordneten auf ihrem Weg zur ersten Plenar­sitzung nach der Sommer­pause infor­mieren."
Die Aktion vor dem Frankfurter Römer soll nun am 15.10. statt­finden.




Programm-Flyer Sommercamp 2015

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Planung für Sommercamp gegen Terminal 3 steht

Die Robin-Wood-Gruppe, die das Sommercamp im Treburer Wald vorbereitet, hat weitere Infos zur Durchführung des Camps verschickt. Darin heisst es: "Das Camp befindet sich auf der ca.2 ha großen Wald­fläche, die der Autobahn­zufahrt des 3. Terminals zum Opfer fallen soll. Ebenso wie die Fraport sollen auch weitere Firmen, welche die Bauar­beiten rund um das Terminal3 unter­stützen und voran­treiben, in die Öffent­lichkeit gerückt werden, wofür am Freitag einen Aktions­tag geplant ist. Aber auch an Tradi­tionen wie dem Kuchen­stand soll festge­halten werden. Deswei­teren wird es interes­sante Informa­ionen rund um die Anfänge des Wider­standes am Flughafen, zu aktuellen Gescheh­nissen in der Anti-Atom-Bewegung, auch im Bezug auf den Flug­hafen, und zu krea­tiven Widerstands­formen geben. Aber es darf auch nach Lust und Laune geklettert, gewandert, diskutiert und debatiert werden."

Neben den Informa­tionen auf der Flug­hafen-Frank­furt-Seite von Robin Wood, dem Fliegen-Flyer und dem ausführ­lichen Flyer zum Sommer­camp 2015 gibt es nun noch einen Pro­gramm-Flyer, aus dem zu ent­nehmen ist, was an welchem Tag passieren soll.
In der Presse­mittei­lung des Bündnis der Bürger­initia­tiven gibt es noch weitere Details zum Programm; der für Sonn­tag ange­kündigte Kuchen­stand wird um 14:00 Uhr eröffnet. (Wir haben zusätz­lich noch ein paar weitere Infos zum Auto­bahn­anschluss und zur betroffenen Waldfläche.)

Die BI gegen Fluglärm Raunheim ruft zur Unter­stützung und Betei­ligung am Camp auf, weil wir es für wichtig halten, immer wieder deutlich zu machen, dass der Fra­port-Ausbau­kurs nicht wider­spruchs­los hinge­nommen wird. Noch geht es nur darum, im Wald ein symbo­lisches Zeichen zu setzen. Es ist aber auch eine gute Gelegen­heit, darüber zu reden, was passieren soll, wenn die Bagger tatsäch­lich rollen. Nach letzten Meldungen soll das im Oktober der Fall sein.




Warnung

Weit über 80% der gefährdeten Dächer müssen immer noch diese Warnung tragen

Dachsicherungsprogramm "kommt zügig voran" ?

Am 10. August freut sich Fraport per Presse­mittei­lung, dass " an über 1.000 Gebäuden in den defi­nierten Gebieten die Dachein­deckungen zur Präven­tion von Wirbel­schleppen­schäden gesichert" wurden. Exakt wurden bis zum 7. August "die Dach­sicherungs­maßnahme ... bei bislang 1.026 Objekten voll­ständig abge­schlossen; bei weiteren 651 Objekten wurden bereits alle Vorar­beiten abge­schlossen und die Dach­sicherungs-maß­nahme als nächster Schritt anvi­siert oder bereits begonnen. Bei weiteren 222 Objekten laufen derzeit die Vorar­beiten, wie z.B. eine Termin­abstim­mung mit dem Eigen­tümer zur Besich­tigung des Daches vor Ort."

Ein grandioser Erfolg. "Seit Erlass des Plan­ergänzungs­beschlusses ... vom 10. Mai 2013", also seit zwei Jahren und drei Monaten, wurden rund 17% der nach Meinung des Minis­teriums gefähr­deten Dächer gesichert, bei weiteren knapp 15% ist die Sicherung mehr oder weniger fest geplant. Insgesamt sind also nicht einmal ein Drittel der Dächer (32%) von dem Programm erfaßt. Und mit guten Gründen kann man davon ausgehen, dass das derzeitige "Sicherungs­gebiet" immer noch nicht alle Gebiete umfaßt, in denen Schäden durch Wirbel­schleppen auf­treten können (siehe dazu unsere Doku).

Es kann also keine Rede davon sein, dass das Programm "zügig voran" käme, und es ist nicht absehbar, wann wenig­stens die Gefahren durch herab­fallende Ziegel einiger­maßen einge­schränkt sein werden. Dazu kommt, dass die sonstigen Gefahren, die von Wirbel­schleppen ausgehen, nach wie vor ignoriert werden (siehe auch dazu unsere Doku).




Tagschutzzonen FRA

   29 Grundschulen in der grünen Zone sollen Schallschutz bekommen

Schallschutz für Schulen - aus Steuergeldern ?

Unter Bezug auf einen FR-Artikel vom 05.08. geistert die Meldung durch die Presse, die hessische Landes­regie­rung würde 5,6 Millionen Euro für zusätz­lichen Schall­schutz an Schulen bereit­stellen. Das ist so aller­dings (noch?) nicht wahr.
Wie die FR korrekt meldet, hat die Landes­regierung diesen Betrag in den Haus­halts­entwurf für 2016 aufge­nommen. Abge­sehen davon, dass solche Entwürfe erst noch die Landtags­debatte über­stehen müssen, macht der Sprecher des Verkehrs­minis­teriums auch klar, dass diese Mittel keines­falls fest verplant sind, sondern nur die Ober­grenze dar­stellen, bis zu der das Minis­terium Maß­nahmen fördert.

Ebenfalls laut FR sind die Mittel vorge­sehen für die 29 Grund­schulen, die in der sog. "Tag­schutz­zone 2" liegen (s. Karte). Daraus folgt erstens, dass pro Schule weniger als 200.000 Euro zur Verfü­gung stehen werden, und zweitens, dass weiter­führende Schulen offenbar nichts bekommen sollen. Für Raunheim hiesse das, dass die Anne-Frank-Schule auch hier wieder durch­fallen würde, denn sie ist nun mal keine Grund­schule.
200.000 Euro werden auch in den wenigsten Fällen reichen, um alle notwen­digen Maß­nahmen zu finan­zieren. Meistens bleibt es wohl besten­falls beim Austausch der Fenster, vielleicht auch noch dem Einbau der berühmt-berüch­tigten Lüfter.

Auch die Pesta­lozzi-Schule, die in der Tagschutz­zone 1 liegt, in der Fraport den Schall­schutz zu finan­zieren hatte, ist von einer vernünf­tigen Ausstat­tung weit entfernt. Die vorhan­denen Schall­schutz­fenster können im Sommer nicht geschlos­sen bleiben, da dann die Luft in den Räumen unerträg­lich wird.
Was passieren müsste, um an den Schulen gute Lern­beding­ungen herzu­stellen, beschreibt z.B. eine mit Unter­stützung des Bundes-Wirt­schafts­minis­teriums heraus­gegebene Info-Bro­schüre. Demnach gehört zu einer Schall­dämmung in lauten Bereichen unab­dingbar auch eine Klimati­sierung, die ausrei­chend Frisch­luft in ange­nehmer Tempe­ratur bereit­stellt. Aber das ist die Theorie - wie die Praxis mit der dürftigen Förde­rung durch Fraport (und künftig viel­leicht das Minis­terium) fast überall aussehen wird, kann man am Beispiel der Pesta­lozzi-Schule sehen.

Statt das völlig unzurei­chende Erstattungs­programm nach Fluglärm­schutz­gesetz für eine weitere Zone zu kopieren und dafür Steuer­gelder auszu­geben, sollte die Landes­regierung darauf drängen, dass verbind­liche Standards für Schul­gebäude defi­niert werden, die einen vernünf­tigen Unter­richt ermög­lichen - und durch­setzen, dass die Einhal­tung dieser Standards nach dem Verur­sacher­prinzip finan­ziert wird. Aber davon wollen die Herren Bouffier, Lotz und Al-Wazir natürlich nichts wissen.




Sperrung Centerbahn

Hier wird Asphalt erneuert.

Sperrung der Centerbahn - was wird passieren ?

Fraport hat am 5.8.15 per Presse­mitteilung verkündet, dass die Center­bahn vom 9.8. abends bis zum 13.8. morgens wegen Erneue­rung der Asphalt­decke gesperrt wird. Dies könne "zu Verspä­tungen im Flug­betrieb" führen, selbst "die Strei­chungen verein­zelter Flüge kann nicht voll­ständig ausge­schlossen werden".
Das soll wohl heissen, dass sich die Anwohner darauf ein­stellen können, dass in diesen Tagen die Zahl der Aus­nahme­genehmi­gungen für den Bruch des Nacht­flugverbots mal wieder deut­lich nach oben gehen wird.

Die DFS hat für ihre Kundschaft ein eigenes Papier veröffent­licht, in dem sie beschreibt, was sich während der Sperrung an den Abläufen ändert, aber auch daraus ist nicht ohne Weiteres ersicht­lich, was die Folgen für die Anwohner sein könnten.

Klar ist nur, dass während dieser Zeit der "Probe­betrieb" für die "Lärmpausen" ausgesetzt werden muss, denn dafür müssen alle Bahnen benutzbar sein. Das ist zwar eigent­lich trivial, aber der Fraport trotzdem einen ganzen Absatz in der PM wert.
Erstaun­licher Weise heißt es da auch: "Wären die anfallenden Instand­haltungs­maßnahmen auf der Center­bahn in Form der in der Vergang­enheit umge­setzten Methode, mit nächt­lichen Sper­rungen durch­geführt worden, hätte die Dauer der Maßnahme etwa sechs Wochen betragen. Infolge­dessen hätte auch der Probe­betrieb für die Lärmpausen für sechs Wochen ausge­setzt werden müssen. Die nun ange­wandte Methode redu­ziert diese Einschrän­kung auf ein Mindest­maß und ermög­licht eine schnellst­mögliche Fort­führung des Probe­betriebs."

Bei der "in der Ver­gangen­heit umge­setzten Methode" war Fraport immer sehr stolz darauf, dass nachts ein Stück­chen der Decke ersetzt wurde und am Tag die Bahn unein­geschränkt zur Verfügung stand. Warum das jetzt nicht mehr geht und warum die Lärm­pausen ausge­setzt werden müssten, obwohl die Bahn zur Verfü­gung stünde, wird nicht erklärt.
Fraport kann wohl nicht anders, als die Bevöl­kerung routine­mäßig zu belügen, selbst wenn es eigent­lich keinen Grund dafür gibt.

Update 09.08.15: Laut Medienberichten wird das Ganze wegen "unklarer Windprognosen", die eine durchgehende Verfügbarkeit der Startbahn 18 West in Frage stellen, verschoben; zunächst bis Dienstag, den 11. August.

Update 17.08.15: Nun ist es wohl soweit. Seit heute morgen gibt es keinen Betrieb mehr auf der Centerbahn, die "Lärmpause" für die Südbahn und die Startbahn West ist ausgesetzt. Wer wird das wohl merken?

Update 20.08.15: Fraport kann auch hier vollen Erfolg vermelden. Die Bahn ist erneuert, kein Flug ausgefallen, keine Beschwerden wegen des Ausfalls der "Lärmpausen" (oh Wunder!). Viel öffentlicher Aufwand für wenig Inhalt, aber was tut man nicht alles, um auch mal positiv in die Schlagzeilen zu kommen.




Titel NGO-Luftverkehrskonzept

   Das Titelblatt zu 50 lesenswerten Seiten

Endlich ein brauchbares Luftverkehrskonzept

Seit Anfang August liegt endlich ein Entwurf für ein brauchbares Konzept für den Luft­verkehr in Deutsch­land vor. Leider ist es nicht so, dass Verkehrs­minister Dobrindt eine himm­lische Einge­bung gehabt hätte oder die Bundes­regierung insgesamt von ökolo­gischem Bewußt­sein über­wältigt worden wäre. Es waren sieben "Nicht­regie­rungs-Organi­sationen" (engl. NGOs), die dieses Konzept ausge­arbeitet haben.

In einer gemeinsamen Presse­mittei­lung hebt diese Allianz hervor, "dass es in Deutsch­land entgegen Verlaut­barungen der Luft­verkehrs­wirt­schaft keine Infra­struktur­engpässe, sondern eine zu große Flughafen­kapazität gibt". "200.000 ... Flüge könnten nach den Berech­nungen der NGOs in den nächsten Jahren ohne Zeit­verlust für Passa­giere und ohne neue Investi­tionen in die Infra­struktur auf die Schiene verlagert werden", und "Wir brauchen Lärm­minderungs­konzepte an den Flughäfen mit konkreten Reduktions­zielen, die zunächst durch Ober­grenzen den Lärm limi­tieren und dann in Jahres­schritten senken. Bis zum Erreichen dieser Ziele müssen verstärkt Betriebs­beschrän­kungen greifen, vor allem in der Nacht und den Nacht­rand­stunden von 22 bis 23 Uhr und 5 bis 6 Uhr", sind Kernaus­sagen des Konzepts.
Weiterhin fordert es, "im Luft­verkehrs­konzept der Bundes­regierung global wirksame Klima­schutz­maßnahmen zu verankern, darunter eine Klima­abgabe von zehn Euro auf jede Tonne CO2-Äqui­valent im Luft­verkehr ab dem Jahr 2020. Diese müsse bis 2030 schritt­weise auf 80 Euro erhöht werden." Auch Forde­rungen nach "Guter Arbeit" für die Beschäf­tigten und gegen Sozial­dumping fehlen nicht.

Die Allianz erklärt auch, warum sie das Papier jetzt vorlegt: "Zurzeit erarbeitet das Bundes­minis­terium für Verkehr und digitale Infra­struktur (BMVI) feder­führend das im Koalitions­vertrag verein­barte Luft­verkehrs­konzept der Bundes­regierung", aber dabei "vernach­lässigt das BMVI die Klima­schutz­ziele und die Nach­haltig­keits­strategie der Bundes­regierung". (Auf der Webseite des BMVI erfährt man dazu nur, dass man dort offenbar immer noch auf ein Gutachten wartet, das "Mitte 2015" vorliegen sollte.)
Dass das Konzept in die richtige Richtung geht, zeigt sich auch daran, dass der "Bundes­verband der Deutschen Luft­verkehrs­wirtschaft (BDL)" dazu nur eine selbst für seine Verhält­nisse extrem dümmliche und inhalts­leere Erwiderung zustande bringt.

Aus Sicht von Fluglärmgegnern ist das Konzept gut und nützlich und enthält viele Ansätze, die die Situation verbessern könnten. Revolutionär ist es nicht. Es stellt weder das Wachstums-Dogma der Luftverkehrswirtschaft ernsthaft in Frage, noch entwickelt es einen Regelungsrahmen, der den Luftverkehr stärker nach den Prinzipien der öffentlichen Daseinsvorsorge und weniger nach dem Profitprinzip steuern könnte. Insbesondere das Kapitel 5, "Nationales Flughafensystem entwickeln statt Wildwuchs zu subventionieren", liest sich wie eine Anleitung zur Effektivierung des Flughafenbetriebs mit der Konsequenz, dass an den "sechs wirtschaftlich tragfähigen ... Flughäfen Frankfurt/Main, München, Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart" "die Kapazitäten besser genutzt", d.h. der Flugverkehr noch mehr verdichtet werden sollte.
Dennoch muss man wohl davon ausgehen, dass dieses Konzept gegenüber dem, was das BMVI unter freundlicher Anleitung der Luftfahrtlobby und Polit-Zombies wie Ex-Wirtschaftsminister Posch produzieren wird, ein Riesen-Fortschritt wäre.




Karte Nachtschutzzonen Raunheim

Nachtschutzzone zweigeteilt - für den orangefarbenen Bereich läuft die Antragsfrist im Oktober 2016 ab

Antragsfrist für Massnahmen des Passiven Schallschutz läuft ab - für einige !

Am 28.07.15 tauchte auf der Webseite der Stadt Raunheim eine zunächst über­raschende Meldung auf.
"Das Regierungs­präsidium Darmstadt weist darauf hin, dass am 12. Oktober 2016 die erste Frist zur Geltend­machung von Schall­schutz­maßnahmen nach § 9 Fluglärm­gesetz ausläuft. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Grund­stücks­eigen­tümer, deren Immo­bilien einem äquiva­lenten Dauer­schall­pegel von über 65 dB (A) am Tag oder von über 55 dB (A) in der Nacht ausge­setzt sind, Ansprüche beim Regierungs­präsidium Darm­stadt geltend machen."
Diese Frist hatte wohl kaum jemand im Auge gehabt (wir auch nicht), und in der Meldung findet sich auch nichts Genaueres zu den Hinter­gründen. Auf der Webseite des RP Darmstadt findet man garnichts zu diesem Termin, auch nicht in den ange­botenen Info-Materi­alien zum Schall­schutz-Pro­gramm. Aber wie so oft hilft auch hier ein Blick ins Gesetz zur Klärung der Rechts­lage.

Besagter § 9 Fluglärm­gesetz sagt im allerletzten Satz (§ 9 (7) Satz 2): "Der Anspruch ... kann nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Entstehung des Anspruchs geltend gemacht werden." (Vergleichbare Regelungen gelten auch für die Ansprüche nach dem Regionalfonds-Gesetz und auf Aussenwohnbereichs-Entschädigung, siehe dazu unsere (korrigierte) Doku.)

Bisher hat es praktisch keine Rolle gespielt, aber der Zeitpunkt der Entstehung des genannten Anspruchs ist tatsäch­lich nicht für alle Raunheimer Haus­besitzer gleich. Denn zwar liegt ganz Raunheim in der sog. "Nacht­schutzzone", aber die ist in sich nochmal in zwei Bereiche geteilt: einen inneren Bereich, in dem der (berech­nete) Lärmwert zwischen 55 und 60 db(A) liegt, und einen äusseren Bereich von 50 bis 55 dB(A) (orange­farbener bzw. brauner Bereich der Karte). (Für die "Tag­schutz­zone" gibt es eben­falls zwei Bereiche, aber da liegt ganz Raunheim im "äusseren Bereich" (!))
Bei Novellie­rung des Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm im Jahr 2007, bei der auch die "Erstat­tung von Aufwen­dungen für bauliche Schall­schutz­maßnahmen" und die "Entschä­digung für Beein­trächti­gungen des Außen­wohn­bereichs" geregelt wurden, wurde eine allge­mein als Lex Fraport kriti­sierte Fristen-Regelung einge­führt, die den "weniger belasteten" Anwohnern des äusseren Bereichs erst nach sechs Jahren Schutz­ansprüche einräumen sollte. Das hat sich bei den Erstat­tungen für Schall­schutz­maß­nahmen nicht ausgewirkt, weil Fraport sich nach massiven Protesten nach der Eröf­fnung der Nordwest­bahn mit der Einführung des Regional­fonds 2012 "freiwillig" ver­pflichten musste, die Erstat­tungen für alle umgehend auszu­zahlen.

Für die Ablauf-Fristen bleibt aber der gesetz­lich festge­legte Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs relevant, und das ist für die Bewohner der orange-farbenen inneren Nacht­schutz­zone der 12. Oktober 2016, denn am 13. Oktober 2011 trat die Verord­nung über die Fest­setzung des Lärm­schutz­bereichs für den Verkehrs­flughafen Frank­furt Main in Kraft, die diese Zone definiert hat. Deshalb gilt für sie, "dass spätestens zu diesem Zeit­punkt die Schall­schutz­maß­nahmen auch bereits umge­setzt sein müssen. Betrof­fenen Bürgern wird daher geraten, Anträge nunmehr zeitnah zu stellen." Diesem Rat können wir uns für diesen Personen­kreis nur anschliessen.

Alle anderen hätten eigent­lich noch fünf Jahre Zeit, sich zu entscheiden, was sie wie tun wollen, wenn da nicht noch ein anderer Fallstrick wäre. Wer auch Mittel aus dem Regional­fonds nutzen möchte, muss gemäß Förder­richt­linie (Teil II, 1.5.1) vorher die gesetz­lichen Ansprüche geltend gemacht haben. Da aber auch die Ansprüche an den Regional­fonds nach fünf Jahren verfallen (Teil II, 1.6) und diese Richt­linie am 1.1.2013 in Kraft getreten ist (Teil III, 13), ist da am 31.12.2017 Schluss mit der Förderung (soweit das Geld über­haupt bis dahin reicht (Teil 3, 3)).
Lediglich mit dem Antrag auf "Entschä­digung für Beein­trächti­gungen des Außen­wohn­bereichs" kann man sich bis zum 12.10.2021 Zeit lassen, falls man das Geld vorher gar nicht brauchen kann (es kommt aber ohnehin erst ab Oktober 2016).




Logo TTIP GG

Ganz soweit ist es noch nicht,
aber das Bündnis arbeitet dran

Bündnis gegen TTIP, CETA und TISA im Kreis Groß-Gerau

Je mehr über die geplanten Freihandels­abkommen, die die EU abschliessen möchte, bekannt wird, desto breiter wird der Widerstand dagegen. Am 21. Juli war es auch im Kreis Groß-Gerau soweit: Auf Initia­tive des BUND gründete sich ein "Aktions­bündnis gegen TTIP, CETA und TISA im Kreis Groß-Gerau". Bemerkens­wert: unter den sechs Gründer-Organisa­tionen ist auch eine aus Raunheim, die Katho­lische Arbeit­nehmer­bewegung Raun­heim.
Von den zehn weiteren Organisa­tionen, die beim Gründungs­treffen anwesend waren, müssen etliche noch Beschlüsse über eine mögliche Mitarbeit fassen; andere, die nicht teilnehmen konnten, haben ihre Mitarbeit angekündigt. Weitere Unter­stützer sind dringend erwünscht.

Per Presse­erklärung und Aufruf hat sich das Bündnis an die Öffent­lich­keit gewandt und angekündigt, dass die ersten Aktivi­täten in der Unter­stützung der Europä­ischen Bürger­initia­tive gegen TTIP und in der Mobili­sierung zur Groß­demo in Berlin am 10.10. bestehen sollen. Ein weiteres Plenum ist für Ende August / Anfang Septem­ber geplant.

Ein weiterer Schritt sollte sicherlich sein, die Gremien des Kreises und seiner Kommunen dazu zu bringen, sich ebenfalls gegen diese Abkommen zu positionieren. Nachdem die Raunheimer Stadt­verord­neten-Versamm­lung auf SPD-Antrag gerade beschlossen hat, Raunheim zum Fair­trade-Town zu machen, sollte ein solches Anliegen auch da auf offene Ohren stossen.




Karte NAT6x68 Raunheim

Solange die violette Kontur innerhalb der ockerfarbenen liegt, ist die Welt formal in Ordnung - zumindest für das Ministerium

Hurra, es darf noch lauter werden !

Neben den halb­jährlichen Berichten zum Thema Schall­schutz für die Öffent­lichkeit (siehe weiter unten) verfasst Fraport auch noch regel­mäßig ebenso aussage­kräftige Berichte über die Entwick­lung des Fluglärms für das zustän­dige Ministe­rium. Das neuste Exemplar wurde Mitte April erstellt und vor Kurzem auf der Webseite des Ministe­riums veröffent­licht. Es enthält "die aktuellen Berech­nungen ... für das Betriebs­jahr 2014".
Berechnet werden de facto nur Vergleichs­werte, die für die "verkehrs­reichsten sechs Monate Mai bis Okto­ber" einige Lärm­konturen mit den jewei­ligen in der Planfest­stellung aufgrund des im Jahr 2020 zu erwar­tenden Lärms festge­legten Schutz­zonen vergleichen. "Insgesamt zeigt sich, dass die berech­neten Ergeb­nisse nach wie vor unterhalb" dieser erwarteten Werte liegen, stellt das Minis­terium erfreut fest, also alles in Ordnung. Es ist überall noch nicht so laut, wie es sein dürfte - bis auf einen kleinen Aus­reisser im Nord­westen.
"In der Nacht ... kommt es aufgrund ... einer verstärkten nächt­lichen Nutzung der Nord­west­abflug­strecken zu einer örtlichen Verän­derung der Dauer­schall­pegel-Kon­turen sowie der NAT-Kontur im Bereich westlich Edders­heim", muss das Minis­terium fest­stellen, kennt aber auch den Schuldigen: "Die Gründe hierfür liegen in der vorüber­gehenden Ausset­zung der Unabhäng­igkeit der Abflüge von Südum­fliegung und Start­bahn West durch die DFS".

Obwohl das alles recht harmlos klingt, hat es einen bedenk­lichen Hinter­grund. Zum Ersten ist es grund­sätzlich bedenk­lich, wenn bei deutlich weniger als 500.000 Flug­bewe­gungen im Jahr 2014 Lärm­werte erreicht oder sogar über­schritten werden, die für mehr als 700.000 Flug­bewe­gungen (im Jahr 2020, nach den falschen Prog­nosen aus der Plan­fest­stellung) berechnet wurden. Weder Fraport noch Minis­terium interes­siert es offenbar, heraus­zufinden, welcher Anteil der Über­schrei­tungen tatsäch­lich auf die unter­schied­lichen Flug­routen-Bele­gungen zurück­zuführen ist, und welcher Anteil möglicher­weise aus anderen Verände­rungen kommt.
Zum Zweiten sind die Schluss­folge­rungen, die das Minis­terium andeutet, äusserst bedenk­lich: "Das HMWEVL ist mit der DFS bezüg­lich der Frage, ob dauer­haft von diesem Sach­verhalt auszu­gehen ist, im Gespräch und wird ggf. auch Prüfungen im Hinblick auf Aus­wirkun­gen auf den Lärm­schutz­bereich vor­nehmen." Im Klartext heisst das, dass es das Minis­terium durchaus für möglich hält, dass entgegen früheren Verspre­chungen eine stärkere Nutzung der Nord­abflug­routen durchaus dauer­haft einge­richtet werden kann, und dass die Reaktion darauf einzig darin bestehen wird, ggf. die Lärm­schutz­zonen etwas anzu­passen. Festzu­stellen, dass die geplante Kapazität mit diesem Bahnsystem technisch nicht erreicht werden kann und daher die Grund­lagen für die Planfest­stellung entfallen sind, liegt ausser­halb des Vor­stellungs­vermögens des Herrn Ministers und seiner Beamten.

Das bedeutet dann nicht nur für Flörsheim, Wicker, Edders­heim und andere mehr Lärm auch bei Betriebs­richtung 25, auch im Raun­heimer Norden würde es lauter. Die kleine Überlap­pung der beiden Kurven im Raun­heimer Nordosten zeigt schon, dass es auch hier aktuell lauter ist als vorher­gesagt. Und die Perspektive ist auch nicht besser.




Plakat Einweihung Airportgarden

   Wer hat Grund zum Feiern,
   und warum ?

"AIRPORT GARDEN" eingeweiht - Klimaschutz hat fertig

Zwei Ereignisse mit Bezug zum Flughafen prägten die Meldungen aus Raunheim kurz vor den Sommer­ferien. Zum einen wurde am 24. Juli mit einem ganz­tägigen Fest "AIRPORT GARDEN" eröffnet. Die Stadt hofft, dass mit der Inbetrieb­nahme des Business-Parks, in dem "vorrangig die Ansiedlung chinesischer Unter­nehmen erfolgen soll", die Zukunft beginnt - eine "wirtschaft­lich abgesicherte" Zukunft, wie der Bürger­meister betont. Bisher ist das aller­dings nicht mehr als eine Hoffnung, denn nicht nur ist es in heutigen Zeiten generell sehr schwierig, wirtschaft­liche Entwick­lungen vorher­zusehen (und unmög­lich, sie zu planen), die Rahmen­bedingungen sind auch nicht wirklich gut. Was passieren soll, liest sich in den städtischen Texten so:

"Jetzt wird hier ein moderner, weit­läufiger Business­park mit einem breiten Gastro­nomie- und Dienst­leistungs­angebot entstehen, in dem anspruchs­volle Unter­nehmen unter­schied­lichster Branchen zukunfts­fähige Standort­bedingungen vorfinden. Besonders hervor­zuheben sind dabei die Ausstat­tung mit High­speed Glas­faser-Techno­logie, mit einer Co2-neutralen Nahwärme­versorgung, mit öffent­lichem W-LAN, bester Verkehrs­anbindung an Auto­bahnen und ÖPVN sowie die weit­läufige, natur­nahe Gestaltung des gesamten Areals. Seinen Namen AIRPORT GARDEN trägt dieser Business­park nicht ohne Grund."

Was in den Jubel­arien nicht besungen wird, ist die Tatsache, dass das "natur­nahe Areal" fast direkt unter der Endanflug­linie der Südbahn liegt und in weniger als 300 Metern Höhe über­flogen wird. Gastro­nomie und Dienst­leister, die auf angenehme Umgebung Wert legen, werden sich dort mit Sicherheit nicht nieder­lassen. Die Ansprüche der Unter­nehmen, die sich (vielleicht) dort ansiedeln werden, werden die nach technischer Ausstat­tung und Flug­hafen-Nähe sein, wobei sie sich bzw. ihren Beschäf­tigten die Lärmbe­lastung eben zumuten und besten­falls die Büros schall­dämmen. Wer das auf Dauer durchhält, bleibt abzuwarten. Die Gefahr ist jeden­falls groß, dass das Gelände relativ schnell zum "AIRPORT BACKYARD" verkommt - ein Hinter­hof-Stand­ort für alle, die "Flug­hafen-affine" Geschäfte betreiben, denen die Premium-Stand­orte der Airport City aber zu teuer sind.

Wirtschafts­minister Al-Wazir hat auch noch ein Lob zu vergeben: "Der neue gewerb­liche Stadtteil wurde auf einer industri­ellen Brach­fläche entwickelt. So mussten keine zusätz­lichen Frei­flächen in Anspruch genommen werden, die in der Rhein-Main-Region mit ihrer stetig wachsenden Bevöl­kerung ohnehin sehr knapp sind."
Diese Betrachtungs­weise ist besten­falls teilweise richtig. Immerhin wurde die "Brach­fläche" noch um mehr als 10.000 m2 teils sehr wert­volle Wald­fläche erweitert, und die "Ausgleichs­maßnahmen" dafür sind mehr als dubios. Ein Großteil des Ausgleichs soll im berüch­tigten Phantom-Wald "Im Sainer" zwischen Raun­heim und Rüssels­heim erfolgen. Diesen 'Wald' sucht man heute vergeb­lich und wird ihn auch niemals finden, denn schon aus Platz­gründen kann dort besten­falls ein Baum­streifen entstehen, der nur wenige ökolo­gische Funktionen eines Waldes erfüllen kann.

Dazu paßt die zweite Meldung: Am 23. Juli hat Bürger­meister Jühe der Stadt­verord­neten-Versamm­lung den Entwurf eines Kommu­nalen Klima­schutz­konzepts vorge­legt. Die Stadt­verord­neten werden das umfang­reiche Werk zur Kenntnis nehmen und die Verwaltung wird die dort vorge­sehenen Maß­nahmen nach und nach zur Umsetzung vorbe­reiten.
Tatsächlich ist das Konzept im Bereich energe­tischer Maßnahmen sehr umfassend. Viele andere Bereiche werden jedoch stark vernach­lässigt, und unter dem Stichwort "nach­haltige Stadt- und Umwelt­planung" finden sich nur wenige Seiten, die über­wiegend auf das Programm "Grünes Raunheim" verweisen. Was dieses Programm genau bein­halten soll, ist nicht ganz nach­voll­ziehbar, die sicht­baren Ergeb­nisse stehen jeden­falls in deutlichem Wider­spruch zu den formu­lierten Grund­sätzen. Man lese nur, was da zur Grün­flächen­gestaltung und Entsie­gelung steht, und betrachte die Stein­wüsten, die rund um das Stadt­zentrum entstanden sind.
Was aus Sicht der BI zum Thema 'Kommu­naler Klima­schutz' zu sagen ist, hatten wir seiner­zeit in einem Kommentar formuliert und in die Bürger­betei­ligung einge­bracht. Einige Aspekte zur kommunalen Beschaf­fung finden sich immerhin in dem jetzt vorge­legten Konzept wieder.




FLK-Baustelle

Umbau der Fluglärmkommission erfolgreich abgeschlossen

Wie die FLK in einer ausführ­lichen Presse­mittei­lung zu ihrer 231. Sitzung mitteilt, hat sie einen "Beschluss zur Neuor­dnung der Mitglied­schaft" gefasst, der nun vom Minis­terium als Aufsichts­behörde umgesetzt werden kann. Es geht aus dem Text nicht genau hervor, aber man darf davon ausgehen, dass dieser Beschluss inhaltlich mit dem überein­stimmt, was Frau Barth als Vertre­terin des Minis­teriums als Vorschlag präsen­tiert hat.

Für den Haupt­streit­punkt, die Mitglied­schaft der Landkreise, ergibt sich daraus, dass 7 der 14 interes­sierten Kreise die gewählten Kriterien erfüllen und dadurch Mitglied werden. Die anderen sieben können Anträge stellen, um aufgrund besonderer Betroffen­heiten zuge­lassen zu werden. Für welche das der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
Für die kommu­nal-unab­hängige Inter­essenver­tretung der Betrof­fenen werden der Bundes­vereinigung gegen Fluglärm weiterhin zwei Sitze eingeräumt (die wohl weiterhin Dirk Treber und Berthold Fuld einnehmen werden), darüber hinaus wird dem DFLD auch noch ein Sitz für einen nament­lich benannten Experten (Horst Weise) zugestanden.

Wenn nichts dazwischen kommt, wird die FLK bereits in der nächsten Sitzung im Oktober 2015 in der neuen Zusammen­setzung tagen.




Lärmgrenze

      Wie begrenzt man Lärm ?

Lärmminderung statt Lärmobergrenze

Die letzte Wunder­waffe der Landes­regierung gegen den Fluglärm, die "Lärm­ober­grenze", war wieder einmal Thema in der letzten Sitzung der Fluglärm­kommission. In einer Präsen­tation erläuterte Frau Barth den aktuellen Sachstand. Viel hatte sie nicht zu berichten.
Ausser den bekannten Grund­lagen (Koalitions­vertrag, Landtags­beschluss, Vorar­beiten in FFR und FLK, siehe dazu unsere Doku) stellte sie kurz zwei existie­rende Modelle (Zürich, Hamburg) vor (ohne deren Versagen explizit zu benennen) und formu­lierte dann nur noch Fragen, die künftig bearbeitet werden sollen. Einen nächsten Bericht stellte sie für Dezember 2015 in Aussicht, ansonsten bleibt es bei dem Zeitplan, frühestens im Sommer 2016 einen Vorschlag "zur politi­schen Entschei­dung" vorzulegen.
In einem zwischen­zeitlich durch­geführten Gespräch der BBI-Sprecher­Innen mit Vertreter­Innen der Grünen aus Landes­regierung und Landtags­fraktion bestätigten Letztere nochmal eindeutig, dass der Termin des Inkraft­tretens der EU-Betriebs­beschrän­kungs-Verord­nung im Sommer 2016 dafür keine Rolle spielt, weil diese "Lärm­ober­grenze" nichts beschränken soll.

Um dieser Diskus­sion eine andere Richtung zu geben, hat der Sprecher­kreis des BBI nach ausführ­licher Diskussion in der Delegierten­versammlung ein Positions­papier zur Diskussion gestellt, das Forde­rungen formuliert, die tatsächlich zu einer Verbes­serung der Situation führen könnten. Statt eine "Obergrenze" einzuführen, die noch wesent­lich mehr Lärm zuläßt als heute, sollen Lärm­minderungs­ziele formuliert werden, die den heute schon unhaltbaren Zustand Schritt für Schritt, aber verbindlich für alle, verbessern.




Fotomontage Draghi-Schulte-Landesregierung

EU und Landesregierung wollen die Griechen überzeugen,
dass Fraport-Blau hervorragend zu ihren Flughäfen paßt ...

Fraport auf Beutezug - Landesregierung als Komplize

Wenn der griechische Staat nun doch noch sein aller­letztes Tafel­silber verramschen muss, um unter EU-Kuratel weiter existieren zu dürfen, möchte Fraport natürlich auch einen Teil der Beute abhaben.
Schon bei der ersten Privati­sierungs-Runde im Herbst 2014 wollte Fraport mit einem griechischen Partner eine Konzession für den Betrieb von 14 Regional­flughäfen für 40 Jahre über­nehmen. Die neue, SYRIZA-geführte Regierung hatte nach ihrem Wahlsieg im Januar 2015 aller­dings die Privati­sierungen erst einmal gestoppt. Nachdem die EU aber klarge­stellt hat, dass solche Entschei­dungen unter den gegebenen Beding­ungen nicht in Athen, sondern in Brüssel (und ggf. Berlin) getroffen werden, und die Kontrolle über die griechische Politik und Wirtschaft nochmal verstärkt hat, hofft Fraport auf noch bessere Kondi­tionen.
Am liebsten würde man sich wohl die ÖBB zum Vorbild nehmen, denn die würde, wenn sie geruhen sollte, die griechische Staatsbahn TrainOSE zu übernehmen, "völlig ausschließen, einen positiven Kaufpreis zu bezahlen".

Während Fraport-Chef Schulte aber eher dezent im Hinter­grund sondiert und öffent­lich becken­bauert ("Schaun mer mal"), stellt Minister­präsident Bouffier in seiner allseits beliebten, direkten Art klar, wie das diesmal funktio­nieren muss. Hessen ist schließlich größter Anteils­eigner der Fraport, da muss sich der Chef schon mal selber drum kümmern, dass das alles klar geht. Wirtschafts­minister Al-Wazir darf sich dann vermut­lich um die Fein­heiten kümmern, und "Aufsichts­rat" Kaufmann ist ohnehin für nichts mehr zu gebrauchen.
Diesmal "muss eine Sicherheits­konstruktion herbei, die das Risiko überschaubar macht", fordert Bouffier, vor allem aber muss sicher­gestellt sein, dass nicht wieder "irgendein Politiker" daher­kommt und mit dem lächer­lichen Hinweis auf irgendeine Wahl glaubt, "das Ganze wieder rück­gängig" machen zu können. Nur das kann die Flughäfen retten, denn Bouffier weiss, "Dieser Staat wird sie nicht herrichten", und "Ohne Privati­sierung würden sie irgend­wann mit Unkraut zuwuchern". Hat da jemand was vom "häßlichen Deutschen" gesagt?

Man kann die Primiti­vität unseres politischen Spitzen­personals aber nicht nur am voll­ständigen Mangel an diploma­tischem Geschick und der grenzen­losen Arroganz ablesen, die hier zum Vorschein kommt. Während allen vernünftigen Ökonomen klar ist, dass das neue Troika-Spardiktat die griechische Wirtschaft endgültig ruinieren wird (selbst ein FAZ-Kommen­tator spottet nur noch über die " Fünfzig Phantas­tilliar­den", die die Privati­sierungen bringen sollen), faselt Bouffier davon, mit dem Raubzug werde "Griechen­land geholfen, da der Tourismus durch funktio­nierende Flughäfen in Gang gebracht werden könne". Fakt ist aber, dass auch im Tourismus-Sektor die profit-trächtigen Teile verscherbelt werden müssen, bevorzugt an ausländische Investoren, während ein völlig verarmter Staat kaum die Infra­struktur aufrecht erhalten kann, die die kleinen und mittleren Gewerbe­treibenden brauchten, um in diesem Sektor zu überleben.
Fraport und Landes­regierung müssen also offen­sicht­lich glauben, von einem völlig extern gesteuerten Reise- und Tourismus-Boom profi­tieren zu können, der sich in einigen Nobel-Zentren in einem ansonsten verarmten Land abspielt. Partiell funktio­niert das derzeit noch in einigen Teilen der Welt. Dass es ein zukunfts­fähiges Modell sein kann, darf man nicht nur bezweifeln - man muss darauf hoffen, dass es nicht (mehr) funktio­nieren wird, weder in Griechen­land noch anderswo.

Ob der Deal wirklich reibungslos über die Bühne gehen kann, ist wohl noch nicht klar. Wie das ARD-Magazin Monitor berichtet, regt sich selbst in der von Dissidenten gesäuber­ten griechischen Regierung noch Widerstand. "Bei dieser Privati­sierung soll der griechische Staat 14 gewinn­bringende Flug­häfen verkaufen, und die anderen 30 Flughäfen, die keinen Gewinn machen und subventio­niert werden müssen, bleiben beim griechischen Staat. Das ist ein Modell, das so noch nirgendwo in Europa angewandt wurde. Das passt eher zu einer Kolonie als zu einem EU-Mit­glieds­land", wird der zuständige Infra­struktur­minister zitiert. Ob das hilft, die neuen Kolonial­herren zu bremsen?

Update 13.08.15: Zumindest bei den "Institutionen" war Bouffier erfolgreich. Im Entwurf des sog. Memorandum of Understanding vom 11.08.15, in dem die "Gläubiger" der griechischen Regierung die Bedingungen diktieren, die sofort umzusetzen sind, heisst es (auf S.25): "die Regierung wird nicht umkehrbare Schritte vornehmen zum Verkauf der regionalen Flughäfen an den bereits ausgewählten Bieter zu den bestehenden Bedingungen" (eigene Übersetzung).
Voller Erfolg für Fraport - falls das griechische Parlament der Erpressung zustimmt. Die Griechen können allerdings anstellen, was sie wollen, Deutschland profitiert von ihrer Krise, selbst wenn sie keinen Cent ihrer Schulden zurückzahlen.




US-EU-ICAO

Die neuen Hüter des Umweltschutz im Luftverkehr

Vorfahrt für die (Luftverkehrs-) Wirtschaft ?

Trotz des in den aktuellen Krisen über­deutlich gewordenen Scheiterns der neolibe­ralen Ideologie geht der Liberali­sierungs­wahn unvermindert weiter. Während es aber bei den grossen Projekten, wie den Frei­handels­abkommen TTIP, CETA und TISA, wenigstens gelungen ist, ein gewisses Maß an Öffent­lichkeit herzu­stellen, gelingt es der Luft­verkehrs­wirtschaft noch, ihre Absichten weit­gehend im Dunkeln zu halten. Zwei Beispiele sind aktuell bekannt geworden.

Die Bundes­regierung möchte nach der Sommer­pause ein Gesetz durch den Bundestag schleusen, das ganz harmlos als Umsetzung bzw. Ergänzung eines schon länger bestehenden Luft­verkehrs-Abkom­mens zwischen der EU und den USA daher kommt. Tatsächlich geht der Gesetzes­text aber noch über das, was auf EU-Ebene bereits beschlossen (und schlimm genug) ist, hinaus und versucht, noch weitere Hürden aufzu­bauen gegen lokale Bestre­bungen, aus Gründen des Gesund­heits- und Umwelt­schutzes spezielle Rege­lungen an Flughäfen (wie z.B. Nacht­flug­verbote) einzu­führen.
Mainzer Initiativen haben eine Petition aufgesetzt, die die Hinter­gründe erklärt und die Bundestags­abgeordneten auffordert, diesen Gesetz­entwurf so nicht durch­gehen zu lassen.
Die Petition ist unbedingt unter­stützens­wert, eine Anmerkung sei allerdings erlaubt: ein einfaches Gesetz wie dieses kann nicht wirklich Kompetenzen von nationalen Gesetz­geber auf eine inter­nationale Organi­sation übertragen. Um sich selbst zu entmün­digen, braucht der Bundestag eine 2/3-Mehrheit, und er muss klar sagen, dass er das vorhat. Alle Verein­barungen, die mit diesem Gesetz bestätigt oder neu getroffen werden, stehen unter dem Vorbehalt der Verein­barkeit mit bestehen­den nationalen Gesetzen. Natürlich wird das argumen­tative Trommel­feuer gegen neue Regulie­rungen an Flughäfen damit heftiger, und die Durch­setzung wird schwieriger (und erfordert u.U. den Gang durch die juristischen Institu­tionen bis zum Verfassungs­gericht), aber trotzdem: auch wenn die Hürden höher werden - unüber­windlich werden sie nicht!

Das zweite Projekt ist nur durch einen empörten Aufschrei der Europä­ischen Piloten-Verei­nigung ECA in der Fachpresse bekannt geworden. In der ICAO arbeiten zwei Arbeits­gruppen mit sorgsam ausge­wählter nationaler Beteili­gung (Deutsch­land ist natürlich dabei) an der Ausarbei­tung eines multi­nationalen Abkommens zur (endgül­tigen) Liberali­sierung des Luft­verkehrs. Der Präsident der ECA beschreibt das Vorgehen in einer Meldung als "TTIP für die Luft­fahrt, aber auf globaler Ebene" und qualifi­ziert es als "nicht weniger als skandalös".
Viele Details sind bisher nicht bekannt. Anscheinend handelt es sich um einen Versuch der Staaten mit den größten Carriern (USA, EU, Golf-Staaten), trotz massiv gegen­sätzlicher Inter­essen eine gemeinsame Basis für die weitere Entwick­lung der Luft­verkehrs­wirt­schaft zu finden und "Wachs­tums-Hinder­nisse" zu beseitigen. Dabei konzen­trieren sie sich auf die wirtschaft­lichen Kernthemen; Randthemen wie Arbeit­nehmer-Rechte, Umwelt­schutz etc. spielen dabei keine Rolle. Dafür wird wohl auch nicht viel Zeit bleiben, denn der Fahrplan ist anspruchs­voll: schon zur nächsten ICAO-General­versammlung im Herbst 2016 soll ein Entwurf für ein Abkommen vorliegen, dem sich dann alle Staaten (selbst­verständ­lich frei­willig und ohne jeden Zwang) anschliessen dürfen.
Man wird hier, ähnlich wie bei den anderen "Liberali­sierungen", versuchen müssen, Licht ins Dunkel zu bringen, ehe es zu spät ist und neue Schäden angerichtet werden.




Deckblatt Ausführungsbestimmung Dachsicherung

So müsste das Deckblatt eigentlich aussehen ...

Neuer Anlauf zur Dachsicherung - vorerst abgewürgt

Nur in der lokalen Presse kurz erwähnt, stand am 13.7. im Kreistag des Main-Taunus-Kreises ein Antrag zur Abstimmung, in dem gefordert wurde, klarzu­stellen, dass Fraport wirklich die gesamten Kosten, die für die Sicherung eines durch Wirbel­schleppen gefähr­deten Daches entstehen, zu tragen habe. Hintergrund ist, dass Fraport rechtswidrig, aber beharrlich behauptet, dass "Kosten, die entstehen, um die Voraus­setzungen für die Siche­rung der Dach­ein­deckungen zu schaffen, nicht durch Fraport zu tragen" seien. In Flörs­heim sind Fälle bekannt, in denen Haus­eigen­tümer fünf­stellige Summen für Vorbe­reitungs­arbeiten auf­bringen sollen, damit das Dach dann anschließend durch Fraport geklammert werden kann. (Falls das in Raunheim auch der Fall sein sollte, haben es die Betrof­fenen bis jetzt leider vorge­zogen, damit nicht in die Öffent­lich­keit zu gehen.)
Hier hätte also eine Chance bestanden, etwas politischen Druck auszuüben, damit das Mini­sterium endlich einmal klarstellt, was es eigent­lich verfügt hat (bzw. verfügen wollte). Aber wohl, weil der Antrag von der LINKEN kam, mochte die Mehrheit aus CDU, SPD und FDP dem nicht zustimmen. Die Grünen waren inhalt­lich mit den LINKEN einer Meinung, haben aber angesichts der Mehrheits­verhält­nisse zusammen mit den anderen den Antrag in einen Ausschuss über­wiesen, wo er erst mal bis September ruht. Ausge­rechnet der Flörs­heimer Bürger­meister Anten­brink, der auch als SPD-Abge­ordneter im Kreistag sitzt, meinte sogar, vor dem Antrag warnen zu müssen, weil er die Durch­führung des Sicherungs­programms verzögern könnte!

Warum die Fraport-Be­hauptung recht­lich nicht haltbar ist, haben wir bereits in einem Kommen­tar unmit­telbar nach der ersten "Planer­gänzung" durch Herrn Rentsch und vor ein paar Monaten nochmal in einer Presse­erklärung erläutert.
Politisch ist sie natürlich völlig unhaltbar, denn es kann nicht sein, dass Fraport, um den Flug­betrieb wie gewünscht durch­führen zu können, den Haus­besitzern in der Umgebung nicht nur zusätz­liche Risiken, sondern auch erheb­liche Kosten auf­bürdet. Selbst dieje­nigen, die für die Dach­sicherung unmit­telbar nichts zuzahlen müssen, haben ja u.U. erheb­liche Folge­kosten, weil jeder kommende Eingriff am Dach durch die Sicherung deutlich teurer wird. Es ist wahr­haftig an der Zeit, hier einen Riegel vorzu­schieben. Eine volle Kosten­über­nahme durch Fraport wäre ein erster Schritt - eine Minderung des Wirbel­schleppen-Risikos durch weniger Flug­bewegungen und größere Über­flug­höhen die bessere Lösung.




BI-Stand Samstag

Am Anfang kamen nur einzelne InteressentInnen ...

Die BI beim Bahnhofstrassen-Fest

Auch in diesem Jahr gab es wieder einen Stand der BI beim Bahnhof­strassen-Fest. Optisch machte er sogar noch mehr her als sonst, weil die beiden A380, die über dem Stand hingen und auf die Gefahr der Änderung der Abflug­routen hin­weisen sollten, die ganze Strasse entlang zu sehen waren und Aufmerk­samkeit anzogen.
Inhaltlich waren neben dem lokalen Schwer­punkt der Gefahren durch Wirbel­schleppen und den Problemen mit dem dagegen gerich­teten Dach­sicherungs-Programm insbe­sondere der weitere Ausbau in Form des drohenden Bau­beginns von Terminal 3, die "Lärm­pausen", die Ergeb­nisse der NORAH-Kinder­studie und eben die Gefahren, die mit dem anstehenden Urteil zur Südum­fliegung drohen könnten, Themen auf den Stell­tafeln. (Einen ausführlichen Bericht sowie alle Materialien, die am Stand zu sehen waren, gibt es hier.)

BI-Stand Samstag

... später gabs dann viel Betrieb.

Nachdem der Aufbau schon durch leichten Regen erschwert war und der fast fertige Stand beinahe von einem Wolken­bruch weg­gespült wurde, lief das Fest etwas zögerlich an, aber am späteren Nach­mittag, bei deutlich besserem Wetter, gingen dann auch Stimmung und Betei­ligung deutlich nach oben.

Am Sonntag wars dann richtig sommer­lich und entspre­chend gut war der Besuch. Am BI-Stand gab es den ganzen Tag über Diskus­sionen in kleinen Gruppen zu allen möglichen Themen, aber ein High­light war sicherlich die Diskus­sion mit Thomas Jühe, Bürger­meister und Vorsit­zender der Flug­lärm-Kommis­sion, über die mögliche Weiter­entwick­lung im Konflikt um die Südum­fliegung.

BI-Stand Diskussion Südumfliegung

Bei der Diskussion um die Südumfliegung war richtig was los.

Nachdem Thomas Jühe die aktuelle Situation kurz beschrieben hatte (siehe dazu einen älteren Kommentar, der im Kern nach wie vor gültig ist), drehte sich die Diskus­sion darum, welche Optionen möglich wären je nachdem, wie das Urteil des Bundes­verwaltungs­gerichtes ausfällt.

Fluglärm-Kommission und DFS arbeiten an Vorschlägen, mit denen das Gericht überzeugt werden soll, den weiteren Betrieb der gewählten, allseits als "lärm-ärmsten" Variante einge­schätzten Route zuzu­lassen.

Für die BI steht im Mittel­punkt, dass das Dogma, wonach die Kapa­zitäts­ziele immer Vor­rang vor Lärm­schutz-Aspekten haben, poli­tisch und juris­tisch gebrochen werden muss. Wenn der Betrieb des Flughafens nicht so organi­siert werden kann, dass die Menschen der Region ohne gesund­heitliche Schäden und sonstige Belas­tungen damit leben können, dann muss der Betrieb beschränkt werden, nicht die Lebens­möglich­keiten der Menschen.

Die Diskussion endete mit einem Appell an alle Anwesenden, sich aktiv am Widerstand gegen den weiteren Ausbau und die zunehmende Verlärmung der Region zu beteiligen. Zumindest zu diesem Zeit­punkt schienen alle damit einver­standen zu sein.




Wirbelgenerator

Lufthansa - mal ehrlich !

"Lufthansa fliegt jetzt deutlich leiser", teilt die Airline stolz in einer Meldung mit. Grund dafür: "Experten von Lufthansa Technik rüsten in der kommenden Woche das 100. Flugzeug der Lufthansa A320-Flotte mit schall­reduzie­renden Wirbel­genera­toren aus". Und es wird bald noch leiser: "Insgesamt erhalten 157 Flugzeuge der Kurz- und Mittel­strecken­flotte einen Wirbel­generator. Werks­neue Airbus-Flugzeuge werden schon seit Anfang 2014 mit der geräusch-reduzie­renden Technik an Lufthansa ausge­liefert. Insgesamt fliegen künftig mehr als 200 Lufthansa-Jets deutlich leiser."
Zur Wirkung dieser Maßnahme erklärt Lufthansa, "... dass die Wirbel­genera­toren störende Töne beseitigen und den Gesamt­schall­pegel des Flugzeugs im Lande­anflug deutlich redu­zieren – um bis zu vier Dezibel bei Entfer­nungen zwischen 17 und zehn Kilometer zum Flughafen. Weiter entfernt vom Flughafen ist der Effekt nach Hersteller­angaben noch größer". Lufthansa ist so stolz auf diese Maßnahme, dass man sich die Wirkung sogar auf ihrer Webseite anhören kann.
In der Meldung zur Einführung der Maßnahme im November 2014 erklärte Lufthansa: "Die Ein- und Umrüstung der A320-Flotte ist eine der umfang­reichsten Maß­nahmen zum aktiven Schallschutz, die Lufthansa bisher durch­geführt hat". Das glauben wir aufs Wort.

Ein "Wirbel­generator" ist ein Stückchen Blech mit einem Material­wert von maximal 5 Euro; acht davon werden pro Flugzeug gebraucht. Montiert werden sie bei der Lufthansa inhouse, mit einem Zeit­aufwand von maximal 5 Minuten/Stück. (Nähere Einzel­heiten zu dem Gesamt­projekt findet man in unserer Doku.) Damit kann jede/r grob abschätzen, wie teuer diese Maßnahme für Lufthansa ist (maximal ein paar hundert Euro pro Flugzeug), und daraus auch schliessen, wieviel Geld Lufthansa sonst für den Schall­schutz aufwendet (weniger als 100.000 Euro pro Jahr (?)). Wer's nicht glaubt, sollte sich den aktuellen Lufthansa-Flyer zum Lärmschutz ansehen. Ausser dieser Um­rüstungs­maßnahme (und der Anschaffung neuer Flugzeuge, die zum normalen Geschäft gehört), findet man dort nur Maß­nahmen, an denen Lufthansa praktisch kosten­los beteiligt ist, wie etwa die sog. "Lärm­pausen".

Immerhin zeigt die Umrüstungs-Maßnahme eine gewisse Wirkung, wenn sie auch im Nahbereich (d.h. zum Beispiel über Raunheim) gegen Null geht, weil da die Stellung der Lande­klappen den Heulton ebenso gut verhindert wie der "Wirbel­generator". Ein umso grösserer Skandal ist es, dass diese Mini-Maßnahme bei den rund 3.000 weiteren Flug­zeugen dieses Typs, die weltweit unterwegs sind, nicht umgesetzt wird, und Airbus auch die Neuaus­liefe­rungen nur auf besonderen Wunsch damit ausstattet.
Das gibt einen guten Eindruck davon, wie sehr die Luft­fahrt­industrie dem Lärmschutz verpflichtet ist.




Mod. Cover Schallschutzbericht

So sähe das Cover des Berichts deutlich besser aus ...

Alle (halbe) Jahre wieder - der "Schallschutzbericht"

Auch Fraport hat es nicht leicht. Obwohl doch mit der Inbetrieb­nahme der neuen Bahn die Nacht­flugbe­schrän­kungen deutlich verschärft wurden, beschweren sich die Anwohner immer noch, sogar relativ mehr als vorher. Bei den Beschwerden über Flüge zwischen 23 und 5 Uhr sei die Quote (die Beschwerden pro Flugbewegung) von 3,9 im Jahr 2005 auf 52,2 im Jahr 2014 gestiegen. Die Menschen werden immer anspruchs­voller und egois­tischer - oder sollte es daran liegen, dass jetzt noch wesent­lich mehr Menschen betroffen sind und zwischen 23 und 5 Uhr eigent­lich gar kein Flugzeug mehr fliegen sollte?

Die anderen Kapitel dieses Berichts sind von ähnlicher Qualität. Zwei Seiten über die tollen neuen Lärm­pausen, zwei Seiten darüber, dass man ja eigent­lich genehmi­gungs­recht­lich noch viel mehr Krach machen dürfte (aber leider das Wachstum bisher weit unter den Prog­nosen geblieben ist) und immer wieder Sätze wie "Der Flug­hafen Frank­furt arbeitet seit 1970 kontinu­ierlich daran, die Fluglärm­belastung zu verringern" (klappt aber leider immer noch nicht). Manche dieser Floskeln sind so beliebt, dass sie auf 13 Text-Seiten gleich dreimal wieder­holt werden.

Auch die statis­tischen Angaben sind eher dünn. Die Zahl der Flug­bewe­gungen ist leicht rück­läufig, der Lärm verteilt sich etwas anders als im Vorjahr, weil häufiger Ost­betrieb geflogen wurde. Letzteres führt dazu, dass die Dauer­schall­pegel an allen Mess­stationen im Westen ange­stiegen sind, während sie im Osten und Süden über­wiegend gleichge­blieben und nur partiell gesunken sind. Am Wetter liegt das übrigens nur bedingt: während laut DFLD-Wetter­statistik der Anteil der Wetter­lagen, bei denen Betriebs­richtung 07 geflogen werden muss (weil die Rücken­wind-Kompo­nente über 5 Knoten liegt), seit Jahren zwischen 15 und 20 % liegt, ist der Anteil von BR07 von 20% in der Periode 2013/14 auf 30% 2014/15 gestiegen. Aber dazu äussert sich Fraport natürlich nicht.

Insgesamt bleibt dieser Bericht deutlich hinter seinen Ansprüchen zurück. "Mit innova­tiven Maß­nahmen hat Fraport die techno­logische Entwick­lung stets voran­getrieben. Der vorlie­gende Bericht über Schall­schutz dokumen­tiert die verschie­denen Verfah­ren und ihre Wirkung." Davon kann keine Rede sein. Weder dokumen­tiert er die Verfahren, die sich im Berichts­zeitraum verändert haben (allen voran das geän­derte Start­verfahren der Luft­hansa, aber auch geänderte Routen­belegungen wie z.B. bei der Südum­fliegung usw.), noch weiss er auch nur das Geringste über konkrete Wirkungen zu sagen. Er bleibt ein dünnes Propa­ganda-Papier­chen.




Grumpy Cat

Der Kommentar zum "Testbetrieb" ...

Ein Monat "Al-Wazir-Pausen"

Die PR-Leute im Verkehrs­ministerium haben es wirklich nicht leicht. Wenn politisch mal wieder eine Positiv-Meldung gebraucht wird, müssen sie liefern, auch wenn beim besten Willen keine positive Entwick­lung zu finden ist. Ihr jüngster Versuch in dieser Übung ist die Presse­mittei­lung zum ersten Monat des Test­betriebs der "Lärmpausen" am Flughafen. „Das Lärmpausen­modell am Frank­furter Flughafen hat sich auf Anhieb als prakti­kabel erwiesen“, lassen sie den Minister schwärmen, und "Die Lärmpausen funktio­nieren verläss­lich".
Das ist also ein Erfolg? Der Flughafen­ausbau wurde ja angeb­lich vorge­nommen, um 126 Flugbewe­gungen (Starts und Landungen) pro Stunde umsetzen zu können, also ca. 31 pro Bahn. In den beiden "Lärmpausen"-Stunden gab es im Mai insgesamt immer deutlich weniger als 100 Flugbewe­gungen, und es stehen 3 Bahnen zur Verfügung, also höchstens 17 pro Bahn. Um das Modell bei diesem Puffer in den Sand zu setzen, müsste man sich schon ziemlich anstrengen.

Zu den Wirkungen der "Lärmpausen" lässt sich Al-Wazir so zitieren: "Ich bin zuver­sicht­lich, dass das jetzt angelau­fene Lärm­monito­ring durch das FFR zeigen wird, dass sich die Lärm­pausen auch in den Mess­werten wider­spiegeln. Verläss­liche Daten kann man seriös aber erst nach ausrei­chender Zeit des Probe­betriebs erwarten.“. Warum kann man Belegungs­zahlen schon nach einem Monat auswerten und feiern, Lärm­mess­werte aber nicht? Sollte das daran liegen, dass diese Mess­werte nichts zu feiern hergeben?




INAA_Durchstartmanöver

So sah die Situation am 21.5. um 16:39 Uhr aus:
Die B747 startete in ca. 800 m Höhe über der Südbahn durch, während die B767 mit qualmenden Bremsen auf der Centerbahn stehen blieb.
(Für Gesamtdarstellung Grafik anklicken)

Wieder mal ein Konflikt auf dem Parallelbahnsystem

Am Donners­tag, den 21. Mai, kam es am Nach­mittag mal wieder zu einer Situa­tion, wie sie seit Eröff­nung der Nordwest­bahn und der Einführung der damit geänder­ten Flugver­fahren schon öfter vorge­kommen ist. Wie der Aviation Herald berichtet, musste eine aus Moskau kommende B747-400 Fracht­maschine auf der Südbahn durch­starten. Der Flug­lotse wies die gleich­zeitig auf der Center­bahn star­tende B767-300 Passa­gier­maschine nach Kanada an, den Start abzu­brechen, was der Pilot trotz fast erreich­ter Start­geschwin­digkeit auch tat. Die Konse­quenzen waren heftig: da die Bremsen eines Flug­zeugs nicht dafür ausge­legt sind, eine voll­beladene Maschine bei annähern­der Start­geschwin­digkeit schnell zum Stehen zu bringen, musste die Flug­hafen-Feuer­wehr in einem Notfall­einsatz die heiss gewor­denen Bremsen kühlen. Anschlies­send musste die Maschine zur Reparatur, um Reifen und Bremsen auszu­tauschen und das Fahrwerk zu über­prüfen. Die Passa­giere wurden erst am folgen­den Tag mit einer anderen Maschine ans Ziel gebracht.

Auch wenn es hier nicht zu einer "gefähr­lichen Annähe­rung" kommen konnte, weil die 767 gar nicht erst abge­hoben hat, ist das Problem doch das gleiche wie in früheren Fällen. Da wegen des "unab­häng­igen Betriebs" auf der Nordwest­bahn die auf der Center­bahn starten­den Maschinen nicht ohne Weiteres nach Norden abdrehen dürfen, sollte wegen der Gefahr des Durch­startens bei Lan­dungen auf der Südbahn die Center­bahn eigent­lich während Annähe­rung und Landung gesperrt sein (die sog. "Tabu­zone"). Faktisch wird diese Regelung offen­kundig häufig nicht einge­halten - was im Ernst­fall eben dazu führt, dass es beim Durch­starten dann doch zu kritischen Situa­tionen kommt. Die durch­startende Maschine nach Süden ausweichen zu lassen, wäre wegen des gleich­zeitigen Starts auf der Start­bahn West auch keine gute Lösung gewesen.

Abge­sehen von der allge­meinen Sicher­heits­proble­matik steckt in diesen Fällen für Raun­heim noch ein beson­deres Problem. Wenn sich nämlich die Erkenntnis durch­setzen sollte, dass die derzeit prakti­zierten Ver­fahren nicht sicher zu hand­haben sind, könnte sich ein starker Druck dafür entwickeln, doch noch die vermeint­lich sichere und einfache Lösung zu wählen und die Starts von der Center­bahn geradeaus zu führen - direkt über Raunheim. Das Bundes­verwaltungs­gericht wird demnächst darüber entscheiden, denn dort steht die Klage zur Südum­fliegung an.
Vor diesem Hinter­grund ist es besonders bedenk­lich, dass die DFS offenbar erst zu Jahres­anfang eine neue Prozedur einge­führt hat, die eigent­lich genau das verhindern soll, was hier passiert ist. Wie die Zeit­schrift der Gewerk­schaft der Flug­sicherung in der Ausgabe 03/2015 auf S.41 kommen­tarlos berichtet, teilt die DFS ihren Kunden mit, dass ab 19. Februar 2015 die erwähnte "Tabuzone" auf 6 Nautische Meilen erweitert wird und damit eine Empfeh­lung umgesetzt werden soll, die auf­grund voran­gegang­ener Vorkomm­nisse zur Erhöhung der Sicher­heit notwendig wurde. Offen­sichtlich hat es nicht geholfen. Aber je mehr die DFS hier pfuscht, desto grösser ist die Wahr­schein­lich­keit, dass das Gericht die ganze Konstruktion kassiert. Damit stünde dann aber wieder die Frage verschärft im Raum: Kapazi­tätser­weiterung auch dann, wenn die Verlär­mung der Region noch unerträg­licher und Raunheim unbe­wohnbar wird - oder doch ein Abschied vom Wachs­tums­wahn ?

Update 15.07.15:
Ein Zusammenhang läst sich zwar nicht nachweisen, aber es fällt doch auf, dass die Bundes­anstalt für Flug­unfall­unter­suchungen (BfU) am 25. Juni 2015 (nach fast 10jähriger Unter­suchungs­zeit!) zwei Berichte über "schwere Störungen" am Flughafen Frankfurt veröffent­licht hat, die sich am 30.9. bzw. 5.11.2005 ereignet hatten. Im ersten Fall wurde eine B737 mit 95 Personen an Bord, im zweiten Fall ein nur mit zwei Piloten besetzter A320 im Lande­anflug aus Richtung Osten unerwartet um die Längs­achse gedreht. Beide waren wohl in die Wirbel­schleppe einer jeweils voraus­fliegenden B747 geraten. Beide konnten, nachdem der Pilot das Flugzeug wieder stabili­siert hatte, problemlos landen.
Mehrere Aspekte sind hier von Interesse. Zum einen bedeutet die Einstufung der beiden Vorfälle als "schwere Störung" durch die BfU defini­tions­gemäß, dass die "Umstände darauf hindeuten, daß sich beinahe ein Unfall ereignet hätte". Anderer­seits wurden aus den Ergeb­nissen der Unter­suchung anscheinend keine Sicher­heits­empfeh­lungen abge­leitet, obwohl die "nach Möglichkeit" im Bericht enthalten sein sollten. Statt­dessen erfährt man nur etwas verklau­suliert, dass die von der ICAO empfoh­lenen Mindest­abstände für Wirbel­schleppen-Staffe­lungen in beiden Fällen einge­halten wurden - jede Empfehlung hätte also dieses eherne Gesetz in Frage stellen müssen.

Mit der aktuellen Proble­matik sind diese Vorfälle nur bedingt vergleichbar, weil sie sich lange vor Inbetrieb­nahme der Nordwest­bahn und den damit verbundenen Ände­rungen der Flug­verfahren abspiel­ten. Allerdings sind auch bei Fehlan­flügen auf die Südbahn und gleich­zeitigen Starts auf der Centerbahn die Wirbel­schleppen-Staffe­lungen ein Problem, wie aus dem Bericht über eine andere schwere Störung dieser Art im Dezember 2011 hervorgeht. Dem kann man entnehmen, dass die o.a. "Tabuzone" "als Mindest­voraus­setzung anzu­sehen [ist], um ggf. die erforder­liche Radar- bzw. Wirbel­schleppen­staffe­lung schnellst­möglich herstellen zu können."
Die ist also nun seit Februar 6 Nautische Meilen lang. Würde sie damit ausreichend Sicherheit schaffen, wenn sie denn beachtet würde? Man darf daran zweifeln, wenn man im Bericht über den Vorfall im September 2005, bei dem die B737 ziemlich durchge­schüttelt wurde (immerhin eine Drehung um die Längsachse um fast 90° innerhalb von 10 Sekunden), liest: "Zum Zeitpunkt der Bildung der ... Wirbel­schleppe des voraus­fliegenden Flugzeuges (B747), betrug der Abstand zum folgenden Flugzeug (B737) etwa 6 NM.". Wenn man sich also nun vorstellt, dass eine leichte Maschine durch­startet und hinter einer schweren herfliegt, die gerade mit 6 NM Abstand vor ihr gestartet ist, und vielleicht gerade die richtige Höhen­differenz hat, dann kann es ihr durchaus so gehen wie der B737 im obigen Beispiel. Und da das Durch­starten laut BfU generell eine "kritische Flugphase" darstellt, wäre sie damit in einer doppelt kritischen Situation. Sieht so Sicherheit aus?




Wind am 26.5.15

Eigentlich eine klassische Westwetterlage. Warum zwischen 9:00 und 12:00 Uhr Betriebsrichtung 07 geflogen wurde, weiss wohl nur die DFS ...

Wieder schwerer Wirbelschleppenschaden in Flörsheim

Am 26.05.2015 wurden gegen 11:20 Uhr in der Flörs­heimer Austrasse ca. 30 Ziegel durch eine Wirbel­schleppe vom Dach gerissen. Der Haus­bewohner, der erst kurz vorher ins Haus gegangen war, blieb nur durch Zufall von Schäden verschont. Der Hund, der im Garten geblieben war, ist seither völlig verstört und verlässt das Haus nicht mehr. Ein Bericht auf RTL gibt einen Eindruck von den Wirkungen, die das Ereignis bei Betrof­fenen hinter­lassen hat.
Die Bilder zeigen, dass auf beiden Haus­seiten erheb­liche Gefahr bestanden hat, dass Personen verletzt werden können: es traf den Weg vor dem Haus­eingang und den Bürger­steig an der Strasse. Das steht in krassem Wider­spruch zu der Aussage, die der Verwal­tungs­gerichts­hof Kassel in seiner Mittei­lung zur Ableh­nung der Klage der Stadt Flörs­heim gegen den Flug­hafen­ausbau verkündet hat: "Greif­bare Anhalts­punkte dafür, dass Wirbel­schleppen am Boden Leben und Gesund­heit von Personen direkt gefähr­den, seien nach dem aktuellen Erkennt­nisstand in der Wissen­schaft nicht festzu­stellen." Dieser Erkennt­nisstand hinkt der Realität wohl deutlich hinterher.

Den Verur­sacher des Schadens festzu­machen, ist wie meist nicht ganz einfach, da die vorhan­denen Daten ungenau sind. Geht man aber davon aus, dass die Wirbel­schleppe von einem Flug­zeugtyp der Kategorie "Heavy" erzeugt worden sein muss, weil sie andern­falls den relativ grossen Seiten­abstand von ca. 700 Metern bis zum beschä­digten Haus nicht hätte über­winden können, kommt nur eine Boeing 777-300ER der Canadian Airlines in Frage.

Interessant ist aber wieder einmal die Frage, wieso dieser Über­flug über­haupt statt­finden konnte. Nach den offi­ziellen METAR-Wind­daten, nach denen sich die DFS nach eigenen Angaben bei der Betriebs­richtungs­wahl haupt­sächlich richtet (und die von wind­finder.com nur grafisch hübsch aufbe­reitet werden, s. Grafik rechts), hatten wir den gesamten Tag über eine stabile West­wetter­lage. Warum trotz­dem zwischen 9:00 und 12:00 Uhr Betriebs­richtung 07 und damit Anflug über Flörs­heim (und Raun­heim) geflo­gen wurde, bedürfte schon einer beson­deren Begrün­dung.
Das Rüssels­heimer Echo hat bei der DFS nachge­fragt und zu hören bekommen, es habe "sehr schwie­rige weil insta­bile Wind­verhält­nisse am Flug­hafen" gege­ben, und "Ände­rungen zwischen nord­west­lichem und nord­öst­lichem Wind hätten die Ent­schei­dung für die Betriebs­richtung schwierig gemacht". Der Deutsche Wetter­dienst hat davon aber auch nichts mitbe­kommen, denn er teilte dem Echo mit, dass "am Frank­furter Flug­hafen zwischen 10 und 12 Uhr sowohl am Boden wie auch in höhe­ren Luft­schichten über 1500 Meter ein stabiler Wind aus Rich­tung Nordwest" herrschte. Was wohl die DFS hier wieder veranlasst, ihre Glaub­würdig­keit so aufs Spiel zu setzen?

Der Vorfall war für die Main-Spitze Anlass für eine Nachfrage bei Fraport nach dem Stand der Umset­zung des Dach­sicherungs­programms. Ergebnis ist, dass für 1.941 der rund 6.000 zu sichernden Dächern (also ca. 1/3) Anträge einge­gangen sind, 824 Dächer (ca. 14%) sind bisher gesichert. Fazit der Main-Spitze: "Die Umsetzung des Programms wird sich vermut­lich noch Jahre hin­ziehen". Ob man ange­sichts dieser Zahlen "von einer schnellen und deut­lichen Verringe­rung des Gefahren­potenzials" ausgehen kann, wie das der Hessi­sche Verwal­tungs­gerichts­hof in der Ablehnung eines Eilan­trags der Stadt Flörsheim im Juli 2013 getan hat? Aber inzwi­schen will er davon wohl auch nichts mehr wissen; zumindest ist in der aktuellen Entschei­dung davon nicht mehr die Rede.




Lanz Drops-Monitoring

Herr Lanz und sein Umwelthaus haben wieder eine Aufgabe: Drops-Monitoring

Die Fluglärmkommission läßt "monitoren" - aber was ?

In der Bericht­erstattung der meisten Medien ging es fast unter: die Flug­lärm­kommis­sion hat sich in ihrer letzten Sitzung nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit Flug­lärm-Themen befasst.

Als erstes war darunter eine Zumutung des Ministe­riums: die unsäg­liche Mini-"Lärm­pause" DROps Early Morning, die bei Einfüh­rung der Al-Wazir-Pausen ausge­setzt worden war, soll wieder einge­führt werden. Die FLK hat diesem Unsinn zuge­stimmt, und die stell­vertre­tende Vor­sitzende, Al-Wazirs Partei­freundin Eder, begrüsst in der Presse­mittei­lung sogar, dass "nach den posi­tiven Erfah­rungen der vergang­enen Jahre ... das bis­herige DROps-Konzept in der morgend­lichen Nacht­rand­stunde ab um 5:00 Uhr nun zumin­dest bei Betriebs­richtung 07 doch weiter fort­gesetzt wird". Man muss wohl davon ausgehen, dass Frau Eder nicht so genau weiß, wovon sie hier redet; als Umwelt­dezer­nentin von Mainz muss sie das ja auch nicht. "... zumindest bei Betriebs­richtung 07 ... fort­gesetzt" ist schon deshalb eine selt­same Formu­lierung, weil bei Betriebs­richtung 25 "Early Morning" das gleiche bein­haltet wie "Al-Wazir": Stil­legung der 18 West, alle Starts Richtung Westen. Das wird nun wieder ergänzt dadurch, dass bei BR07 alle Starts über die 18 West raus­gehen. Für die Menschen im Süden bedeutet das: abhängig von der Wind­richtung entweder Ruhe oder die volle Dröhnung. Damit das aber auch nicht wirklich ein­deutig ist, wird "Early Morning" weiter­hin nur an ungeraden Tagen geflogen! Wie sagt Frau Eder doch so richtig in der gleichen PE: "Für die Betrof­fenen ist es ... besonders wichtig, dass die Anwen­dung der Lärm­pausen vorher­sehbar ist und verläss­lich umge­setzt wird".
Warum läßt sich jemand, der sonst eigent­lich nicht durch mangelnde Intel­ligenz auffällt, zu so dämlichen Aus­sagen hin­reissen? Die Erklärung heißt wohl: Partei-Solida­rität. Partei­freund Al-Wazir muss irgendwie dafür sorgen, dass der schwarz-grünen "Allianz für Lärm­schutz" keine Schutz­maßnahme verloren geht, also muss "DROps Early Morning" gerettet werden, sonst fehlt eine Maßnahme in der Erfolgs­bilanz. Nach dem eigent­lichen Sinn zu fragen, verbietet sich dabei.

Weiterhin wurden in der Sitzung auch noch zwei Moni­toring-Konzepte vorgestellt: eines für die Lärm­pausen und eines für die Start­verfah­ren
Ersteres bein­haltet neben dem Ver­sprechen, nun tatsäch­lich auch die Verän­derung der Dauer­schall­pegel betrachten zu wollen, auch ein "Wahr­nehmungs- & Wirkungs­monito­ring", für das "quali­tative Fokus­gruppen" gebildet werden sollen - man darf gespannt sein, sollte die Erwar­tungen aber nicht zu hoch schrauben.
Zum Zweiten, auch als "Moni­toring­konzept Cutback" bezeichnet, wird in der Präsen­tation nur mitge­teilt, dass Fraport zusätz­liche Daten bereit gestellt habe, die auch nur bestätigen, was man vorher schon wußte: man kann keine Unter­schiede messen, weil man an den entschei­denden Stellen keine Mess­geräte hat. Diese Nicht-Messung soll aber intensiv fort­gesetzt werden.
Verant­wortlich für beide Verfahren ist das Umwelthaus - die gewohnte Qualität dürfte also garan­tiert sein.




FLK-Baustelle

Umbau der Fluglärmkommission - nächster Schritt

In der Sitzung am 20.05.2015 wurden die schon früher angekün­digten Pläne zur Umstruk­turie­rung der Flug­lärm­kommis­sion Frank­furt im Detail vorge­stellt. Wie zu erwarten, waren die Land­kreise, denen das Stimm­recht entzogen werden soll, mit dieser Änderung nicht einver­standen. Bereits im Vorfeld der Sitzung hatte es heftige Diskus­sionen gegeben, was den Vorsit­zenden der Kommis­sion, Raun­heims Bürger­meister Thomas Jühe, zu einer Persön­lichen Erklä­rung veran­lasste, der er auch noch einen besonders dümm­lichen Presse-Kom­mentar beige­fügt hat. In der Presse­mittei­lung zu den Ergeb­nissen der Sitzung kann er es sich ausser­dem nicht verknei­fen, das Bündnis der Bürger­initia­tiven abzu­watschen, das seiner­seits in einer Presse­mittei­lung darauf hinge­wiesen hatte, dass sich der Flug­hafen­verband ADV in einem Positions­papier "genau für die Art der Neu­organi­sation der Flug­lärm­kommis­sionen ausge­sprochen" habe, die jetzt zur Diskus­sion steht.
Im Kern geht es dabei um die Frage, wer vom Fluglärm so betrof­fen ist, dass er bei Entschei­dungen über Maß­nahmen zur Lärm­reduzie­rung zumindest gehört werden sollte. Mehr bedeutet das Stimm­recht in der Flug­lärm­kommis­sion letzt­endlich nicht, denn sie hat nur bera­tende Funk­tion, keine Ent­scheidung­skompe­tenzen, auch wenn ihre Stimme durchaus Gewicht hat. Und hier gibt es in der Tat einen Konflikt, den der ADV verdeut­licht, wenn er in seinem Papier formuliert: "Der Schutz vor jeg­lichem Flug­lärm, egal wie niedrig der Pegel auch immer ist, führt nicht zu sinn­vollen und effekt­iven Maß­nahmen" und weiter "Neue Maß­nahmen zur Lärm­minderung ... dürfen nicht durch Proteste einer Mehr­heit der weniger betrof­fenen Bevöl­kerung diskre­ditiert werden". Dahinter steht natür­lich das Bestre­ben, die Zahl derje­nigen, auf die beim erhoff­ten Wachstum des Luft­verkehrs Rück­sicht genommen werden muss, mög­lichst klein zu halten.
Die (derzei­tigen) FLK-Mit­glieder werden bis zur nächsten Sitzung an den Krite­rien arbeiten müssen, nach denen die Mitglied­schaft künftig fest­gelegt werden soll, was sicher­lich keine einfache Aufgabe ist. Vorsorg­lich hat das Ministe­rium aber schon mal daran erin­nert, wie es dann weiter­geht: "HMWEVL wird als zustän­dige Geneh­migungs­behörde dann mit dem FLK Vorstand über die Neuord­nung beraten, ob nach Auswer­tung der Argumente ggf. Justie­rungen am Gesamt­konzept oder an der Zuord­nung einzelner Akteure erfolgen sollten" - und im Zweifels­fall allein entscheiden, denn die FLK berät ja nur.




Grafik: Bedeutung Nachtflugverbot

Von den 2.445 hessischen Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, versenden 465 (19%) Luftfracht.
Davon sehen nur 98 Unternehmen (4%) Auswirkungen des Nachtflugverbots.

Die Nachtflugbeschränkungen schaden der Wirtschaft
- oder nicht ?

Wer die Auseinander­setzung um den aktuellen Ausbau­schritt des Frank­furter Flughafens mitver­folgt hat, wird sich erinnern: unter Bruch aller vorher gege­benen Versprech­ungen versuchte die damalige CDU/FDP-Landes­regierung unter Roland Koch, die in der Mediation verein­barten Nacht­flug-Beschrän­kungen zu besei­tigen und durch­schnitt­lich 17 Flüge in der Zeit von 23:00-05:00 Uhr durchzu­setzen. Nachdem das Bundes­verwaltungs­gericht dieses Ansinnen zurück­gewiesen hatte, prophe­zeiten Landes­regierung, Luft­verkehrs­wirt­schaft und Unter­nehmer­verbände den Zusammen­bruch mindestens der hessischen, wenn nicht der gesamt­deutschen Wirtschaft.

Nach nunmehr dreieinhalb Jahren nach Einführung der Betriebs­beschrän­kungen in der "Mediations­nacht" haben die hessischen Industrie- und Handels­kammern zusammen mit dem Verkehrs­ministerium eine Umfrage durch­geführt, in der u.a. auch danach gefragt wurde, inwieweit diese Beschrän­kungen die Täti­gkeit hessischer Unter­nehmen beein­trächtigen. Das Ergebnis ist eindeutig.
Nur etwa ein Fünftel der Unternehmen, die "den Flughafen nutzen und Luftfracht versenden", fühlen sich beein­trächtigt, die grosse Mehrheit von fast 80% hat damit kein Problem (s. Grafik). An anderer Stelle im Text der Zusammen­fassung der Umfrage­ergeb­nisse wird erwähnt, dass 171 Unternehmen "den Flughafen nutzen und vom Nacht­flug­verbot einge­schränkt sind", bezogen auf die Gesamt­zahl der an der Umfrage betei­ligten Unter­nehmen wären das 7%.

Ganz im Gegensatz zum Gejammer der Luft­verkehrs-Lobby­isten und der Spitze der hessischen Unter­nehmer­verbände hat die grosse Mehrheit der Unter­nehmen also offenbar kein Problem mit diesen Betriebs­beschrän­kungen, und man darf wohl davon ausgehen, dass auch ein echtes Nacht­flug­verbot von 22:00 - 6:00 Uhr nicht zum Ruin der deutschen Wirt­schaft führen würde.

Diese Umfrage bestätigt auch frühere, allge­meinere Ergebnisse. So hat der von der Frank­furter Spar­kasse als "Wirt­schafts­trend-Report für das Rhein-Main-Gebiet" bezeich­nete Rhein-Main-Kompass schon im Novem­ber 2013 festge­stellt, dass eine knappe Mehr­heit der Unter­nehmen (51%) den Flug­hafen­ausbau für "unwichtig" oder "verzicht­bar" hält, während nur 9% ihn für "uner­läss­lich" halten.
Im Februar 2015 gaben sogar nur 3% an, dass sie den größten Investi­tions­bedarf in der Verkehrs­infra­struktur im Luft­verkehr sehen. Kapazitäts­probleme am Flughafen sind also ganz offen­sicht­lich keine große Sorge für die lokale Wirtschaft.




Karte LAeq West

Veränderung des Dauerschallpegels durch die "Lärmpause" am Morgen.
Durch die Verlage­rung aller Starts von der Start­bahn West auf die Süd­bahn wird es im Süden leiser, im Westen lauter, aber (angeblich) nur unmit­telbar vor der Bahn und auf König­städten und Nauheim zu.
Warum es ab Raunheim nach Westen lauter werden soll, ist nicht zu ver­stehen. Wurde da ein speziel­ler Nordab­flug gerechnet, der anfangs super-leise ist?
(für Gesamt-Bild Grafik anklicken)

Bewertung der "Lärmpausen"
- wie kann das gehen ?

Im Vorfeld der nächsten Sitzung der Flug­lärm­kommis­sion hat die "Gemein­same FFR-FLK AG Lärm­berech­nung-Lärm­pausen" eine erwei­terte Version des Kompen­diums vorge­legt, in dem die Resul­tate der Berech­nungen darge­stellt sind, die eine Bewer­tung der Lärm­wirkungen der fünf Lärm­pausen­modelle ermög­lichen sollen. In der Tages­ordnung ist aller­dings eine Diskus­sion dieses Mach­werks nicht explizit vorge­sehen, obwohl das bitter nötig wäre.

Neu ist vor allem ein Resultat, dass inso­fern spannend sein könnte, weil es eine Aussage darüber erlauben müsste, ob die "Lärm­pausen" die Lärmbe­lastung der Region insgesamt redu­zieren oder steigern: die Verän­derung des Dauer­schall­pegels. Viel­leicht deshalb wird das Ergebnis in einer Form präsen­tiert, die nur Fragen aufwirft. Dass nur ein Resultat für Modell 4 bei West­betrieb präsentiert wird, ist ange­sichts der bereits getrof­fenen Entschei­dung ja vielleicht noch verständ­lich, auch wenn es natürlich schon interes­sant wäre zu erfahren, ob das wirklich die beste Wahl war.
Für diesen gewählten Fall werden aber auch nur zwei Grafiken präsentiert und mit wenigen Worten kommen­tiert (S. 40/41). Die Kommen­tare beschränken sich auf Selbst­verständ­lich­keiten (wenn man die Anflüge von der Süd- auf die Center­bahn verlegt, verschiebt sich der Lärm nach Norden, u.ä.). Die eigent­lichen Merk­würdig­keiten bleiben unkom­mentiert. So zeigt der neben­stehende Grafik-Aus­schnitt für die "Morgen­rand­stunde" (MRS, 5:00 - 6:00 Uhr) einen gleich­bleiben­den Pegel für den Raun­heimer Süden, obwohl die Abflüge von der Start­bahn West jetzt über die Südbahn raus­gehen. Dafür gibt es eine Zunahme um 1 - 3 dB(A) im Raun­heimer Westen und weiter zwischen Flörs­heim und Rüssels­heim den Main entlang, die sicher einer Erklärung bedürfte.
Die eigent­lich versprochene Aussage über "die Zahl der Personen, die um 5 bzw. 10 dB(A) entlastet/belastet werden" (S. 16, Abb. 4) erhält man mit dieser Darstel­lung jeden­falls nicht.

Die anderen Ergebnisse sind auch nicht aussage­kräftiger und zum Teil ähnlich merk­würdig. Sieht man sich zunächst an, was seit Einfüh­rung der "Lärmpausen" wirklich passiert ist, kann man aus der Statistik lernen, dass jetzt 6-7 Flugzeuge in der "Morgen­rand­stunde" über die Südbahn auf Raunheim zu starten, während es vorher 1-2 über die Centerbahn waren. Eine typische Lärmkurve zeigt den Effekt: 6-7 Lärm­ereig­nisse über 60 dB(A) in Raunheim-Süd. Demnach würde man erwarten, dass ganz Raunheim vorher eine "rechne­rische Lärm­pause" (rLP) hatte (mit weniger als 6 Starts auf der Center­bahn; keine Lärmpause hat man erst mit ≥ 6 x 58db(A)) und nun zumin­dest der Raun­heimer Süden keine mehr hat.
Und was sagen die Rechnungen? Das Kompen­dium besteht zu mehr als der Hälfte (98 von 188 Seiten) aus einem riesigen Zahlen­friedhof, der unmög­lich zu lesen ist, weil man z.T. über ein Dutzend Seiten blättern muss, um zu einem Tabellen­eintrag die richtige Spalten­beschriftung zu finden. Wir haben daher die für Raunheim rele­vanten Ergeb­nisse in einem Überblick zusammen­gefast. Da lernt man aus der ersten Tabelle (4.1), dass in Raunheim morgens auch vorher schon 1.800 Personen keine Lärm­pause hatten (wieso?) und auch keine bekommen (das ist die Aussage der 2. Spalte), und jetzt 1.200 Personen zusätz­lich keine mehr haben, was einen Negativ-Saldo von 1.200 und 3.000 Leute ohne Lärmpause ergibt. (Doch, das steht da alles, man muss es nur richtig interpretieren.) Nur 20% der Bevölke­rung dürfen sich also von den morgend­lichen Starts gestört fühlen.
Unter diesen ≥6 Starts ist aller­dings im Mittel einer, der Menschen in Raunheim mit ≥68 dB(A) beschallt, wie die zweite Tabelle (4.2, Tab. 26) aussagt. Auch hier wüsste man aller­dings gerne genauer, warum vorher 300 Leute davon betrof­fen gewesen sein sollen, während es jetzt, wo alle Starts Richtung Raun­heim erfol­gen (wenn auch von der Süd- statt der Center­bahn), angeblich nur noch 200 sind.
Aus den beiden letzten Tabellen lernt man dann noch, dass vorher (statis­tisch gesehen) 800 Personen 700mal zwischen 5:00 - 6:00 Uhr durch Lärm aufge­wacht sind, während es künftig 1.700 Personen sein werden, die 1.400mal aufwachen (oder, grob umge­rechnet, an 5 von 6 "Lärm­pausen"-Tagen durch Flug­zeuge statt Wecker geweckt werden).

Also alles Blödsinn? Nicht ganz. Auch wenn die statis­tischen Ergeb­nisse im Detail eher kuriose Aussagen liefern, werden doch in der grossen Zahl (nur dafür taugt Statistik) Trends deutlich. So muss selbst dieses Kompen­dium in der Zusammen­fassung fest­halten, dass den von Minister Al-Wazir gefeier­ten netto 40.000 Personen, die eine zusätz­liche "rechne­rische Lärm­pause" erhalten, im Gesamt­gebiet ein "mitt­lerer Anstieg der Aufwach­reaktionen" und sogar ein "mitt­lerer Anstieg der Aufwach­reaktionen der Hoch­betrof­fenen" gegen­über steht. Im Klar­text: punktu­ellen Entlas­tungen für wenige steht sehr wahr­schein­lich eine Steige­rung der Gesamt­belastung der Region gegen­über.
Die Para­meter, mit denen man das ein­deutig nach­weisen könnte, werden im "Kompen­dium" aller­dings nur sehr diffus oder gleich garnicht behandelt.

Und damit wären wir beim politi­schen Hinter­grund dieser Bewertung. Wenn man von einem grünen Minister etwas hätte erwarten dürfen, dann doch wohl, dass er, wenn er die Sache selbst schon nicht verbes­sern kann, wenigstens die Sach­verhalte ehrlicher kommuni­ziert als seine Vorgänger. Wie es scheint, ist das Gegen­teil der Fall.




VGH-Service'

Klage der Stadt Flörsheim komplett abgelehnt

Nur der Voll­ständig­keit halber ist zu berichten, dass der VGH auch die beiden letzten offenen Punkte der Flörs­heimer Klage gegen den Bau der Nord­west­bahn vom Tisch gewischt hat. In einer Presse­mittei­lung erklärt er, dass er auch dazu keinen Korrektur­bedarf sieht. Alle anderen Punkte hatte er ja schon sechs Wochen vorher in einem "kurzen Prozess" ohne mündliche Anhörung für erledigt erklärt (siehe weiter unten auf dieser Seite). Auch für Spekula­tionen, dass das Urteil (das wohl erst in einigen Tagen veröffent­licht wird) wenigstens noch einige Klar­stellungen bzgl. der Kosten­tragungs­pflicht der Fraport bei der Dach­sicherung gegen Wirbel­schleppen­schäden enthalten könnte, liefert die PM keinen Anlass.

Ganz abgeschlossen ist der Vorgang damit aber immer noch nicht. Die Stadt Flörsheim hat gegen die Nichtzu­lassung der Revision gegen den ersten Teil­beschluss Beschwerde beim Bundes­verwaltungs­gericht eingelegt und wird das wohl auch hier tun. Sollte sie damit Erfolg haben, steht noch eine weitere Runde an, entweder vor dem Bundes­gericht in Leipzig oder erneut (mit BVerwG-Auf­lagen) in Kassel.




Flugzeug-Abgase

Klimaschutz im Luftverkehr - ein schwieriges Thema

Im Vorfeld der diesjährigen Klima­konferenzen in Bonn und Paris werden auch die Klima­schädi­gungen durch den Luft­verkehr wieder Thema. In den letzten Tagen berichteten u.a. der Spiegel, die taz und der Deutsch­land­funk über eine von mehreren DLR-Insti­tuten erstellte Studie mit dem Titel "Die Einbe­ziehung des Luft­verkehrs in inter­natio­nale Klima­schutz­proto­kolle (AviClim)". Dabei gelingt es den Medien aller­dings kaum, deutlich zu machen, was das Neue an dieser Studie ist und welche Schluss­folge­rungen daraus zu ziehen wären.
Dies ist allerdings nicht erstaunlich, da auch die DLR selbst in drei verschie­denen, gleich­zeitig veröffent­lichten Zusammen­fassungen (die Nachricht im DLR-Portal, die als Kurz­fassung veröffent­lichte deutsche Zusammen­fassung und das nur im Abschluss­bericht enthal­tene englische Extended Abstract) unter­schied­liche Schwer­punkte setzt.

Um diese Studie zu verstehen, muss man sich klar­machen, dass es sich hier um Auftrags­forschung für die Bundes­regierung handelt. Der Zweck ist auf einem Poster des Bundes­ministe­riums für Bildung und Forschung, das diese Arbeit finanziert, klar beschrieben: "Die AviClim-Ergebnisse werden ein wichtiger Input für die politischen Gespräche auf der Ebene der Inter­natio­nalen Zivilen Luft­fahrt­organi­sation (ICAO), des UNFCCC und der EU sein". Die Bundes­regierung braucht diese Resultate, um ihre Verhand­lungs­position zu unter­mauern. Worin besteht die?
Zumindest diese Botschaft ist in allen Papieren klar kommuniziert. Das einzig realistische Instrument zur Einbe­ziehung des Luft­verkehrs ist eine Form des Emissions­handels, weil damit "ein signifi­kanter Klima­schutz mit einem moderat bremsenden Einfluss auf die Luft­verkehrs­nachfrage möglich" ist. Alle anderen Instru­mente, insbe­sondere "die Klima­steuer würde den Luft­verkehr über­propor­tional belasten, was deutlich steigende Preise und einen dadurch deutlich bremsenden Einfluss auf die Luft­verkehrs­nachfrage nach sich" ziehen würde.

Neue Steuern, Abgaben auf Stickoxid oder andere klima­schädi­gende Substan­zen oder ähnliches sind Teufels­werk und müssen wissen­schaft­lich liquidiert werden. Klima­schutz durch einen "bremsenden Einfluss auf die Luft­verkehrs­nachfrage" ist das Letzte, was diese Regierung möchte. Dann schon lieber der bekannte Ablass­handel, bei dem "kosten­günstige Vermeidungs­maßnahmen in anderen Wirtschafts­sektoren ange­rechnet werden können" und die "ökolo­gischen Effekte ganz über­wiegend durch Zukäufe von Emissions­rechten von statio­nären Sektoren, also nicht durch Reduktions­leistungen des Luft­verkehrs selbst erzielt werden".

Damit kommt man aber auch den wirklich interes­santen Aussagen dieser Studie näher. Die gibt es, auch wenn ca. 150 der 190 Seiten Ergeb­nisse ökono­mischer Simula­tionen abhan­deln, die auf haar­sträuben­den Annahmen basieren.
Die physika­lischen Simula­tionen, die den ökono­mischen Spiel­chen zugrunde liegen, bestätigen offenbar, dass der Gesamt-Klima­effekt des globalen Luft­verkehrs etwa dreimal so groß ist wie der Effekt des CO2-Ausstosses der Flugzeuge allein. Der Anteil des Luft­verkehrs an der globalen Erwär­mung liegt also nicht bei 1,6, sondern bei knapp 5%. Weiterhin ergeben die Emis­sions-Szena­rien, dass die in den Prog­nosen und Selbst­verpflich­tungen der Luft­verkehrs­wirtschaft enthal­tenen Verpflich­tungen auf Reduk­tions­ziele 2030 oder 2050 mit den absehbar vorhan­denen Techno­logien schlicht­weg nicht erreich­bar, also leere Verspre­chungen sind.
Letzt­endlich belegt die Studie damit, was sie eigent­lich so hartnäckig zu leugnen versucht: ohne einen "bremsenden Einfluss auf die Luft­verkehrs­nachfrage" sind Luft­verkehr und Klima­schutz unvereinbar.

Die ICAO braucht übrigens bezüglich der Haupt­aussage dieser Studie nicht mehr über­zeugt zu werden. Sie hat gerade eine globale Dialog­runde mit ihren Mitglieds­staaten beendet, in der eben­falls einver­nehmlich festge­stellt wurde, dass nur der globale Ablass­handel mit dem weiteren Wachs­tum des Flug­verkehrs und den notwen­digen Profiten vereinbar ist. Aller­dings hat sie dabei auch gleich den schüch­ternen Erwei­terungs­vor­schlägen, wie etwa der Einbe­ziehung der sons­tigen klima­wirk­samen Emis­sionen über CO2 hinaus, eine klare Absage erteilt.




Giftküch 'Schwarz-Grün'

Giftköche statt Clowns
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Hinhören: Die "Lärmpausen" kommen sind da !

Als Tarek & Volker, die Pausen­clowns im Ausbau-Circus, haben Minister­präsident Bouffier und Vize-Minister­präsident, Wirtschafts- und Verkehrs­minister Al-Wazir schon hessische Geschichte gemacht. Dreister ist die Bevölke­rung noch selten veralbert worden, obwohl es auch unter den Vor­gängern einige bemerkens­werte Ansätze gab. Aber aller Welt von sieben­stündigen Lärm­pausen zu erzählen und dann ein Modell einzu­führen, bei dem nur bei einer Betriebs­richtung überhaupt etwas passiert, dabei abends nur ein kleiner Bereich (die südlichen Teile Frank­furts) tatsäch­lich weniger Lärm hat und die Süd­bahn-Anlieger (Neu-Isen­burg, Offen­bach) den doppelten Lärm abbekommen, während morgens der Lande­lärm ein paar hundert Meter (von der Süd- auf die Centerbahn) und der Start­lärm von der Start­bahn West auf die Südbahn (u.a. zu Lasten Raunheims) verschoben wird - das ist schon ein bemerkens­wertes Stück Demagogie.

In den Propa­ganda-Pam­phleten des Ministe­riums ist von netto 40.000 Menschen abends und 1.000 morgens die Rede, die eine "zusätz­liche Lärm­pause" bekämen. Das wird selbst in konser­vativen Medien kritisch gesehen, aber die dreis­testen Lügen werden dort nicht ange­prangert.
"Lärmpause" heisst nicht Ruhe: 6 Einzel­schall-Ereig­nisse mit 58 dB(A) aussen sind in dieser Stunde zulässig, das soll laut Minis­terium innen "sechs einzelnen Anschlägen auf einer Computer­tastatur" entsprechen. Die Betrof­fenen wissen das besser.
Die übelste Lüge liegt aber darin, dass die Gesamt­wirkung der Massnahme nur danach betrachtet wird, wieviele Men­schen eine solche "Lärmpause" gewinnen oder verlieren. Wenn also abends der gesamte Lande­lärm auf die Südbahn gepackt wird, dann gelten als dadurch zusätz­lich Belastete nur die­jenigen, die (in den Rand­bereichen) vorher eine "rechne­rische Lärm­pause" hatten. Die Haupt­betrof­fenen unter der Bahn, die auch vorher schon genug Lärm hatten und nun den doppelten Krach erdulden müssen, gelten nicht als zusätzlich belastet!
(Auch in Raunheim gibt es trotz erhöhten Startlärms morgens keine "zusätzlich Belasteten".)

Da daran nun wirklich nichts Witziges ist und hier gesund­heit­liche Belastungen unter Vorspie­gelung falscher Tatsachen umver­teilt werden, scheint uns der Begriff "Giftküche" für diese Aktivi­täten treffender. Aus Anlass der geplanten Einfüh­rung dieser Lärm­pausen haben wir daher eine neue Würdigung verfasst. Sie soll auch deutlich machen, dass der Grüne Al-Wazir zwar als Aushänge­schild fungiert, die gesamte Entwick­lung aber wesent­lich von Koch (-Nachfolger) Bouffier und seiner Clique bestimmt wird.

Ab 23.04. wird also für ein Jahr getestet (wenn der Wind richtig weht, nicht gerade an einer Bahn gebaut wird und auch sonst nichts dazwischen kommt). Also: hinhören. Das Umwelt­haus möchte wissen, wie die Lärm­pausen wirken und wie sie wahr­genommen werden. Sagen wir es ihnen. Und machen wir dabei ganz deutlich: nur ein Nacht­flug­verbot von 22:00 bis 6:00 Uhr, voll­ständig und für alle, löst das Problem wirklich.

Nachtrag: Wider Erwarten war der erste "Lärmpausen"-Tag auch für Raunheim ein Erfolg. Um die Pause termin­gerecht einzu­führen, wurde die Betriebs­richtung morgens für zwei Stunden auf 25 gedreht mit der Wirkung, dass Raunheim vom Anflug­lärm verschont blieb. Auch der Start­betrieb über die Südbahn blieb relativ leise. Letzterer hätte aller­dings statt­finden können, wie und wo er wollte, ohne eine "rechne­rische Lärm­pause" zu unter­brechen. Dafür braucht es bekannt­lich 6 Einzel­schaller­eignisse - in der Stunde zwischen 5:00 und 6:00 Uhr star­teten aber nur 5 Maschinen.
Das Ministerium feiert diesen Erfolg gleich mit zwei Presse­mittei­lungen: noch am Donners­tag mit einer eupho­rischen Beschrei­bung, wie toll alles werden wird, und am Freitag mit der zufrie­denen Fest­stel­lung: „Die Bündelung der Flug­bewe­gungen auf einzel­nen Bahnen hat reibungs­los funktio­niert“. Diese "Bündelung" bestand darin, morgens 24 Maschinen auf Center- und Nordwestbahn und abends 12 auf der Südbahn landen zu lassen - jeweils innerhalb nur einer Stunde! Morgens wurden dazu noch alle 5 Starts auf der Südbahn "gebündelt" und die Startbahn West nicht genutzt! Al-Wazir lässt wirklich keine Pein­lich­keit aus.
Die Medien allerdings können diese Euphorie nicht teilen und berichten überwiegend kritisch, z.B. die FR oder die FNP.

2. Nachtrag: Nach einer Woche verkündet Minister Al-Wazir per Presse­mitteilung, die "Lärmpausen" hätten den ersten "Praxistest bestanden", denn "seit dem 23. April konnten bei West­betrieb die sieben­stündigen Lärm­pausen morgens zwischen 5 und 6 Uhr durch­gängig zum Einsatz kommen". Aha. Die kleine Ein­schrän­kung "bei West­betrieb" heisst prak­tisch über­setzt: sollte jemand z.B. im angeb­lich entlas­teten Neu-Isen­burg so naiv gewesen sein, sich auf eine Stunde länger Ruhe einzu­stellen, so hatte er statt dessen an sieben Tagen einen nur gering­fügig seit­lich versetz­ten Lande­lärm und an einem Tag (wg. Betriebs­richtungs­wechsel) sogar den lauteren Start­lärm zu ertragen.
Und abends? Abends konze­diert der Minister "ledig­lich zwei Aus­nahmen" (bei acht Fällen, d.h. 25%) und erklärt: "In beiden Fällen hat es Ausnahme­genehmi­gungen für verspätete Starts nach den gelten­den Rege­lungen des Plan­fest­stellungs­beschlus­ses gegeben. Am Abend des 29. Aprils musste der Start­vorgang eines Flugzeugs abge­brochen werden, weil ein Vogel in die Turbine geraten war (Vogel­schlag). Die Start­bahn West musste darauf­hin kurz­zeitig gesperrt werden. Am Abend des 30. Aprils musste wegen Gewitter sicher­heits­bedingt die Zahl der Anflüge auf den Flug­hafen limitiert werden. Es gab insge­samt 9 Einzel­genehmi­gungen für verspätete Starts".
Haben diese Erklä­rungen etwas mit den "Lärmpausen" zu tun? Indirekt ja, aber die Wahr­heit, von der der Minister hier abzu­lenken versucht, lautet: in vier von acht Fällen gab es abends keine Lärm­pause. Zweimal wurde Betriebs­richtung 07 geflogen, bei der es gene­rell keine Lärm­pausen gibt, und zweimal wurden sie aus betrieb­lichen Gründen ausge­setzt. Wenn man für den Moment einmal voraus­setzt, dass der Minister bzw. seine Reden-Schreiber nicht zu dämlich sind, ihre eigene Statistik zu lesen, muss man konsta­tieren, dass dies wieder einmal ein bil­liger Trick ist, um die "Lärm­pausen" nach aussen schöner scheinen zu lassen, als sie faktisch je sein können.
Das wahre Ergebnis dieses "Praxis­test" lautet: selbst an der einzigen Stelle, wo sie eine gewisse Wirkung entfal­ten könnten (abends im Frank­furter Süden), sind sie weit­gehend wirkungs­los, weil unvorher­sagbar. In zwei der acht Fälle, in denen sich die Menschen dort vielleicht auf eine Stunde mehr Ruhe einge­stellt hatten, hatten sie acht bzw. sechzehn Lan­dungen über dem Kopf (s. die Auswer­tung der "Lärm­pausen" auf flugaus­wertung.de), in zwei weiteren Startlärm. Das Test­ergeb­nis kann daher nur lauten: durch­gefallen.




Logo WVA

Lärmobergrenze im Landtag

Am 15.04. hat sich der Wirtschafts- und Verkehrs-Ausschuss des Hessi­schen Land­tags mit dem Thema "Lärm­ober­grenze für den Flug­hafen Frank­furt" befasst. Anlass war ein SPD-Antrag, der die Landes­regierung auffor­dern sollte, bis zum Jahres­ende einen Vorschlag für so etwas vorzu­legen.
Obwohl Minister Al-Wazir noch am Tag vorher per Presse­mittei­lung ein State­ment zu Terminal 3 hatte verbrei­ten lassen, in dem es heisst, "Insbe­sondere die Entwick­lung von Modellen zur Einfüh­rung einer Lärm­ober­grenze wird der nächste Schwer­punkt der Arbeit der Stabs­stelle Flug­lärm­reduzie­rung im Verkehrs­ministerium sein", hatten die Regierungs­fraktionen dazu wenig zu sagen und brachten ihrer­seits kurz­fristig einen Gegenantrag ein (und beschlossen ihn mit ihrer Mehrheit natürlich auch), der der Regierung dafür die übliche "Al-Wazir-Frist" ("ein gutes Jahr" bzw. ca. 15 Monate) einräumt.
Dieses Timing hat noch einen beson­deren Hinter­grund. Am 13. Juni 2016 tritt die neue EU-Verord­nung über Betrieb­sbeschrän­kungen an Flug­häfen in Kraft, die es deutlich schwerer macht, aus Lärm­schutz­gründen echte Beschrän­kungen einzu­führen. Wer zu diesem Zeit­punkt erst einen Vorschlag vor­legen will, weiss offen­sicht­lich schon, dass er nichts ernst­haft beschränken will.

Inhalt­lich sind die Unter­schiede zwischen beiden Anträgen ansonsten minimal. Der SPD liegen die "weiteren Entwick­lungs­möglich­keiten" des Luft­verkehrs besonders am Herzen, deswegen muss ein solches Konstrukt in der Lage sein, "die Belastung durch Flug­lärm zu begren­zen, ohne die Funktion des Frank­furter Flug­hafens einzu­schränken".
CDU-B90/Grüne fordern immerhin gleich zweimal, dass diese Grenze "deutlich unter­halb der im Planfest­stellungs­beschluss prognosti­zierten Lärmwerte" liegen soll, aber trotzdem sicher­stellen muss, "dass der Flughafen seine zentrale Funktion im nationalen und inter­natio­nalen Luft­verkehr erfolg­reich ent­wickeln kann".
Die FDP findet das alles über­flüssig und eine Zumutung für den Flug­hafen und ist deshalb ganz dagegen.
Das lässt ahnen, was von diesem Instrument in den Händen der Ausbau-Feti­schisten zu erwarten ist. Ähnlich wie die Lärm­pausen, die grund­sätz­lich ein sinn­volles Instrument des Lärmschutz sein können, aber hier zur Lachnummer verkommen, wird auch die Lärmober­grenze keine werden, solange diese Akteure darüber entscheiden.




Fraport-Bild T3

Da war sich Fraport schon vor Monaten sicher ...

Fraport-Aufsichtsrat beschliesst Bau von Terminal 3

Wenig überraschend, hat auch der Fraport-Aufsichts­rat in seiner Sitzung am 15.04. beschlossen, dass Terminal 3 wie geplant gebaut werden soll. Wie immer, gibt es keine Information darüber, wie die AR-Mitglieder abge­stimmt haben, obwohl man natürlich schon gerne wüsste, ob die Vertreter der Anteils­eigner Land Hessen und Stadt Frank­furt wenigstens pro forma dagegen gestimmt haben. (Laut Frank­furter Neue Presse haben nur 2 von 20 AR-Mit­gliedern mit "Nein" gestimmt, der "grüne" Vertreter des Landes Hessen, Kaufmann, und der Frank­furter Ober­bürger­meister Feldmann.) Faktisch spielt es aller­dings keine Rolle: die Mehrheit der bornierten Wachs­tums-Befür­worter steht, inklusive der sog. "Arbeit­nehmer-Ver­treter", die blind dem Kata­strophen­kurs des Vorstands folgen.
Zunächst werden also die Bauleis­tungen ausge­schrieben; wenn das Vergabe-Verfahren im Spät­sommer/Herbst abge­schlossen ist, werden erste Baumaß­nahmen ev. Ende des Jahres beginnen. Für die Bürger­initia­tiven wird es nun Zeit, zu über­legen, wie der Wider­stand gegen dieses Vorhaben praktisch organisiert werden soll. Regie­rungen oder Gerichte werden den Bau nicht mehr verhindern.




UBA-Titelblatt modifiziert

Das UBA warnt - wenn auch nicht so plakativ, wie hier dargestellt.

Neues von TTIP, CETA & Co.

Das Umwelt­bundes­amt ist eine Fach­behörde des Bundes­umwelt­minis­teriums und damit direkt der Bundes­regierung unter­stellt. Wenn es in einem Positions­papier vor Gefahren einer Entwick­lung warnt, die von eben dieser Regierung voran getrie­ben wird, müssen die Bedenken schwer­wiegend sein. Und bei aller Zurück­haltung in den Formulie­rungen ist die UBA-Aussage tatsäch­lich eindeutig: Das Frei­handels­abkommen TTIP birgt "... erheb­liche Risiken: Umwelt­standards könnten sinken und die Umwelt­eigen­schaften von Produkten gefährdet werden" (S.4). Dabei bezieht sich das UBA nicht einmal auf ein Verhand­lungs­ergebnis, sondern auf einen Vorschlag, der von der EU einge­bracht wurde und vermutlich von US-Seite nochmal verschärft werden soll.

Konkret macht das Positions­papier deutlich, dass eine "Angleichung" von Standards, die in der EU auf dem Vorsorge­prinzip ("beweise, dass es unschäd­lich ist") basieren, in den USA jedoch auf dem Risiko­prinzip ("beweise, dass es schädlich ist"), nur zu einer Aufwei­chung der EU-Standards führen kann. Er wird unter den UBA-Beispielen nicht genannt, aber genau das gilt auch für den Lärmschutz, und damit für die Frage, ob Nachtflug­verbote und andere Auflagen für den Flug­verkehr künftig "wegge­klagt" werden können.
Zudem weist das Papier (sehr zurück­haltend) darauf hin, dass die bisherigen Erfah­rungen in der Zusammen­arbeit mit den USA in diesem Bereich nicht gerade positiv waren und die Arbeit der (meist erfolg­reicheren) UN-Gremien durch solche bilate­ralen Aktivi­täten unter­laufen werden kann.
Sehr dezent wird auch darauf hinge­wiesen, dass im Verhältnis zu Kanada die gleichen Probleme bestehen, aber das entspre­chende Abkommen CETA ist bereits im Geheimen ausver­handelt (wie das für TTIP auch vorge­sehen war), so dass hier eine politische Entschei­dung ansteht und das UBA keine fachliche Beratung der Regierung mehr vornehmen kann. Die Probleme sind jedoch bei beiden Abkommen im Wesentlichen die gleichen.

Nachdem erste Ergebnisse der TTIP-Verhand­lungen, sehr zum Ärger der Verhandler, an die Öffent­lichkeit gebracht wurden und bald zwei Millionen Europäer­Innen dagegen protes­tiert haben, versucht die EU, den Prozess zu retten, indem sie Teile ihrer Verhand­lungs­positionen öffent­lich macht und das EU-Parla­ment der EU-Delegation neue Auflagen mitgeben will. Letztere werden bis Ende April in den EP-Aus­schüssen diskutiert und sollen vom Parla­ment noch vor der Sommer­pause beschlossen werden. Ob dann, wie geplant, die Verhand­lungen mit den USA noch in diesem Jahr zu Ende gebracht werden können, steht in den Sternen.

Unmittelbar vor dem nächsten Aktionstag am 18. April muss auch Wirtschaftsminister Gabriel eingestehen, dass das angekündigte TTIP-Wirtschaftswunder nicht kommen wird. Er lehnt TTIP aber deswegen nicht etwa ab, sondern zieht sich auf die zweite Verteidigungslinie zurück, die BDI-Präsident Grillo vorge geben hat: wenn die EU sich nicht den USA anschliesst, darf sie gar nicht mehr bei den Grossen mit spielen. Beide versprechen natürlich nach wie vor, dass die hohen europä ischen Schutz standards nie und nimmer angetastet werden dürften. Aller dings sind nicht alle Industrie vertreter so zurück haltend. Eine sehr klare Ansage kam z.B. nach Abschluss der CETA-Verhand lungen von einem Lobby isten der Metall industrie: "Ich hoffe, CETA schafft am Ende auch eine Diskussions plattform, mit dem Ziel, den recht lichen Rahmen in der EU neu abzu stecken. ... Ein Beispiel dafür ist das Zulassungs verfahren unter REACH."
Wie das zu verstehen ist, kann man im oben zitierten UBA-Positions papier nachlesen. REACH regelt die Zulas sung von chemischen Stoffen in der EU - nach dem Vorsorge-Prinzip.




Flugspur LH-598

Ungeplanter Rundflug - Ein A333 der Lufthansa musste unmittelbar nach dem Start von der Startbahn West umkehren und landete wieder auf der Centerbahn.
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"Safety first" - gilt das noch ?

Der Absturz der Germanwings-Maschine über Südfrank­reich, der vermut­lich vom Copiloten absicht­lich herbei­geführt wurde, hat eine neue Debatte über Sicher­heit im Flug­verkehr ausge­löst. Auch wenn dieses Ereignis (hoffent­lich) einmalig und (wahr­schein­lich) auch kaum zu verhin­dern war, wurden in der Diskus­sion eine ganze Reihe Aspekte publik, die sonst gerne zurück­gehalten werden. Dabei geht es in erster Linie um die Rolle der Piloten.
Schon in der ersten Meldung dieses Jahres (ganz unten auf dieser Seite) hatten wir auf eine Allianz-Studie hinge­wiesen, in der abge­schätzt wird,
"... dass in der gewerb­lichen Luftfahrt 70% der tödlichen Unfälle auf mensch­liches Versagen zurück­zuführen sind, ...".
Eine EU-Studie über atypische Beschäf­tigung in der Luft­verkehrs­wirtschaft kommt zu dem Ergebnis, dass auch in diesem Bereich die Billig-Menta­lität drastisch zunimmt und ruft
"alle Beteiligten auf, auf diese deutliche Warnung zu reagieren und die zerstöre­rischen Erfah­rungen aus der Seefahrt - die in riskanten Sicher­heits­problemen, Steuer­problemen und purem Sozial­dumping resul­tierten - nicht im Luft­verkehr zu wieder­holen. In dieser Hinsicht ist es fünf Minuten nach Zwölf" (Executive Summary, p. XVII, eigene Über­setzung).
In der Presse werden Piloten zitiert, die dramatische Zustände bei Billig­fluggesell­schaften beschreiben. Letzt­endlich geht es dabei immer um Stress, Über­müdung, Ausbeu­tung usw., und es spielt im Grunde keine Rolle, ob diese Faktoren direkt zu Problemen führen, oder ob sie die Betrof­fenen in psychische Erkran­kungen treiben, die dann fatale Reak­tionen auslösen.
Zugleich wird in der aktuellen Diskussion daran erinnert, dass die Regeln für die medizi­nische Überwachung von Piloten in der EU herunter­gefahren wurden, aber selbst diese in Deutschland möglicher­weise nicht voll einge­halten werden.

Zugleich scheinen sich auch die Meldungen über technische Probleme zu häufen. So musste am 07.04. ein A330 der LH einen ungeplanten Rundflug über dem Rhein-Main-Gebiet durch­führen, weil Rauch in der Kabine aufgetreten ist und die Piloten die Situation offenbar als so gefährlich einschätzten, dass sie auch das Risiko eingingen, mit einer voll betankten Maschine zu landen. Wenige Tage vorher, am 20.03., ist ein A380 erst gar nicht gestartet, sondern musste wegen verdäch­tiger Gerüche an Bord geräumt werden.
Nur einen Tag nach dem "Rundflug", am 08.04., musste ein A380 seinen Flug abbrechen und den Rückflug nach FRA antreten, weil sich die Lande­klappen nicht einfahren liessen. Hier deutet der Flugweg darauf hin, dass sich die Piloten die Zeit genommen haben, über dem Hunsrück über­flüssigen Sprit abzulassen. Am gleichen Tag musste ein in Düssel­dorf gestarteter A320 ungeplant in Nürnberg landen, weil eine Scheibe im Cockpit gesprungen war.
Keiner dieser Vorfälle war besonders dramatisch, aber die Häufung fällt dennoch auf. Sie ist auch kein blosser Zufall. Wie die aktuelle Statistik des LBA zeigt, ist die Zahl der "von deutschen Luft­fahrt­unter­nehmen gemeldeten flug­betrieb­lichen Störungen" von ca. 1.500 Meldungen 2010 auf knapp 2.500 in 2014 kontinu­ierlich gestiegen. (Darin enthalten sind zwar auch "Störungen", für die weder Piloten noch Airlines etwas können, wie z.B. "Vogel­schlag" oder "Turbu­lenzen", aber die scheinen nicht für den Anstieg verant­wortlich zu sein.)
Die oben zitierte Allianz-Studie freut sich noch darüber, dass das Sicher­heits­niveau 2014 weiter ange­stiegen sei, weil die Zahl der gravie­renden Unfälle weiter zurück gegangen ist. Auf der anderen Seite deuten die hier zitierten Statistiken und Berichte darauf hin, dass die Risiken personeller und technischer Art zunehmen und der zunehmende "Wett­bewerbs­druck", sprich: die Profit­orientie­rung, zu immer weiter gehenden Einspa­rungen bei Personal und Technik führt. Dies kann den noch positiven Trend bei schweren Unfällen rasch umkehren. Insbe­sondere die Lufthansa sollte sich gut über­legen, ob sie dieses "Rennen in den Abgrund" wirklich mitmachen will. Die Gründung der Tochter German­wings war der erste Schritt in die Billig­fliegerei, der nun mit der noch billi­geren Eurowings fortge­setzt werden soll. Die Menschen der Region wollen aber zusätz­lich zu Lärm und Schad­stoffen nicht auch noch steigende Sicher­heits­risiken ertragen.




STARTfrei-Statistik

Auf diese Statistik ist Fraport stolz - warum nur ?

Fraport bestätigt Ausbau-Gegner

Wenn die Fraport-Haus­postille STARTfrei statis­tische Daten liefert, ist normaler­weise Vorsicht angesagt. Manchmal bestätigen solche Daten aber die Argumente der Ausbau-Gegner so schön, dass man sie gerne glaubt. Deshalb möchten wir hier ein solches Beispiel mal hervor­heben - auch weil viele das vermut­lich garnicht mitbe­kommen, weil ihr Exemplar des Blättchen aus dem Brief­kasten direkt in die Altpapier­tonne wandert (was wir generell auch empfehlen würden).

So berichtet die neue Ausgabe 1/2015, dass 55,3% der Passa­giere auf Fraport Umsteiger sind. Würden diese woanders umsteigen oder direkt fliegen, blieben der Region mehr als die Hälfte des Lärms und der Abgase erspart, und keiner hätte einen Nachteil - ausser Fraport, der der mit diesen Umsteigern verbundene Profit entgehen würde.
Ebenso kann man da lernen, dass 60,2% der Passagiere privat unterwegs sind. Die ach so wichtigen Geschäfts­verbin­dungen, ohne die die hiesige Wirtschaft auf der Stelle abwandern würde, machen also nur ein gutes Drittel des Flugverkehrs aus. Von den Privaten weiss man aber, dass Viele weder aus der Region kommen noch darauf ange­wiesen sind, hier ein- oder auszu­steigen - sie würden genauso gut mit ihrem Auto an einen anderen Standort fahren. (Auch das lernt man aus dieser Statistik: zwei Drittel aller Passa­giere sind land­seitig mit Kfz unterwegs. Und aus leidvoller Erfahrung weiss man als Raunheimer auch, wieviele PKW wochen­lang Parkplätze blockieren, während die Inhaber auf Tour sind.)

Mit anderen Worten: das Argument der Ausbau-Gegner, dass ein großer Teil der Flug­bewe­gungen mit den Bedürf­nissen der Region nichts zu tun hat und nur hier statt­findet, damit Fraport damit Profit machen kann, wird aufs Schönste bestätigt. Danke, Fraport !




FLK-Logo

Die Fluglärmkommission wird umgebaut

Presseberichten ist zu entnehmen, dass die Zusammen­setzung der Frank­furter Flug­lärm­kommission verändert werden soll. Die bisher als Voll­mitglieder vertre­tenen neun Land­kreise sollen ihr Stimm­recht verlieren und nur noch beratend teil­nehmen, dafür sollen einige betroffene Kommunen nachrücken.
Anlass dafür ist ein Urteil des Bundes­verwaltungs­gerichts vom November letzten Jahres, das sich eigentlich mit der Flug­routen-Fest­legung am neuen Berliner Flug­hafen beschäftigt, aber auch einige Anmer­kungen zur Zusammen­setzung der (dortigen) Flug­lärm­kommission enthält. Der Vorstand der Frank­furter Kommis­sion hatte bereits damals hervor­gehoben, dass er diese Anmerkungen für wichtig hält, und geht jetzt offenbar an die Umsetzung. Dahinter steht aber natür­lich das hessische Wirtschafts­ministerium, das letzt­lich darüber zu entscheiden hat.

Grundsätzlich ist die Zusammen­setzung der Flug­lärm­kommis­sionen in § 32b des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) geregelt. Dieser Paragraph ist allerdings genauso antiquiert wie die meisten sonstigen Regeln dieses Gesetzes. So legt er die Regel­grösse einer Kommission auf 15 Mitglieder fest, was bestenfalls an Klein­flughäfen eine vernünftige Repräsen­tanz der Betrof­fenen zulässt. Da fand auch das BVerwG die tatsäch­liche Grösse der Berliner Kommission von 38 stimm­berech­tigten Mitgliedern eher als angemessen. (Die Frank­furter Kommission hat 40 stimm­berechtigte Mitglieder.) Auch die Mitglied­schaft von Landkreisen fand das BVerwG gerecht­fertigt, obwohl der Gesetzes­text nur von Kommunen spricht.
Es wäre sinnvoll, noch einmal grund­sätzlich über die Vertretung der Betrof­fenen in den Kommis­sionen nachzu­denken und das Gesetz entsprechend zu ändern. Es macht sicher Sinn, wie für Frankfurt vorge­schlagen, allen relevant betroffenen Kommunen (also all denen, die in einer der gesetz­lich definierten Schutz­zonen liegen) einen Platz in der Kommission anzubieten. Es macht aller­dings keinen Sinn, all diejenigen auszu­schliessen, die ausser­halb dieser viel zu eng definierten Zonen liegen, aber dennoch von Fluglärm betroffen sind. Es macht ebenso wenig Sinn, als Organi­sation der Betrof­fenen nur die "Bundes­vereinigung gegen Fluglärm" zuzu­lassen. Bei allem Respekt vor deren Leistungen: in Frankfurt sollten der Deutsche Flug­lärm­dienst (DFLD) und das Bündnis der Bürger­initia­tiven gegen Fluglärm ebenso dazu gehören.

Vor allem aber wäre das ein guter Anlass, die Ausstattung der Kommissionen nochmals zu thematisieren. Sie verfügen über viel zu wenig eigene Ressourcen, um ihren Aufgaben nachzukommen, und sind viel zu sehr von der Expertise der Luftverkehrswirtschaft abhängig. Ein eigener Etat für unabhängige Gutachten wäre das Mindeste, was nötig wäre.



VGH Logo modifiziert

Klage der Stadt Flörsheim zurückgewiesen

Getreu seiner bisherigen Linie hat der VGH Kassel auch den größten Teil der Klage der Stadt Flörsheim gegen die neue Landebahn vom Tisch gewischt. Die Klage gegen den Plan­fest­stellungs­beschluss war bis zum Entscheid der als Muster­verfahren ausge­wählten Klagen zurück­gestellt und nach deren Abschluss wieder aufge­nommen worden. Flörsheim hatte in der Zwischen­zeit noch eine Reihe von Argu­menten und Anträgen nachge­reicht, die die Entwick­lungen der Jahre nach den ersten Urteilen (2009 bzw. 2012) berück­sichtigten. Geholfen hat es nichts. In seiner Presse­mitteilung erklärt der VGH alle Fragen für erledigt mit Ausnahme von zweien, die sich auf Planer­gänzungen nach den Urteilen bezogen und daher auch beim schlech­testen Willen nicht einbe­zogen werden konnten. Revision wurde wie üblich nicht zuge­lassen. Die Stadt Flörsheim hat noch nicht entschieden, ob sie dagegen Beschwerde einlegen wird.

Kämpft man sich durch den Text des Teil­beschlusses, findet man Formulie­rungen wie "Außerdem ist es ... unerheb­lich, ob in dem Gutachten G 1 Anhang II.1 die damals schon etablierten Methoden zur Beurteilung von Wirbel­schleppen nicht oder nur fehler­haft heran­gezogen wurden ... mit dem Ergebnis eines um den Faktor von mindestens 107 abweichen­den Wertes der Ereignis­wahrschein­lichkeit." (Rn 103, S. 50/51). Sieben Größen­ordnungen daneben und trotzdem nicht falsch genug für Konse­quenzen - ob diese Richter so auch ihre Mathe­matik-Prüfungen in der Schule bestanden haben?
Selbst die NORAH-Studie bringt nach ihrer Auffassung keine rechtlich relevanten neuen Erkenntnisse, auch wenn sich ihre Argumen­tation (Rn 177, S. 83/84) hier normaler mensch­licher Logik nicht erschließt (und die Quellen nicht öffent­lich nachvoll­ziehbar zitiert werden). Vermutlich haben sie aber nur die Schluss­bemerkung (S. 233) der NORAH-Kinder­studie nicht verstanden, so dass man hoffen kann, dass bei anderen Gelegen­heiten noch eine seriö­sere Würdi­gung erfolgt.

Die beiden noch ausste­henden Punkte (Schutz vor Wirbel­schleppen und Lärmbe­lastung in den Nacht­rand­stunden) sollen vom 28.-30. April in Kassel verhandelt werden. Wer aber immer noch glaubt, vor diesem Gericht irgend einen Erfolg gegen den Flug­hafen­ausbau erzielen zu können, der kann wohl aus keiner Erfahrung lernen.




Titelbild Fraport-GB2014

Nein, das ist keine boshafte Anspielung auf die dunklen Geschäfte der Fraport, das ist der Original-Titel.

Business as usual

Gerade einmal 14 Tage hat Fraport-Chef Schulte gewartet, ehe er Minister Al-Wazir eine klare Absage erteilt hat. Anlässlich der Vorlage des Geschäftsberichts 2014 der Fraport widersprach er allen Argumenten, mit denen Al-Wazir seine Alternative zu Terminal 3 begründet hatte, und kündigte den Baubeginn für den Spätsommer 2015 an - nicht ohne noch ironisch anzumerken, dass bis dahin die Vorschläge des Herrn Minister natür­lich "intensiv geprüft" würden. Die Bedarfs­prüfung ist damit abgehakt, es geht weiter wie geplant. In den Worten des Geschäfts­berichts: Fraport rechnet "nach wie vor mit einem lang­fristig stabilen Wachs­tum des Luft­verkehrs­markts", deshalb wird der Bau des Terminals 3 "der aktuellen Planung entspre­chend bereits im laufenden Geschäfts­jahr 2015 beginnen". War was?

Der Kommen­tator der Frankfurter Neuen Presse hat dazu noch einen Trost für die lärmge­plagte Bevölke­rung bereit: lauter wird es ja sowieso, weil Fraport die höhere Kapazität, die das neue Bahnsystem bietet, auf alle Fälle ausnutzen wird. Mit T3 können dabei auch Premium-Passa­giere bedient werden, ansonsten würden eben Billig­flieger angelockt. T3 veredelt sozu­sagen den Fluglärm.

So zynisch diese Argumen­tation klingt, sie hat einen wahren Kern. Ein Blick auf die Gewinn­struktur des Konzerns zeigt eindeutig: Fraport lebt nicht von den Gewinnen, die mit dem Flug­betrieb ("Aviation" und "Ground Handling") erwirt­schaftet werden können; die machen nur ein gutes Drittel (35,6%) des operativen Gewinns aus. Fast zwei Drittel kommen aus dem Bereich des Einzel­handels, der Flächen­vermie­tung und sonstiger Dienst­leistungen und hängen damit davon ab, wie viele und welche Art von Kunden die Flächen bevölkern. Wohl­habende Chinesen, kauf­lustige Russen und luxus­liebende Araber müssen umworben werden, indem das entsprechende Ambiente geschaffen wird. Hat man dagegen nur Billig­flieger-Kunden, braucht man wesentlich mehr Masse, um den gleichen Effekt zu erreichen.
In dieser Logik wird der Bedarf für Terminal 3 nahezu unab­hängig von Verkehrs­prognosen. Wenn die Nach­frage nach Flügen nicht von selber kommt, muss sie eben geschaffen werden - Haupt­sache, die Kunden kommen zum Shoppen.

Im Umkehr­schluss heisst das aber auch: solange die Fra­port-Stra­tegie von den Dividen­den-Inter­essen der Aktionäre bestimmt wird, wird es in der Tat "sowieso lauter". Erst wenn die Strategie wieder am öffent­lichen Interesse nach angemes­senen Verkehrs-Infra­struktur-Dienst­leistungen ausge­richtet wird, kann sich das ändern. Aber dafür tritt im Augenblick (fast) keiner dieser Aktionäre ein.




NORAH Logo

Im November sollen die Ergebnisse präsentiert werden.

Schlechte Ergebnisse - schnelle Reaktion ?

Am 17. März hat das Umwelthaus angekün­digt, dass alle Ergeb­nisse der NORAH-Studie im Rahmen der Konfe­renz Aktiver Schall­schutz im November dieses Jahres, die das Leit­thema "Gesund­heit" haben soll, präsen­tiert werden sollen. Am 18. März haben die Grünen, deren Führungs­personal aufgrund der einschlä­gigen Gremien-Mit­glied­schaften die Ergeb­nisse sicher schon kennt (sie werden bis November noch einer "Qualitäts­sicherung" unter­zogen), einen Antrag mit dem Titel "Fluglärm wirksam redu­zieren" im Bundes­tag einge­bracht. Sind die NORAH-Resultate derart revolu­tionär, dass eine sofor­tige politische Reaktion unver­zichtbar ist?

Nein, das zeit­liche Zusammen­treffen ist rein zufällig. Nicht nur ist von NORAH nichts wirklich Neues zu erwarten (auch wenn Vieles, was jetzt schon bekannt ist, genauer beschrie­ben und besser belegt werden könnte), der Antrag nimmt auch gar keinen Bezug darauf. Er ist vielmehr ein Versuch, die Bundes­regierung endlich zu Konse­quenzen aus dem Gutachten des Sach­verständigen­rates für Umwelt­fragen, das seit einem Jahr vorliegt, zu bewegen. Er bleibt deshalb auch ziemlich blass. Zwar werden so ziemlich alle rele­vanten Themen ange­sprochen, aber fast nichts konkretisiert. Die Initiative dient wohl primär dazu, die Untätigkeit der Regierung anzuprangern, eigene Ideen und Vorschläge fehlen. Nach Vorlage der NORAH-Ergebnisse wird wesentlich mehr öffentliche Aktion notwendig werden, um das Thema wirklich voran zu bringen.




Blockupy-Plakat

Blockupy Fluglärm ?

Am 18. März soll der Neubau der Europä­ischen Zentral­bank im Frank­furter Ostend offiziell einge­weiht werden. Die ursprüng­lich angedachte ganz grosse Party findet nicht statt, nur wenig Prominenz wird vor Ort sein - dafür aber umso mehr Protes­tierende. Das Blockupy-Bündnis und andere Organisa­tionen haben zu Mahn­wachen, Kundge­bungen und Demonstra­tionen gegen das europäische Krisen­regime, gegen Spar­politik und Verarmung aufge­rufen. Hat das etwas mit Fluglärm zu tun?

Leider ja. Erstens gibt es einen ganz direkten Zusammen­hang: die Bundes­regierung hat das geplante Terminal 3 auf die Liste der­jenigen Projekte gesetzt, mit denen die EU-Kommis­sion die durch die Spar­politik abgewürgte Kon­junktur wieder in Schwung bringen will und möchte Fraport damit zusätzlich moti­vieren, ein wirtschaft­lich hoch riskantes Projekt umzu­setzen. Wenn es schief­geht, zahlt der Steuer­zahler eben doppelt.
Viel wichtiger aber ist die grund­sätzliche Rolle, die Flughäfen generell und Groß­flug­häfen wie FRA im Besonderen in der neolibe­ralen Wachs­tums- und Globali­sierungs-Strategie spielen. Wer eine Deckelung der Zahl der Flugbe­wegungen (ob auf 380.000 fix oder in Form einer Lärmober­grenze) durch­setzen will, der muss dafür nicht die Juristen im Verkehrs­ministe­rium über­zeugen. Das geht nur, wenn man für ein anderes Geschäfts­modell für diesen Flughafen und eine andere Form der Mobilität und der inter­natio­nalen Wirtschafts­verkehre eintritt - jedenfalls dann, wenn man den Fluglärm wirklich bekämpfen und nicht nur beim Nachbarn abladen will. Dafür müssen alle Bewegungen zusammen arbeiten, die eine andere Form des Wirt­schaftens, eine neue Priori­täten-Setzung wollen, bei der Mensch und Umwelt im Mittel­punkt stehen, nicht der Profit.

Deshalb haben einige BIs (u.a. Rüssels­heim, Flörs­heim-Hochheim, Mörfel­den-Wall­dorf, Nauheim) in einem Flugblatt zur Teilnahme aufge­rufen. Man muss nicht alle dort vertre­tenen Posi­tionen teilen, wenn man gegen Fluglärm und Flug­hafen­ausbau aktiv werden will, aber man sollte verstehen, dass dieser Zusammen­hang existiert. Leider gibt es im Bündnis der Bürger­initia­tiven eine BI, deren Vorsitzende dermaßen panische Angst davor haben, dem "partei­poli­tisch linken Spektrum" zuge­ordnet zu werden, dass sie glauben, sich mit einem Offenen Brief auch noch von der Bericht­erstattung über diesen Aufruf distan­zieren zu müssen. Dabei stellen sie nicht nur zweifel­hafte Behaup­tungen auf, sondern zitieren auch noch einen äusserst kuriosen Absatz aus einem Text des Ordnungs­amtes, mit dem dieses versucht, die Ableh­nung von Forde­rungen des Anmelders einer Teil­aktion am 18.03. zu begründen. Peinlicher geht's eigent­lich nicht mehr.
Nun darf sich ja jeder blamieren, so gut er kann, aber dieses Vorgehen hat noch andere Aspekte. (Sonst wäre es auch keiner Erwäh­nung wert, nachdem der Heraus­geber des ange­grif­fenen Blattes die Details in einer Antwort richtig gestellt hat.). Der Versuch, die Aktivi­täten anderer zu diffa­mieren, gerne auch verbunden mit persön­lichen Angriffen, schreckt ab und schwächt das Bündnis insgesamt. Es ist eine Sache, seine eigenen Positionen klar zu vertreten, aber eine ganz andere, die Positionen anderer Bündnis­partner in die Schmuddel­ecke drängen zu wollen. Und es ist völlig inakzep­tabel, den eigenen (un-)politi­schen Kurs als den einzigen im Bündnis vertret­baren darstellen zu wollen, obwohl er in den BBI-Delegier­tenversamm­lungen regelmäßig in der Minderheit ist. Wer die Bürger­initia­tiven politisch entmün­digen will, will sie wirkungs­los machen - und das werden wir nicht mitmachen.




Ausbau-Vorschlag Al-Wazir

So sieht der Zwischen-Ausbauschritt aus, den Tarek Al-Wazir als Alternative
oder als Ergänzung zu Terminal 3 propagiert.

Missglücktes Ablenkmanöver

Am 4. März stellte Minister Al-Wazir in einer öffent­lichen Sitzung des Wirtschafts­ausschuss des hessischen Landtags die mit mehr oder weniger Spannung erwarteten "Ergeb­nisse der Bedarfs­prüfung zum Bau eines dritten Terminals am Frank­furter Flug­hafen" vor. Das Ergebnis ist die erwartete Kapitu­lation vor den Fraport-Wünschen, aber er hat sich alle Mühe gegeben, das geschickt zu verpacken.

Drei Gutachten hat der Minister erstellen lassen. In einer Presse­mittei­lung und einer Präsen­tation fasst er die (für ihn) wichtig­sten Ergebnisse zusammen: die von Fraport vorge­legten Prognosen des Wachstums von Passagier­zahlen und Flug­bewe­gungen haben deut­liche Mängel, können aber nicht als falsch einge­stuft werden; es gibt Alter­nativen zu Terminal 3, die eben­falls eine, wenn auch geringere Steige­rung der Passa­gier­zahlen erlauben; die endgültige Entschei­dung ist Sache der Fraport, da sie juris­tisch unan­fecht­bares Baurecht hat. Alle drei Aussagen lassen sich mit guten Argum­enten angreifen, aber das Haupt­problem liegt woanders.

Al-Wazirs Argumentation scheint rein ökonomisch darauf gerichtet, nur die für den Flughafen günstigste Lösung zu finden. Er lobt seine Alter­native dafür, dass sie in Zeiten unsiche­rer Wachstums­prognosen die risiko­ärmere Lösung sei, die noch dazu bei wieder einset­zendem stärkeren Wachs­tum mit Terminal 3 voll­ständig kompa­tibel ist und des­wegen eine geeig­nete Übergangs­lösung darstellt. Das geht aber am ökono­mischen Kern der Sache vorbei. Fraport ist im Grunde eine riesige Shopping Mall, die den größten Teil ihrer Kunden einfliegt. Die Airport City, der Immo­bilien­sektor von Fraport, ist der eigent­liche Gewinn­bringer des Konzerns, und der soll ausgebaut werden. Ein paar Stell­plätze für Flug­zeuge mehr und ein Flug­steig, der kaum Platz für neue Läden bietet, sind da keine Alter­native.

Das weiss Al-Wazir natür­lich auch, aber ihm geht es nur darum, zumindest den Eindruck zu erwecken, als würde er nach prakti­kablen Alter­nativen suchen, da ihn ja selbst die bürger­liche Presse immer wieder daran erinnert, dass er vor der Wahl ein strikter Gegner dieses Terminals war. Dabei nimmt er sogar in Kauf, dass sich kaum noch verbergen läßt, dass er inzwischen nichts anderes mehr tut, als den Ausbau zu optimieren. Von den Grenzen der Belast­barkeit der Rhein-Main-Region, die auch ohne das neue Terminal schon über­schritten sind, ist da keine Rede mehr.
Mit seiner "Alter­native" versucht er zumindest den Schein zu wahren, er habe seine Wahl­kampf-Ver­sprechen nicht verges­sen. Wenn Fraport nicht auf ihn hört, kann er aber leider nichts tun, denn die Grünen haben sich ja schon im Koalitions­vertrag darauf fest­legen lassen, dass der Plan­feststellungs­beschluss keines­falls ange­tastet werden darf und der Ausbau reibungs­los umgesetzt werden muss. Fraport teilt denn auch in einer Presse­mittei­lung unmit­telbar im Anschluss an Al-Wazirs Vorstel­lung nur trocken mit, sie habe bereits "alle denkbaren Alter­nativen zu einem Terminal­neubau berück­sichtigt".

Würde Al-Wazir es ernst meinen, könnte er sich von einem Logis­tik-Exper­ten beraten lassen, der in einem Kommentar in der Frank­furter Rund­schau erläutert, wie die Anteils­eigner (Fraport gehört mehr­heit­lich dem Land Hessen und der Stadt Frank­furt) eine neue Strategie durch­setzen können, die auf die gege­benen Grenzen Rücksicht nimmt. Er könnte auch dagegen vorgehen, dass der Bundes­finanz­minister das Projekt T3 über den Kopf des Landes Hessen hinweg von der EU fördern lassen will. Er könnte - wenn er nicht die Koalitions­disziplin über alle Inhalte stellen würde.




Präsentation Pestalozzischule

Die Präsentation, die die Pestalozzi-Lehrer für den KuMi vorbereitet haben,
bringt nicht nur die Forderungen auf den Punkt,
sie ist auch exakt an das Niveau der Zielgruppe angepasst.

Ist es Zeit zu handeln ?

Am 23.02. hat der hessische Kultus­minister Lorz (CDU) die Pestalozzi-Schule besucht, um auch mal vor Ort zu demon­strieren, dass er die Ergeb­nisse der NORAH-Kinder­studie "sehr ernst" nimmt. Mitge­bracht hat er ausser noto­risch guter Laune und den schon in einer Presse­mittei­lung seines Ministe­riums angekün­digten dürf­tigen Maß­nahmen nichts (s. dazu 4 Mel­dungen weiter unten).

Das Lehrer_innen-Kolle­gium der Schule hatte für den Minister eine Präsen­tation ausge­arbeitet, in der die dringend­sten Forde­rungen zur Verbes­serung der Situation formu­liert und begrün­det wurden. Verkürzt zusammen­gefaßt lauten sie: kleinere Lern­gruppen, mehr Förder­stunden, mehr Lehrer­stunden, bessere bau­liche Beding­ungen, bessere Ausstat­tung. Nichts davon hatte der Kultus­minister im Gepäck oder wollte es auch nur prüfen. Sein Angebot bleibt: der allge­meine Stan­dard, der sowieso überall zur Lese­förderung einge­führt werden soll, wird an den betrof­fenen Schulen viel­leicht etwas schnel­ler einge­führt, und er beschränkt sich darauf, die vorhan­denen Lehrer_innen fortzu­bilden, damit sie für alle Probleme die neue­sten Methoden parat haben.

Die Präsen­tation endet mit der Fest­stellung "Es ist Zeit zu handeln!!!". Das ist ohne Zweifel richtig, nur der Adressat ist falsch. Handeln müssen die betrof­fenen Lehrer_innen, Schüler_innen und Eltern, denn soviel ist sicher: ohne Druck kommt vor dieser Landes­regierung nichts Gutes.




Rosenmontags-Wagen Al-Wazir

In Anlehnung an einen Spruch von Walter Ulbricht nimmt der MCV
die Aussagen von Tarek Al-Wazir zu Terminal 3 aufs Korn

Wer dreimal lügt ...

Wenn Tarek Al-Wazir geglaubt hatte, mit der Verschie­bung der Ver­öffent­lichung seiner "Prüf-Gut­achten" zu Terminal 3 könne er dem Hohn und Spott der Fasse­nachter wenig­stens in diesem Punkt entgehen, hat er sich getäuscht. Zwar hatten sich die BI-Gruppen in den Zügen in Mainz und Flörs­heim auf andere Themen konzen­triert, aber dieser Versuch, den Bruch eines zentra­len Wahl­verspre­chens möglichst geräusch­los über die Bühne zu bringen, war zumindest dem MCV einen Wagen wert. Unter Anspie­lung auf einen Spruch des DDR-Staats­ratsvor­sitzenden Walter Ulbricht, der versucht hatte, die geplante Teilung Berlins solange wie möglich geheim zu halten ("Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen."), reimt der MCV: "... doch in Hessen, ohne Fraach, steht man im Lügen kaum ihm nach." - hart, aber treffend.

Tatsächlich ist schon seit Tagen in der Presse zu lesen (z.B. hier), dass die drei Gutachten, die Al-Wazir am 4. März vor­legen will, die Ausbau-Argu­menta­tion der Fraport nicht ernst­haft in Frage stellen. Angesichts der zahl­reichen Einwände, die schon gegen die verwen­deten Verkehrs­prog­nosen vorge­bracht wurden, ist das erstaun­lich, aber da muss man wohl den genauen Text abwarten.
Klar ist aber jetzt schon: Nachdem das Projekt der sieben­stündigen Lärm­pausen für Alle kläg­lich geschei­tert ist und der angekün­digte Wider­stand gegen den Bau von Terminal 3 sich gerade in heisse Luft auflöst, bleibt noch ein Projekt aus dem Koali­tions­vertrag, mit dem Al-Wazir bei den Flug­lärm-ge­plagten Anwoh­nern punkten könnte - die Lärm­ober­grenze. Noch gibt es dazu keine kon­kreten Aus­sagen, aber die Betrugs­möglich­keiten zeichnen sich schon sehr deut­lich ab. Al-Wazir weiss vermut­lich schon, dass auch dabei nichts heraus­kommen wird. Letztes Jahr fiel ihm auf eine entspre­chende Frage nur ein, dass das "eine wahn­sinnig anspruchs­volle Aufgabe" sei, die er in einem aktuellen Interview lieber gar nicht mehr erwähnt.

Drei Projekte, drei­maliges Scheitern, aber Schön­reden - die Bilanz ist absehbar. Wenn es so kommt, dürfen sich der Minister und seine Partei nicht wundern, wenn immer mehr Ent­täuschte dem Wahlspruch folgen: "Wer dreimal lügt, den wählt man nicht".




Flugzeug mit Wirbelschleppen

Flörsheim eröffnet die Kampagne 2015

Kaum herrscht mal ein paar Tage Ostwetter­lage, fliegen schon wieder Ziegel vom Dach. Nach einer Meldung der Main­spitze hat es am Mittwoch, den 04.02., ein Haus in der Wickerer Strasse in Flörs­heim getroffen. Etwa 15 Ziegel wurden aus der Veran­kerung gerissen und rutschten das Dach herunter, ohne aller­dings in den Hof zu fallen. Ein fast alltäg­licher Vorfall also, aber die Hinter­gründe sind interessant.

Nach Aussagen des Haus­eigen­tümers ist das Haus schon zum zweiten Mal betroffen. Nach dem ersten Schaden im April 2013 hatte die Fraport ihm aller­dings mitge­teilt, dass die Ziegel des Hauses (Baujahr 1958) für eine Klammerung zu alt wären. Eine neue Dach­ein­deckung hätte er selber bezahlen sollen, Fraport hätte nur die Klammern spendiert. Das war ihm zu teuer.
Nun jedoch wolle man ihm "entgegen­kommen". Fraport erklärt sich bereit, bei Neuein­deckung und Klamme­rung die vollen Lohn­kosten und die Hälfte der Kosten für die neuen Ziegel zu über­nehmen. Ein wahr­haft groß­zügiges Angebot!

Zur Beurteilung dieses Angebots ist es hilf­reich, einen Blick in die Planer­gänzung zu werfen, die die Rechts­grund­lage für die Ansprüche auf Dach­sicherung liefert. Darin heißt es:

"Die Eigen­tümer von Grund­stücken, die inner­halb der in der Anlage zu diesem Plan­ergänzungs­beschluss bezeich­neten Gebiete belegen sind oder von den Gebiets­grenzen ange­schnitten werden, können verlangen, dass die Dach­ein­deckungen von Gebäuden auf diesen Grund­stücken ... gegen wirbel­schleppen­bedingte Windböen gesichert sind."

Das gilt nur dann nicht,

"... soweit die auf den Grund­stücken errichteten Gebäude hinsicht­lich der Dachein­deckungen den Anforde­rungen des § 12 der Hessi­schen Bau­ordnung in der zum Zeit­punkt ihrer Errich­tung anwend­baren Fassung nicht genügen.",

und die Begründung erläutert:

"Gemäß § 12 HBO müssen bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und gebrauchs­tauglich sein, dass insbe­sondere durch Einflüsse der Witterung Gefahren, unzumut­bare Nach­teile oder unzumut­bare Belästi­gungen nicht entstehen."

Im Klartext: Ein Dach, das ansonsten "in Ordnung" ist, muss voll­ständig auf Kosten von Fraport gesichert werden, egal, ob dafür neue Ziegel oder sonstige Änderungen erforder­lich sind. Das "großzügige" Fraport-Angebot besteht in diesem Fall also darin, dass sie sich bereit erklären, ihren recht­lichen Verpflich­tungen wenigstens teil­weise nachzu­kommen!

Wahrscheinlich muss man zur Kenntnis nehmen, dass solches Verhalten mittler­weile Standard ist. Der alte Anarcho-Spruch "Legal, illegal - scheiß­egal" ist zur Handlungs­maxime aller Groß­konzerne geworden. Man sollte allerdings darauf bestehen, dass die zustän­digen Aufsichts­behörden das nicht so ohne Weiteres hinnehmen - wofür sind die grünen Witz­figuren im Wirtschafts­ministerium denn überhaupt noch gut, wenn sie nicht einmal die wachs­weichen Vorgaben ihrer Vor­gänger durch­setzen können?




Lärmpausen-Clowns
Mit diesen Clowns kommen einem wirklich die Tränen ...

Gar nicht lustig - die Lärmpausen-Clowns

Die von Mainzer Initia­tiven ersonnene Bezeichnung der Exponenten der Landes­regierung als Lärm­pausen-Clowns ist treffend gewählt. Während im Fraport Ausbau Circus Direktor Schulte das Programm bestimmt, versuchen Bouffier und Al-Wazir das Publikum mit Luft­nummern abzu­lenken. Während aber normale Pausen-Clowns wenigstens den einen oder anderen guten Gag im Programm haben, können sich die meisten Bewohner des Rhein-Main-Gebiets darüber nicht amüsieren.
Den ersten Versuch zur Einführung von "Lärm­pausen" konnte man zwar durchaus noch als Lach­nummer sehen, denn was davon nach Einfüh­rung des Nacht­flug­verbots als "DROps Early Morning" noch übrig­geblie­ben war, war so wirkungs­los, dass die angerich­teten Schäden ebenso wie der behauptete Nutzen gar nicht meßbar waren. Das kann diesmal anders werden.

Zur Sitzung der Flug­lärm­kommission am 28.01.15 in Raunheim, die auf der Basis umfang­reicher Lärm­berech­nungen eine Stellungnahme zu den im Herbst 2014 vorge­legten Modellen der Landes­regie­rung für sieben­stündige Lärm­pausen beschlossen hat, rückte Al-Wazir mit grosser Besetzung an (Staats­sekretär, Flug­lärm­schutz­beauf­tragte, Fach­beamte), konnte aber trotzdem nicht genügend Unter­stützung für eines seiner Modelle mobili­sieren.
Trotz des ableh­nenden Votums der Flug­lärm­kommission muss die Landes­regierung aber darauf bestehen, ein irgend­wie geartetes "Lärm­pausen"-Modell zu testen, denn anders als z.B. bei der Prüfung zu Terminal 3 hat sich auch die CDU von Anfang an darauf fest­gelegt, hier einen Erfolg vorweisen zu wollen. Und so wie "DROps Early Morning" durch­gezogen wurde, obwohl jede/r Betei­ligte weiß, dass es kompletter Unsinn ist, so muss auch bei den "sieben­stün­digen Lärm­pausen" etwas passieren.
Die FLK hat dieser Not­wendig­keit zur Gesichts­wahrung in ihrem Beschluss Rechnung getragen, indem sie die Anwendung des sog. "Modell 4" (bzw. abwechselnd 4 und 5) bei Betriebs­richtung 25 nicht völlig ausge­schlossen hat. Der Minister hat diesen Beschluss natür­lich als Frei­brief genommen und umgehend in einer Presse­mitteilung verkündet, dass die Landes­regierung diese Variante ein Jahr testen lassen wird. Dabei redet er die Ergeb­nisse der Lärm­berech­nungen in einer Weise schön, die geradezu abstos­send ist. Eine gering­fügige Verlage­rung von Flug­bewe­gungen von der Süd- auf die Center­bahn z.B. führt für ihn schon zu einer "Lärm­pause", obwohl der Lärm für die meisten Betrof­fenen dadurch nur gering­fügig (aber unter einen vor­gege­benen Grenz­wert) sinkt.

      Was die FLK für möglich hält:

FLK-Modell Lärmpause

Für Raunheim sind die Folgen dieses Tests absehbar negativ. In der Abend­stunde ändert sich im Westen zwar nichts, da werden ledig­lich alle Anflüge aus Osten auf die Südbahn gepackt, worunter Neu-Isen­burg und Teile Offen­bachs zu leiden haben. Morgens sieht Modell 4 aller­dings vor, alle Abflüge von der Südbahn zu starten, so dass es im Raun­heimer Süden lauter wird. Würde das im Wechsel mit Modell 5 geschehen, wäre da wenigstens auch jeden zweiten Tag Ruhe, da dann alle Abflüge über die Start­bahn West raus­gehen würden, aber dieser Vor­schlag der Flug­lärm­kommis­sion ist irgend­wie unter den Tisch gefal­len.
Es gibt aber auch noch eine Gefahr, die aus dem Modell nicht deutlich wird. Sollte wegen der Lärm­pausen-Rege­lung der West­betrieb morgens und/oder abends zu instabil oder aufwändig werden, könnte die DFS auf die Idee kommen, die Willkür, die in der Betriebs­richtungs­wahl steckt, öfter mal zu nutzen, dem Chaos zu entkommen und ganz ohne Lärm­pause Betriebs­richtung 07 zu fliegen - worst case für Raunheim. Es bleibt daher bei der Forderung der Bürgerinitiativen: nur Modell 8 ist eine sinnvolle Lösung für mehr Nachtruhe für alle.

Lärmpausen-Clowns

... aber die Sechser-Truppe ist auch nicht besser.

Am 04.02. gab es eine Sonder­vorstellung mit erweiterter Besetzung: im Wirtschafts­ministerium wurde das Bündnis für Lärm­pausen aus der Taufe gehoben. In der Presse­mittei­lung des Ministe­riums durfte jeder der Betei­ligten seinen bevor­zugten Gag unter­bringen, das Bündnis-Papier selber enthält das Klein­gedruckte: Lärm­pausen sind unverbind­lich und frei­willig, sie schaffen keiner­lei recht­liche Ansprüche über den Plan­feststellungs­beschluss hinaus und werden nur ange­wendet, wenn Aspekte der Sicher­heit, der "Infra­struktur" (sprich: Kapa­zität) und des Wetters dem "nicht im Weg stehen". Entspre­chend hoch sind die Erwar­tungen: der Test gilt nur dann als nicht bestanden, wenn das Modell "an weniger als 50% der Tage zur Anwendung gekommen ist".
Eine einzige neue Infor­mation war dem ganzen Aufwand zu ent­nehmen: am 23. April soll der Test beginnen (wahr­schein­lich sind alle Betei­ligten ganz froh, dass die Zeit zu knapp ist, um am 1. April zu starten ...).




NORAH-Logo

Konsequenzen aus der NORAH-Kinderstudie ?
Verharmlosen und abwälzen !

Nachdem am 16.01.15 ein nicht-öffent­liches Treffen der Minister Al-Wazir und Lorz mit Vertreter_innen der betroffenen Schulen, Schul­trägern und anderen Beteiligten statt­gefunden hat, haben am 21.01. das Wirtschafts- und das Kultus-Ministe­rium in gleich­lautenden Presse­mittei­lungen erklärt, wie sie auf die Ergeb­nisse der NORAH-Kinder­studie, die im November letzten Jahres vorge­legt wurden, reagieren wollen. Zwei Kern­punkte sind deutlich heraus­zulesen: die Ergebnisse der Studie sollen verharm­lost und die Konse­quenzen auf die Betrof­fenen abge­wälzt werden.

Das Verharm­losen übernimmt Al-Wazir. So wiederholt er die Phrase der Staats­kanzlei, es seien "zwar keine drama­tischen, aber messbare Auswir­kungen festge­stellt" worden, und läßt sich zitieren mit der Behauptung: „Die Auswir­kungen wurden von den Wissen­schaft­lern als statis­tisch gering beschrieben". Dass der Bericht der Wissenschaftler_innen von "statis­tisch signifi­kanten Ergeb­nissen" spricht und sie das Ausmaß einiger Effekte als "in dieser Deut­lich­keit uner­wartet" beurteilen, interes­siert ihn dabei nicht. Trotzdem will er "den Fluglärm und die negativen Auswir­kungen auf die Schulen so weit wie möglich redu­zieren“ und zählt auf: Maß­nahmen der Allianz für Lärm­schutz, Lärm­pausen und Lärm­obergrenze. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen den Flug­verkehr Schritt für Schritt leiser machen.“
Dieselben dreisten Lügen, die er noch vor etwas über einem Jahr lauthals kritisiert hat, kommen ihm nun selbst sehr flüssig über die Lippen. Keine dieser Maß­nahmen bringt im Nahbe­reich des Flughafens irgend eine Verbes­serung, und der Flug­verkehr wird nicht leiser, sondern im besten Fall weniger schnell lauter. Und statt klare Standards zu entwickeln, wie laut es im Klassenraum schlimm­sten­falls werden darf, und die notwen­digen Mittel für Schall­schutz und aus­reichende Lüftung vom Verur­sacher einzu­fordern, möchte er die Schulen gegen­einander aus­spielen: "indivi­duelle Lösungen" sollen erar­beitet und "gemeinsam beraten [werden], welche Maß­nahmen für die jeweilige Schule die geeig­netsten sind." Der Konkurrenz­kampf wird schon mal eröffnet, auch wenn noch völlig unklar ist, was es denn über­haupt zu verteilen geben könnte.

Für das Abwälzen ist primär sein CDU-Kollege Lorz zuständig. Man habe "den betrof­fenen Schulen eine bevor­zugte Aufnahme in das Lese­förder­programm des Landes ange­boten", erklärt er. Über dieses Programm ist auf der Webseite seines Ministe­riums nichts zu finden, aber freund­licher Weise nennt er die Kern­punkte gleich selbst: "Lehre­rinnen und Lehrer können sich hierbei auf dem aktuellen, wissen­schaftlich gesicher­ten Stand der Lese­forschung fort­bilden lassen. Dadurch werden sie mit praxis­taug­lichen Instru­menten und Maßnahmen ausge­stattet", und ein "Lern­verlaufs­diagnostik"-Tool bekommen sie auch noch.
Mit anderen Worten sagt er den Lehre­rinnen und Lehrern: es ist euer Problem. Nutzt gefälligst eure Fort­bildungs­zeiten, um euch dafür fit zu machen. Zusätz­liche Lehrer­stellen oder zusätz­liches Zeit­budget vom Land gibt es nicht. Wenn das nicht reicht, sucht euch eine Stiftung oder ein paar Ehren­amtliche, um die betrof­fenen Schüler_innen zu fördern.

Wer also geglaubt hat, die Landes­regierung würde von sich aus ernst­hafte Konse­quenzen aus der Studie ziehen und wirksame Maß­nahmen einleiten, um den betrof­fenen Schüler_innen zu helfen, sieht sich mal wieder getäuscht. Es wird jetzt darauf ankommen, an allen betrof­fenen Schulen Eltern, Schüler_innen und Lehrer_innen dabei zu unter­stützen, die Mittel einzu­fordern, die nötig sind, um die Belas­tungen durch Fluglärm soweit als möglich zu kompen­sieren. Fraport und Landes­regierung werden frei­willig nichts dafür tun.



HMWEVL-PM Nachtflüge

      Das Ministerium (f)liegt wieder mal schief ...

Nacht(f)lüge

Auch wenn die Realität düster ist, müssen es gute PR-Leute schaffen, ihre Auftrag­geber positiv darzu­stellen. Wenn die Zahl der Ausnahme­genehmi­gungen für Starts nach 23:00 Uhr, die der heute zustän­dige Minister Al-Wazir früher als Abgeord­neter so heftig kriti­siert hat, unter seiner Verant­wortung um 10% zunimmt, dann muss man zumindest versuchen, dieses unange­nehme Faktum ver­schwinden zu lassen hinter der Aussage, dass die Zahl der Tage, an denen spät gestar­tet wurde, abge­nommen hat. So wird aus einer nega­tiven Bilanz doch noch eine Erfolgs­meldung.
"Haupt­gründe für verspätete Starts" waren laut Presse­mittei­lung des Ministe­riums "Gewitter, ... Enteisungs­maßnahmen ... und die zeitweise Sperrung der Start­bahn West wegen zu starkem Rücken­wind". Weiter freut sich der Minister, dass die "Zahl der unbegrün­deten Anträge auf Ausnahme­genehmi­gungen ... erneut nachge­lassen" habe. Konkreter wird die Mit­teilung hier nicht, obwohl man das doch gerne in Zahlen sehen würde. Es gibt auch durch­aus unter­schied­liche Auffas­sungen davon, was eine "unbe­gründete ... Ausnahme­genehmi­gung" eigentlich ist. Flug­lärm­gegner haben gegen etliche dieser Genehmi­gungen Beschwerde eingelegt, z.T. mit ausführ­lich recher­chierten Begrün­dungen, aber auch darüber erfährt man weder hier noch anderswo auf den Mini­steriums­seiten etwas.

Von Landungen während der Zeit des "Nachtflugverbots" ist in der Mittei­lung schon garnicht die Rede, obwohl die in der Regel wesent­lich mehr stören. Hier muss man sich die Daten aus anderen Quellen zusammen­suchen, z.B. aus den Jahres­statis­tiken des DFLD, zusammen­gefasst in einem Report auf der Web­seite "flugaus­wertung.de". Demzu­folge ist die Zahl der Flug­bewe­gungen in der Kern­nacht (23:00 - 5:00) von 696 in 2013 auf 788 in 2014 gestiegen (+13%). Zieht man davon die in der oben genannten PM des Ministe­riums genannten Start-Zahlen (282 bzw. 311) ab, ergeben sich 414 Lan­dungen in 2013 und 477 in 2014, eine Steige­rung um 15%. Darüber muss das Ministe­rium aber nicht berichten, denn für Landungen zwischen 23:00 und 24:00 Uhr braucht es nichtmal eine Genehmi­gung, sie dürfen nur nicht erkennbar geplant sein.
Erstaun­lich ist dabei auch, dass das Umwelthaus (immerhin auch eine Einrich­tung des Ministe­riums) andere Statis­tiken vorlegt. Danach gab es 2014 sogar 752 Flug­bewe­gungen zwischen 23:00 und 24:00 Uhr, davon 341 Starts, 2013 waren es dage­gen nur 585, davon 298 Starts. Das ergibt eine Steige­rung der Gesamt­zahl der Flug­bewe­gungen in der Kern­nacht um knapp 29%, der Starts um 14%, aber der Landungen um satte 43%. Derar­tige Diskre­panzen in der Zahl der erteil­ten Ausnahme­genehmi­gungen und der tatsäch­lich durch­geführ­ten Flüge werfen eben­falls Fragen auf.

Aber egal, welche Zahlen man zugrunde legt: Mehr als 60% der Verstösse gegen das "Nacht­flug­verbot" tauchen in der Ministe­riums-PM gar­nicht auf, Einwände und Beschwer­den werden nicht erwähnt, Einschät­zungen nicht mit Zahlen belegt - was sagten Sie doch gleich bei Ihrem Regierungs­antritt zum Thema "Transparenz", Herr Minister?



Hessenlöwe schwarz-grün

Ein Jahr schwarz-grüne Landesregierung

Am 18. Januar 2015 ist die schwarz-grüne Landes­regierung ein Jahr im Amt. Sie feiert sich dafür auf den Regie­rungs-Web­seiten gleich dreimal (mit immer demselben Text, in Kurz­fassung auf der Seite der Regierung und mit einem leicht unter­schiedlich forma­tierten und bebil­derten Lang­text der Staats­kanzlei und des Wirt­schafts­mini­steriums). Einige andere Ministerien (Sozial, Innen) haben ihre eigenen Jahres­bilanzen.
Soweit die Medien das Ereignis überhaupt zur Kenntnis nehmen, wird in der Regel die reibungs­lose Zusammen­arbeit der beiden Koali­tions­partner (gerne auch verknüpft mit einer Empfehlung für Berlin) in den Vorder­grund gestellt. Heraus­ragende Erfolgs­meldungen fallen auch der wohl­wollend­sten Zeitung nicht ein.

Aus unserer Sicht ist eben­falls schon alles gesagt. Der Kommen­tar zu den ersten 100 Tagen dieser Koalition kann unver­ändert für das erste Jahr über­nommen werden; es hat sich nichts, aber auch gar­nichts verändert. Allerdings werden wohl die nächsten Wochen etwas mehr Klarheit zu den Themen "Lärm­pausen" und "Terminal 3" bringen - aber das wird dann zu kommen­tieren sein.



Betroffenheit Verkehrslärm

Mit dieser Grafik feiert der BDL seinen Erfolg.
Die Zahlen stimmen, aber die Gründe bleiben im Dunkeln.

Immer weniger Menschen
von Fluglärm betroffen ?

Der Bundes­verband der Deutschen Luft­verkehrs­wirtschaft (BDL) über­schlägt sich gradezu vor Freude. Endlich hat auch das Umwelt­bundesamt bestätigt, wie erfolg­reich die Luft­verkehrs­wirtschaft den Lärm bekämpft - ganz im Gegensatz zu anderen Verkehrs­trägern, die immer mehr Leuten auf die Nerven gehen. So sei die Zahl der "von Fluglärm betrof­fenen Menschen" von 2007 bis 2012 um 8.600 gesunken (-1,2%), während sie beim Strassen­lärm um ca. ein Drittel und beim Bahnlärm um fast die Hälfte zugenommen haben. Nur bei sehr genauem Lesen fällt auf, dass einige Formulie­rungen etwas vorsichtiger sind, als es den sonstigen Jubelarien des BDL entspricht.
Hintergrund des Ganzen ist ein eher trivialer Vorgang, der dem UBA nicht mal eine Presse­meldung wert war. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Um­gebungs­lärm-Richt­linie sind von den Bundes­ländern in regelmäßigen Abständen Lärm­karten, u.a. für Flughäfen ab einer bestimmten Grösse, zu erstellen. Nachdem die Daten aller Bundes­länder für die zweite Runde dieser Kartierung vorlagen, hat das UBA jetzt dazu eine Zusammen­fassung veröffentlicht, die auch eine neue Tabelle zu Flughäfen enthält (gut versteckt auf einer anderen Seite). Vergleicht man die beiden Tabellen zu Flughäfen von 2007 und 2012, so sieht man, dass hinter der gering­fügigen Abnahme der Gesamt­zahl der durch die Kartierung als "betroffen" erfassten Menschen ganz unter­schied­liche EInzel­entwick­lungen stecken. Während zwei Flughäfen (Berlin-Schöne­feld und Leipzig-Halle) mit insgesamt 28.100 Betrof­fenen neu dazu gekommen sind und die meisten anderen Flughäfen Zunahmen zeigen, fallen zwei aus dem Rahmen: Berlin-Tegel mit -11.000 Betroffenen und Frankfurt mit stolzen -41.100 Betrof­fenen! Welche revo­lutio­nären Verände­rungen stecken dahinter?

Das Zauberwort heisst Nachtflugverbot. In Frankfurt gilt es seit 2011 von 23:00 bis 5:00 Uhr, in Tegel von 23:00 bis 6:00 Uhr. Diese Verbote sind zwar ziemlich löchrig, aber für die Lärm­kartie­rung wird nicht gemessen, was ist, sondern berechnet, was sein sollte. Das für die Erfassung der Betrof­fenheit verwendete Maß für den Fluglärm Lden umfasst den gesamten Tag (24 Std.) und enthält Zuschläge für Nacht­rand­stunden und Kern­nacht. Allein eine Verschie­bung von Flügen aus diesen Zeiten auf Tag­zeiten, die am (physikalischen) Lärm garnichts ändert, sorgt daher schon dafür, dass der Lärmwert und damit die Zahl der Betroffenen sinkt.
Die Zunahmen bei den anderen Verkehrs­trägern kommen im Wesent­lichen daher, dass im zweiten Teil der Kartie­rung wesent­lich mehr Strecken erfasst wurden. Ob es an einzelnen Orten wirklich lauter geworden ist, geht daraus nicht hervor.
Der BDL nutzt also hier ein völlig unge­eignetes Maß, um Schall­schutz-Erfolge zu behaupten. Immerhin ist aber richtig, dass Nacht­flug­verbote zur Verbes­serung der Lärm­situation beitragen. Und wenn der BDL sagt, dass man damit "auf dem richtigen Weg" sei, dann kann man nur fordern: weiter so! Der nächste Schritt auf diesem Weg ist ein voll­ständiges Nacht­flug­verbot von 22:00 bis 6:00 Uhr.



Near miss

Zusammenstösse zwischen Verkehrsflugzeugen sind äusserst selten ...

2014: "sicherstes" oder "schwarzes Jahr"
für den Luftverkehr ?

Während die Öffent­lichkeit von Nachrichten über dramatische Flugzeug-Abstürze geschockt wurde und selbst der Bundes­verband der Deutschen Luftfahrt­industrie einräumt, dass 2014 ein "turbulentes Jahr" war, freuen sich die Statistiker der Versicherungs­wirtschaft über einen weiteren Anstieg des Sicher­heits­niveaus. Mathematisch haben sie natürlich recht, inwieweit das tatsächlich Vertrauen schafft, sei dahin­gestellt.
Einige Vorfälle werfen schon Fragen auf. So wurde nach dem Absturz des AirAsia-Fluges am 28.12. bekannt, dass die Flug­gesell­schaft gar keine Genehmigung hatte, an diesem Tag zu fliegen. Falls das Unglück tatsäch­lich dadurch verursacht wurde, dass der Pilot nicht recht­zeitig die Erlaubnis bekam, einer Gewitter­wolke auszu­weichen, weil der Luftraum zu dicht gefüllt war, wäre das schon ein ziemlicher Skandal.
Und offen­sichtlich kommen derart laxe Hand­habungen von Genehmi­gungen nicht nur im "Wilden Osten" vor. So konnte am 03.01. um 23:43 Uhr ein Airbus A331 der Etihad Airways in Köln mit Ziel Frankfurt starten, obwohl allen Beteiligten klar sein musste, dass er dort wegen des Nachtflug­verbots nicht landen durfte. Nach zwei Runden über dem östlichen Rhein-Main-Gebiet landete er um 0:25 Uhr trotzdem mit der Behauptung, er habe nicht mehr genügend Kerosin, um woanders zu landen, was so nicht zutraf. Flug­sicherung und Verkehrs­ministerium waschen ihre Hände in Unschuld: allein der Pilot sei verant­wortlich und müsse mit einem heftigen Buss­geld rechnen. Wer aber hat diesen Flugplan genehmigt, und wieso durfte die Maschine in Köln starten? Wahrschein­lich ist wohl, dass die Maschine noch nach Frankfurt sollte (wo sie schon am Nachmittag landen wollte, aber wegen schlechten Wetters nicht durfte), um Über­nachtungs­kosten zu sparen - Nachtflug­verbot hin oder her.

Auch aus der Allianz-Studie gibt es einiges zu lernen. So geht schon aus der deutschen Zusammen­fassung hervor, dass die meisten Unfälle bei Anflug und Landung (57%) und beim Steigflug (24%) passieren. Was das z.B. für Raunheim bedeutet, haben wir in unserer Doku zusammen­gestellt.
Und dann heißt es da noch (S.4): "Man schätzt, dass in der gewerb­lichen Luftfahrt 70% der tödlichen Unfälle auf mensch­liches Versagen zurück­zuführen sind, wobei die Ermüdung von Piloten eine wichtige Rolle spielt." Da ist es doch schon bezeich­nend, dass der Gesetzgeber auf Druck der Flug­gesell­schaften den Piloten aus Kosten­gründen nach wie vor aus­reichende Ruhe­zeiten verweigert.
Mit mangelndem Piloten-Training, zunehmenden Wetter­risiken durch den Klima­wandel, Cyber­attacken und anderem werden noch eine ganze Reihe weiterer Risiken diskutiert, die es fraglich machen, ob das Fliegen tatsächlich weiterhin sicherer wird oder nicht vielmehr die Gefahr besteht, dass der Trend sich umkehrt.





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