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23.12.2020
Die Dezember-Sitzung der Fluglärmkommission brachte wieder einige interessante, aber keine guten Neuigkeiten. Auch unter Pandemie-Bedingungen bleibt Raunheim die Kommune mit dem stärksten Fluglärm, die speziell nervenden Geräusche der (sehr häufig) landenden A320neo-Maschinen werden wohl so schnell nicht abgestellt, und die Fraport-Konzepte für die Bahnennutzung bei künftig wieder wachsendem Flugverkehr versprechen nichts Gutes.
Dass die Meßstation der Fraport in Raunheim regelmäßig mit deutlichem Vorsprung die höchsten Werte aller Fraport-Stationen ausweist, hatten wir bereits
im letzten Jahr gezeigt und erklärt, und dass diese Rangfolge auch für andere Bewertungsgrössen wie den Frankfurter Fluglärmindex gilt, war
Anfang dieses Jahres Thema. Auch in den "6 verkehrsreichsten Monaten" des Jahres 2019 hat die Raunheimer Station mit 60,3 dB(A) als einzige die 60 dB(A)-Grenze überschritten.
Wenig überraschend zeigt der
aktuelle Fraport-Bericht, dass sich an dieser Rangfolge auch unter Pandemie-Bedingungen nichts geändert hat. Während andere sich über "geradezu paradiesische Ruhe" freuen durften, ist es in Raunheim zwar auch leiser geworden, mit durchschnittlich 53,8 dB(A) Fluglärm im April, dem Monat mit der geringsten Zahl an Flugbewegungen, war es aber immer noch lauter, als für viele Rhein-Main-Kommunen im 'Normalbetrieb'. Zusätzlich lag Raunheim in den Monaten März bis Juni wegen der Veränderungen in der Bahnnutzung (dazu später noch mehr) auch in der Nacht an der Spitze, und mit 51,7 dB(A) im März und 52 dB(A) im Mai als einzige über 50 dB(A).
Um die Nacht-Belastung noch genauer zu betrachten, muss man die Daten der
Meßstation Raunheim Süd des Deutschen Fluglärmdienst heranziehen, die noch wesentlich mehr Details liefern. Dort kann man z.B.für April nachlesen, dass trotz geringer Gesamtzahl an Flugbewegungen immer noch 95 Flüge in der Nacht (von 22-23 und von 5-6 Uhr) und 19 in der Kernnacht (von 23-5 Uhr) registriert wurden (bei einem BR07-Anteil von 55%). Fraport lässt es sich eben auch bei reduziertem Betrieb nicht nehmen, die je nach Betriebsrichtung betroffenen Menschen pünktlich um 5 Uhr zu wecken und nicht vor 23 Uhr ungestört schlafen zu lassen.
Eine besondere Art der Fluglärmbelastung, die im November auch Thema in der Sitzung der Raunheimer BI war, wurde in der FLK-Sitzung von der Fluglärmschutzbeauftragten
aufgegriffen. Im Osten von Rüsselsheim und im Westen von Raunheim beschweren sich Menschen über ungewöhnliche, stark belästigende Geräusche beim Landeanflug, insbesondere bei Flugzeugen vom Typ A320neo.
Aufgrund der von der BI Raunheim gemeldeten Einzelfälle hat Frau Barth die entsprechenden Aufzeichnungen der Fraport-Stationen 'Opelbrücke' und 'Raunheim' auswerten lassen und in der Tat deutliche Anomalien insbesondere an der Station 'Opelbrücke', die praktisch zwischen Rüsselsheim und Raunheim liegt, gefunden: es gibt ein "klar identifizierbares tonhaltiges Geräusch im
Frequenzbereich von 300 bis 400 Hz", das "im Osten von Raunheim weniger deutlich ausgeprägt" ist.
Offensichtlich ist es so, dass bestimmte Flugzeugtypen in einer eher kurzen Anflugphase dieses spezifische Geräusch produzieren. Weiter ist die Analyse bisher nicht gekommen, Frau Barth wird nun zunächst den Hersteller Airbus informieren und nachfragen, ob das Phänomen bekannt ist und was getan werden könnte. Ausserdem gibt es ein Projekt von Lufthansa, Fraport und DLR (etwas Kontext dazu in dieser Bundestags-Drucksache), in dem auch solche Geräusche untersucht werden sollen, das allerdings derzeit Pandemie-bedingt ruht.
Es wird also noch dauern, bis hier Ergebnisse vorliegen. Bis dahin kann man noch ein bißchen spekulieren. Seltsame Geräusche sind bei der
A320-Familie von Airbus nicht ungewöhnlich. Schon der erste Typ der A320-Reihe war regional als
pfeifende Johanna bekannt, weil aufgrund eines Konstruktionsfehlers an Tragflächen-Öffnungen in einer bestimmten Anflugphase (hier etwa zwischen Mainz und Rüsselsheim) ein pfeifendes Geräusch entstand. Die Beseitigung dieses Geräuschs mit Hilfe von kleinen, vor die Öffnung geschraubten Blechen, sog.
Wirbelgeneratoren, hat Lufthansa als
grandioses Schallschutzprogramm verkauft und damit auch noch Gebühren gespart.
Das nächste weithin bekannt gewordene Problem war das Phänomen des sog.
Barking Dog, des kläffenden Hundes. Dieses Phänomen wird durch Pumpen im hydraulischen System hervorgerufen und tritt hauptsächlich bei Bewegungen am Boden auf, wenn das Flugzeug mit nur einem aktiven Triebwerk bewegt wird. Airbus bewirbt dieses System als besonders sicher und hat dazu auch ein eigenes Video veröffentlicht. Anders als dort dargestellt kann das Geräusch auch im Flug auftreten, aber es klingt deutlich anders als das, was hier die Menschen belästigt.
Kürzlich wurde allerdings in einem
Podcast von Flightradar24 noch ein weiteres Geräusch vorgestellt (zu hören ab Minute 19:20), das für den A320neo charakteristisch sein soll, genauer gesagt, für ein
bestimmtes Triebwerk, das hauptsächlich in diesem Flugzeugtyp genutzt wird. Der Podcast enthält 10 Minuten mit technischen Erklärungen eines P&W-Managers, die im Wesentlichen darauf hinaus laufen, dass im Triebwerk bei niedrigen Lastphasen u.U. 'akustische Instabilitäten' im Verbrennungsprozess entstehen, die zu diesem besonderen Geräusch (oder auch zu anderen?) führen.
Die Podcast-Macher bezeichnen das Geräusch als "Wal-Gesang" und beschreiben es als "schön" "nicht laut, aber spezifisch" "nicht störend, sondern angenehm" usw., aber dafür muss man wohl eingefleischter Luftfahrt-Fan sein. Tatsächlich hat es schon eher Ähnlichkeit mit dem Geräusch, das hier als belästigend empfunden wird, und das Triebwerk ist damit der Hauptverdächtige für das Problem. Pratt & Whitney vermarkten es allerdings als besonders leise und haben ebenfalls ein Video im Angebot, das das belegen soll. Es ist zu befürchten, dass, sollte das Problem wirklich im Triebwerk liegen, die Beseitigung dieses speziellen Lärms aufwändig wäre und die Bereitschaft, das anzugehen, gering ist.
Der letzte Punkt, die Bahnnutzungskonzepte der Fraport für unterschiedliche Intensitäten des Flugbetriebs, ist im Moment eher theoretischer Natur. Das aktuelle genutzte Konzept entspricht dem, das es im Frühjahr schon mal gab. Die Landebahn Nordwest ist
seit dem 14.Dezember gesperrt und wird als Parkplatz genutzt, die anderen drei Bahnen sind in Betrieb. Offiziell ist damit die Südbahn die einzige Landebahn, aber wie die Menschen im Raunheimer Norden sehr gut wissen, wird auch die Centerbahn von Zeit zu Zeit als Landebahn genutzt, und zwar bevorzugt in den Nachtstunden ab 5:00 und nach 22:00 Uhr. Wie sich die Starts in der nächsten Zeit auf Centerbahn und Startbahn West verteilen werden, wird man sehen (bzw. hören).
Bevor die Reise-Restriktionen wieder verschärft wurden, hatte sich Fraport ein sog. "rollierendes System" der Bahnnutzung vorgenommen und in der Fluglärmkommission
vorgestellt. Dabei sollen immer nur drei der vier Bahnen genutzt werden. Wenn es mehr Starts gibt, wird die Landebahn Nordwest geschlossen, überwiegen die Landungen, wird die Startbahn 18 West ausser Betrieb genommen (ein Beispiel auf S. 11 der Präsentation erläutert das grafisch). Sollte es allerdings Winter werden, werden die Enteisungsanlagen an der 18 West gebraucht, so dass die in Betrieb bleibt und die Nordwestbahn geschlossen wird, solange alle landenden Flugzeuge irgendwie auf die Südbahn passen (oder zur Not eben auch auf der Centerbahn landen). Ein Umschwenken zwischen beiden Betriebsarten wird nur zwischen Fraport und DFS abgestimmt und kann kurzfristig erfolgen. Vorteil für die Fraport ist wohl ein gewisses Kostensenkungspotential dadurch, dass stillliegende Bahnen etwas weniger Ressourcen an Personal und Technik brauchen, auch wenn sich der Effekt in Grenzen halten dürfte. Nachteil für die Anwohner ist, dass die Lärmverteilung in der Region komplett willkürlich wird und sich niemand mehr darauf einstellen kann, ob es Lärm oder (relative) Ruhe gibt. Ob und wann dieses System demnächst zum Einsatz kommt, ist momentan schwer einzuschätzen.
Die gute Nachricht zum Schluss: der vor einem Jahr von der DFS in der FLK vorgestellte Probebetrieb für eine Kapazitätserhöhung des Parallelbahn-Systems, mit dem alle bisherigen Sicherheits-Überlegungen in die Tonne getreten werden sollten, ist gescheitert. Natürlich kann die DFS das nicht so deutlich sagen. Ihr Fazit lautet: "Ohne Anpassungen der Rahmenbedingungen ist das Betriebskonzept der optimierten Nutzung des Start- und Landebahnsystems nicht weiterzuverfolgen, da eine zielführende Anwendbarkeit nicht gegeben wäre." Das lässt zumindest die Möglichkeit offen, die "Rahmenbedingungen" doch noch so "anzupassen", dass das Ganze funktionieren kann, und in der Tat sollte man nicht die Illusion haben, dass Fraport, DFS & Co. tatsächlich Grenzen des Wachstums akzeptieren würden. Aber sie werden wohl einen neuen Ansatz brauchen, und das ist immerhin ein kleiner Erfolg.
28.11.2020
Eine neue Studie am Flughafen Zürich
zeigt, dass Fluglärm nicht nur langfristig krank macht, sondern insbesondere Fluglärmereignisse in der Nacht auch direkt zum Tod führen können.
Untersucht wurden knapp 25.000 Herz-Kreislauf-bedingte Todesfälle im Umkreis des Flughafens in den Jahren 2000-2015. Die Forscher*innen fanden einen sgnifikanten Zusammenhang zwischen einem Lärmereignis im Zeitraum von 2 Stunden vor dem Tod mit allen Sterbefällen aufgrund von kardio-vaskulären Krankheiten. Frauen waren stärker betroffen als Männer, ebenso Menschen in sonst ruhigen Gegenden und/oder in schlecht schallgedämmten Häusern.
Natürlich sind normalerweise keine gesunden, jungen Menschen unter diesen Todesfällen. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt für Frauen über 80, bei Männern um 75 Jahre, Vorerkrankungen sind die Regel. Ob diese Vorerkrankungen auch durch Fluglärm bewirkt wurden, konnte in dieser Studie nicht ermittelt werden, wäre aber durchaus plausibel. Auf jeden Fall wurde den Betroffenen Lebenszeit gestohlen, es waren Fluglärmereignisse, die ihren Tod bewirkt haben.
Die Studie konnte auf den umfangreichen Datenpool zurückgreifen, der in der Schweiz mit dem
Projekt SiRENE zur Untersuchung der Folgen von Verkehrslärm bereitgestellt wurde. Die Autoren verwenden auch viel Mühe darauf, ihre Ergebnisse statistisch abzusichern, so dass es schwierig werden dürfte, begründete Zweifel an den Ergebnissen vorzubringen.
Damit liegt ein weiterer Baustein vor, um die negativen gesundheitlichen Wirkungen von Fluglärm, insbesondere während der Nachtzeit, zu beschreiben. Im Kern sind diese Wirkungen natürlich schon
seit Jahren bekannt, aber durch zahlreiche neue Ergebnisse der letzten Jahre werden die Aussagen immer wieder gesichert und präzisiert. So hat die Weltgesundheitsorganisation WHO 2018
neue Leitlinien für die tolerierbare Lärmbelastung der Bevölkerung vorgelegt, die deutlich niedrigere Grenzwerte fordern, als derzeit gültig sind. Eine aktuelle
Review-Studie ergänzt diese Leitlinien noch um neuere Ergebnisse, speziell für den Nachtlärm.
Die Autoren der Züricher Studie lassen offen, welche Schlussfolgerungen aus ihren Ergebnissen gezogen werden sollten. Sie betonen lediglich, dass dadurch die Notwendigkeit eines Nachtflugverbotes, das in Zürich derzeit von 23:30 bis 6:00 Uhr gilt, bestätigt wird. Die Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet mit dem wesentlich grösseren und lauteren Frankfurter Flughafen können sich natürlich ebenso in ihrer Forderung nach einem Flugverbot in der gesamten gesetzlichen Nacht, von 22:00 bis 6:00 Uhr, bestätigt fühlen. Eine "Kernnacht" von 0:00 bis 5:00 Uhr reicht in keinem Fall aus, um Ereignissen, wie sie in der Züricher Studie dokumentiert wurden, vorzubeugen.
Die Realität ist leider eine andere. Zwar sind derzeit die Verspätungslandungen nach 23:00 Uhr, die vor zwei Jahren noch
in großem Ausmaß stattfanden und
rechtlich kaum zu bekämpfen sind, wegen des Pandemie-bedingten Rückgangs der Flugbewegungen kein grosses Thema. Aber die Luftverkehrswirtschaft lässt es sich trotz dieses Rückgangs nicht nehmen, die Region ab 5:00 Uhr morgens mit Lärm zu überziehen, obwohl die Flüge zwischen 5:00 und 6:00 Uhr sicher leicht auf freie Slots zu späteren Zeitpunkten zu verschieben wären.
Ohne starken politischen Druck, der in rechtlichen Zwang mündet, wird sie sich auch nicht bewegen. Die Züricher Studie liefert ein weiteres Argument dafür, diesen Druck endlich zu entwickeln.
24.11.2020
Die Pandemie bewirkt Entwicklungen, die noch vor einem Jahr undenkbar erschienen. Ein aktuelles Beispiel dafür liefert der Dachverband der europäischen gewerblichen Flughäfen, der 'Airport Council International' ACI Europe. Dessen Generaldirektor verlangt neben den üblichen staatlichen Subventionen "ein vollständiges Zurücksetzen des Flughafen-Geschäftsmodells" und begründet das: "Unser Flughafen-Geschäftsmodell war abhängig und wurde getrieben von der Versicherung kontinuierlichen dynamischen Wachstums des Luftverkehrs. Aber wir können nicht länger davon ausgehen, dass das in einer Post-COVID19-Welt weiter der Fall sein wird. Unsere Industrie muss nach robuster Zukunftssicherung und neuen Wegen des Handels und Wirkens schauen." (Da ACI-Texte nur in Englisch vorliegen, sind diese und alle weiteren Zitate eigene Übersetzungen).
Das Papier, das "den Weg vom extremen finanziellen Notfall zu einer neuen Nach-COVID19-Normalität" skizziert, ist nur drei Seiten lang, enthält aber noch einige interessante Aussagen. So sieht der ACI die nähere Zukunft des Luftverkehrs in Europa geprägt durch "erneuten Wettbewerbsdruck ..., da 'Ultra-Low-Cost-Airlines' als strukturelle Gewinner hervorgehen und die Airline-Hybridisierung weiter zunimmt". Letzteres meint, dass 'klassische' Airlines wie Lufthansa zunehmend sowohl klassische als auch Low-Cost-Flüge anbieten. Zudem gebe es "mehr als 750 gewerbliche Flughäfen in Europa, die um Verkehr wetteifern, während nur ein Dutzend Airlines den Lufttransport-Markt bestimmen". Und diese Airlines haben "schon zu lange die Flughäfen als Infrastruktur gesehen, die kostenlos sein sollte, oder als Sparschwein, dass sie bei Bedarf ausquetschen können".
Dagegen müsse das neue Geschäftsmodell unter dem Stichwort "Den Kuchen vergrössern" einen "neuen Blick auf die Generierung von Einnahmen" werfen und "Luftfahrt-Gebühren und kommerzielle Einnahmen neu gestalten, mit Schwerpunkt auf dem 'Der-Nutzer-zahlt'-Prinzip und der flexiblen und markt-getriebenen Preisgestaltung". Herauskommen soll "ein neues 'Industrie-Hyperkooperations-Paradigma'", in dem allerdings "die Aufsichtsbehörden eine Rolle spielen müssen".
Diese euphorisch-kryptischen Formulierungen werden noch ergänzt durch die gleichzeitig vorgestellte 2. Auflage einer
Nachhaltigkeits-Strategie, in der "die Idee eines 'Balanced Business Model' ins Zentrum der Strategie gerückt" wird. Damit sollen Flughäfen "eine optimale Balance zwischen ihren ökonomischen, sozialen und Umwelt-Wirkungen anstreben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die internen und externen Kosten ihrer Aktivitäten ebenso wie ihre soziale, ökonomische und Umwelt-Wertschöpfung erfasst und in ihrer strategischen Entscheidungsfindung widergespiegelt werden".
Aus diesem Business-Slang die wahren Absichten und Forderungen herauszulesen, erfordert einiges an Übersetzungsarbeit und auch ein wenig Spekulation. Eine mögliche und plausible Interpretation ist, dass es im Kern darum geht, den desaströsen Wettbewerb zwischen Flughäfen um die günstigsten Angebote für Airlines und damit einen höheren Anteil am Verkehr zu überwinden und die Einnahmesituation der Flughäfen durch einen grösseren und stabileren Anteil an den Gesamteinnahmen des Luftverkehrs zu verbessern. Wenn tatsächlich das Prinzip "Der Nutzer zahlt" gelten und dies nicht (nur) zu Lasten der 'Industrie-Partner', d.h. der Airlines gehen soll, kann das aber nur heissen, dass "der Kuchen grösser", also Fliegen teurer werden muss. Da "der Markt" aber sowas nicht regeln kann, ist es wichtig, dass hier "die Aufsichtsbehörden ihre Rolle spielen" und regulierend eingreifen, konkret: das Preisdumping unterbinden. Obsolet würden damit auch Geschäftsmodelle, mit denen Flughäfen versuchen, immer mehr Einnahmen aus 'sonstigen Aktivitäten', insbesondere durch Immobiliengeschäfte und Konsum der Fluggäste, zu generieren und damit die Dienstleistungen für den Luftverkehr zu subventionieren, wie z.B. Fraport das in grossem Umfang tut.
Ob diese Absichtserklärungen irgendeine konkrete Wirkung haben werden, ist offen. Nicht nur werden die Airlines wohl kaum begeistert sein, weil sie ja weiterhin primär mit Niedrigstpreisen Menschen zum Fliegen verführen wollen, auch die Politik zeigt wenig Anzeichen für Unterstützung. In der EU ist zur Zeit gerade die Richtlinie in Überarbeitung, die seit 2009 bestimmte Aspekte der Entgeltordnungen an Flughäfen regelt. Ein Überarbeitungsvorschlag der Kommission soll noch Ende dieses Jahres vorgelegt werden. Da die Entgelte bzw. Gebühren das Kernelement sind, dass den Anteil der Flughäfen an den Luftverkehrseinnahmen festlegt, müsste hier der Hebel angesetzt werden, der es Flughäfen künftig erlauben soll, ihre Kosten aus der Bereitstellung der Flug-Infrastruktur auch voll zu decken.
Bisher war es aber gerade anders herum. DIe EU-Gesetzgebung wurde getrieben von der Angst, Flughäfen könnten ihre "Marktmacht" missbrauchen, um ungerechtfertigte Profite abzugreifen und damit den gewünschten Wettbewerb im Luftverkehr einzuschränken. Dieses neoliberale Wettbewerbsdogma prägt nach wie vor die
EU-Luftverkehrsstrategie, und es gibt keine Zeichen, dass sich daran sobald etwas ändern soll.
Das gerade veröffentlichte Briefing für das Europaparlament, das den zu erwartenden Kommissionsvorschlag zu diskutieren hat, gibt einen guten Überblick über den Stand der Diskussion und die noch existierenden Differenzen zwischen den Beteiligten. Letztere fasst eine Analyse einer Beratungsfirma mit Stand 2019 plakativ zusammen: die Dachverbände der Airlines, IATA, und der Flughäfen, ACI, kommen zu gegensätzlichen Auffassungen. Interessanter Weise vertritt der ACI da noch die Auffassung, dass es sinnvoll wäre "für Regulierer, zurückzutreten - und die wirtschaftlichen Einheiten ihre Vereinbarungen unter dem Schutz der EU-Wettbewerbsregeln treffen zu lassen". Das klingt aktuell etwas anders, ändert aber nichts an den unterschiedlichen inhaltlichen Auffassungen, wie die Fragen zu regeln sind.
Für Fluglärm-Geplagte, Ausbaugegner und Klimaschützer ist die Entgeltordnung primär wegen anderer Fragen interessant, die aber bei der Novellierung bisher so gut wie keine Rolle spielen. Die Differenzen um die Fraport-Entgeltordnung, die zuletzt vor einem Jahr genehmigt wurde, waren in den letzten Jahren hauptsächlich von zwei Themen geprägt. Das erste sind die Gebühren-Bestandteile, die Gesundheits- und Umweltschutz fördern sollen, insbesondere die lärmabhängigen Gebühren-Komponenten. Die spielen auf EU-Ebene überhaupt keine Rolle. Das zweite Thema, die Frage der zulässigen Rabatte zur Generierung zusätzlichen Verkehrs, wie sie Fraport für Billigflieger eingeführt hat, ist zwar Bestandteil der EU-Regulierung, aber im Sinne Fraports: solche Rabatte sind ausdrücklich zulässig. Eine progressive Novellierung müsste also diese Rabatte abschaffen und Gesundheits- und Umwelt-Kriterien verpflichtend einführen. Beides steht derzeit nicht auf der Tagesordnung und könnte bestenfalls noch über das Europaparlament eingebracht werden, wenn sich genügend politischer Druck dafür entwickeln liesse.
Was immer der ACI also mit seinem Vorstoss erreichen kann, es wird nicht die Novellierung der Entgeltordnung sein, die notwendig wäre. Trotzdem ist der Vorstoss nicht uninteressant, weil seine Begründung auch wieder brauchbare Argumente liefert. Die aktuellen Geschäftsmodelle der Flughäfen sind nicht nachhaltig, die Nutzer müssen die vollen Kosten (natürlich auch die sozialen und Umwelt-Kosten) tragen und Quersubventionierungen des Flugbetriebs durch andere Geschäftemacherei hat zu unterbleiben. Fliegen muss deshalb teurer werden. Flughäfen sollten wieder als Bestandteile der öffentlichen Mobilitäts-Infrastruktur geführt und finanziert werden und primär die öffentlichen Interessen bedienen. Dazu gehört, nur notwendigen Flugverkehr abzuwickeln, und den so gesundheits- und umwelt-schonend wie möglich.
Diese Forderungen wird aber keiner der bisher in dieser Diskussion Agierenden durchsetzen. Wie heisst es doch so schön im klassischen deutschen Liedgut: "Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun". Argumente dafür gibt es inzwischen mehr als genug.
15.11.2020
Die aktuellen 'Corona-Subventionen' für die Luftfahrt wurden zwar von Anfang an kritisiert, weil sie mit keinerlei sozialen oder ökologischen Auflagen verbunden waren, und auch die aktuellen weiteren Forderungen der Luftverkehrswirtschaft bleiben nicht ohne Widerspruch. Ihre grundsätzliche finanzielle Sonderstellung verteidigt die Luftverkehrslobby allerdings mit Hilfe willfähriger Politiker seit Jahren erfolgreich. Zwar kritisieren Umweltverbände diese umfangreichen Subventionen schon lange, waren aber bisher nicht sonderlich erfolgreich in der Mobilisierung dagegen. Was möglicherweise auch daran lag, dass einzelne, in den Vordergrund gerückte Maßnahmen ohnehin nur begrenzte Wirkung haben können und nicht ohne Weiteres umzusetzen sind. Nun aber entwickelt sich langsam Druck auch von einer anderen Seite: aus dem Finanzsektor.
Einen bemerkenswerten Schritt macht die Europäische Investitionsbank EIB, die Förderbank der EU, die vergünstigte Kredite an Unternehmen vergibt. Sie hat eine 'Climate Bank Roadmap' (zu deutsch etwa 'Fahrplan zu einer Klima-Bank')
beschlossen, die inzwischen auch von den Mitgliedsstaaten
bestätigt wurde.
Diese Roadmap zieht zwar generell
deutliche Kritik auf sich, "macht aber einen bemerkenswerten Schritt vorwärts: die Bank wird künftig keinen Flughafenausbau mehr finanzieren (eigene Übersetzung)".
Tatsächlich enthält die
Roadmap einige bemerkenswerte Formulierungen (der gesamte Text liegt nur in Englisch vor, daher sind alle folgenden Zitate eigene Übersetzungen).
Schon in der Zusammenfassung heisst es:
"Unterstützung für die Ausweitung von Flughafen-Kapazitäten und für konventionell angetriebene Flugzeuge wird entzogen", ebenso für Forschung und Entwicklung
"... von Aktivitäten, die in diesem Rahmen nicht mehr unterstützt werden (z.B. interne Verbrennungsmaschinen und Antriebssysteme für Schiff- und Luftfahrt auf der Basis fossiler Brennstoffe). Im weiteren Text wird auch noch angekündigt, dass
"... mit Bezug auf die Herangehensweise an den Luftfahrtsektor exportorientierte Landwirtschaftsmodelle nicht mehr unterstützt werden, die für die Vermarktung auf den Langstrecken-Flugverkehr fokussieren. Diese Maßnahme würde auch Investitionen ausschliessen, die vom internationalen Transport von frischen, verderblichen Landwirtschaftsprodukten durch Langstrecken-Luftfracht abhängen. Schließlich heisst es auch noch mit Bezug auf den Luftverkehr:
"Nachfrage-Management wird wahrscheinlich im Lauf der Zeit eine zunehmende Rolle spielen".
Bemerkenswert sind diese Festlegungen auch deshalb, weil der Luftverkehr in der sog.
Taxonomie, d.h. der EU-Einteilung der Wirtschaftssektoren nach dem Grad ihrer Nachhaltigkeit, noch garnicht eingestuft ist. Insofern nimmt die EIB hier eine Art Vorreiterrolle ein.
Natürlich gibt es auch hier Schlupflöcher. Zum einen werden die Beschlüsse erst 2022 voll wirksam, so dass bis dahin noch etliche Kreditverträge abgeschlossen werden können. Zum anderen ist aber auch festgelegt: "Es wird vorgeschlagen, die Unterstützung der EIB-Gruppe auf die Verbesserung der existierenden Flughafen-Kapazitäten zu fokussieren durch Sicherheitsprojekte, Rationalisierung und explizite Dekarbonisierungsmaßnahmen, wie die Umgestaltung der Bodenverkehre und Innovationen für die Dekarbonisierung des Fluggeräts", oder "Einige schwer umzugestaltende Sektoren wie die Luftfahrt erfordern die Entwicklung fortgeschrittener Biotreibstoffe und nachhaltiger alternativer Treibstoffe (e-fuels). Signifikantes zusätzliches Investment in die Infrastruktur (Ladestationen, Tankstellen für alternative Treibstoffe) ... ist erforderlich". Auch im F&E-Bereich "wird die EIB Group die langfristige Forschung und Entwicklung alternativer Treibstoffe für Schiff- und Luftfahrt unterstützen". Die Abgrenzung zu Ausbaumaßnahmen ist vermutlich gewollt unscharf, so dass wahrscheinlich eine Reihe von Baumaßnahmen auch darüber finanziert werden können.
Welche Konsequenzen diese Roadmap insgesamt haben wird, bleibt natürlich abzuwarten. In der Vergangenheit hat die EIB durchaus wesentlich zur Finanzierung von Flughafen-Ausbaumaßnahmen beigetragen. So hat sie anlässlich einer Kreditübergabe an Fraport im März 2017
stolz verkündet: "Mit dem neuen Darlehen setzt die EU-Bank auch ihre langjährige Kooperation mit Fraport fort. Insgesamt hat die EIB den Ausbau des Flughafens seit den 90er Jahren mit Darlehen in Höhe von über 900 Millionen Euro unterstützt". Und darin waren die insgesamt
600 Mill. Euro für Terminal 3 noch nicht einmal vollständig enthalten. Auch den
Fraport-Raubzug in Griechenland hat die EIB
mitfinanziert.
Positiv könnte sein, dass auch private Banken, die sich auf nachhaltige Finanzierungen
verpflichtet haben, gezwungen sein könnten, dem EIB-Beispiel zu folgen und diese Einstufung zu übernehmen. Auf der anderen Seite führen positive Ankündigungen noch lange nicht zu entsprechenden Wirkungen. Der Prozess verläuft generell
eher zäh, und selbst die Bundesregierung muss bei Auswertung einer
ersten Studie zur Wirkung der EU-Taxonomie
erstaunt feststellen, "dass nur zwei Prozent der Unternehmensumsätze das dort festgelegte Ambitionsniveau bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit erfüllen".
Dass der Bereich Subventionen generell von Bedeutung ist, steht ausser Zweifel. Während das Umweltbundesamt die Gesamtmenge umweltschädlicher Subventionen des Bundes im Jahr 2012
auf 57 Mrd. Euro schätzt, kommt eine
neuere Schätzung im Auftrag von Greenpeace zu dem Ergebnis, dass allein die zehn klimaschädlichsten Subventionen in Deutschland sich im Jahre 2019 auf 46 Mrd. Euro summieren. Die Steuerbefreiung von Kerosin steht dabei mit 8,3 Mrd. Euro an der Spitze. Rechnet man die durch den Flugverkehr mit der Verbrennung dieses Kerosins erzeugten, aber nicht in Rechnung gestellten Klimakosten mit dazu, ergibt sich eine Gesamtsumme von über 25 Mrd. Euro.
Auch hier klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. Die G20, der 'Gipfel der bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer', versprechen schon seit über 10 Jahren, klimaschädliche Subventionen 'mittelfristig' zu senken, kommen dabei aber bestenfalls
in winzigen Schritten voran. Durch die Corona-Subventionen dreht sich die Tendenz wahrscheinlich sogar um, und diese Subventionen steigen wieder. Und ICAO verteidigt die über
75 Jahre alten Privilegien der Luftfahrt, wie die Steuerbefreiung von Kerosin, natürlich
mit allem Nachdruck. Trotz gelegentlicher
publikumswirksamer Initiativen ist in diesem Bereich in absehbarer Zeit kein Umsteuern zu erwarten.
Die neuen Töne in der Finanzwirtschaft werden ebenfalls keine unmittelbaren Veränderungen bringen und auch keine Ausbaumaßnahmen verhindern. Finanzielle Instrumente stossen grundsätzlich schnell
an ihre Grenzen, weil auch
Grünes Wachstum Ressourcen erfordert und zu steigenden Emissionen führt. Solange die Wachstums- und Profit-Logik nicht
grundsätzlich durchbrochen wird, kann die Klimakatastrophe nicht wirklich aufgehalten werden. Eine
grüne Finanzwende versucht nichts anderes, als diesen Transformationsprozess noch eine Weile aufzuhalten.
Durchaus bedeutend sind sie allerdings im Bereich der Argumentation. Mit der Anerkennung der Tatsache, dass Investitionen in Flughafenausbau und Steigerung des Luftverkehrs klimaschädlich sind und auf absehbare Zeit auch bleiben werden, wird der Luftverkehrswirtschaft ein wesentliches Argument für die Rechtfertigung künftigen Wachstums genommen. Daher lohnt es sich, diese Veränderungen bekannt zu machen und die eigenen Argumente damit zu untermauern. Illusionen darüber, dass der Finanzsektor die Rettung bringen könnte, sollte man dabei allerdings nicht verbreiten.
10.11.2020
Die Überschrift könnte allerdings täuschen. Der
Nationale Luftverkehrsgipfel 2020 war, wie auch schon
sein Vorgänger, eher ein Nicht-Ereignis. Viele Medien berichteten erst garnicht darüber, lediglich in der
Sueddeutschen haben wir einen längeren Artikel gefunden, der im Wesentlichen erklärt, warum so gut wie nichts beschlossen wurde.
Für die Veranstalter, die Luftverkehrslobby und ihr politischer Statthalter, Verkehrsminister Scheuer, war die wesentliche Öffentlichkeitsarbeit aber ohnehin schon vorher gelaufen. Die Botschaften sind dabei
seit Monaten dieselben: die Luftfahrt ist ein volkswirtschaftlich extrem wichtiger Sektor, der ohne eigene Schuld durch die Pandemie in größte Not gestürzt wurde, und sie braucht nun ganz viele Subventionen, damit alles wieder so wird, wie es vorher war. Die
Abschlusserklärung fasst das nur nochmal zusammen, zählt auf, was die Bundesregierung schon alles getan hat, und betont darüber hinaus auch noch, dass auch der unrentabelste Regionalflughafen weiterhin erhalten bleiben soll.
Gerade der letzte Punkt ist dem Herrn Minister
sehr wichtig, und er möchte auf alle Fälle nochmal
eine Milliarde Euro für die Flughäfen lockermachen. Im Bundeshaushalt ist das allerdings nicht vorgesehen, so dass jetzt hinter verschlossenen Türen mit Finanzministerium und den Bundesländern weiter verhandelt wird. Fachblätter registrieren entsprechend enttäuscht, dass es nur
Bekenntnisse zu hören gab und
schnelle Hilfe für Flughäfen noch nicht sicher ist.
Kritische Journalisten merken statt dessen an, dass man durchaus
ein paar Flughäfen dichtmachen könnte. Der BUND wird noch konkreter und fordert die
Schliessung von zehn Regionalflughäfen. Dabei bezieht er sich auf ein schon etwas älteres
Luftverkehrskonzept der Umweltverbände, das allerdings gerade in diesem Punkt überarbeitungsbedürftig ist. Noch weiter geht die Initiative 'Am Boden bleiben', die eine
Schliessung aller Regionalflughäfen fordert. Nur die letzten beiden erwähnen zumindest die Notwendigkeit einer deutlichen Einschränkung des Flugverkehrs insgesamt, stellen diese Forderung aber nicht in den Vordergrund.
Kritik kommt auch von Gewerkschaften, die die Interessen der verschiedenen Arbeitnehmer-Gruppen in der Luftfahrt-Industrie nicht berücksichtigt sehen. Dabei ist allerdings nur in der
ver.di-Erklärung
über die Sicherung von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen hinaus davon die Rede, dass staatliche Unterstützung an eine "Transformation" hin zu einem "sozial und ökologisch nachhaltigen Luftverkehr" gebunden werden sollte. Weder die Flugbegleiter-Organisation
UFO noch die Piloten-
Vereinigung Cockpit lassen in ihren Erklärungen erkennen, dass sie etwas anderes wollen als ein Zurück zum 'Normalzustand', wie er vor der Pandemie geherrscht hat.
Dass der aber in den jetzigen Strukturen zumindest für die Arbeitnehmer*innen nicht erreicht werden wird, wissen auch die Gewerkschaften. Sie beklagen, dass Arbeitgeber die Krise mißbrauchen, "um auf Kosten der Beschäftigten Wettbewerbsvorteile zu gewinnen", dass die "in der gemeinsamen Erklärung geforderten Kostenkürzungen ... im stark umkämpften Luftverkehrsmarkt nachhaltig Existenzgrundlagen von tausenden Arbeitnehmern" bedrohen und dass sich die Politik "sehr stark auf die Unternehmen konzentriert" und "die Anliegen der Hunderttausenden Beschäftigten und ihrer Familien ... weitgehend außer Acht gelassen" hat. Aktuell
verdeutlicht Fraport, was das heisst: dort soll der Personalabbau dazu führen, dass "2200 Stellen bei der Konzernmutter wegfallen, 1800 bei Töchtern, vor allem bei der Bodenverkehrsdienst-Tochter Fraground". Und das langfristig, obwohl spätestens 2025 schon wieder die Verkehrszahlen von 2019 erreicht werden sollen. Selbst wenn dann wieder Leute eingestellt werden sollten, werden dabei "langfristige massive Verschlechterungen der Arbeits- und Tarifbedingungen", die ver.di befürchtet, durchgesetzt werden.
Die Tatsache, dass dieser Gipfel keine neuen, handfesten Skandale produziert hat, ist kein Grund zur Beruhigung. Die Grosse Koalition setzt die Luftverkehrspoltik, mit der sie
angetreten ist, unbeirrt fort und möchte die Luftfahrt in ihrer bisherigen Struktur erhalten und möglichst bald wieder wachsen lassen. Die Subventionen fliessen in großem Stil weiter und werden, wie im
Fall Lufthansa, an keinerlei Auflagen gebunden. Alle
Forderungen der Luftverkehrslobby zur schnellen Wiederaufnahme von Flügen, so verantwortungslos sie auch sein mögen, werden vom Verkehrsminister unterstützt.
Veranstaltungen wie diese dienen grundsätzlich nicht dazu, Probleme ernsthaft zu diskutieren oder gar Entscheidungen zu treffen. Nicht einmal für die interne Abstimmung werden sie wirklich gebraucht, dafür kennen sich die Beteiligten viel zu gut und sind auch so in dauerndem Kontakt. Ihr Hauptzweck ist es, der Öffentlichkeit die Kernbotschaften in den Kopf zu hämmern: Luftverkehr ist extrem wichtig, und er braucht jetzt in allen Bereichen viel Steuergeld, damit er wieder so werden kann, wie er vorher war.
Dem müsste aktuell mit Nachdruck eine Kampagne entgegengesetzt werden, die wie
#SavePeopleNotPlanes fordert: erstens ein Hilfspaket, das die finanzielle Absicherung und Gesundheit der betroffenen Beschäftigten sicherstellt, zweitens einen Strukturwandel in Richtung klimagerechte Mobilität einleitet und drittens dafür sorgt, dass die, die jetzt mit Steuergeldern gerettet werden, künftig auch Steuern zahlen (die Petition der Kampagne gibt es auf deutsch
hier).
Wenn diese Krise aber eine Chance sein soll, etwas Besseres als den Zustand vor der Pandemie aufzubauen, dann müssten die Weichen dafür jetzt gestellt werden. Alternative Konzepte müssten jetzt mit Nachdruck propagiert und Überzeugungsarbeit in der Öffentlichkeit und an den entscheidenden politischen Schaltstellen geleistet werden. Je länger Gelder in die alten Strukturen fliessen, umso mehr werden sie wieder stabilisiert, und um so schwerer sind sie künftig zu überwinden. Leider sind Konzepte, die ein überzeugendes Geschäftsmodell für einen "sozial und ökologisch nachhaltigen Luftverkehr" darstellen und den Weg dahin skizzieren könnten, derzeit noch Mangelware, und Kräfte, die sie mit dem nötigen Nachdruck vertreten könnten, fehlen ebenso.
07.11.2020
"Jede Propaganda ist gute Propaganda" mag sich Fraport-Chef Schulte denken, falls er den neuen Report von 'Friends of the Earth Europe' mit fünf Beispielen für Menschenrechtsverletzungen durch europäische Konzerne ausserhalb Europas in die Hand bekommt. Sein Konzern liefert gleich das erste Beispiel: die Zwangsumsiedlung einer Gemeinde, die dem Ausbau des Flughafens Porto Alegre in Südbrasilien im Weg ist.
Schon 2018, als Fraport die Konzession für einen 25jährigen Betrieb des Flughafens erwarb, zeichnete sich ab, dass dieser Betrieb mit Skandalen verbunden sein würde. Ein Jahr später hatten die Zwangsumsiedlungen begonnen, waren aber juristisch noch umstritten. Inzwischen ist klar, dass dieses Projekt ohne Rücksicht auf Verluste durchgesetzt werden soll.
Das Fraport-Management wäscht natürlich seine Hände in Unschuld: alles sei ganz legal und durch Gerichtsurteile bestätigt, und im Detail sei ohnehin die Tochter Fraport Brasil zuständig, die den Flughafen betreibt. Das letzte Argument ist formaljuristisch und faktisch kompletter Unsinn: Fraport Brasil ist eine 100%ige Fraport-Tochter, wird von ihr kontrolliert, und Fraport selbst erklärt auf der
entsprechenden Webseite: "Für uns gilt: Wir alle sind Fraport! Egal wo und in welcher Gesellschaft des Konzerns wir tätig sind, gemeinsam erreichen wir unsere Ziele.
Das erste Argument hat etwas mehr Gewicht. Tatsächlich hat Fraport letztendlich alle Streitigkeiten vor brasilianischen Gerichten gewonnen, aber was heisst das? Wir zitieren uns mal selbst aus dem Beitrag von 2019: "Nach Jahrhunderten Kolonialgeschichte, Jahrzehnten von Militär- und anderen Diktaturen haben heftige soziale Kämpfe und ein kurzes Intermezzo einer eher sozialdemokratisch orientierten Regierung zwar einige Fortschritte erzielt, dennoch ist Brasilien weit von einem Rechtsstaat entfernt, und grosse Teile der Bevölkerung leben in Armut. Insbesondere der Landbesitz ist extrem ungleich verteilt, und viele Menschen leben auf Land, für das sie keinen Besitztitel haben." Genau dafür gibt es aber in der brasilianischen Verfassung ein 'Gewohnheitsrecht', dass den Menschen ein Wohnrecht garantiert, wenn sie mehr als fünf Jahre auf Land leben, das dem Staat gehört - und die fraglichen Siedlungen stehen seit über 60 Jahren auf solchem Land.
Dass denoch brasilianische Gerichte Fraport den Weg für den Ausbau freiräumen, sagt etwas über die Zustände in diesem Land. Wie schlimm sie unter der Regierung Bolsonaro tatsächlich geworden sind, zeigt ein
Offener Brief von über 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen an den UN-Menschenrechtsrat, in dem sie fordern, die Mitgliedstaaten des UNHCR sollten "eine Untersuchung zur Situation der Menschenrechte in Brasilien veranlassen, mit Fokus auf Umweltschutz, Arbeiter*innenrechte, öffentliche Gesundheit und Menschenrechtsverteidiger*innen". Und bei Fraport kann sich niemand damit herausreden, er/sie habe das nicht gewusst. In den letzten drei Aktionärsversammlungen haben
Kritische Aktionäre und andere immer wieder auf den Skandal hingewiesen und die Hintergründe erläutert.
Vergleichbar ist das etwa mit den Gewerbegebieten Mönchhofgelände und Taubengrund auf beiden Seiten der Nordwestlandebahn in Frankfurt. In Porto Alegre allerdings sind es Wohngebiete mit Häusern in Leichtbauweise ohne jeden Schallschutz. Als die Menschen sich dort angesiedelt haben, hatten sie es mit einem kleinen Regionalflughafen zu tun, der inzwischen schon zu einem Großflughafen mit 80.000 Flugbewegungen pro Jahr im 24-Stunden-Betrieb gewachsen ist und nach Fraport-Plänen ein internationaler Hub mit hohem Frachtanteil werden soll, der auch (dafür wird die Bahn verlängert) von Großflugzeugen angeflogen werden kann.
Auch wenn manchem solche Bilder als "für Länder der 3. Welt ganz normal" erscheinen mögen und die Menschen dort (mangels Alternativen) 'freiwillig' wohnen und vermutlich grössere Probleme als den Lärm haben, werden sie davon genauso krank wie Menschen hierzulande. Und das gilt für die Belastungen mit Ultrafeinstaub und anderen Schadstoffen und die Risiken durch Wirbelschleppen ganz genauso. Aber auch hier gilt: die völlig unzureichenden Gesetze und Regelungen im Land schützen die Menschen nicht, also hat Fraport keine Hemmungen, sie diesen Gefahren auszusetzen. Dass sie wesentlich besser wissen müssen, wie gross diese Gefahren sind, als die Menschen dort, spielt keine Rolle. Irgendeine Verpflichtung, die Menschen vor diesen Gefahren zu schützen, sehen sie erst recht nicht.
FoEE haben ihren Bericht nicht zufällig gerade jetzt veröffentlicht. In Deutschland gibt es seit einiger Zeit schon eine politische Auseinandersetzung um ein sog.
Lieferkettengesetz, das die Verantwortung der Konzerne für ihre weltweiten Aktivitäten besser regeln soll und es auch den Betroffenen dort ermöglicht, die Verantwortlichen auch in Deutschland zu verklagen. Damit soll die Konsequenz aus dem Scheitern des
Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte gezogen werden, dessen Ziele zur freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen auf die dort vorgesehenen Maßnahmen glatt verfehlt wurden. Es existiert sogar schon ein Gesetzentwurf, der von den Ministern Heil (SPD) und Müller (CSU) unterstützt, aber von Minister Altmaier (CDU)
blockiert wird. Gäbe es dieses Gesetz schon, könnten die vertriebenen Anwohner vor deutschen Gerichten klagen, was sie ziemlich sicher tun würden.
Auch die EU-Kommission hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag
angekündigt, der wohl in Kürze vorliegen wird und die Gesetzgebung auch in den EU-Staaten, die noch nichts derartiges in Angriff genommen haben, voranbringen soll. Eine aktuelle
Studie für das Europaparlament belegt, dass dies dringend nötig ist, weil kein Mitgliedsstaat entsprechende Regeln konsequent und verpflichtend umgesetzt hat. In dieser Situation dient der FoEE-Bericht dazu, den Druck für eine schnellere und konsequentere Umsetzung zu erhöhen.
Dass der Fraport-Vorstand nichts tut, was keinen Profit bringt und nicht gesetzlich erzwungen wird, überrascht nicht weiter. Weder hat er die im 'Nationalen Aktionsplan' vorgesehenen Maßnahmen auch nur erwogen, noch spielt das ältere und noch unverbindlichere Konzept der
Corporate Social Responsibilty für ihn die geringste Rolle.
Umso mehr stellt sich die Frage, welche Rolle der
Aufsichtsrat der Fraport eigentlich spielt. Auf der Webseite heisst es dazu:
"Die Aufsichtsratsmitglieder wachen über die Geschäftsentwicklung und strategische Ausrichtung des Unternehmens". Von den 20 Mitgliedern vertreten 3 das Land Hessen, 2 die Stadt Frankfurt und 10 die Arbeitnehmer*innen der Fraport. Sollte es da wirklich keine Mehrheit geben, die die Einbeziehung der Einhaltung elementarer Menschenrechte in die "strategische Ausrichtung" des Konzerns erzwingen könnte? Reicht es nicht einmal dafür, wenigstens die schwache "freiwillige Selbstverpflichtung", die die Bundesregierung den Konzernen nahelegt, umzusetzen? Haben die Vertreter*innen von SPD, B90/Grüne und Ver.di, die den menschenrechtlichen Grundsätzen besonders verpflichtet sein müssten, jemals einen Versuch unternommen, hier voranzukommen?
Wahrscheinlich gilt auch hier, wie in anderen Bereichen: auf diese 'Repräsentanten' ist kein Verlass. Ohne Druck von aussen bewegt sich in den Konzernen nichts. Die Bewegung gegen die Belastungen durch den Flugverkehr wäre gut beraten, auch die Initiativen zu unterstützen, die den Konzernen mehr soziale Verantwortung abverlangen und sie gesetzlich dazu zwingen wollen - in Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt. Wenn Fraport gezwungen würde, die Rechte der Menschen in der Umgebung ihrer Flughäfen und den Schutz der Umwelt konsequent zu berücksichtigen, würde das auch hier helfen.
04.11.2020
Vor einiger Zeit hat ein
Blogger des ICCT eine anschauliche Rechnung aufgemacht: Nach Angaben ihres Dachverbandes IATA haben die Airlines weltweit von 2010 bis 2019 einen Nettoprofit von 220 Milliarden Dollar eingefahren. In der gleichen Zeit haben sie 7,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid emittiert. Hätten sie dafür einen (sehr moderaten) Preis von 40 US$/t zahlen müssen, wären das 310 Milliarden Dollar gewesen - Geld, das für die Bekämpfung des Klimawandels fehlt.
Diese Summe nennt der Autor "soziale Kosten" und schliesst, dass Airlines selbst in dieser für sie sehr profitablen Periode ein "soziales Defizit" von über 100 Mrd. US-Dollar erzeugt und daher ein Problem mit der "Klima-Bonität" haben, obwohl die Rechnung nicht einmal die sonstigen Klimawirkungen des Luftverkehrs (und auch nicht die umfangreichen Subventionen) einschliesst. Daher seien Bailouts für die Luftverkehrswirtschaft ohne strenge Klimaauflagen die bei weitem schlechteste Methode, die Pandemie-Krise zu überwinden.
Ein anderer
Meinungsbeitrag diskutiert Risiken und Kosten, die der Flugverkehr der Gesellschaft durch seinen Beitrag zu Klimawandel
und Pandemie-Ausbreitung auferlegt. Er kommt u.a. zu dem Schluss, dass die COVID19-bezogenen Subventionen das 'soziale Defizit' um weitere 100 Milliarden US$ erhöhen und ein nachhaltiger Luftverkehr nur in deutlich reduziertem Umfang und zu deutlich höheren Preisen möglich ist.
Die Luftfahrtindustrie hat in der Vergangenheit nicht viel getan, um ihre "Klimabonität" zu verbessern. Einziger Erfolg war die Verbesserung der Effizienz der Triebwerke, die zu einer Senkung des Treibstoffverbrauchs und damit der Emissionen pro geflogenem Personen- oder Tonnen-Kilometer geführt hat. Eine
ICCT-Studie zeigt, dass dieser Verbrauch seit 1970 um etwa 1% pro Jahr abgenommen hat, wobei die Rate anfangs deutlich höher war, zwischenzeitlich fast stagnierte und in der letzten Dekade wieder auf fast 1,5% zugenommen hat. Dies war aber einer Reihe neuer Flugzeugtypen zu verdanken, die inzwischen alle eingeführt sind, so dass die Abnahme in der nächsten Periode deutlich geringer sein wird.
Das wird sich auch durch den von der ICAO immer wieder hervorgehobenen
neuen CO2-Standard nicht ändern, der ohnehin
erst 2028 vollständig wirksam wird. Die Studie zeigt nämlich auch, dass dieser Standard der Marktentwicklung um mehr als 10 Jahre hinterher hinkt. Neue Flugzeuge halten ihn bereits seit 2016 ein, und was immer in den nächsten Jahren auf den Markt kommt, muss besser werden, um konkurrenzfähig zu sein. Das ICAO-Ziel, den Verbrauch über die gesamte Periode bis 2050 im Mittel um jährlich 2% zu senken, wird dadurch auf keinen Fall erreicht. Und dass selbst dieses Ziel völlig unzureichend ist, hat ICAO selbst mehr oder weniger deutlich in
Analysen und
Beschlüssen zugegeben.
Eine zweite
ICCT-Studie geht noch etwas mehr ins Detail und zeigt für drei ausgewählte Jahre, wie sich die Emissionen des Luftverkehrs zusammensetzen. Daraus ergibt sich unter anderem, dass Passagierflüge (die auch Fracht befördern können), 85% der Emissionen erzeugen. Die fünf Länder, die für die meisten Passagierflüge verantwortlich sind, sind (in dieser Reihenfolge) die USA, China, Großbritannien, Japan und Deutschland, die EU als Ganzes würde auf Platz 2 stehen. Große Unterschiede gibt es auch zwischen Flugzeugtypen, wobei kleine Regionalflieger am schlechtesten abschneiden. Interessant auch, dass Luxuspassagiere (First und Business Class) 3-4 mal mehr Emissionen erzeugen als die Economy Class und für 20% aller Flugemissionen verantwortlich sind und das der Verkehr bis 2019 fast viermal schneller gestiegen ist als die Treibstoffeffizienz, mit entsprechendem Zuwachs der Treibhausgas-Emissionen und sonstigen Klimaschäden.
Eine mehr sozio-ökonomisch orientierte
Studie hebt hervor, dass die meisten klima-relevanten Emissionen des Luftverkehrs nicht durch Klimapolitiken abgedeckt sind und dass diese Emissionen extrem ungleich verteilt sind. Dieser letzte Punkt wird mit interessanten Zahlen hinterlegt: danach sind 2018 nur 11% der Weltbevölkerung überhaupt geflogen, nur 4% in internationalen Flügen. Vielflieger, die maximal 1% der Weltbevölkerung ausmachen, sind für mehr als die Hälfte der Emissionen aus dem Passagierverkehr verantwortlich. Einzelpersonen, die vorwiegend in Privatjets im sog.
Geschäftsflugverkehr unterwegs sind, erzeugen dabei bis zu 7.500 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen pro Jahr. Der Beitrag von Militärflügen ist ebenfalls bedeutend, wird aber nirgendwo in vollem Umfang erfasst.
Das einzige explizite "Klimaschutz-Instrument", das ICAO je beschlossen hat, das Kompensationssystem CORSIA, das ab 2020 zumindest ein "klimaneutrales Wachstum" des Flugverkehrs gewährleisten sollte, ist bereits bankrott, bevor es begonnen hat. Einige seiner gravierendsten Probleme, wie z.B. die Tatsache, dass große Luftfahrtnationen wie China, Indien und Russland zumindest zunächst nicht teilnehmen und dass die Kriterien für die Offsets nicht verbindlich sind, sind allerdings aktuell ohne Bedeutung. Durch den ICAO-Beschluss vom letzten Jahr, das Bezugsjahr für die Emissionen auf 2019 (statt 2019 und 2020) festzulegen, wird es nach dem Pandemie-bedingten Einbruch einige Jahre dauern, ehe es überhaupt wieder ein Wachstum gegenüber 2019 geben wird. Konsequenter Weise kommen auch Industrie-Analysen zu dem Schluss, dass in der ersten CORSIA-Phase keinerlei Offsets gebraucht werden. Für spätere Phasen stehen dann mehr als genug Offsets zur Verfügung, so dass bestenfalls minimale Kosten auf die Airlines zukommen. Für Europa berechnet eine Studie im Auftrag der NGO 'Transport & Environment', dass selbst eine Kombination von CORSIA und dem europäischen Emissionshandelssystem EU-ETS nur Kosten in der Höhe von Bruchteilen eines Prozents der operativen Kosten erzeugen würde. Tatsächlich reduziert werden die CO2-Emis&shsionen natürlich durch keines der beiden Systeme. Und der grössere Anteil der Klimaschäden durch den Flugverkehr wird von beiden nicht thematisiert.
Aber künftig wird alles besser: neue Konzepte weisen den Weg in die Zukunft. So hat der globale umweltpolitische Nebelwerfer der Luftfahrtindustrie, die 'Air Transport Action Group' (ATAG), eine neue Studie mit dem Titel
Waypoint 2050 vorgelegt, die Pfade definiert, wie das vor mehr als 10 Jahre (also vor dem Pariser Klimaschutz-Abkommen) definierte "anspruchsvolle Ziel", die CO2-Emissionen der Luftfahrt bis 2050 gegenüber 2005(!) um 50% zu reduzieren, doch noch erreicht werden kann. Dieses Papier ist an Frechheit kaum noch zu überbieten.
Um weiteres Wachstum des Flugverkehrs (wenn auch im Vergleich zu früheren Zielen etwas reduziert) rechtfertigen zu können, erklärt es dieses antiquierte Ziel zu einem "Wegpunkt" zu einem Gesamtziel, das "Netto-Null-Emissionen" 10 bis 15 Jahre später erreichen will und mit den
Klimazielen von Paris vereinbar sein soll. Selbst wenn das wahr wäre: Alle aufgezeigten Wege dorthin basieren wesentlich auf Verbrennungs-Technologien, und damit bleiben die Klimawirkungen durch Kondensstreifen/Wolkenbildung und Stickoxidemissionen auch weiterhin erhalten. Aber damit nicht genug, fallen für ATAG unter "Sustainable Aviatin Fuels" auch eine breite Palette von
bio-basierten Kraftstoffen, deren Kohlenstoff- und Emissions-Bilanz teilweise nicht besser ist als die fossiler Brennstoffe und deren soziale Konsequenzen verheerend sein können - eine Einschätzung, die auch durch das neue
Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung 'Globale Umweltveränderungen' im Kern bestätigt wird. Und nicht zuletzt betont das Papier auch noch immer wieder, dass die Erforschung und Bereitstellung alternativer Treibstoffe massiv subventioniert werden müssen, damit sie überhaupt nachgefragt werden.
Für Europa konkretisiert ein
Policy Paper einer Arbeitsgruppe des 'World Economic Forum', wie und wo die Gelder abgegriffen werden sollen - von Garantien für die Produzenten solcher Treibstoffe bis zu Subventionen für die Airlines für Treibstoffe und Fluggerät.
Aktuelle
Definitionen und Politiken der EU für solche 'nachhaltigen Treibstoffe' stimmen bereits teilweise mit diesen Forderungen überein und müssen nur wenig modifiziert werden. Lediglich die eingesetzten finanziellen Mittel müssten drastisch steigen, um die gewünschten Effekte zu erreichen. Eine entsprechende
Initiative der EU-Kommission, die auch die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen setzen soll, ist gerade in Arbeit und soll noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Dass die staatlich geförderte Forschung für die Luftfahrt hierzulande bereits bestens funktioniert und weiter funktionieren wird, verkündet das zuständige 'Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt' (DLR) stolz in einem
White Paper zusammen mit dem 'Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie' (BDLI), das den Kurs zum "klimaneutralen Fliegen" aufzeigen soll. Dafür sollen "fliegende Demonstratoren ... beim Thema Elektrisches Fliegen, bei Wasserstoff, bei neuen Kraftstoffen und bei neuen Flugzeugkonfigurationen" entwickelt werden.
Etwas umfassender in der Analyse ist die
Roadmap to TrueZero der Beratungsfirma Roland Berger, die zumindest alle Klimawirkungen des Luftverkehrs im Blick behält und die technologischen Möglichkeiten etwas realistischer einschätzt. Daher kommt sie auch zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass 'klimaneutrales Fliegen' nicht möglich ist und selbst bei optimaler Entwicklung aller technischen Möglichkeiten ein mehr oder weniger grosser Rest bleibt, der kompensiert werden muss. Die Konsequenz, diesen Rest zu minimieren, indem der Flugverkehr auch im Umfang eingeschränkt wird, ziehen sie allerdings auch nicht.
Für die Antriebs-Technologien sieht die Roadmap alle drei technischen Lösungen vor: elektrischen Antrieb für die Kurzstrecke, Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellen-Antrieb oder Hybrid-Antriebe für die Mittelstrecke und nachhaltige (flüssige) Treibstoffe für die Langstrecke. Der Umfang und die Zeitskala, auf der diese zur Verfügung stehen, bleiben allerdings verschwommen. Lediglich für den Elektroantrieb sehen sie die Einführung
gleich hinter dem Horizont, müssen aber bei der Betrachtung der bestehenden Initiativen feststellen, dass "... viele planen, kommerziell nutzbare Flugzeuge in 5-15 Jahren auszuliefern. (eigene Übersetzung)". 2035 ist aber der Zeitpunkt, wo die fortgeschrittensten Länder bereits 'Klimaneutralität' erreicht haben müssten, wenn das 1,5°C-Ziel eingehalten werden soll.
Für die Mittelstrecke glaubt Airbus, ebenfalls bis 2035
neue Flugzeuge mit Wasserstoff-Antrieb entwickeln zu können.
Erste Reaktionen von NGOs begrüssen diese Absicht, weisen aber darauf hin, dass solche Konzepte ohne fördernde politische Rahmenbedingungen, sprich Preissetzungen, keine Chance haben. Das zeigt sich auch darin, dass
existierende Lösungen für Teilprobleme wie den Bodenverkehr schlicht nicht umgesetzt werden, weil sie zu teuer sind.
Und auch die Frage, wo der Wasserstoff für diese Antriebe herkommen soll, ist längst nicht gelöst. Die Produktion von 'grünem Wasserstoff' aus erneuerbaren Energien befindet sich noch
im Forschungsstadium, und die Gefahr, dass wenig klimafreundlich produzierter 'grauer Wasserstoff' zum Einsatz kommen könnte, ist
sehr real. Aber auch die Frage, woher 'grüner Wasserstoff' kommen soll, ist
noch umstritten. Eine optimistische
Studie des Wuppertal-Instituts sieht genügend Potential für die einheimische Produktion, die zugleich ein "neues Wirtschaftswunder" erzeugen könnte. Derzeit aber wird Wasserstoff aus Windenergie hierzulande nur in
sehr geringen Mengen produziert und vermarktet. Die Bundesregierung setzt allerdings ohnehin mehr
auf Importe und konzentriert sich auf den
Einsatz in der Industrie. Für den Luftverkehr sieht ihre
Nationale Wasserstoffstrategie lediglich eine Beimischung zum normalen Kerosin von ganzen
2% bis 2030 vor.
Offen ist auch noch die Frage, welche Klimawirkungen diese Flugzeuge noch haben werden. Auch Wasserstoff-getriebene Flugzeuge emittieren klimaschädliche Gase, denn die Umsetzung von Wasserstoff zu Wasser erzeugt neben Wasserdampf u.a. auch Stickoxide, die klimawirksam sind.
Die Klima-Defizite des Luftverkehrs sind also in der Tat vielfältig. Einerseits wird das Ausmaß des Problems geleugnet und versucht, die Frage auf die Kohlendioxid-Emissionen des Flugverkehrs zu reduzieren, andererseits werden die Probleme der Einführung klima-verträglicherer Lösungen heruntergespielt und die Möglichkeiten technologischer Lösungen grandios übertrieben. Dahinter steht als grösstes Defizit eine völlige Verantwortungslosigkeit der großen Konzerne und ihrer Manager, denen die kurzfristige Sicherung ihrer Profite weitaus wichtiger ist als eine langfristig nachhaltige Entwicklung des gesamten Sektors.
Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen
Forderungen der Umweltverbände für eine nachhaltige Mobilitätswende im Flugverkehr noch viel zu unpräzise und zurückhaltend. Zwar wird "Vermeidung und Verlagerung" als "der primäre und zentrale Ansatz der Dekarbonisierungs-Strategie für den Flugverkehr" durchaus in den Vordergrund gestellt, aber das Ausmaß, in dem das passieren muss, bleibt verschwommen. Auch wird betont: "Dekarbonisierung allein reicht allerdings nicht. Auch die sogenannten Nicht-CO2-Effekte wie der Ausstoß von Stickoxiden, Ruß und Wasserdampf von Flugzeugen sind zu berücksichtigen" und die Schaffung eines "Rahmens für
eine verantwortungsvolle, effiziente und nachhaltige Produktion grünen Wasserstoffs für den Einsatz im Flug- und
Schiffsverkehr" gefordert. Klare Aussagen dazu, inwieweit so etwas aktuell möglich ist, und was passieren muss, wenn es nicht erreicht werden kann, fehlen aber noch. Ohne massive Einschränkungen gerade auf den entwickelten Märkten USA und Europa wird der Luftverkehr seinen Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaziele nicht leisten können. Derartige Einschränkungen können allerdings nur gegen den massiven Widerstand der Konzerne und der ihnen hörigen Politiker durchgesetzt werden.
31.10.2020
Einen Stopp wollte Fraport nicht verkünden, aber auf die Bremse treten müssen sie doch: Fraport-Chef Schulte lässt
über die FAZ wissen, dass er die Fertigstellung von Terminal 3 ins Jahr 2025 verschieben will. Auch der Flugsteig G, der noch vor zwei Jahren in einem
juristisch fragwürdigen Verfahren speziell für Ryanair und andere Billigflieger vorgezogen wurde, hat jetzt keine Eile mehr.
Im
Hintergrundinterview erläutert Schulte, dass er davon ausgeht, dass erst 2025 wieder das Vorkrisenniveau erreicht werde und daher eine Inbetriebnahme von T3 vor 2026 nicht notwendig sei. Im Notfall könnte der Billigflugsteig G allerdings doch früher in Betrieb gehen.
In Berlin dagegen geht, knapp
ein Jahrzehnt später als anfangs geplant, der
mit vielen Skandalen belastete
Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (IATA-Code: BER) nun tatsächlich
in Betrieb.
Damit bleibt dieses Bauprojekt bis zum (vorläufigen) Abschluss ein Sinnbild der Unfähigkeit der herrschenden Politik, Entscheidungen auf rationaler Grundlage und im Interesse der Mehrheit der Betroffenen zu treffen. Von Anfang an an der am wenigsten geeigneten Stelle geplant, immer wieder mit irrationalen Anforderungen überfrachtet und umgeplant, grandios überteuert, mit juristisch zweifelhaften Mitteln gegen alle Widerstände durchgeprügelt, wird es zu einer Zeit abgeschlossen, wo zwei globale Krisen überdeutlich machen, wie sehr es aus der Zeit gefallen ist. Durch die Coronakrise ist der Bedarf an Flugreisen drastisch reduziert, und die Zuspitzung der Klimakrise macht deutlich, dass das Wachstum des Luftverkehrs, für das dieses Projekt ausgelegt ist, nicht stattfinden darf. Da spielt es fast schon keine Rolle mehr, dass dieser Flughafen auch in Zukunft
massenhaft Steuergelder vergeuden wird.
Für den Frankfurter Flughafen kann man daraus lernen, dass Verzögerungen, wie jetzt bei Terminal 3, kein Grund zum Feiern sind. Auch die Nordwestbahn ist Jahre später als geplant fertig geworden, aber der Ausbauwahn wurde dadurch nicht gebrochen. Und BER zeigt überdeutlich, dass sich die Kräfte, die die Expansion des Luftverkehrs weitertreiben wollen, auch von massivsten Schwierigkeiten und wirtschaftlichen Verlusten (für die öffentliche Hand) nicht bremsen lassen. Ein Gewinn wäre die Verzögerung nur, wenn die zusätzliche Zeit genutzt werden könnte, den Widerstand gegen dieses Projekt besser zu organisieren. Ansonsten führt sie nur dazu, dass die Situation weniger schnell unerträglicher wird - und man muss schon sehr bescheiden geworden sein, um das gut zu finden.
27.10.2020
Es war eins der wenigen umweltpolitischen Highlights im 2. Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung: "Aufbauend auf den Erfahrungen der NORAH-Studie wollen wir ... eine umfassende Untersuchung der Ultrafeinstaub-Belastung in der Rhein-Main-Region vornehmen." Fast zweieinhalb Jahre nach dieser Ankündigung kann man ziemlich sicher sein, dass daraus (wieder einmal) nicht viel Brauchbares werden wird.
Schon die vorbereitende Expertenanhörung, die vor einem Jahr durchgeführt wurde, hatte das ungute Gefühl hinterlassen, dass die wirklich entscheidenden Fragen garnicht geklärt werden sollten. Inzwischen hat der Konvent des Forum Flughafen und Region, das im Auftrag des Landes dieses Projekt durchführen soll, die Ausschreibung für das erste Teilprojekt beschlossen, und sie liefert weitere Indizien, dass die Befürchtungen nur allzu berechtigt sind. (Der Text ist nicht veröffentlicht, aber angeblich beim FFR auf Anfrage verfügbar).
Das Projekt soll aus drei Teilprojekten bestehen. Im ersten wird das 'Studiendesign' entwickelt, d.h. ein Konzept ausgearbeitet, was und wie in den beiden anderen Teilprojekten untersucht werden soll. Im zweiten Teilprojekt sollen die Belastungen erfasst werden, denen die Menschen im Umfeld des Flughafens durch Ultrafeinstaub ausgesetzt sind, d.h. es muss gemessen und (vor allem) modelliert werden, wo und wann wieviel und welche Art von Ultrafeinen Partikeln (UFP) vorhanden sind. Das dritte Teilprojekt soll erforschen, welche gesundheitlichen Folgen diese Belastungen für die Menschen haben. Soweit, so plausibel.
Aber natürlich darf nicht jede/r mitreden darüber, was erforscht werden soll, oder Ideen einbringen, wie das zu machen wäre. Vielmehr hat das FFR im Anhang besagter Ausschreibung klare Vorgaben gemacht, was da alles hineingepackt werden soll, und dabei die Inhalte des Teilvorhabens 2, der Belastungsstudie, weitgehend vorweggenommen. Und genau da liegt das Problem.
Es soll eine "eine vertiefte Betrachtung von UFP hinsichtlich sämtlicher möglicher Quellen, Eigenschaften und Mengen sowohl emissionsseitig als auch immissionsseitig" erfolgen, zwar mit Schwerpunkt "auf dem Betrieb des Flughafens Frankfurt (Boden und Luft)", aber auch "wichtige weitere Quellen, insb. der Kfz-Verkehr, Industrieanlagen u.a." sollen erfasst werden. Aber eine Schadstoffklasse allein ist natürlich zuwenig: "Um einer einseitigen Fokussierung auf UFP vorzubeugen ...", "... sind weitere relevante Messgrößen mit Bedeutung für das 3. Teilvorhaben zu erfassen".
Das klingt alles ganz toll und gründlich, und wenn unbegrenzte Mittel für das Vorhaben zur Verfügung stünden, wäre auch nichts dagegen zu sagen. In der Praxis wird es allerdings darauf hinaus laufen, dass eine Konzentration auf die entscheidenden offenen Fragen vermieden wird und aufwändigere Untersuchungen zu deren Klärung nicht möglich sein werden. Dass sie auch nicht gewünscht werden, macht die folgende detaillierte Liste der Projektinhalte deutlich.
Von den 14 Unterpunkten beschäftigen sich nur 3 explizit mit dem Flughafen, wobei eine "Differenzierung zwischen Boden- und Luftverkehr" erfolgen und "unterschiedliche Triebwerke, deren Betriebszustände und verwendete Kraftstoffe" betrachtet werden sollen, und letztendlich ist auch "zu klären, wie weit sich UFP vom Flughafen (auch unter Berücksichtigung/dem Einfluss von meteorologischen Parametern bzw. dem physikalischen Zustand der Atmosphäre) in das Umland ausbreiten und bis zu welcher Flughöhe UFP-Emissionen von startenden und landenden Luftfahrzeugen für Immissionen auf Bodenniveau relevant bzw. nachweisbar sind". Damit wird auch hier die Prämisse aufrecht erhalten, dass die wesentlichen UFP-Belastungen durch den Flugverkehr vom Flughafen selbst ausgehen und der Flugbetrieb in der Region, wenn überhaupt, bestenfalls eine Nebenrolle spielt.
Und das steht auch noch gleichgewichtig neben Aufgaben wie "die typische Belastung in Innenräumen (getrennt mindestens nach Wohn- und Arbeitsräumen) zu berücksichtigen" - ein Forschungsbereich, in dem bereits
große Projekte durchgeführt wurden, in dem aber immer noch
wesentliche Fragen offen sind. Mit solchen Themen kann man hervorragend Ressourcen verbrauchen, die sonst vielleicht für kritische Fragestellungen benutzt werden müssten.
Was diese kritischen Fragestellungen sein müssten, ist bei den bisher am Flughafen Frankfurt durchgeführten Projekten überdeutlich geworden. Schon beim UBA-Projekt "Einfluss eines Großflughafens auf zeitliche und räumliche Verteilungen der Außenluftkonzentrationen von Ultrafeinstaub ..." haben sich die frühzeitig geäusserten Befürchtungen, dass das Ignorieren der startenden und besonders der landenden Flugzeuge als Emissionsquelle und die für ultrafeine Partikel völlig ungeeignete Modellierung brauchbare Ergebnisse verhindern würden, in vollem Umfang bestätigt (wohl deswegen gibt es bis heute keinen Abschlussbericht für dieses Projekt). Auch ein EU-Projekt, das Mitte letzten Jahres begonnen wurde, sich mit ganz ähnlichen Themenstellungen beschäftigt und mit Janicke Consulting die gleichen Modellierungs-Spezialisten beschäftigt, hat bis heute kein einziges Ergebnis vorgelegt - aber das kann natürlich auch Pandemie-bedingt sein.
Auch die
Messungen des HLNUG am Frankfurter Flughafen weisen in die gleiche Richtung. Inzwischen liegt auch der
3. Bericht vor, und auch darin gibt es wieder eine Reihe interessanter Details, versteckt hinter der hartnäckigen Weigerung, die offenkundigen Schlussfolgerungen auch wirklich zu formulieren. So wird schon in der Einleitung festgestellt, "auch bis in eine Entfernung von ca. 11 km spiegelt sich der Einfluss des Flugbetriebs in den UFP-Konzentrationen wider". Warum das aber so ist, bleibt völlig unklar, denn gleichzeitig wird an dem Dogma festgehalten, dass nur "... Landeanflüge bei niedrigen Flughöhen (bis ca. 400 m) einen Beitrag zur UFP-Konzentration leisten können", aber in dieser Höhe fliegt dort nichts. Auch wird erstmalig festgestellt, dass an der Meßstation Raunheim auch Partikel "aus Richtung der niedrigen Landeanflüge auf die Landebahn Nordwest" (S.13) gemessen werden können, aber für die Meßstation Schwanheim werden solche Einflüsse nicht weiter betrachtet. Der Schritt, die gemessenen Anzahlkonzentrationen nicht nur mit der Windrichtung, sondern auch mit der tatsächlich geflogenen Betriebsrichtung und mit einzelnen Überflügen zu korrelieren, wird ängstlich vermieden.
Dass man das tun kann, zeigt eine statistische Analyse der HLNUG-Daten für die Station Raunheim von 2015 bis 2017, die an der Hochschule Rüsselsheim durchgeführt wurde. Zwar wurde auch hier mit Halbstunden-Mitteln der Partikelanzahl-Konzentration gearbeitet, so dass einzelne Überflüge nicht zu erkennen sind, trotzdem gibt es ein deutliches Ergebnis: "Die statistische Auswertung der Gesamtheit aller Daten zeigt ... einen Zusammenhang zwischen Konzentrationsmittelwerten und Überfluganzahl. Statistisch ergibt sich eine Zunahme von ca. 1.100 Partikeln pro cm3 pro zusätzlichem Überflug ...".
Warum aber werden die Schlussfolgerungen, die einem aus den Meßergebnissen geradezu entgegenschreien und die international längst akzeptiert sind, so hartnäckig geleugnet? Das wird klar, wenn man sich betrachtet, wer die hartnäckigsten Leugner sind, die zugleich auch im FFR den größten Einfluss haben: die Luftverkehrswirtschaft, allen voran Fraport. Die hatte sich von Anfang an geweigert, selbst die Ultrafeinstaubbelastung am Flughafen zu messen, weil sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet war, und versucht, die HLNUG-Messungen, als sie endlich stattfanden, herunterzuspielen. Zu guter Letzt haben sie dann noch eine völlig absurde Argumentation verbreitet, um den Einfluss der Überflüge zu verschleiern. Und auch, wenn hier aktuell Funkstille herrscht (der 'Lufthygienische Jahresbericht 2019' ist seit Monaten überfällig), machen sie im Hintergrund genug Druck, damit solche Projekte ihre Behauptungen nicht mehr als absolut nötig gefährden können.
Zynisch könnte man also sagen, dass Luftverkehrswirtschaft und Landesregierung tatsächlich auch diese Studie "aufbauend auf den Erfahrungen der NORAH-Studie ..." durchführen werden, denn auch dort
wurde versucht, die Studie von vorneherein so anzulegen, dass möglichst keine kritischen Ergebnisse herauskommen können. Auch hier könnte es allerdings so sein, dass dennoch einige Fragestellungen wissenschaftlich seriös abgearbeitet werden und Ergebnisse produzieren, die das Thema wirklich voran bringen. Zuviel Hoffnung darf man darauf allerdings nicht haben. Die beiden entscheidenden Fragestellungen, um die tatsächliche Belastung durch den Flugverkehr zu klären, nämlich "Wie und wo kommen die Emissionen der überfliegenden Flugzeuge am Boden an?" und "Wie lässt sich die Ausbreitung ultrafeiner Partikel aus dem Flugbetrieb sinnvoll modellieren?", sind so komplex, dass sie wohl kaum als Nebenprodukt eines im Kern falsch konzipierten Projekts gelöst werden können.
Um hier wirklich voran zu kommen, brauchte man sowohl in der Landesregierung und ihren nachgeordneten Institutionen als auch im Management der beteiligten Konzerne Expert*innen, die sich dem öffentlichen Interesse verpflichtet fühlen, als auch eine informierte Öffentlichkeit, die solche Projekte kritisch begleiten und auf Fehlentwicklungen rechtzeitig aufmerksam machen könnte. An beidem besteht aktuell ein gravierender Mangel.
09.10.2020
Die Corona-bedingte Krise der Luftverkehrswirtschaft dauert an und wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch eine Weile weiter wirken. Während frühe Szenarien eine schnelle Rückkehr zum Vor-COVID19-Niveau nicht ausschlossen, gehen inzwischen alle Prognosen von mehreren Jahren mit reduziertem Passagier-Flugverkehr aus. EUROCONTROL hat seine Vorhersage für das kommende Jahr gerade drastisch nach unten korrigiert, die DFS legt eine eigene, ähnlich skeptisch Prognose vor, und Fraport präsentiert der Fluglärmkommission neben aktuellen Zahlen (die genauer in ihrem Monatsbericht zu finden sind) Ausblicke, wie sie auch von der Lobbyorganisation BDL vorgelegt wurden.
Natürlich bleibt es nicht bei der bloßen Beschreibung der Lage, und selbst die meist sehr konzern-freundliche FAZ stellt fest, dass
der Ton rauer wird. Das Lufthansa-Management
hatte es vorgemacht: trotz schlechter Ausgangslage ging es mit Maximalforderungen in die Verhandlungen um Subventionen - und hat sich
weitgehend durchgesetzt. Soziale oder Umweltauflagen gab es nicht, Entlassungen werden
in großem Stil geplant, der Schwerpunkt des Wiederaufbaus liegt auf "der touristischen Kurzstrecke", und die neuen
staatlichen Vertreter im Aufsichtsrat hat der LH-Vorstand gemäß seinen eigenen Interessen
selbst ausgesucht. Und während hierzulande in großem Stil öffentliche Gelder kassiert werden, werden Steuern weiterhin lieber
in Steueroasen gezahlt.
Obwohl der Lufthansa-Deal inzwischen bei fortschrittlichen Ökonomen als gutes Beispiel dafür dient, wie
man es nicht machen sollte, ist nicht zu erwarten, dass künftig bei ähnlich gelagerten Fällen
aus Fehlern gelernt würde. In anderen Fällen, in denen der Staat etwas mutiger war und seine Subventionen mit Auflagen (wenn auch von
sehr begrenzter Wirkung) verbunden hat, wie Frankreich bei Air France/KLM,
wehren sich die Airlines heftig, und die Politiker weichen prompt zurück.
Genau darauf setzt die Luftverkehrswirtschaft. Zwar gibt es einige unumgängliche Anpassungen an die neuen Bedingungen wie eine Verkleinerung der aktiven Flugzeug-Flotten, aber die Maßnahmen sind natürlich ausschließlich betriebswirtschaftlich optimiert. So werden insbesondere die großen, vierstrahligen FLugzeuge ausgemustert, weil jede Airline für sich derzeit kleineres Fluggerät besser auslasten kann. Dass der Gesamtbedarf an Transportleistung auf einer bestimmten Strecke unter Umständen mit großem Gerät ökologisch effizienter befriedigt werden könnte, spielt dabei natürlich keine Rolle.
Hauptsächlich aber sollen nach den Vorstellungen des BDL und anderer Lobbyisten noch mehr Subventionen dafür sorgen, dass alles bald wieder so wird, wie es früher war. Die Personalkosten von Flughäfen und Airlines sollen noch jahrelang via Kurzarbeitergeld von der öffentlichen Hand getragen werden, und Zuschüsse und billige Kredite, verniedlichend "Finanzierungsbrücken" genannt, sollen weiterhin in großem Umfang fliessen. Letztere zahle ja garnicht der Steuerzahler, sondern laut BDL lasse sich die öffentliche Hand "diese sehr lukrativ zurückerstatten". Wenn das wahr wäre, fragt man sich, warum private Geldgeber sich dieses Geschäft entgehen lassen. Kapital, das Anlagemöglichkeiten sucht, gibt es ja wahrhaft genug. Zu den Konditionen, die Staat und KfW der Lufthansa geboten haben, fliesst aus diesen Quellen allerdings kein Cent.
Aber nicht nur Profitgier, auch Unverantwortlichkeit kennzeichnet die Vorgehensweise der Luftverkehrswirtschaft. So zielt der Hauptstoss der aktuellen Lobbyarbeit insbesondere darauf, doch endlich die "staatlichen Blockaden" zu beseitigen, die die wirtschaftlichen Aktivitäten unnötig lähmen. Gemeint sind damit insbesondere die Reisebeschränkungen und -warnungen, die den Menschen die Lust am Fliegen verleiden, aber auch die Test- und Quarantäne-Vorschriften, die das Reisen so unbequem machen.
Im Wortlaut: "Wenn wir wollen, dass der Luftverkehr sich wieder selber finanzieren kann, müssen die Blockaden enden. Eine Nachfrage ist da. Deswegen müssen wir weiter daran arbeiten, Reisebeschränkungen aufzuheben und gesundheitlich verantwortbare Alternativen für die derzeitigen blockierenden Regeln finden". Wer allerdings glaubt, dass der BDL tatsächlich "verantwortbare Alternativen" zu bieten hätte, wird unmittelbar darauf enttäuscht: "Bereits im April hat die Luftverkehrswirtschaft Maßnahmen entlang der gesamten Reisekette mit den Behörden in Bund und Ländern etabliert, um gesundheitlich sicheres Fliegen zu gewährleisten."
Gewirkt haben sie nicht.
Aktuelle Zahlen aus der letzten Urlaubssaison zeigen
in Einzelfällen, in
Flughafen-Statistiken und in der
Infektionsstatistik insgesamt, was man schon
seit Jahren wissen konnte und was durch
neuere Studien bestätigt wird: Wenn man die Ausbreitung einer Pandemie eindämmen will, dann muss man den Reiseverkehr, insbesondere den Flugreiseverkehr, einschränken.
BDL, Lufthansa und andere setzen dagegen
auf Schnelltests, die Passagieren ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln und Behörden dazu veranlassen sollen, insbesondere profitträchtige Transatlantikflüge wieder ohne Auflagen zu genehmigen. Dass diese Schnelltests
umstritten sind und "in der Patientendiagnostik und bei Reiserückkehrern ... nichts verloren" haben, stört sie wohl nicht weiter.
Woran die Luftfahrtindustrie stattdessen arbeiten müsste, um einen
nachhaltigen Neustart in eine "neue Normalität" zu erreichen, verdeutlicht ein
neues Strategiepapier des ICCT, das skizziert, mit welchen Maßnahmen der Transportsektor insgesamt bis 2050 ein Emissionsniveau erreichen könnte, das mit den international vereinbarten Klimazielen halbwegs verträglich ist. Im Vergleich zu dem, was die deutsche Luftfahrtindustrie von sich gibt, liest sich schon diese Studie wie ein Papier aus einer anderen Welt. Tatsächlich ist das Problem aber noch größer, wenn man sich nicht nur auf Treibhausgase beschränkt, sondern auch andere Klimawirkungen des Luftverkehrs miteinbezieht, wie Beiträge von
der DLR bis
RolandBerger belegen.
Die Luftverkehrswirtschaft dagegen ist weltweit dabei, ihre Klimaziele zu demontieren. So hat der ICAO-Rat bereits im Juni beschlossen, das ohnehin schon
weitgehend wirkungslose Kompensationssystem CORSIA endgültig zu kastrieren, indem als Emissions-Bezugsjahr nicht mehr die Periode 2019/2020, sondern nur 2019 (mit deutlich höheren Emissionen, die dann auch künftig 'kostenlos' sind) zugrunde gelegt wird. Das hat den Effekt, dass bis zum Jahr 2027 vermutlich
praktisch keine Kompensations-Zertifikate benötigt werden. Zwar werden aktuell vorwiegend wenig effiziente Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen, aber von einer notwendigen schnellen Umrüstung auf klimaschonenderes Fliegen ist nichts zu sehen. Ohnehin stehen die meisten dafür benötigten Technologien überwiegend
nur auf dem Papier, während nach wie vor viel Forschungs- und Entwicklungsaufwand für
neue Überschallflugzeuge betrieben wird.
Widerstand dagegen gibt es kaum. Zwar ist die Klimabewegung weltweit und auch hierzulande endlich wieder
auf der Straße, aber die
Schwerpunktthemen sind überwiegend andere. Die Diskussion darüber, wie der Luftverkehr
nachhaltig umzubauen wäre, ist deutlich unterentwickelt.
Auch die Fluglärmkommission müht sich mit diesem Thema ab. Sie hat in ihrer letzten Sitzung "mit großer Mehrheit" ein
Thesenpapier ihres Vorsitzenden, Thomas Jühe, verabschiedet, das in sechs Thesen aufzeigt, wie eine solche Diskussion institutionell angelegt werden könnte.
Unstrittig dürfte These 1 sein: "Das Eingreifen der Politik in die Belange des Luftverkehrs ist historisch etabliert und akzeptiert", auch wenn man durchaus einen anderen Blick auf die Historie haben kann. Auch These 2, "Das Eingreifen der Politik zur Rettung von privatwirtschaftlichen Unternehmen verpflichtet zugleich zur Herstellung eines allgemeinen Nutzens" ist mit Blick auf das Grundgesetz, Art. 14(2) "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen" eher zurückhaltend formuliert.
Problematisch wird es mit These 3: "Erhöhte Chancen für eine verantwortungsorientierte Neuausrichtung des
Luftverkehrs unter Einbeziehung des Klima- und Umweltschutzes durch die Krisensituation". Sie wird, etwas platt formuliert, damit begründet, dass es politisch einfacher ist, ein kaputtes System anders wieder aufzubauen, als in ein intaktes, profitables System einzugreifen. Das geht etwas zu einfach darüber hinweg, wer welche Interessen mit dem Wiederaufbau verbindet und wer wieviel Macht hat. These 4 ist demgegenüber geradezu trivial. "Viele Anregungen zur Neuausrichtung des Luftverkehrs erleichtern die Ideenfindung" - an Ideen mangelt es wahrhaftig nicht.
Knackpunkt aber sind die These 5: "Nur die Politik kann erfolgreich zwischen den Interessen der Luftverkehrswirtschaft und der Umweltverbände moderieren/steuern und damit zu einem abgewogenen und stabilen Ergebnis für die Neustrukturierung des Luftverkehrs beitragen", was in einem "Arbeitskreis „Perspektiven für einen klima- und umweltverträglichen sowie wirtschaftlich prosperierenden Luftverkehr in Deutschland“", in dem "Wirtschafts- und Umweltinteressen paritätisch berücksichtigt sind", geschehen soll; und These 6: "Festlegungen zu Inhalten und Aufgabenstellungen durch Mindestanforderungen an die Arbeitsgruppe schaffen Verbindlichkeit und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen", die mit 17 überwiegend bekannten Inhalten konkretisiert ist.
Wer sich hier an die Mediation zum Ausbau des Flughafens oder, aktueller, an die Expertengruppen zu 'Stuttgart 21' oder zum "Kohlekompromiss" erinnert fühlt, liegt durchaus richtig. Auch dort durften sich Arbeitsgruppen an langen Listen inhaltlicher Fragen abarbeiten, um dann ein Ergebnis zu verkünden, das als "breiter Kompromiss" verkauft werden konnte.
Allerdings hat "die Politik" in Form von Bundes- und Landesregierungen weder hier noch da neutral moderiert/gesteuert, sondern massiv Wirtschaftsinteressen vertreten und die beteiligten Verbände
über den Tisch gezogen. Betrachtet man die oben beschriebene aktuelle Politik, kann man sicher sein, dass der FLK-Ansatz ein ähnliches Ergebnis bringen würde.
Versuche, die politische Auseinandersetzung darüber, wie der Luftverkehr der Zukunft aussehen kann und darf, in ein abgehobenes Expertengremium zu verlagern, das lange vor sich hin tagt, während in der Realität täglich neue Fakten geschaffen werden, sind grundsätzlich untauglich. Vergleichbar hätte die
Anti-Atom-Bewegung versuchen können, den
Atomausstieg in Arbeitskreisen mit den Energiekonzernen durchzusetzen. Politik wird nicht in Expertengruppen festgelegt. Die können höchstens die konkrete Umsetzung politisch mehrheitsfähiger Entscheidungen ausarbeiten und Details festlegen. Was mehrheitsfähige Politiken sind, kann aber in einer Demokratie nur aufgrund breiter zivilgesellschaftlicher Diskussion und Auseinandersetzung entschieden werden.
Dafür müssten zunächst ein paar Grundfragen geklärt werden, z.B.
Die grosse Mehrheit der Befragten (über 70%) wünscht sich eine staatliche Beteiligung bei Lufthansa - was damit bewirkt werden sollte, wurde nicht gefragt.
02.05.2020
Der Passagier-Flugverkehr ist in den letzten Wochen weltweit drastisch zurückgegangen. Nach Angaben der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation IATA hat er im März
um fast 53% im Vergleich zum Vorjahr abgenommen und hat sich seither weiterhin deutlich nach unten entwickelt. Für Europa betrug der Rückgang nach
Angaben von EUROCONTROL am 27. April knapp 87%. (Interessantes Detail: der Flughafen mit den meisten Bewegungen in Europa (230 pro Tag) ist derzeit Frankfurt, vor London Heathrow (177) und Amsterdam Schiphol (164).)
Bereits Anfang April hatte Greenpeace ein internes Strategiepapier der Luftfahrtindustrie
bekannt gemacht, in dem je nach Region angepasste Strategien beschrieben sind, nach denen Lobbyarbeit für Subventionen und andere Staatshilfen, Abbau von Umweltsteuern und andern Steuerungsinstrumenten und ein generelles Zurückrollen von Umweltauflagen gemacht werden soll. Das hatte zu diesem Zeitpunkt bereits
teilweise Erfolg, insbesondere in den USA und Asien. In Europa fordern Airlines nach einer
Analyse von Umweltorganisationen rund 26 Milliarden Euro Staatshilfe, knapp die Hälfte davon ist bereits bewilligt.
Trotzdem legen IATA und der Dachverband der Flughäfen ACI mit einer
gemeinsamen Erklärung
noch einmal kräftig nach. Gefordert werden darin, da öffentlich besser vertretbar, hauptsächlich Steuererleichterungen und Subventionen. Das umweltpolitische Rollback wird bevorzugt hinter verschlossenen Türen diskutiert.
In Deutschland stehen die Staatshilfen für die
kriselnde Lufthansa im Mittelpunkt der Diskussion. LH-Chef Spohr wird mit der Aussage gegenüber der Belegschaft zitiert, "dass das Unternehmen die Krise nur mit staatlicher Unterstützung überstehen werde". Darum, wie diese Unterstützung aussehen soll, wird allerdings hart gefeilscht.
Nach Presseberichten bietet die Bundesregierung ein Hilfspaket im Umfang von ca. 10 Mrd. Euro, verlangt dafür aber u.a. eine Beteiligung am Unternehmen mit Sperrminorität und zwei Sitze im Aufsichtsrat. Der LH-Vorstand möchte lediglich eine 'stille Beteiligung' des Bundes ohne Einfluss auf die Geschäftspolitik und droht alternativ mit dem Gang in die Insolvenz. Das brächte zwar einen gewissen Image-Schaden, aber dafür umfangreiche Kostenentlastungen zulasten der Belegschaften und der Geschäftspartner, und Staatsgelder gäbe es trotzdem.
Die Gewerkschaften unterstützen die Forderungen nach staatlicher Hilfe für die
Luftfahrtindustrie insgesamt. In einem 'Offenen Brief' "von ver.di und Vereinigung Cockpit stellen Betriebsräte und Personalvertretungen der gesamten Luftverkehrsbranche klare Forderungen für die über 300.000 Beschäftigten der Luftverkehrsbranche auf." Auch die Forderungen der Lufthansa finden Unterstützung in einem weiteren
Gemeinsamen Brief, werden allerdings an die Bedingung klarer sozialer Kriterien zum Erhalt der Arbeitsplätze und der tariflichen Errungenschaften geknüpft. Die Piloten-'Vereinigung Cockpit' geht allerdings aus Angst vor dem Verlust der üppigen Altersabsicherungen der Piloten inzwischen soweit, einen zeitlich begrenzten, aber deutlichen
Gehaltsverzicht anzubieten.
Von den Bundestags-Fraktionen kommt überwiegend (mindestens verbale) Unterstützung für die Gewerkschaftsforderungen. Lediglich Bündnis 90/Die Grünen fordern in einer
Pressemitteilung darüber hinaus auch noch "eine neue Unternehmensstrategie, die im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem 1,5-Grad-Ziel steht". Selbst die SPD-Umweltministerin
erklärt ausgerechnet zur Eröffnung des sog.
Petersberger Klimadialog der Bundesregierung, eine Verknüpfung staatlicher Hilfen mit Forderungen nach mehr Klimaschutz sei erst "nach der Krise" sinnvoll und möglich.
Umweltverbände sehen das überwiegend anders. Weit über 300 Organisationen unterstützen im Rahmen der
Kampagne #SavePeopleNotPlanes eine
Petition, die sowohl die unmittelbare Unterstützung der Beschäftigten als auch die sofortige Orientierung aller Zahlungen an Klimaschutzzielen fordert. Der BUND formuliert in einer
Pressemitteilung: "Bereits jetzt in der Krise müssen nachhaltige, klimafreundliche Maßnahmen eingeführt werden, die der Transformation im Luftverkehrssektor dienen. Nach einem Wiederankurbeln des Luftverkehrs ist es zu spät". Die gleichzeitig vorgelegte
Broschüre enthält allerdings keine konkreten Forderungen an Hilfeempfänger wie die Lufthansa, sondern fasst bestehende Forderungen an eine neue Luftverkehrsstrategie aktuell zusammen.
Ganz ähnlich auch die
Pressemitteilung und das
Positionspapier der 'Bundesvereinigung gegen Fluglärm'. Letzteres enthält aber auch die überraschende Forderung: "Die nationalen Regierungen sollen die Krise nutzen, um eine weitere Marktbereinigung und Konsolidierung des Luftverkehrsmarkts zu forcieren. Dies sollte einher gehen mit dem Aufbau einer europäischen, global konkurrenzfähigen Fluggesellschaft, deren Fundament die Lufthansa sein könnte".
Ein bisschen konkreter wird es bei der Klimabewegung. So findet man in einem Beitrag auf der Online-Plattform klimareporter° neben den sozialen Forderungen der Gewerkschaften und den ökonomischen Instrumenten noch zwei weitere Hinweise. So solle "der Luftverkehrssektor selbst auch finanziell zur Entwicklung des elektrischen Fliegens und klimaneutraler Kraftstoffe beitragen", also seine nachhaltige Entwicklung selber finanzieren. Vor allem aber "sollte die Lufthansa in den kommenden Jahren keine eigenen Aktien zurückkaufen oder Dividenden zahlen dürfen. Auf diese Weise kann dem Unternehmen selbst und seinen Mitarbeitern geholfen werden, ohne dass die Aktionäre in dieser Krisensituation bevorteilt würden". Hier kommt zumindest ansatzweise in den Blick, was die Lufthansa eigentlich ist und um was es bei der Rettung (auch?) geht.
Die Lufthansa wird gerne als deutscher "Flag Carrier" und "ein Aushängeschild Deutschlands" beschrieben, und tatsächlich ist der Luftverkehrssektor in Europa entgegen allem Anschein noch recht nationalistisch organisiert. Um eine deutsche Betriebsgenehmigung zu erhalten, muss eine Airline mehrheitlich in 'deutschem Besitz' sein, d.h. die Anteilseigner müssen mehrheitlich einen Geschäftssitz in Deutschland haben. Deshalb weist die Lufthansa in der Darstellung ihrer Aktionärsstruktur regelmäßig darauf hin, dass sie diese Bedingung erfüllt. Weiterhin ist die Lufthansa Group das grösste Luftfahrtunternehmen Europas und dominiert den Markt in den deutschsprachigen Ländern D, A, CH eindeutig und ist damit "für Deutschland von großer strategischer Bedeutung".
Andererseits ist sie seit 1997 vollständig privatisiert und seither, wie viele andere Airlines auch, in ihrer Geschäftspolitik in erster Linie den Interessen ihrer Anteilseigner verpflichtet. Sie ist aber auch Investitions- und Spekulationsobjekt privater Anleger, mit allen negativen Konsequenzen. So
berichtet der SPIEGEL 2016 "Spekulanten haben nie zuvor so aggressiv auf einen Kursverfall der Fluggesellschaft gewettet wie in den vergangenen Wochen", vergisst dabei aber zu erwähnen, dass einer der aggressivsten Angreifer zugleich einer der grössten Aktionäre der Lufthansa war: der verharmlosend 'Vermögensverwalter' genannte Finanzinvestor Blackrock. Genau dasselbe
passiert gerade wieder. Was das für Unternehmen und Belegschaften bedeutet, findet man zwar nicht in den
Anekdötchen der Wirtschaftspresse, aber in
soliden Hintergrundanalysen. Danach sind Unternehmen "für Blackrock & Co. nur die Basis für Spekulationen. Und wenn Spekulationen mit Aktien mehr einbringen als das Halten der Aktien und das jährliche Warten auf die Dividendenausschüttung, dann gehen die Investitionen eben lieber in die Spekulation" und ruinieren dabei zur Not auch die Unternehmen, an denen sie Aktien halten.
Mit solchen und anderen Methoden schaffen es die Superreichen diesmal offensichtlich, ihre eigenen Vermögen weitgehend zu sichern und die Krisenlasten
wesentlich schneller auf den Rest der Bevölkerung abzuwälzen, als das bei der Finanzkrise der Fall war.
Wenn man also die aktuelle Krise tatsächlich dazu nutzen will, den Luftverkehrssektor in Europa nachhaltig umzubauen, dann genügt es dafür keineswegs, die Lufthansa in eine "europäische, global konkurrenzfähige Fluggesellschaft" umzubauen. Das ist sie heute schon, aber "globale Konkurrenzfähigkeit" im heutigen Sinn kann in einer nachhaltigen Welt kein Kriterium mehr sein. Um uns selbst zu zitieren: "das System braucht drastische Veränderungen, weg von der neoliberalen Wettbewerbs-Idiotie, hin zu einer optimalen Organisation der unverzichtbaren Transporte. Dabei werden Airlines verschwinden müssen, Arbeitsplätze abgebaut werden, weniger Flüge stattfinden. All das muss sozialverträglich organisiert werden, genauso wie das Verschwinden des Kohlebergbaus, der Nutzung fossiler Brennstoffe insgesamt, und etliche andere Transformationen zur Begrenzung des Klimawandels auch".
Dazu wäre der erste Schritt, die Lufthansa vom Spekulationsobjekt von Finanzinvestoren wieder in ein solides Element der öffentlichen Daseinsvorsorge zu verwandeln und ihr Geschäftsmodell an den gesellschaftlichen und ökologischen Notwendigkeiten auszurichten.
Eine Verstaatlichung wäre dafür zwar Voraussetzung, reicht aber alleine keineswegs aus. Solange die Bundesregierung von einer Partei geleitet wird, deren eine Hälfte noch vor Kurzem den
Blackrock-Funktionär Merz zu ihrem Chef und Kanzler machen wollte bzw. will, spielt es im Grunde keine Rolle, welcher Art die Staatsbeteiligung ist und ob sie überhaupt existiert. Notwendig wäre zuerst eine grundlegende Neuorientierung der Politik, die tatsächlich die Lehren aus den aktuellen Krisen zieht und einen sozialökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft angeht. Davon ist derzeit allerdings nichts zu sehen.
Das Beispiel Fraport ist ein weiterer Beleg dafür. Hier braucht es keine neue Staatsbeteiligung. Land Hessen und Stadt Frankfurt halten bereits eine Mehrheit der Anteile, und im Aufsichtsrat haben beide zusammen mit den Gewerkschaftsvertretern eine satte Mehrheit. Und wie sieht dort die Krisenbewältigung aus?
Die ersten Maßnahmen waren
streng betriebswirtschaftlich orientiert, mit allen bereits vor einem Monat hier geschilderten Folgen. Und auch aktuell geht es mit Kostensenkungsmaßnahmen weiter, die alles andere als nachhaltig sind und nur Ballast abwerfen sollen. Und das auch, wenn es nur vergleichsweise vernachlässigbare Beträge sind: auch mit dem Verzicht auf 'Öko-Gedöns' und der
Auflösung des Umweltfonds ist Fraport eine Bürde los. Nachhaltig muss nach wie vor nur eins sein: der Profit.
Ein Vergleich der Daten des ESA-Satelliten Copernicus Sentinel-5P für die Monate März/April 2019 und 2020 zeigt einen Rückgang der Stickstoffdioxid-Konzentrationen in den europäischen Metropolen um etwa die Hälfte aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie.
(Bildmaterial: European Space Agency, esa.int; flightradar24.com)
22.04.2020
Der Zusammenhang zwischen den Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus und der Luftverschmutzung ist inzwischen sehr deutlich geworden. Der Stickstoffdioxid-Gehalt in der Luft über den europäischen Metropolregionen, der von einem Satelliten der Europäischen Weltraumagentur seit einigen Jahren direkt gemessen wird, hat sich im Vergleich mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres nahezu überall etwa halbiert. Auch für die Messungen am Boden berichtet z.B. das HLNUG für Hessen deutliche Rückgänge.
Um diesen Rückgang genauer auszuwerten und etwa Rückschlüsse zu ziehen, welche der nun deutlich reduzierten Emissionsquellen wieviel zu den jeweils gemessenen Immissionen beigetragen hat, ist es natürlich noch zu früh. Es wird umfangreichere Datensätze und aufwändige Modellrechnungen erfordern, zu verstehen, wie sich die Schadstoff-Konzentrationen und -Bewegungen in der Atmosphäre aufgrund der reduzierten Inputs verändert haben.
Auch für den umgekehrten Zusammenhang muss noch deutlich mehr geforscht werden. Zwar hat eine erste
Studie die Satellitendaten genutzt und festgestellt, dass bei hoher Schadstoffbelastung schwere Verläufe von COVID19 verstärkt auftreten, aber Korrelation bedeutet noch nicht Kausalität (es soll auch mal eine deutliche Beziehung zwischen der Zahl der Störche und der der Geburten im Land gegeben haben), und es gibt noch eine Menge anderer Parameter, deren Einfluss berücksichtigt werden müsste, ehe man eindeutig feststellen kann: schlechte Luft erhöht das Risiko, an einer Corona-Infektion zu sterben. Plausibel ist die Hypothese aber auf alle Fälle.
Aber auch wenn es schwierig ist, es wird immerhin geforscht. Das ist nicht selbstverständlich. Man kann auch, wie das unsägliche 'Forum Flughafen und Region', aus Angst vor unangenehmen Ergebnissen lieber nichts tun und das damit rechtfertigen, man wolle nicht die "positiven bzw. negativen Folgen [der Krise] gegeneinander" stellen und deswegen keine besonderen Auswertungen der gesammelten Meßdaten vornehmen. Da erübrigt sich wohl jeder Kommentar.
Noch schwieriger wird es, wenn man betrachtet, was man aus den Wirkungen der Corona-Krise für die Vermeidung der Klimakatastrophe lernen kann. Zwar ist auch der Ausstoss der Treibhausgase in vielen Bereichen deutlich zurück gegangen, in anderen aber
gestiegen, und globale Messwerte gibt es noch nicht. Erst recht nicht lässt sich abschätzen, welche Wirkungen möglich wären.
Nur in wenigen Fällen kann man vielleicht in absehbarer Zeit Ergebnisse erwarten, die ohne die derzeitigen Einschränkungen nicht zu erhalten wären. So
planen Wissenschaftler*innen der DLR, die aktuell drastisch reduzierte Zahl der Flugbewegungen zu nutzen, um zu klären, welchen Einfluss Kondensstreifen auf das Klima haben. Damit wäre eine wichtige Klimawirkung des Flugverkehrs, die heute noch oft bestritten oder kleingeredet wird, endlich eindeutig belegbar.
Lernen kann man aktuell wohl eher etwas aus dem Bereich der Politik. Schon frühzeitig hat ein
Kommentar darauf hingewiesen, dass die Menschheit auf die Klimakrise nicht so reagieren darf wie auf die Coronakrise: zunächst wegschauen, verharmlosen, schönreden,
unangenehme Schlussfolgerungen vermeiden. Erst mit einer hohen Zahl von Toten und dem Zusammenbruch der Gesundheitssysteme vor Augen galt dann plötzlich: "Nichts ist unmöglich - Corona". Die Zeitskalen, die für die Klimaentwicklung relevant sind, erlauben solche 'Last Minute'-Reaktionen nicht.
Dass diese Erkenntnis sich in den hiesigen Politik- und Wirtschafts-Eliten durchsetzen könnte, ist aber beliebig unwahrscheinlich. In der aktuellen Krise reagieren sie, als gäbe es die Bedrohung durch die Klimaveränderungen nicht oder als sei das etwas, um das man sich später kümmern kann. Das lässt sich gut am Beispiel Lufthansa zeigen.
Der Konzern selbst zeigt bei seinen Reaktionen auf die Coronakrise, wie auch sonst, keinerlei klimapolitische Verantwortung.
Bei den erzwungenen Reduktionen des Flugbetriebs bleiben ausgerechnet die besonders klimawirksamen und zugleich völlig überflüssigen innerdeutschen Flugverbindungen überproportional
erhalten bzw. werden bevorzugt wieder aufgenommen. Zugleich erfolgt die Lobbyarbeit für Staatshilfen in
besonders dreister Form gemäss den
strategischen Vorgaben der IATA.
Trotz einiger "Irritationen" folgt die Regierung im Wesentlichen diesem Kurs. Das Wirtschaftsministerium besteht darauf, alleine für die Verhandlungen mit Lufthansa zuständig zu sein. 'Sachfremde' Forderungen von seiten des Umwelt- oder des Sozial-Ministeriums haben da keinen Platz.
Anderslautende Appelle, selbst von Wissenschaftler*innen regierungsnaher Institutionen, haben natürlich auch keine Chance.
Man darf sich also keine Illusionen machen. Die Verbesserungen der Umwelt- und Gesundheits-Situation, die der derzeitige Ausnahmezustand mit sich bringt, sind für 'Politik' und 'Wirtschaft' irrelevant. Angestrebt wird die Rückkehr zu einer 'Normalität', die Umwelt und Klima ruiniert, die Menschen krank macht, aber die Profite der Reichen sichert. Wer dagegen etwas tun will und glaubt, dass 'eine andere Welt möglich' ist, wird sich durch die aktuelle Situation bestätigt sehen. Die verheerenden Begleiterscheinungen, die diese Situation mit sich bringt, werden den Kampf für diese andere Welt aber nicht einfacher machen.
02.04.2020
Corona-Zeiten: wir haben Anflug, aber trotzdem kann man über längere Zeiträume die Vögel zwitschern hören und sich draussen nahezu ungestört unterhalten. Die Zahl der täglichen Überflüge bei Ostwind hat sich gegenüber März 2019 drastisch verringert. Es ist nur kaum jemand draussen für eine Unterhaltung.
Auch die Luft wirkt sauberer und die Sicht besser. Satelliten-Aufnahmen zeigen, dass die Luftverschmutzung in den europäischen Zentren, auch im Rhein-Main-Gebiet, deutlich abgenommen hat. Aber viele Aktivitäten draussen, die davon profitieren würden, sind aktuell nicht möglich.
Es ist ein Blick auf das, was an Umweltbedingungen möglich wäre, wenn die Menschheit es fertig brächte, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten rational, auf das Wesentliche konzentriert und emissionsarm zu organisieren. Aber der Preis für diesen positiven Umwelt-Ausblick ist immens hoch, weil sich die sozialen Bedingungen dramatisch verschlechtern.
Menschen leiden unter der Infektionskrankheit Covid19, viele sterben. Zu der Angst vor der Krankheit kommt für viele die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, vor wirtschaftlichen Einbußen, vor dem Sturz ins Elend. Viele leiden unter der Isolation, den fehlenden sozialen Kontakten. Gemeinsames Lernen, Spielen und Sport treiben ist kaum noch möglich, Kommunikation findet nur noch virtuell statt.
Der Luftverkehr ist einer der Wirtschaftssektoren, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hart getroffen werden, und entsprechend schreien die dort aktiven Konzerne und Lobbygruppen lautstark nach staatlicher Hilfe. Bevor man aber diese Forderungen bewertet, sollte man das ganze Bild betrachten. Denn der Luftverkehr ist mindestens ebensosehr Täter wie Opfer. Er spielt eine wesentliche Rolle bei der schnellen globalen Ausbreitung von Pandemien wie der Coronavirus-Pandemie, hat aber keinerlei Vorbereitung dafür getroffen.
Vor über 15 Jahren veröffentlichte die Max-Planck-Gesellschaft eine
Studie, die die Ausbreitung der damaligen SARS-Epidemie untersuchte. Darin "konnten sie zeigen, dass sich die geographische Ausbreitung von Epidemien durch die Analyse der Passagierströme im internationalen Flugverkehr vorhersagen lässt".
Genauer "konnten die Göttinger Forscher nachweisen, dass große Knoten im Luftverkehrsnetz, wie London, New York und Frankfurt, für eine rapide weltweite Ausbreitung einer Epidemie verantwortlich sind, und das weitestgehend unabhängig vom Ort des ersten Auftretens eines Krankheitserregers". Und sie werden dann noch relativ konkret: "Wir konnten zeigen, dass der Versuch, eine Epidemie durch Isolation der zentralen Knoten einzudämmen, sehr vielversprechend ist, während ein Blockieren der stärksten Verbindungslinien praktisch kaum einen Effekt hat".
Im Klartext: Wenn eine Pandemie bevorsteht, sollte man als Erstes die globalen Hubs dichtmachen, um eine Ausbreitung zu verlangsamen. Natürlich verbreitet sich ein Virus trotzdem, weil es genügend andere Pfade gibt, aber eben wesentlich langsamer. Und das kann bekanntermaßen entscheidend sein.
In den folgenden Jahren wurden weitere Studien dieser Art gemacht und kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie wurden sogar hin und wieder von den Medien aufgegriffen, z.B. vom
Stern
oder vom
Spiegel, aber nicht von der Politik. Die geht in ihrem "Nationalen Pandemieplan" von 2007 ebenso wie 2017 davon aus, dass solche Aussagen 'umstritten' sind, und benutzt in ihrer "Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012" stattdessen ein Szenario von ergreifender Schlichtheit, in dem zwei 'Indexpatienten' aus Asien einfliegen und hier alles infizieren. (Alle Pandemieplan-Dokumente gibt es auf einer
Übersichtsseite des Robert-Koch-Instituts.)
Auch für die aktuelle Pandemie gab es frühzeitig
Modellrechnungen, die bessere Ergebnisse lieferten als die offiziellen Auswertungen der gemeldeten Fallzahlen, aber auch erst spät oder garnicht berücksichtigt wurden.
Man kann darüber spekulieren, warum Ergebnisse aufwändiger Modellrechnungen ignoriert werden und stattdessen Trivial-Szenarien herangezogen werden, um sich auf solche Fälle vorzubereiten. Naheliegend ist, dass die Schlussfolgerungen, zu denen die naturwissenschaftliche Betrachtung gelangt, wirtschaftspolitisch so unerwünscht sind, dass sie einfach nicht wahr sein dürfen. Es hätte allerdings für die heutige Situation auch keinen praktischen Unterschied gemacht, wenn die Autoren der Risikoanalyse 2012 das aufwändige Modellszenario des MPI berücksichtigt hätten, denn auch ihre Empfehlungen wurden
weitgehend ignoriert.
So wenig wie die Politik hat auch die Luftverkehrswirtschaft selbst auf diese Erkenntnisse reagiert. Insbesondere der Frankfurter Flughafen, der nach Modellrechnungen des MPI für Informatik
in der Spitzengruppe der Verbreiter-Flughäfen weltweit liegt, ignoriert dies völlig. Wie Fraport selbst Ende Februar in einer
Pressemeldung mitteilte, sind ihre "umfassenden Maßnahmen als Reaktion auf [das] Coronavirus" rein betriebswirtschaftlich bestimmt und dienen nur dazu, "die Kostenbasis zu senken und den Personaleinsatz an den geringeren Bedarf anzupassen". Knapp
einen Monat später wird es noch konkreter: "In den Terminals sind ... sukzessive Bereiche außer Betrieb gegangen, ... Flugsteige ... außer Betrieb, ... Gates temporär stillgelegt. Die verbliebenen Terminalbereiche werden entsprechend der Nachfrage bedarfsgerecht genutzt und ggf. weiter reduziert." Zweck des Ganzen: "Die Liquidität der Fraport AG ist nicht gefährdet."
Welche Auswirkungen das praktisch hat, wird in Berichten von Reisenden deutlich. Sie prangern mit drastischen Beschreibungen
fehlende Sicherheitsmaßnahmen und
Gedränge im Bus und an der Gepäckausgabe an. Fraports Antwort darauf (in Blog-G unter 341. zu finden): "Die Sicherheit unserer Passagiere & Mitarbeiter haben bei uns oberste Priorität. Deshalb arbeiten wir eng mit den zuständigen Gesundheitsbehörden (Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt & Hessisches Ministerium für Soziales und Integration) zusammen und erfüllen deren Anordnungen." Und tatsächlich lässt sich ein Sachgebietsleiter dieses Gesundheitsamtes in der FR
mit dem Satz zitieren: "Wenn Sie fünf Stunden im selben Flugzeug waren, fällt der Bustransfer nicht so stark ins Gewicht". Genausogut könnte man natürlich sagen: 'Wenn sie stundenlang im selben Supermarkt unterwegs waren, fällt das Gedrängel an der Kasse nicht ins Gewicht'. Medizinisch ist das völliger Unsinn, aber darauf kommt es nicht an. Das Frankfurter Gesundheitsamt achtet eben hauptsächlich darauf, dass seine Maßnahmen der Gesundheit der Wirtschaft nicht schaden.
Erst eine Woche später und nach weiterer
massiver Kritik erklärt Fraport zumindest, dass man das Gedrängel in den Bussen und an den Gepäckbändern reduzieren wolle, betont aber weiterhin, es gäbe ja "keine behördlichen Anordnungen". Typisch Fraport eben: was keinen Profit bringt, tun sie nur, wenn sie gezwungen werden. Von gesellschaftlicher Verantwortung keine Spur - weder im Management noch im Aufsichtsrat.
Was folgt nun daraus für die Beurteilung der Forderungen der Luftverkehrswirtschaft nach Subventionen? Hier ist natürlich zu unterscheiden zwischen dem, was jetzt kurzfristig passieren muss, um die aktuelle Krise zu bewältigen, und dem, was mittel- bis langfristig notwendig ist.
Wieder streng wissenschaftlich, hat das Wuppertal-Institut
drei Phasen der Krisenbewältigung unterschieden, wonach in der derzeitigen ersten Phase die Gesundheitsvorsorge im Vordergrund steht, in der zweiten, überlappenden Phase die "kurzfristige ökonomische Krisenabwehr" organisiert werden muss (inkl. notwendiger Subventionen), aber in der dritten Phase die "langfristige Transformation" mit "Verstärkung notwendiger Transformationsprozesse" eingeleitet werden muss. Die Autoren konkretisieren das nicht weiter, aber das muss uns ja nicht hindern, zu überlegen, was das heissen könnte.
Für die Subventionen in Phase 2 sollte natürlich gelten, dass die ökonomische Krise mit staatlicher Hilfe für die abgewehrt werden sollte, die das alleine nicht können - also insbesondere die abhängig Beschäftigten. Dabei gilt es natürlich genau hinzuschauen. So können Konzern-Belegschaften häufig einigermaßen erträgliche Bedingungen aushandeln - für outgesourcte, temporär und prekär Beschäftigte gilt das in aller Regel nicht.
Soweit wie möglich verhindert werden sollte, dass mit Staatssubventionen die Dividende von Finanzinvestoren gesichert wird, die ohnehin in Geld schwimmen und deren Verluste nur deshalb dramatisch klingen, weil ihre Profite vorher ebenso phantastisch waren. Das Netzwerk 'Stay Grounded' hat die wesentlichen Forderungen dazu in einem Offenen Brief zusammen gefasst.
Spannender aber ist die Frage: Wohin muss der Flugverkehr mittel- bis langfristig transformiert werden? Dass die bis vor kurzem geltenden Wachstumsprognosen nicht wahr werden dürfen, wenn die Klimakatastrophe begrenzt werden soll, ist
hinreichend belegt. Zugleich zeigen Studien wie die von Prof. Theissen, dass die aktuellen Transportleistungen mit
deutlich weniger Aufwand erbracht werden könnten, wenn die Flüge koordiniert und bezüglich der Effizienz optimiert würden.
Kurzum: das System braucht drastische Veränderungen, weg von der neoliberalen Wettbewerbs-Idiotie, hin zu einer optimalen Organisation der unverzichtbaren Transporte. Dabei werden Airlines verschwinden müssen, Arbeitsplätze abgebaut werden, weniger Flüge stattfinden. All das muss sozialverträglich organisiert werden, genauso wie das Verschwinden des Kohlebergbaus, der Nutzung fossiler Brennstoffe insgesamt, und etliche andere Transformationen zur Begrenzung des Klimawandels auch. Wenn Subventionen gewährt werden, dann nur, wenn sie diese Prozesse nicht behindern.
Weiterhin muss natürlich die Rolle des Flugverkehrs bei der Ausbreitung von Pandemien, die auch künftig auftreten werden, endlich berücksichtigt werden. Notwendige Vorbereitungen für eine schnelle Unterbrechung der Ausbreitung bei gleichzeitiger Sicherstellung der unabdingbaren Transporte müssen getroffen werden. Wo noch geflogen werden muss, müssen strengste Sicherheits- und Vorbeuge-Maßnahmen greifen. Was das für die künftige Gestaltung globaler Lieferketten, des Tourismus und der Globalisierung insgesamt bedeutet, wird intensiv zu untersuchen und zu diskutieren sein.
Vereinfacht könnte man also auch in den hier behandelten Bereichen sagen, dass das 'Greta-Prinzip' gelten sollte: "Follow the science - Hört auf die Wissenschaft". Allerdings ist es doch ein wenig komplizierter, wenn man z.B. bedenkt, dass uns noch vor ein paar Monaten 'streng wissenschaftlich' begründet wurde, dass
weniger Krankenhäuser eine effizientere Gesundheitsversorgung ermöglichen würden - und das zum Teil von denselben Leuten, die heute jammern, dass in der Fläche zuwenig Betten für die Intensivpflege vorhanden sind.
Schlimmer noch: liest man die "wissenschaftlichen Begründungen" der bisher entwickelten Pandemie-Pläne in Deutschland, dann findet man nicht nur eine seltsam einseitige Literaturauswahl, sondern in der Bewertung einzelner Maßnahmen auch (nicht quantifizierte) Aussagen wie "zu aufwändig", "zu teuer", "zu gravierende wirtschaftliche Folgen" usw.. Und etliche der dort formulierten Schlussfolgerungen sind in der aktuellen Krise schon nach wenigen Tagen widerlegt worden. Auch vorgeblich wissenschaftlichen Aussagen sollte man daher mit Skepsis begegnen und fragen, ob sie wirklich einen wissenschaftlichen Konsens darstellen oder interessen-geleitete Ergebnisse propagieren. Sie können aber auch einfach deswegen falsch sein, weil die Phänomene ganz neu, die Methoden ungeeignet oder die handelnden Personen in falschen Vorstellungen gefangen sind.
Wenn es aber plausibel erscheint, dass wissenschaftliche Ergebnisse die Realität richtig beschreiben, sollte man auch den Mut haben, die daraus folgenden Konsequenzen zu akzeptieren. Dass man dabei heutzutage immer öfter in Widerspruch zum Mainstream gerät, zeigt einfach nur, dass Veränderungen dringend notwendig sind. In diesem Sinne gilt heute mehr denn je: damit alles halbwegs bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern. Und wir müssen diejenigen sein, die diese Änderungen einfordern.
Schon wieder: eine DFS-Grafik zeigt Abflugrouten direkt über Raunheim. Ist das wieder nur Dummheit, Schlamperei, Ignoranz gegenüber den Befürchtungen der Bevölkerung? Oder steckt doch mehr dahinter?
04.03.2020
In der Sitzung der Fluglärmkommission am 19.02. gab es eine Reihe von Vorträgen, die für Raunheim interessant sind. Dazu gehören sechs Vorträge zu Festlegung und Wirkung der Betriebsrichtung auf FRA und ein ausführlicher Beitrag zum Stand der Südumfliegung.
Wir beginnen mit Letzterem, weil er die schlechteren Nachrichten beinhaltet.
In einer
Präsentation von über 90 Seiten erklärt da die "Leiterin Stabsstelle Fluglärmschutz & nachhaltige Luftverkehrswirtschaft" und Fluglärmschutzbeauftragte, wie die DFS seit Jahren versucht, die
problematische Südumfliegung so zu trimmen, dass sie die Kapazitätsforderungen der Fraport erfüllen kann. Das Ergebnis kann uns nur sehr bedingt freuen: "Die erhoffte Verbesserung der Spurtreue durch die Einführung der RNP RFLeg Strecke ist eingetreten. Allerdings führt sie aufgrund der etwas weiter westlich verlaufenden ersten Kurve zu Lärmzunahmen z.B. in Raunheim oder auch Haßloch, also in Bereichen, die ohnehin hohen Immissionen ausgesetzt sind."
Welche Wirkungen das hat, kann man einer
anderen Präsentation dieser Sitzung entnehmen. Da wird gezeigt, dass Raunheim bei der Lärmbewertung nach dem
Frankfurter Fluglärmindex in den höheren Belastungsklassen nicht nur bei Betriebsrichtung 07 (Anflug über Raunheim) einsame Spitze ist, sondern auch bei Betriebsrichtung 25 zu den TopTen der Belasteten gehört, wenn auch mit deutlichem Abstand zu den Spitzenreitern. Neu ist diese Erkenntnis allerdings nicht, man kann sie auch
aus anderen Daten ablesen.
Im Beitrag von Frau Barth findet sich auch noch eine Merkwürdigkeit. Bei der Diskussion der Punkte, die die Südumfliegung definieren, taucht wieder eine Darstellung auf, die schon vor Jahren
für Irritationen gesorgt hat: ein Schnittpunkt der Südumfliegung mit einer direkten Abflugroute über Raunheim (s. Grafik). Damals wurde die Darstellung zurückgezogen und erklärt:
"Bei der ... Linie über Raunheim handelt es sich NICHT um eine Abflugstrecke ...", es sei "lediglich eine Darstellung, wie man in der DFS auf die Platzierung des Punkts auf der Südumfliegung gekommen ist (Verlängerung der Anfluggrundlinie)."
Bei diesem ominösen Punkt handelt es sich aber gerade nicht um den neuen Streckenpunkt ADEVO, und wofür er gut sein soll, wurde auch damals nicht erläutert. "BIBTI" ist auch eindeutig eine Kurzbezeichnung für Abflugrouten, nicht für Anfluglinien. Dass diese Darstellung nun wieder auftaucht, nährt den Verdacht, dass doch mehr dahinter steckt, als damals zugegeben wurde.
Das Hauptthema der Sitzung war allerdings laut
Pressemitteilung "das angewendete Verfahren zur Bestimmung der jeweiligen Betriebsrichtung am Flughafen Frankfurt". Dazu informierte "ein Vertreter der Deutschen Flugsicherung ... die Kommission detailliert, wie und auf welcher Grundlage durch die DFS die Betriebsrichtung bestimmt und unter welchen Voraussetzungen die Betriebsrichtung gewechselt wird". Die Öffentlichkeit kommt leider nicht in den Genuss einer solchen Information, denn die
dazu veröffentlichten Folien sind absolut nichtssagend.
Zwar gibt es einen Auszug aus dem aktuellen "Platzkontrollverfahren (Tower Frankfurt)", in dem die geltenden Vorgaben für die Festlegung der Betriebsrichtung benannt werden und bestimmt wird, dass die Anwendung der Rückenwindkomponente bei BR25 nur aus Sicherheitsgründen ausgesetzt werden darf. Daran anschließend werden auch Bürgeranfragen erwähnt, in denen die korrekte Anwendung der RWK für mehrtägige Zeiträume angezweifelt und um Begründung gebeten wird. Die Antwort ist aber wieder typisch DFS: allgemeines Gefasel über die Unsicherheit der Weltläufe, des Wetters und der Daten, aber nicht der kleinste Versuch, auch nur einen der genannten Fälle mit konkreten Gründen zu erläutern.
Andere Aussagen sind dagegen recht deutlich. So kommt das Umwelthaus in einer
Beurteilung der Lärmsituation zu dem eindeutigen Ergebnis, dass unter Lärmgesichtspunkten die Wahl der Betriebsrichtung 25 eindeutig vorzuziehen ist. Allerdings kann man auch in den dazu vorgelegten Karten erkennen, dass der Südosten von Raunheim auch bei Betriebsrichtung 25 zu den stark belasteten Bereichen gehört. Für den grösseren Teil der Stadt jedoch ist BR25 zwar nicht leise, aber deutlich erträglicher.
Auch das
Horrorjahr 2018 mit dem extrem hohen Anteil an Landungen über Raunheim war noch einmal Thema. Hier ist zu befürchten, dass die
Präsentation und das
Gutachten dazu alles sind, was von den diversen Prüfungsaufträgen zu diesem Thema, u.a. des
Raunheimer Stadtparlaments, übrig geblieben ist. Die Windverhältnisse waren ungewöhnlich, aber erklärbar; ob und wann so etwas wieder auftreten wird, weiss man nicht.
Die entscheidende Frage, warum so häufig BR07 geflogen wurde, obwohl es in etwa der Hälfte der Zeit nicht zwingend notwendig gewesen wäre, bleibt unbeantwortet. Das Gutachten stellt dazu lediglich fest, dass "diese Abweichung ... sicherlich, in Hinblick auf die vergleichsweise ‚grobe’ Auflösung der METAR-Daten, nicht überinterpretiert werden" sollte. Das ist eine vergleichsweise freundliche Variante der Standardaussage: "Haltet gefälligst die Schnauze, die DFS weiss schon, was sie tut".
Im gleichen Stil
äussert sich dann noch die DFS selbst zu den Vorfällen
am 13.07.2019 und
am 01.01.2020, wo Flugzeuge einmal viel zu eng nebeneinander, das andere Mal viel zu tief flogen. Alles war ganz normal, die Vorfälle haben
"keine Auswirkungen auf eine etwaige Anpassung der Standartverfahren / Flugregime" (Rechtschreib- und Grammatik-Fehler im Original). Etwas anderes war natürlich von der DFS auch nicht zu erwarten, und nur in Bezug auf den Vorfall am 01.01. könnte der Untersuchungsbericht der BfU, der in den nächsten Wochen erscheinen sollte, vielleicht noch ein paar interessante Informationen liefern.
Alles in allem ist es wie immer: die Präsentationen in der FLK liefern mehr oder weniger interessante Informationen und Daten, aber kritische Fragen werden nicht beantwortet. Ob sie in den Sitzungen überhaupt gestellt werden, ist für Aussenstehende nicht zu klären, denn Protokolle der Diskussionen gibt es nicht. Das ist weniger, als nötig und möglich wäre, aber immer noch besser als nichts.
Wieder einmal haben klagende NGOs dem Ausbau des grössten Londoner
Flughafens ein juristisches Hindernis in den Weg gelegt. Ob die dritte Bahn
damit endgültig vom Tisch ist, ist noch nicht sicher.
28.02.2020
Die Gegner des weiteren Ausbaus des grössten europäischen Flughafens London Heathrow haben einen juristischen Erfolg erzielt. Allerdings hat das Gericht den Bau der geplanten dritten Bahn nicht verboten, wie zahlreiche deutsche Medien berichten, sondern festgestellt, dass die zugrunde liegende Planungsentscheidung der Regierung rechtswidrig ist.
Das Gericht hatte als Appellationsgericht mehrere Entscheidungen zu treffen, die im Einzelnen nur vor dem Hintergrund der bisherigen juristischen Auseinandersetzungen um den Ausbau zu verstehen sind. Wer es genau wissen will, kann alle Dokumente beim
Courts and Tribunals Judiciary nachlesen. Die wichtigsten Aussagen sind in einer auch für juristische Laien (halbwegs) lesbaren
Zusammenfassung erläutert.
Darin heisst es explizit: "Wir haben nicht entschieden, und können nicht entscheiden, dass es keine dritte Bahn in Heathrow geben wird". Entschieden hat das Gericht allerdings, dass das "Airports National Policy Statement", das die politische Rechtfertigung für den Ausbau liefern sollte, ungesetzlich ist, weil es "versäumt hat, die Verpflichtung der Regierung auf die Vereinbarungen des Pariser Abkommens zum Klimawandel zu berücksichtigen".
Für die Auseinandersetzung in London bedeutet dies, dass die Regierung, auch wenn sie
nicht in Berufung
gegen die Entscheidung gehen will, immer noch die (theoretische) Möglichkeit hätte, zu begründen, dass der Ausbau irgendwie doch mit den Zielen des Pariser Abkommens in Übereinstimmung gebracht werden könnte. Allerdings hat das zuständige Beratungsgremium der Regierung, das 'Committee on Climate Change', bereits
deutlich gemacht, dass das eigentlich unmöglich ist.
Auch der Flughafenbetreiber wird das Urteil anfechten, und es ist keineswegs sicher, dass das Oberste Gericht der Argumentation des jetzigen Urteils folgt. Schliesslich gab es in der Geschichte der Auseinandersetzung um diesen Ausbau schon
unterschiedliche Urteile, und auch in Wien wurde solange geklagt, bis ein
genehmes Urteil herauskam.
Auch die Haltung der UK-Regierung ist nicht so klar, wie sie scheint. Insbesondere der Polit-Clown und amtierende Premierminister Johnson kokettiert zwar gerne mit seinem Widerstands-Image, hat aber auch schon angedeutet, dass er dem Ausbau auch zustimmen könnte. Ohnehin war er nie gegen die Ausweitung des Flugverkehrs, sondern wollte als Bürgermeister einen ganz neuen und grösseren Flughafen etwas weiter ausserhalb Londons.
Dennoch wird die Gerichtsentscheidung von Ausbaugegnern weltweit
gefeiert, weil hier erstmals ein europäisches Gericht festgestellt hat, dass die Verpflichtungen, die die Regierungen mit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens eingegangen sind, auch für ihre Entscheidungen in allen anderen Bereichen maßgeblich sein sollten.
Zwar ist Grossbritannien nicht mehr in der EU, und selbst dann wäre ein solches Urteil für andere Mitgliedsstaaten in keiner Weise verbindlich. Dennoch setzt es politische Maßstäbe, an denen andere Staaten, die vorgeben, das Pariser Abkommen ernst zu nehmen, nicht ohne Weiteres vorbei können. Es kommt nun auch für uns darauf an, deutlich zu machen, dass die Fraport-Ausbaupläne ebensowenig mit dem Pariser Abkommen vereinbar sind wie die Pläne in München, Wien, London oder sonstwo auf der Welt.
Teil des Skandals: Fraport stützt ihren Antrag auf alte, unzureichende Messungen, anstatt ein ordentliches Monitoring durchzuführen.
14.02.2020
Einen Monat lang konnte die Öffentlichkeit zu Jahresbeginn den Antrag der Fraport AG zu 'Errichtung und Betrieb eines Lagers für PFC-kontaminierte Böden' einsehen. Auch wenn die Auslage nur im Stil des vergangenen Jahrhunderts in Papierform zu Bürozeiten in zwei relativ lauten Räumen in den beiden Rathäusern von Walldorf und Mörfelden (und im RP-Büro in Frankfurt) stattfand und die Unterlagen alles andere als vollständig waren, ergaben sich daraus eine Reihe interessanter Informationen. Und es ist wie immer: je mehr über einen Vorgang bekannt wird, desto schlechter sieht Fraport aus.
Zwar sind viele Details immer noch unklar, aber im Wesentlichen hat sich das Bild bestätigt, das wir bereits Ende letzten Jahres gezeichnet hatten, als die Absicht, so ein Lager einzurichten, bekannt wurde.
In Kurzform stellt sich der Sachverhalt heute so dar: Fraport und die zuständigen Behörden wussten, dass der Boden der ehemaligen US Airbase, auf dem das Terminal 3 errichtet werden sollte, großflächig und an vielen Stellen hochgradig mit Chemikalien belastet ist. Darunter befinden sich sog. 'Per- und Poly-Fluorinierte Chemikalien', kurz PFC, als langfristig stabile Überbleibsel von Löschschäumen, die dort zu Übungszwecken, aber auch in einigen wenigen Ernstfällen, eingesetzt wurden. Ausserdem gibt es die 'üblichen' Kohlenwasserstoff-Verbindungen, die aus Kerosinen und Ölen, aber auch Reinigungsmitteln und anderen diffusen Quellen stammen.
Festgestellt wurde diese Belastung wohl überwiegend im Rahmen der Altlastenuntersuchungen, die nach der Rückgabe des Airbase-Geländes an den Bund durchgeführt wurden. Ob und welche Untersuchungen im Rahmen der Planung und Durchführung der Baumaßnahmen für T3 noch vorgenommen wurden, geht aus den Unterlagen, die Fraport für das Bodenlager vorgelegt hat, nicht klar hervor. Ebensowenig gibt es einen zusammenfassenden Überblick über die Situation im Grund- und Sickerwasser, die im Laufe der Jahre an verschiedenen Stellen von verschiedenen Akteuren untersucht wurde.
Für die PFC-Belastung, derentwegen das Bodenlager eingerichtet werden soll, bezieht sich Fraport auf Untersuchungen aus den Jahren 2009 und 2010, in denen an einer Vielzahl von Stellen (die bunten Punkte in der Grafik) Bodenproben entnommen und deren Gehalt an PFC bestimmt wurden. Gefunden wurde hauptsächlich eine Chemikalie aus der Gruppe der PFC, das
Perfluoroctansulfonat (PFOS), das als "persistenter organischer Schadstoff" (POP) weltweit strikten Beschränkungen unterliegt.
An diesen Untersuchungen ist zweierlei bemerkenswert. Erstens wurden sie damals nur am Bodenmaterial durchgeführt, wo die Meßgenauigkeit sehr viel geringer ist als im Eluat, d.h. in einer wässrigen Lösung, in der die Schadstoffe ausgeschwemmt werden. Das erklärt das Lamento der Fraport, die später gezwungen war, genauer hinzuschauen und offenbar, wie zu erwarten, teilweise deutlich höhere Werte gefunden hat. Zweitens aber zeigen bereits diese ersten Untersuchungen, dass es auf dem Gelände einige 'Hotspots' mit um mehrere Grössenordnungen höheren Konzentrationen gegeben hat. Da diese hohen Konzentrationen später nicht mehr auftauchen, muss man davon ausgehen, dass die betroffenen Böden beim Ausbaggern mit anderen Böden vermischt wurden, so dass sich ein gewisser 'Verdünnugseffekt' ergeben hat.
Ob Fraport damit gegen Auflagen verstossen hat, lässt sich noch nicht klären, da weder die einschlägigen Bauauflagen noch der 2018 ergangene 'Sanierungsbescheid' des Regierungspräsidiums bisher öffentlich zugänglich sind. Aber unabhängig davon, ob es mit oder ohne Wissen der Behörden begangen wurde: es handelt sich um ein Umweltverbrechen.
Statt die extrem hoch belasteten Böden genau abzugrenzen, getrennt zu entnehmen und die darin enthaltenen hohen Mengen eines hochtoxischen, langlebigen Schadstoffs zuverlässig zu vernichten, hat Fraport diesen Schadstoff auf so große Mengen an Boden verteilt, dass eine spezielle Behandlung zu seiner Beseitigung kaum noch möglich ist. Offenbar haben sie sogar damit gerechnet, diese Böden ohne große Auflagen irgendwo verkippen zu können. Und wie aus diffusen Andeutungen des obersten Fraport-Verantwortlichen für diese Schweinerei, Herrn Dr. Prümm, hervorgeht, haben sie die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, irgendwo eine mehr oder wohl eher weniger geeignete Deponie zu finden, wo sie das Zeug billig loswerden können. In der italienischen oder rumänischen Mafia lassen sich für solche Deals erfahrungsgemäß erfahrene und verschwiegene Partner finden.
Ganz aktuell legen sie
für die Presse nochmal nach und behaupten, "erste Verträge ... für den Abtransport" unterzeichnet zu haben. Was genau und wohin, bleibt natürlich geheim, bis alles unter Dach und Fach ist. Dafür wiederholen sie nochmal die Legende vom
verantwortungsvollen Bodenmanagement, "umfangreichen Kontrollen" und dem "Schutz des Grundwassers" - Fake News gemäß Fraport-Standard. Sie ahnen wohl schon, dass sie mit ihren Lager-Plänen Schiffbruch erleiden könnten.
Neben der Vermischung bei Aushub und eventuell auch bei späteren Umlagerungen lässt Fraport auch die Zeit für sich arbeiten. Der Aushub der Baugrube für Terminal 3, bei dem der größte Teil des Materials angefallen ist, fand von 2015 bis 2017 statt. Seit dieser Zeit liegt der Boden mehr oder weniger ungeschützt in offenen Halden irgendwo auf der Baustelle herum. Da PFC als Tenside überwiegend nur schwach an die Bodensubstanz gebunden sind, sind im Laufe der Jahre mit großer Wahrscheinlichkeit schon erhebliche Mengen wieder zurück in den (unausgehobenen) Boden bzw. über das Sickerwasser in andere Bereiche gelangt. Der 'Sanierungsbescheid' des RP, der wohl Anlass für den Fraport-Antrag war, wurde sehr wahrscheinlich deshalb erlassen, weil die Aufsichtsbehörde diesen Zustand auch beim schlechtesten Willen nicht mehr als 'vorübergehend' hinnehmen konnte.
Ohnehin wurden die jeweiligen Fristen schon gedehnt, als ginge es nicht um einen der problematischsten Umweltschadstoffe überhaupt, sondern um ein paar alte Farbreste oder ähnliches. Ein Jahr nach Abschluss (und drei Jahre nach Beginn) der Baumaßnahme bis zur Auforderung, das Zeug sicher zu verwahren, ein weiteres Jahr Zeit, darauf zu reagieren und eine Maßnahme zu beantragen, deren Umsetzung dann auch wieder Monate dauert - soviel Entgegenkommen muss man wohl als Komplizenschaft werten.
Da ist es höchst erfreulich, dass der Kreis Groß-Gerau nach eigenen Angaben dieses Vorgehen zum Anlass für eine
Anzeige gegen Fraport genommen hat. Man darf gespannt sein, was daraus wird.
Man darf wohl davon ausgehen, dass allen Beteiligten bekannt war, dass zu der Stoffgruppe der PFC, um die es hier geht und die international als PFAS bekannt ist, in den letzten Jahren immer mehr
wissenschaftliche und medizinische Ergebnisse zusammengetragen worden sind, so dass auf EU-Ebene weitergehende Maßnahmen
vorgeschlagen und teilweise schon beschlossen wurden: der Umweltministerrat "
UNTERSTREICHT die zunehmenden Gesundheits- und Umweltbedenken aufgrund hochgradig persistenter Chemikalien; STELLT insbesondere FEST, dass immer mehr Nachweise der schädlichen Auswirkungen einer Exposition gegenüber hochfluorierten Verbindungen (PFAS) und Belege für die weite Verbreitung von PFAS in Wasser, Boden, Gegenständen und Abfällen vorliegen und dass dies eine Bedrohung für unsere Trinkwasserversorgung darstellen könnte; FORDERT die Kommission AUF, einen Aktionsplan zur Beseitigung aller nicht wesentlichen Verwendungen von PFAS auszuarbeiten", die Europäische Chemikalienagentur ECHA stuft
weitere Chemikalien aus dieser Gruppe als 'besonders bedenklich' ein, und aus der EU-Kommission verlautet, dass dieser Prozess im Rahmen des angekündigten 'Green New Deal' beschleunigt werden soll.
Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass das Thema gerade in den USA (wieder) eine gewisse Aufmerksamkeit gefunden hat durch einen neuen Film über den dortigen Kampf gegen Großkonzerne, die an diesen Substanzen enorm verdienen und Regulierungen unterbinden wollen. Er kommt gerade auch in europäische Kinos. Auch in der europäischen Textilindustrie kommt das Thema verstärkt auf, wie eine
neue Studie aus Norwegen zeigt.
Auch unsere Einschätzung im letzten Beitrag, wonach sich bei hessischen Behörden seit Jahren in diesem Bereich nichts getan hätte, muss korrigiert werden. Wie gerade bekannt wurde, wurden seit Jahren rund um den US-Stützpunkt Wiesbaden-Erbenheim erhöhte PFC-Konzentrationen gemessen, aber das auch hier zuständige RP Darmstadt hat es bis jetzt nicht für nötig gehalten, die Öffentlichkeit ausführlich zu informieren, sondern teilt mit, "dass man sich derzeit 'noch in der Phase der Erkundung' befinde und 'eine abschließende Gefährdungsabschätzung (...) momentan nicht möglich' sei". Man muss wohl auch hier davon ausgehen, dass mit Rücksicht auf den mächtigen Verantwortlichen für diese Umweltsauerei, hier die US-Armee, alle Augen fest geschlossen gehalten werden.
Neben diesem kriminellen Kern der ganzen Angelegenheit sind die sonstigen Mängel des Fraport-Antrags, um den es aktuell geht, fast schon nebensächlich. Trotzdem macht es Sinn, zumindest noch einige zu benennen und im weiteren Ablauf zu versuchen, Schäden möglichst zu minimieren.
Andere Schadstoffe, die zumindest in einigen Bereichen, die ausgehoben wurden, vorhanden waren, werden im Fraport-Antrag so gut wie garnicht erwähnt. Daher ist auch unklar, was alles in diesem Lager auftauchen könnte. Das Betriebskonzept für dieses Lager, das eine maximale Betriebsdauer von 5 Jahren vorsieht, wobei sich jede einzelne Materialfraktion maximal 3 Jahre im Lager befinden soll, ist an Absurdität kaum zu überbieten, denn es ist völlig unklar, wohin die Materialien anschliessend kommen sollen.
Weitere Punkte sind in einem
Text aufgeführt, der als Vorlage für eine Einwendung gegen die Planungen der Fraport für ein Bodenlager genutzt werden kann und sollte. Ausgehend von der Einschätzung, dass dringend etwas getan werden muss, um die aktuell stattfindende Verseuchung der Baustellenböden mit PFC aus den Lagerhalden zu stoppen, andererseits Terminal 3 schon allein aus Klimaschutzgründen nicht in Betrieb gehen darf, lautet die Kernforderung des Papiers: Baustopp für Terminal 3, Nutzung der Baugrube als Lager für hochkontaminierte Böden, bis Sanierungsverfahren vor Ort durchgeführt werden können. Da diese Forderung aber aktuell wohl nicht durchsetzbar ist, werden 'hilfsweise' strenge Auflagen für die Einrichtung eines Bodenlagers auf der von Fraport vorgesehenen Fläche gefordert. (Einen alternativen Text, der federführend von der BI Mörfelden-Walldorf erarbeitet wurde, gibt es
hier.)
Jede/r, die/der mit dem Vorgehen der Fraport im Hinblick auf die kontaminierten Böden nicht einverstanden ist, sollte die Gelegenheit nutzen, mit einer Einwendung, die bis zum 6. März 2020 beim RP Darmstadt vorgebracht werden kann, sein Mißfallen kund zu tun. Dabei kann jeder der beiden Texte, eine Mischung aus beiden oder ein ganz eigener Text genutzt werden. Wichtig ist nur, dass ganz deutlich wird, dass das bisherige Vorgehen der Fraport und die vorgelegten Planungen völlig unzureichend und wesentlich höhere Anforderungen an den Schutz der Umwelt und insbesondere des Grundwassers zu stellen sind. Und wichtig ist auch, dass erstens das Regierungspräsidium, aber anschliessend auch die Öffentlichkeit erfährt, dass viele Menschen sich gegen solche Umweltverbrechen, die nur der Profitmaximierung eines skrupellosen Konzerns dienen, zur Wehr setzen.
Also: Text nach Wunsch zusammenstellen, Name und Adresse nicht vergessen, und vor dem 6. März per Mail oder Brief an die angegebenen Adressen des RP senden! Eine Erörterung aller Einwände wird am 29. April in Frankfurt stattfinden. Genaueres zu den formalen Abläufen und zu den Anforderungen an Einwendungen kann man in der
Öffentlichen Bekanntmachung des Verfahrens nachlesen.
18.01.2020
Gleich zum Neujahrstag lieferte der Flugbetrieb über Rhein-Main ein Ereignis, das für Beobachter dramatisch ausgesehen haben muss. Im Landeanflug bei Betriebsrichtung 07 sank ein A350 der Thai Airways über Bischofsheim schnell ab und erreichte kurz vor Rüsselsheim eine Flughöhe, die nur noch etwa einem Drittel der dort sonst üblichen entsprach. Über Rüsselsheim konnte der Pilot die Maschine wieder auf normale Höhe bringen und durchstarten.
Eine grössere Öffentlichkeit erfuhr von dem Vorfall aber erst durch
einen Bericht des Aviation Herald fast zwei Wochen später, der in den folgenden Tagen von lokalen Medien aufgegriffen wurde. Den Auftakt machen dabei die
Frankfurter Neue Presse, zwei Tage später wortgleich gefolgt von der
Frankfurter Rundschau, und die
Hessenschau, später auch die
Main-Spitze.
Um sich ein genaues Bild von dem Vorgang zu machen, muss man sich allerdings noch ein paar zusätzliche Infos ansehen, die
der DFLD liefert (s. Grafik). Dort sieht man, dass die Maschine zunächst über den südlichen Gegenanflug (südlich von Trebur) hereinkam (Phase 1), kurz hinter dem Rhein ungewöhnlich eng auf den Landeanflug eingedreht wurde (Phase 2), diesen abbrach, durchstartete und wiederum ungewöhnlich eng nördlich auf den Landeanflug zurück gedreht wurde (Phase 3). Beim zweiten Versuch (Phase 4) klappte die Landung.
Im Höhenprofil, dass der DFLD zur Verfügung stellt (in der Grafik wiedergegeben etwa ab dem Punkt, an dem die Maschine zum ersten Mal den Rhein in Richtung Flughafen überquert), kann man sehen, dass die Maschine noch in grösserem Abstand vom Flughafen ungewöhnlich schnell an Höhe verlor, ehe sie sich wieder auf einer Standardhöhe (5.000 ft) stabilisierte. Laut war es auch: schon über Bischofsheim erreichte der Lärm 80 dB(A), beim Hochziehen über dem Opelwerk dürfte es noch lauter gewesen sein (aber da war an Neujahr wohl kaum jemand).
Beim zweiten Anflug flog sie zwar zwischen Kilometer 30 und 15 auch wieder niedriger als üblich, jedoch nicht extrem, und legte die letzten 15 Kilometer sauber auf dem Gleitpfad zurück, so dass sie da auch in Bezug auf den verursachten Lärm nicht weiter auffiel.
Im Ausschnitt der vom DFLD angebotenen Darstellung in Google Earth kann man den Vorfall noch etwas genauer lokalisieren (s. untere Grafik). Die aus Süden kommende Maschine gerät in Phase 2 zwischen Ginsheim und Gustavsburg etwas zu weit nach Norden, kommt über Bischofsheim wieder auf die Anflug-Spur zurück, sinkt dabei aber soweit ab, dass sie über den Feldern zwischen Bischofsheim und dem Opelwerk eine sehr niedrige Höhe erreicht und über Rüsselsheim wieder stark steigen muss. Nach der (da nicht sichtbaren) Kurve im Norden hält sie beim zweiten Anflug (Phase 4) Spur und Höhe relativ exakt ein.
Eine Erklärung für den Vorgang gibt es bisher nicht. Die Medien zitieren lediglich den Sprecher der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, BFU, der den Vorgang als "schwere Störung" einstuft und eine Untersuchung ankündigt, sowie eine Sprecherin der DFS, die angibt, der Pilot habe einen "medizinischen Notfall" gemeldet, ohne weitere Einzelheiten mitzuteilen. Erste Ergebnisse der Untersuchung sollen Ende März vorliegen.
Auch die Bedeutung eines solchen Vorfalls lässt sich bisher nur schwer abschätzen. Die Medien schreiben von "gefährlichem Tiefflug", der Möglichkeit eines "dramatischen Unfalls" und dass der Pilot "ein Unglück noch verhindern" konnte.
Dabei ist weniger die absolut erreichte Flughöhe ein Grund zur Besorgnis. Nach allen vorliegenden Daten war der tiefste Punkt bei ca. 250 Meter über Grund erreicht. Zum Vergleich: auf der gleichen Anfluglinie wird der östliche Teil von Raunheim in knapp 300 Meter Höhe überflogen, über dem Mönchhofgelände sind es im Anflug auf die Nordwestbahn nur rund 150 Meter. Problematisch ist vielmehr die Tatsache, dass die Maschine deutlich schneller gesunken ist, als das im Landeanflug üblich ist, und dass sie an dieser Stelle überhaupt nicht hätte sinken dürfen. Warum das so passiert ist, wird die Untersuchung klären müssen.
Ein 'medizinischer Notfall' könnte sicherlich den ersten Teil der ungewöhnlichen Flugspur erklären. Wenn ein Lotse aufgrund einer solchen Meldung nach einer Möglichkeit sucht, die Landung zu beschleunigen, könnte er natürlich den Gegenanflug abkürzen und den Flieger in eine bestehende Lücke weiter vorne in der Anflugkette einsortieren.
Eine solche Lücke existierte offensichtlich, und der A350 hatte nach dem kurzen Eindrehen auf den Landeanflug genug Abstand sowohl zum vorherfliegenden als auch zum nächsten aus Westen nachfolgenden Flieger. Die Frage ist allerdings, ob dieses Manöver die Piloten überfordert haben könnte. Sie haben zwar den Landekurs (die Flugspur) nach kurzem Überschiessen einigermaßen erreicht, aber dabei offenbar den Gleitpfad (die Flughöhe) deutlich unterschritten und waren nicht mehr in der Lage, das während des verbleibenden Anflugs zu korrigieren. Da der Rest des Fluges offenbar problemlos verlief, ist ein technisches Problem eher unwahrscheinlich, aber natürlich auch nicht ausgeschlossen.
Eins kann man aber jetzt schon mit Sicherheit feststellen: die Reaktion aller Beteiligten auf diesen Vorfall ist, wie üblich, von Arroganz und Ignoranz geprägt. Augenzeugen aus Bischofsheim beschreiben den Vorfall als "beängstigend", an anderen Orten dürften sich Menschen über den ungewöhnlichen Überflug zumindest gewundert oder geärgert haben - aber weder die DFS, noch Fraport oder die Airline halten es für notwendig, auch nur ein Wort über diesen Vorfall zu verlieren. Erst dadurch, dass der Aviation Herald den Vorfall aufgedeckt hat, gibt es überhaupt eine Diskussion darüber.
Es wäre ja nicht schwierig, eine kurze Meldung zu veröffentlichen etwa in der Art: "Aufgrund eines medizinischen Notfalls an Bord wurde versucht, die Landung eines A350 zu beschleunigen. Dabei kam es zu unerwarteten Flugmanövern, deren Ursachen aktuell untersucht werden. Nach gegenwärtigem Stand war die Sicherheit der Passagiere und der Bevölkerung zu keiner Zeit gefährdet." Ob Letzteres geglaubt würde, sei dahingestellt. Zumindest wüssten aber alle, die Ungewöhnliches beobachtet haben, dass es eine Untersuchung und danach ggf. weitere Informationen gibt. Wenn alles so war, wie oben vermutet, hätte die DFS ja nichts falsch gemacht. Das Problem lag wahrscheinlich bei den Piloten, oder, weniger wahrscheinlich, in der Technik der Maschine. Aber neuerdings ist auch das ein Problem der DFS und letztendlich auch der Fraport.
Seit die DFS im letzten Jahr
verkündet hat, dass sie, um die Kapazitätsanforderungen der Fraport zu erfüllen, ihre Sicherheitsphilosophie ändern und auf 'systemische Sicherheit' zugunsten spontaner Problemlösung durch die Lotsen verzichten will, ist jeder Zwischenfall, bei dem eine solche Problemlösung zu anderen Problemen führt, ein Risiko für diese neue Strategie. Dabei ist es völlig egal, wer schuld ist. Es darf einfach nicht sein, dass ein 'nicht systemisch sicherer' Vorgang oder ein von Lotsen veranlasstes Manöver zu Risiken führt. Und wenn es doch passiert, dann versucht man es zu vertuschen und hofft, dass es niemand merkt, oder man versucht die Kritiker mundtot zu machen, wie bei dem
Vorfall über dem Mönchhofgelände im Juli letzten Jahres.
Ob die BFU die Untersuchung wohl nutzt, um ihr früheres
Verlangen nach 'systemischer Sicherheit' nochmal zu unterstreichen? Man darf gespannt sein. Aber selbst wenn: durchsetzen wird sich diese Haltung nur, wenn DFS und Fraport unter massiver Druck geraten, den
aktuellen Trend zu verlassen und Sicherheit wieder als oberste Priorität zu behandeln und dafür im Zweifelsfall auch Kapazitäts-Träume zu opfern. Und dieser Druck kann nicht von einer Behörde kommen, sondern nur von einer kritischen Öffentlichkeit.
... und das sind nicht nur, aber wesentlich auch, die Organisationen und Unternehmen der Luftfahrt.
01.01.2020
Der diesjährige Jahresrückblick konzentriert sich im Wesentlichen auf vier Themen:
Alle vier Blöcke behandeln die Themen im weitesten Sinn und diskutieren sowohl lokale als auch europäische und globale Aspekte.
Der erste Punkt beschäftigt sich mit der Entwicklung in Frankfurt und behandelt dabei auch die Aspekte 'Nachtflug' und 'Fluglärm', bringt aber auch Zahlen und Trends zur europäischen und weltweiten Entwicklung.
Der zweite Punkt diskutiert die sich abzeichnenden neuen Strategien der DFS, die alte Sicherheitsüberlegungen übergehen, und den Fall Boeing als Beispiel dafür, wie das Profitstreben auch klassische Sicherheitsregeln im Flugzeugbau übergeht.
Punkt 3 versucht zusammen zu fassen, was sich im Jahr 2019 im Bereich der Forschung getan hat, und bringt ein paar Überlegungen dazu, was von dem angekündigten Projekt der Landesregierung am Flughafen Frankfurt zu halten ist und dazu zu fordern wäre.
Abschliessend versucht Punkt 4, aus dem jüngsten Fortschreiten der Klimakatastrophe ein paar Schlussfolgerungen dazu zu ziehen, was in der Klimapolitik zu tun wäre und wie die bestehenden Blockaden dafür überwunden werden könnten.
Da wir das nicht alles selber machen können, gibt es wie immer ganz viele Verweise auf Beiträge, in denen sich kompetentere Menschen zu den jeweiligen Themen Gedanken machen und/oder Material gesammelt haben.
01.01.2020
In Bezug auf Fluglärm war 2019 für Raunheim ein eher 'normales' Jahr. Die Zahl der Tage, an denen Raunheim bei Betriebsrichtung 07 im Landeanflug überflogen wurde, entsprach in etwa dem langjährigen Durchschnitt. Das ändert zwar nichts daran, dass es in Raunheim
am lautesten ist, macht die Verhältnisse aber doch etwas weniger schlimm. Aber auch in den Monaten März und September, in denen jeweils fast 80% Betriebsrichtung 25 geflogen wurde, ist Raunheim in der
Lärmstatistik der Fraport nach wie vor einsamer Spitzenreiter.
Die normalisierte Betriebsrichtungs-Verteilung hat aber offensichtlich dazu beigetragen, dass der
Beschluss der Raunheimer Stadtverordnetenversammlung ebenso wie der
Auftrag der Fluglärmkommission an das Umwelthaus, die Anwendungspraxis der Rückenwindkomponente bzw. die Betriebsrichtungswahl durch die DFS allgemein untersuchen zu lassen, in der Versenkung verschwunden ist.
Die Zahl der
Nachtflüge in Frankfurt, die sich auch wieder insbesondere in den besonders sensiblen Frühjahrs- und Sommer-Monaten regelmäßig bis 24:00 Uhr hinzogen, war
niedriger
als im Vorjahr, aber immer noch viel zu hoch. Die Flugbewegungen insgesamt haben von Januar bis November im Vergleich zum Vorjahr um 0,7% auf 477.217
zugenommen, zuletzt sind die Zahlen allerdings um über 5% eingebrochen, wozu aber auch die Streiks bei Lufthansa beigetragen haben. Trotzdem konnte Fraport zum Jahresende eine
neue Rekordzahl von 70 Millionen Passagieren für das Gesamtjahr vermelden.
Deutlicher schlechter sieht es für die Regionalflughäfen in Deutschland aus, deren Passagierzahlen
seit Jahren teilweise drastisch zurückgehen. Auch im vergangenen Jahr konnten sie vom allgemeinen Verkehrswachstum
nicht profitieren. Hier will die Bundesregierung aber künftig
gegensteuern und deutlich höhere Subventionen in die defizitären Betriebe pumpen.
Für den europäischen Luftverkehr (genauer die 'European Civil Aviation Conference area', ECAC)
berichtet EUROCONTROL ebenfalls einen Rückgang der Zahl der Flugbewegungen in den Monaten Oktober und November, geht aber für das Gesamtjahr von einem Wachstum von 1,1% aus. Als Ursachen für den Rückgang werden "eine sich verschlechternde ökonomische Situation, Handelskrisen, politische Unruhen und Streiks zusätzlich zu den Nachwirkungen der letzten Airline-Pleiten" angegeben.
In der genaueren Analyse kann man lesen, dass Streiks und Pleiten hauptsächlich Deutschland und Grossbritannien betrafen, während für Schweden ein deutlicher Einfluss der 'Flugscham'-Bewegung gesehen wird. Die 'ökonomische Situation' war wohl für die hohen prozentualen Rückgänge kleinerer Länder wie Slowenien und Island verantwortlich. Deutliche Zuwächse verzeichneten nur die Türkei und Polen.
Für den speziellen Sektor der Billigflieger hatte eine halbjährlich durchgeführte
Untersuchung der DLR im Herbst ergeben, dass der Sektor trotz Pleiten, Pech und Pannen auf europäischer Ebene weiterhin zugelegt hat, auch wenn innerdeutsch und interkontinental Rückgänge zu verzeichnen waren. Dass die Billigfliegerei inzwischen ein ganz normales Segment des Luftverkehrs ist und zum Geschäftsmodell fast jeder Airline gehört, macht ausgerechnet Lufthansa-Chef Spohr in einem
FAZ-Interview deutlich: „Es muss möglich sein, Freunde in Europa für 35 Euro zu besuchen“.
Für den weltweiten Flugverkehr
berichtet IATA, die International Air Transport Association, der Dachverband der Fluggesellschaften, ein Wachstum der Flugbewegungen von 2,3%, geringer als 2018 mit 4,5%. Für 2020 erwarten sie allerdings wieder ein Wachstum von 3,4%.
Auf die wichtigeren längerfristigen Trends weist der gerade neu erschienene
UBA-Schwerpunkt: Fliegen hin. "Weltweit wird immer mehr geflogen. 2018 stiegen mit 4,3 Milliarden Passagieren so viele Menschen in ein
Flugzeug wie nie zuvor. Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich die Passagierzahl global mehr als verdoppelt." Ausführlicheres dazu finden sich in der neuen UBA-Publikation
Umweltschonender Luftverkehr, deren historische und ökologische Teile sehr lesenswert sind, während die ökonomischen Betrachtungen teilweise
kritikwürdig sind.
So kann man einerseits lesen:
"Für Fluggesellschaften verbilligten sich Produktionsfaktoren, wie der Kerosinpreis, in den letzten zwanzig Jahren um mehr als die Hälfte", was das aktuelle Gezeter der Luftfahrt-Industrie über
sehr moderate Erhöhungen von Steuern und Gebühren nochmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Andererseits wird auch aus den detailierteren Darstellungen der vielen kleinen ökonomischen Maßnahmen in der UBA-Vision nicht klar, wie sich das zu den hehren Zielen, "die klimarelevanten Emissionen des Luftverkehrs bis 2050 substanziell zu reduzieren, Flughafenanwohnende zuverlässig vor Lärm und Luftschadstoffen zu schützen, die bundesweite Luftverkehrsinfrastruktur neben ökonomischen auch unter sozialen und ökologischen Aspekten zu optimieren und ein umweltverträgliches Luftverkehrsaufkommen zu erzielen", zusammensetzen soll.
Die ebenfalls im letzten Jahr vorgelegten Prognosen
der EASA und
der ICAO zeichnen ein deutlich negativeres Bild der Entwicklung bis zum Jahr 2050. Sowohl die Luftbelastung durch den Flugverkehr insgesamt als auch dessen klimaschädigende Emissionen im Speziellen werden deutlich zunehmen, ebenso wie die Belastungen der Flughafenanwohner*innen durch Lärm.
Demgegenüber warnt eine andere Institution des Bundes, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
DLR (Selbstdarstellung: "das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt") vor einem ganz anderen Problem: die Nachfrage nach Flugverkehr wird nach ihrer
neuesten Prognose weltweit "in den nächsten 20 Jahren um rund 3,7 Prozent jährlich" wachsen, und damit die befriedigt werden kann, müssen unbedingt die Engpässe in der Infrastruktur beseitigt werden. Ganz objektiv ergibt sich, dass alle geplanten Flughafen-Neubauten und -Erweiterungen immer noch nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken, selbst in den 'entwickelten Märkten' USA und Europa nicht. Es muss also noch mehr geplant und vor allem gebaut werden. Von den Problemen, die ihre Kollegen vom UBA identifiziert haben, wollen die Autoren dieser Studie offensichtlich nichts wissen.
Bei soviel Konsistenz in der Politik darf dann auch ein abgehalfterter SPD-Politiker von einem
Öffentlichen Personen-Schnell-Verkehr mit Flügen zwischen Regionalflughäfen träumen und seine 'Vision' mit progressiv klingenden Stichworten wie "Regionalisierung", "synthetischer CO2-neutraler Kraftstoff ..., den man dezentral herstellen kann", "genossenschaftliche Fluggesellschaften" usw. schmücken. Der Realitäts-, vor allem aber der Sinn-Gehalt beider Vorhersagen dürfte vergleichbar sein.
Zusammengefasst kann man sagen, dass sich die meisten der zu Beginn 2019
absehbaren Trends im Wesentlichen tatsächlich so entwickelt haben. Die Labilität des Systems hat sich in
weiteren Pleiten gezeigt, und der dahinter stehende Prozess der 'Konsolidierung', sprich Re-Monopolisierung des Marktes hat sich weiter fortgesetzt, ebenso wie die weitere Angleichung der Geschäftsmodelle der Airlines bzw. Airline-Gruppen. Auch für das Personal
verschärft sich die Lage weiter, und Arbeitsplätze geraten in allen Bereichen
in Gefahr.
Neu ist, und das bestätigen auch
offizielle Rückblicke, dass der Luftverkehr im vergangenen Jahr wie nie vorher in die Kritik geraten ist und der politische Druck, etwas gegen seine negativen Gesundheits- und Umwelt-Wirkungen zu tun, erheblich zugenommen hat. Dabei sind die erhobenen Forderungen durchaus vielfältig. Eines der konsequentesten Programme hat das 'Stay Grounded'-Netzwerk mit einem
aktuellen Bericht mit dem deutlichen Titel "So muss der Luftverkehr schrumpfen" vorgelegt. Und in den Streiks des vergangenen Jahres hat sich eine deutlich erhöhte Kampfbereitschaft des Personals in den verschiedenen Bereichen, von den Pilot*innen über die Flugbegleiter*innen bis zum Bodenpersonal gezeigt.
Ob diese Bewegungen stark und konsequent genug sind, tatsächlich eine Änderung der bisher eindeutig negativen Trends zu erreichen, wird sich wohl im vor uns liegenden Jahr deutlicher zeigen. Dass sie weitergehen werden, machen u.a. der
Aufruf von 'Fridays for Future' zu einer Großdemo in Mainz am 17.01.2020 unter dem Motto „Ein Jahr? Nix passiert!“ sowie das
Aktionstreffen von "Am Boden bleiben" in Frankfurt vom 07.- 09.02.2020 deutlich - gute Gelegenheiten, das neue Jahr sinnvoll zu beginnen.
03.01.2020
Die Luftfahrtindustrie hätte sicher gerne nur die Überschrift der
jüngsten Sicherheitsbilanz der Zivilluftfahrt in den Medien gesehen: "Weltweite Opferzahlen in der Luftfahrt gegenüber 2018 halbiert". Aber nur die Propagandamaschine der deutschen Luftfahrt, der BdL, bringt es tatsächlich fertig, ohne jede kritische Anmerkung ein
Loblied dazu zu singen. Nahezu alle anderen seriösen Medien, inklusive der Luftfahrt-Fachblätter, zitieren auch kritische Stimmen wie einen Flugsicherheitsexperten bei airliners.de:
"2019 war ein sehr zwiespältiges Flugsicherheitsjahr: Einerseits bekamen wir die Bestätigung für die erneute Verbesserung des hervorragenden Sicherheitsniveaus beschert, andererseits deckte der 737-MAX-Skandal auch einen Abgrund aus systemischen Mängeln der Flugzeugindustrie auf, deren Beseitigung die Branche noch länger beschäftigen wird."
Letzteres ist ein extrem kritischer Punkt: wenn die Zahlen noch gut sind, aber die Grundtendenzen sich negativ entwickeln, ist absehbar, dass es bald nicht mehr nur Erfolgsmeldungen geben wird. Und der Skandal um die Boeing 737 MAX ist nur eines von vielen Problemen beim Bau und Betrieb von Flugzeugen, die mit dem Kriterium 'Zahl der Todesopfer' völlig unzureichend erfasst sind.
Um den
Boeing-Skandal abschliessend zu bewerten, ist es immer noch zu früh. Nach zwei Abstürzen von Maschinen des Typs 737 MAX, die offensichtlich auf Konstruktionsfehler zurückzuführen waren, wurden alle Maschinen dieses Typs im März 2019 stillgelegt. Sie dürfen bis heute nicht fliegen, und wie es
weitergeht, ist derzeit noch unklar.
Schon nach dem ersten Absturz hatte es den Verdacht gegeben, dass die Ursache im von Boeing neu entwickelten Steuerungssystem MCAS gelegen haben könnte, und nach dem zweiten Absturz wurde bekannt, dass dieses System
unzureichend getestet und dokumentiert war. Bereits zu diesem Zeitpunkt
wiesen Insider darauf hin, dass bei der Auslegung dieses Systems technische Sicherheitsstandards verletzt worden waren. Unter anderem war die Systemfunktion abhängig von einem einzigen, konstruktionsbedingt störanfälligen Sensor, obwohl ihr Ausfall als "gefährlich" eingestuft wurde.
Im Laufe des Jahres wurden
immer mehr Dokumente bekannt, die Boeing schwer belasteten, so dass zum Jahresende der Boeing-Chef trotz heftigstem Widerstand
zurücktreten musste. Die Enthüllungen gehen allerdings weiter.
Heute stellt sich der Skandal im Kern so dar: Boeing musste im Jahr 2011 feststellen, dass sie für ein profitträchtiges Marktsegment, das Konkurrent Airbus zu besetzen drohte, keinen passenden Flugzeugtyp parat hatten. Um eine teure und langdauernde Neuentwicklung zu vermeiden, sollte ein vorhandener Typ so 'weiterentwickelt' werden, dass er den Anforderungen genügen und rechtzeitig und preiswerter angeboten werden konnte. Als sich herausstellte, dass die notwendigen Änderungen das Flugverhalten instabil machen konnten, wurden ein Sensor und Steuerungssoftware eingebaut, die dieses Verhalten korrigieren sollten. Um aber auch daraus resultierende Anforderungen an teure und zeitraubende Schulungen der Piloten, die diesen Typ fliegen sollten, zu vermeiden, wurde das Ausmaß, mit dem diese Software in die Steuerung eingreifen konnte, vor Aufsichtsbehörde und Kunden verschleiert. Alle firmeninterne Kritik an diesem Vorgehen wurde vom Management unterdrückt.
Nimmt man noch dazu, dass Boeing bei etwa gleichzeitiger Entwicklung und Bau des Typs 787 Dreamliner offenbar
ähnlich vorgegangen ist und auch beim ersten Versuch der 'Weiterentwicklung' der 737
Probleme auftraten, wird klar, warum Flugsicherheitsexperten einen
"Abgrund aus systemischen Mängeln" sehen.
Unabhängigen Experten in den USA war sofort klar, dass Rolle und Verständnis der Aufsichtsbehörde FAA
ein Problem sind. Das Verhältnis zwischen Behörde und Konzern ist "too cosy" (zu innig), die Behörde leidet unter Personalmangel und steht unter politischem und wirtschaftlichem Druck. Die Ähnlichkeiten zur
Rolle des Kraftfahrtbundesamtes im Dieselskandal liegen auf der Hand. Die europäische
Flug-Aufsichtsbehörde EASA war in die Genehmigung der 737 MAX wenig involviert, weil sie dem üblichen Verfahren folgte, die Zertifizierung der 737 MAX durch die FAA
ungeprüft zu übernehmen. Obwohl sie mittlerweile versucht, eine
härtere Haltung einzunehmen, bleibt das Problem grundsätzlich bestehen. Denn diese Art der
regulatorischen Kooperation ist genau das, was die EU mit allen ihren Handelspartnern im Rahmen von Freihandelsverträgen zum 'Abbau von Handelshemmnissen' festlegen möchte.
Andere US-Stimmen aus der Luftfahrtindustrie merken vorsichtig an, dass der Drang zu
Digitalisierung und Wirtschaftlichkeit die alte Sicherheits-Philosophie zerstört. Dennoch agiert auch die US-Politik inkonsequent und
weigert sich, die Boeing-Manager zur Verantwortung zu ziehen.
Auch für die meisten Medien hierzulande führt kein Weg daran vorbei, festzustellen, dass Boeing die
Sicherheit der Dividende geopfert hat und dass dies
weitreichende Konsequenzen für die Luftfahrt haben wird. Politische Aktionsversuche wie ein
Aufruf zum Boykott von Boeing-Flugzeugen finden allerdings bisher wenig Resonanz.
Während aber Flugzeugabstürze mit Todesopfern zumindest unmittelbar Aufmerksamkeit erzeugen, bleiben Vorfälle, die Risiken deutlich machen, aber keine unmittelbaren Folgen haben, kaum im öffentlichen Gedächtnis. So hat auch die Meldung, dass die Zahl der gefährlichen Annäherungen zwischen zwei Flugzeugen, ein Indiz für die Überlastung des Luftraums, zugenommen hat, keine sichtbaren Reaktionen hinterlassen. Experten schätzen die daraus resultierenden Risiken allerdings als hoch ein: "Es erstaunt mich schon, dass da noch nichts passiert ist, weil wir genügend Berichte haben, wo es eben ganz knapp war, wo Flugzeuge nur per Zufall aneinander vorbeigeflogen sind. Das hätte auch krachen können. Von daher ist es nur eine Frage, wann so etwas passiert und nicht ob".
Noch schwieriger ist es natürlich, Reaktionen auf Risiken zu bewirken, die zunächst nur in Planungen sichtbar werden. So ist es relativ einfach zu zeigen, dass der von der DFS geplante Probebetrieb für den Anflug auf Süd- und Center-Bahn von FRA bei Betriebsrichtung 25 die Sicherheitsempfehlungen, die von der 'Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen' nach einer 'schweren Störung' im Jahr 2011 ausgesprochen und zunächst auch befolgt wurden, mißachtet. Die Tatsache, dass im Rahmen eines offenbar kurzfristig beschlossenen Umbaus der Geschäftsführung der DFS der bisherige 'Geschäftsführer Betrieb', unter dessen Leitung die BfU-Sicherheitsempfehlungen in Verfahren umgesetzt worden waren, die DFS nach 28 Jahren fast schon fluchtartig verlässt, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass dieser Strategie-Schwenk nicht auf allgemeine Zustimmung stößt. Die Gewerkschaft der Flugsicherung hatte schon im letzten Jahr auf bedenkliche Tendenzen in der DFS-Geschäftsführung hingewiesen und die sarkastische Empfehlung geäussert: "If you think safety is expensive, try an accident" (Wenn Du glaubst, Sicherheit sei teuer, probier mal einen Unfall). Dennoch sind Sicherheitsfragen in den Reaktionen der Städte Offenbach und Rüsselsheim, die beide den Probebetrieb ablehnen, seltsamer Weise kein Thema.
Die beiden letzten Punkte machen allerdings deutlich, dass nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande die Philosophie, wonach Sicherheit im Flugverkehr an oberster Stelle stehen muss, nur noch in Sonntagsreden betont, aber nicht mehr praktiziert wird. Auch hier führen Wachstumswahn und Profitstreben dazu, das System bis an die Grenzen auszureizen. Zusammen mit der Tatsache, dass die Bevölkerung im Umland des Flughafens schon länger erheblichen Risiken ausgesetzt ist, sollte das Grund genug sein, den Widerstand gegen das weitere Wachstum des Flugverkehrs zu intensivieren.
Es gibt viele neue Ergebnisse zur Art und Entwicklung der emittierten Ultrafeinstaub-Partikel ...
... und zur Konzentration und Herkunft der Teilchen in Flughafen-Nähe...
... und auch zur Rolle von Wirbelschleppen und Wind bei deren Ausbreitung ...
... aber immer noch nicht genug zu den gesundheitlichen Wirkungen.
01.02.2020
Das Jahr 2019 war diesbezüglich dem Jahr 2018 ähnlich: es gab zum Thema 'Ultrafeinstaub' wieder eine Reihe von neuen Entwicklungen, die teilweise durchaus positiv waren - aber der Fortschritt ist nach wie vor langsam, und es gibt leider auch Hinweise, dass er an wichtigen Stellen nicht ankommt.
Viele Fortschritte stammen natürlich nach wie vor aus dem Bereich des Straßenverkehrs, wo einerseits die Betroffenheit weiter verbreitet ist, andererseits sich auch
immer neue Probleme auftun, die die Autoindustrie nicht im Griff hat und lieber vertuschen möchte. Wichtige Erkenntnisse über den genauen Ablauf der Partikelbildung und darüber, wie man auch kleinste Partikel bis hinunter zu einer Größe von 10 Nanometer messen kann, wurden z.B. in dem internationalen Projekt
DownToTen zusammen getragen.
Die wohl wichtigste neue Flughafen-bezogene Studie, deren Endbericht erst im laufenden Jahr veröffentlicht wird, deren
Ergebnisse aber im Wesentlichen schon vorliegen, kommt vom Flughafen Amsterdam-Schiphol. Darin wird u.a. gezeigt, dass knapp die Hälfte der Partikel, die im unmittelbaren Umfeld des Flughafens gemessen werden können, beim Start von Flugzeugen freigesetzt werden, und gut ein Viertel bei Landungen. Die genauen Ausbreitungswege wurden allerdings auch hier nicht im Detail untersucht.
Untersuchungen am Flughafen Salzburg liefern weitere
interessante Details. Ein
EU-Projekt, das im letzten Jahr begonnen wurde und eigentlich schon erste Ergebnisse vorlegen sollte, scheint sich dagegen zu verzögern, denn bisher gibt es keinerlei Veröffentlichung dazu. Das mag auch daran liegen, dass auch in diesem Projekt eine Modellierungsgruppe beteiligt ist, die mit ihrem Ansatz im UBA-Projekt am Flughafen Frankfurt gerade
komplett gescheitert ist.
Demgegenüber versucht Fraport nach wie vor, die offenkundigen Konsequenzen aus den Messungen rund um den Frankfurter Flughafen
zu leugnen. Dabei behaupten sie allerdings soviel Unsinn, dass auch das HLNUG da nicht mehr mitmachen kann und Fraport im 2. Zwischenbericht zu den Messungen am Flughafen Frankfurt
klar widerspricht - zumindest im Berichtstext.
Dass die unterschiedlichen Positionen und inhaltlichen Widersprüche nicht geklärt werden sollen, machte insbesondere die
Expertenanhörung deutlich, die Umwelthaus, Fluglärmkommission und HLNUG im August veranstalteten. Nach Aussage der Veranstalter sollte sie dazu dienen, "genaue Informationen über den aktuellen Stand zum Thema Ultrafeinstaub, insbesondere im Zusammenhang mit Flugzeugemissionen, zu erlangen und zu prüfen, welche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse daraus gewonnen werden können und welchen konkreten weiteren Forschungsbedarf es gibt". Diese Ziele hat sie allerdings deutlich verfehlt.
Was diese Anhörung bestenfalls geleistet hat, war, einen Überblick zu geben über die Arbeiten zu Ultrafeinstaub, die in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum durchgeführt wurden (plus einer summarischen Erwähnung der Amsterdamer Studie und ein paar Worten zu einigen Ergebnissen aus London). Speziell zu den Themenbereichen Luftverkehrsemissionen, Ausbreitung beim Flug und Modellierungsmethoden gab es niemanden, der auch nur den Versuch gemacht hätte, einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu geben (und dabei womöglich noch über den europäischen Tellerrand hinaus, insbesondere in die USA, zu blicken). Wir hatten in unserem
damaligen Bericht geurteilt: "Viele Widersprüche blieben einfach im Raum stehen, viele Fragen blieben offen, und es zeichnete sich kein Konzept ab, wie damit umzugehen sei und wie man weiter voran kommen könne. Im Gegenteil hatte man überwiegend den Eindruck, dass alle mehr oder weniger stolz auf ihre eigene Arbeit waren und kein Interesse an einer irgendwie gearteten Abstimmung oder einem gemeinsamen Vorgehen hatten." Nach der lange verzögerten Veröffentlichung der
Dokumentation zur Anhörung fällt das Urteil eher noch negativer aus.
Dort gibt es ganz am Ende einen Punkt "Zusammenfassung/Ausblick", in dem als "größte Wissenslücke" nur ein Punkt genannt wird, die unzureichende Kenntnis "über flüchtige und nicht-flüchtige UFPs". Das ist zwar in der Tat noch eine nicht geklärte Frage, die aber bei Fraport als faule Ausrede für das Versagen der bisherigen Modellierungsansätze herhalten muss und hier wahrscheinlich genauso gemeint ist.
Und im abschließenden Kapitel "Erkenntnisrunde und Ausblick" heißt es mit Bezug auf die vom Land Hessen versprochene Studie: "In der Expertengruppe des FFR werden die Ergebnisse dieser Veranstaltung nun ausgewertet und überlegt, welche Empfehlungen man im Hinblick auf das Ermitteln weiteren Erkenntnisgewinns direkt aussprechen kann." Das aber bedeutet, dass es keine weitere, offene Diskussion über Aufbau und Struktur dieser Studie geben wird, sondern irgendwann die von der Öffentlichkeit abgeschotteten FFR-Gremien die Betroffenen mit einem Beschluss überraschen werden, was untersucht werden soll und wer das tun darf.
Wenn die Grundsatz-Entscheidungen erst einmal getroffen sind, wird es selbstverständlich noch jede Menge Möglichkeiten zu Stellungnahmen und zur Beteiligung geben - Einfluss wird das allerdings nicht mehr haben. Dieses Vorgehen war bei NORAH und beim UBA-Projekt erfolgreich und wird es auch hier sein. Dass NORAH gravierende Mängel hatte und das UBA-Projekt komplett in den Sand gesetzt wurde, schreckt dabei offensichtlich nicht ab - Hauptsache, unangenehme Fragen bleiben aussen vor und die Ergebnisse behindern das weitere Wachstum des Flugverkehrs nicht.
Man sollte sich also keine Illusionen machen. Auch wenn jede weitere Messung nach einer anderen Interpretation schreit - die Luftverkehrslobby wird ihre Deutungsmacht über die Ergebnisse nicht aufgeben und weiterhin die Behauptungen propagieren, die ihr genehm sind. Und sie wird auch das neue Projekt am Frankfurter Flughafen so gestalten, dass ihr die Ergebnisse nicht gefährlich werden können.
Und da damit auch vorgezeichnet ist, dass der als "Belastungsstudie" bezeichnete Teil des Projekts, der die Daten für die jeweilige Belastung der Bevölkerung im Umfeld des Flughafens liefern soll, mangels brauchbarer Modellierung der Verteilung der UFP keine belastbaren Ergebnisse liefern wird, braucht man sich über die darauf aufbauende "Wirkungsstudie" kaum noch Gedanken zu machen. Da hilft es auch nicht, dass sich die Expert*innen in der Anhörung in diesem Bereich wesentlich einiger waren, denn die Einigkeit bestand im Kern gerade darin, dass es noch viel mehr Studien auf Basis der Kenntnis langfristiger Belastungssituationen braucht, ehe die gesundheitlichen Effekte von UFP genauer abgeschätzt und ggf. differenziert werden können. Diese Basis wird es im geplanten hessischen Projekt absehbar nicht geben.
Natürlich müssen wir die tatsächlichen Entscheidungen, die voraussichtlich im laufenden Jahr fallen werden, noch abwarten, und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir die vorliegenden Indizien zu negativ interpretieren und/oder dass noch ein 'Katja-Ebstein-Effekt' eintritt ("Wunder gibt es immer wieder ..."), aber bis dahin bleiben wir bei unserer damaligen Einschätzung: "Und so bleiben die Konfliktlinien so, wie sie vorher auch waren, und der Streit, woher die UFP-Belastung für die Bevölkerung rund um den Frankfurter Flughafen kommt und wie ihr zu begegnen wäre, ist um ein paar Argumente reicher, aber einer Entscheidung nicht näher. Die Auseinandersetzungen müssen und werden weitergehen. Und sie werden zwar auch um die wissenschaftlichen Ergebnisse, im Kern aber um deren Konsequenzen und die notwendigen politischen Maßnahmen gehen - wie in anderen Bereichen auch". Auf alle Fälle bleiben UFP auch 2020 ein spannendes Thema.
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