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03.03.2025

Schwarz-rote Luftverkehrspolitik:

Non-stop in die Klimahölle

Noch ist die CDU/SPD-Koali­tion auf Bundes­ebene, die nach der Bundes­tags­wahl als einzige Mög­lich­keit für eine Regie­rung ohne AfD-Betei­ligung bleibt, nicht gebildet, aber bereits jetzt lässt sich nach­lesen, wie schwarz-rote Luft­verkehrs­politik künftig aus­sehen soll. Aufge­schrieben hat es die hessi­sche Landes­regie­rung in Form eines Antrags, den sie schon am 30. Januar in den Bundes­rat einge­bracht hat.
In seiner Sitzung vom 14.02 hat der Bundes­rat den Antrag wunsch­gemäß an die zustän­digen Aus­schüsse über­wiesen; wann er im Plenum zur Abstim­mung stehen wird, ist noch nicht bekannt.

Die Landes­regierung kann sich für diese Initia­tive natür­lich auf den Koali­tions­vertrag sowie die Landtags­debatte vom Sep­tember letzten Jahres berufen, aber um Demo­kratie und Trans­parenz zu simu­lieren und sich die Gelegen­heit für eine weitere Propa­ganda-Offen­sive nicht ent­gehen zu lassen, durfte der Landtag am 27.02. über einen ganz ähn­lichen Antrag abstimmen, der die Initia­tive "begrüsst".
Die Debatte dazu kann man sich bei der Hessen­schau ansehen und -hören. Viel Interes­santes gibt es da aller­dings nicht. Die Grünen lernen langsam wieder Oppo­sition, sind aber noch ein gutes Stück davon entfernt, die Probleme dieser Politik wirk­lich zu benennen. Tief­punkt der Debatte (neben den AfD-Beiträgen, die immer das unterste Niveau markieren) war die Rede der Staats­sekre­tärin im Wirt­schafts­minis­terium, die mit ideo­logischen Phrasen um sich warf, aber inhalt­lich nichts zu sagen hatte.

Inhalt­lich setzt die Initia­tive im Wesent­lichen das um, was das Propa­ganda-Trommel­feuer der Luft­verkehrs­wirt­schaft seit Monaten fordert, zuletzt knapp zusammen­gefasst in einer Presse­mittei­lung des "Bundes­verbandes der Deutschen Luft­verkehrs­wirt­schaft" BDL. In einigen Punkten geht sie aller­dings noch weiter im Bemühen, Subven­tionen für den Luft­verkehr locker zu machen.

Als Maßnahme zur Kosten­senkung soll die Luft­verkehr­steuer redu­ziert und "in eine ... zweck­gebundene Abgabe zur Finan­zierung des Struktur­wandels im Luft­verkehr" umge­wandelt, also voll­ständig als Subven­tion zurück­gezahlt werden. Darüber hinaus sollen sowohl die Luft­sicher­heits­gebühren (für Passa­gier- und Gepäck­kontrollen etc.) als auch die Flug­siche­rungs­gebühren mindes­tens teil­weise aus Steuer­geldern bezahlt werden.
Die europä­ischen Regeln für den Emissions­handel und die Nutzung sog. nach­haltiger Treib­stoffe (Sustain­able Aviation Fuels, SAF) sollen über­prüft und "wett­bewerbs­neutral umge­staltet", sprich aufge­weicht werden, Produk­tion und Beschaf­fung von SAF sollen durch staat­liche Garan­tien und Bürg­schaften abge­sichert werden.

Über die Forde­rungen der Luft­verkehrs­wirt­schaft hinaus gehen die Vorschläge, wie der selbst verschul­dete Personal­mangel bei Flug­häfen und Flug­gesell­schaften über­wunden werden kann. Dies soll einer­seits durch eine "zeit­nahe Schaf­fung und Umset­zung einer Immi­grations-, Inte­grations- und Beschäf­tigungs­strategie", anderer­seits durch Unter­stützung der "Schaf­fung von Mitar­beiter­wohnungen, bei­spiels­weise durch steuer­liche Begünsti­gungen", erreicht werden.
Letzteres klingt, als solle damit der Fraport-Immo­bilien­sektor, der sich bisher auf Gewerbe-Immo­bilien konzen­triert und nur einige im Rahmen des Casa-Programms in Flörs­heim erworbene Wohnungen verwaltet, hier ein neues Betätigungs­feld erhalten. Für Fraport und Lufthansa Werks­wohnungen zu subven­tionieren statt sozialen Wohnungs­bau generell zu fördern wäre aber in der Tat eine neue Stufe der Dreistig­keit.

Vergleicht man die Inhalte dieser Initia­tive mit den Forde­rungen der Umwelt­verbände zur Entwick­lung des Luft­verkehrs, kann man fest­stellen, dass sie im Wesent­lichen das Gegen­teil dessen sind, was aus Gründen des Gesund­heits-, Umwelt- und Klima-Schutz not­wendig wäre.
Klima­schutz soll statt­dessen dadurch möglich werden, dass genügend Geld verdient wird, um ihn zu finan­zieren. Dass die Luft­verkehrs­wirt­schaft ihre eigenen Klima­ziele trotz üppiger Profite bisher klar verfehlt hat, neue Konzepte wie die noch im letzten Jahr für 2035 angekün­digten Wasser­stoff-Antriebe in die ferne Zukunft ver­schiebt und selbst die Weiter­entwick­lung der konventio­nellen Technik ver­zögert, wird nicht zur Kenntnis genommen.

Die Begrün­dungen, die Landes­regierung und Koalition für diese Initia­tive liefern, sind eben­falls die gleichen, die die Luft­verkehrs­wirt­schaft ständig vorträgt, und keine einzige davon ist wahr.
Selbst altge­diente Luft­fahrt-Lobby­isten kommen beim Blick auf die Zahlen zu dem Ergeb­nis, dass die "Stand­ort-Kosten", also Steuern und Gebühren, auf das geringere Wachs­tum an deutschen Flug­häfen besten­falls einen "geringen Einfluß" haben und die wesent­lichen Faktoren die "Markt­abschot­tung" durch die aggres­sive Wett­bewerbs­politik der Luft­hansa-Gruppe bei gleich­zeitigem "Mangel Perso­nal/Flug­zeuge", durch die die vorhan­dene Nach­frage nicht bedient werden kann, sind.

Die "fehlende Erholung" von den Pan­demie-Ein­brüchen betrifft insbe­sondere den inner­deutschen Luft­verkehr, der nur noch rund die Hälfte der 2019er Zahlen umfasst. Da diese Flüge wohl über­wiegend durch Bahn­fahrten oder Video­konfe­renzen ersetzt wurden, ist das eine klima­politisch ein­deutig positive Entwick­lung, die ausser den Flug­gesell­schaften und den betrof­fenen Flug­häfen niemandem wirt­schaft­lich weh tut.
Auch die angeblich "abnehmende Konnek­tivität" ist ein Mythos. Zum einen brüstet sich Fraport damit, "auch 2024 weltweit führend bei der Hub-Konnek­tivität" gewesen zu sein, zum anderen spielt es auch höchstens für die Touris­mus-Branche eine Rolle, wenn einige Regional­flug­häfen Direkt­verbin­dungen zu touris­tischen Zielen ver­lieren. Und wenn tatsäch­lich wichtige Routen wie die nach Asien von Luft­hansa aus poli­tischen Gründen nicht mehr rentabel beflogen werden können, gibt es Auswege über 'Star Alliance'- und Joint-Venture-Partner.

Die Prota­gonisten dieser Luft­verkehrs-Subven­tionie­rungen wissen das natür­lich alles sehr genau. Sie wissen auch, dass die deutschen Klima­ziele ohne massive Reduk­tion der Emis­sionen im Verkehrs­bereich nicht erreicht werden können. Warum sie trotzdem das Publikum derart dreist belügen und damit die Glaub­würdig­keit ihrer Politik partei­über­greifend weiter ruinie­ren, darüber kann man speku­lieren. Klar wird hier nur einmal mehr: von dieser Art von Politik ist keine Lösung der anstehen­den Probleme zu erwarten. Weder wird dadurch der weitere Anstieg der ohnehin schon unerträg­lichen Belas­tungen durch Lärm und Schad­stoffe im Flug­hafen-Umfeld verhin­dert, noch ergibt sich auch nur die kleinste Perspek­tive, die drohende Klima­kata­strophe doch noch irgend­wie auf ein über­lebbares Maß zu beschränken.
Und wenn, wovon man aus­gehen muss, diese hessische Initia­tive in beiden Parteien abge­stimmt und damit das ist, was auch von einer schwarz-roten Koali­tion auf Bundes­ebene zu erwarten ist, müssen sich alle, die etwas anderes wollen, auf noch schwie­rigere Zeiten ein­stellen. Das Kata­strophen-Wachs­tum soll auch in diesem Jahr weiter­gehen, Militari­sierung und Aufrüs­tung haben Prio­rität gegen­über Klima­schutz und -anpas­sung, die Klima­ziele werden aufge­geben und die Spal­tung der Gesell­schaft weiter getrieben. Blickt man dann noch auf die Vor­gänge in den USA, ist man geneigt, dem italie­nischen Philo­sophen und Kommu­nisten Antonio Gramsci zuzu­stimmen, der 1930 schrieb:

"Das Alte stirbt und das Neue kann nicht zur Welt kommen: Es ist die Zeit der Monster."


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26.01.2025

Bundestagswahl 2025:
eine NGO-Roadmap
"Klimaneutraler Luftverkehr"

Anläss­lich der Bundes­tagswahl am 23. Februar haben fünf NGOs, darunter der Dach­verband der deut­schen Umwelt­verbände, der Deut­sche Natur­schutz­ring DNR, und die bundes­weit tätige Bundes­vereini­gung gegen Flug­lärm BVF mit einer gemein­samen Presse­erklä­rung eine Agenda Klima­neutraler Luft­verkehr vorge­stellt.

Kern­punkte der Agenda sind eine Roadmap Klima­neutraler Luft­verkehr, eine Stra­tegie zur Redu­zierung des Flug­lärms und ein Hand­lungs­konzept zur Verring­erung der Luft­ver­schmut­zung durch den Flug­verkehr, das sich insbe­sondere auf den Ultra­fein­staub konzen­triert.

Die Roadmap Klima­neutraler Luft­verkehr enthält 8 Punkte, die "in dieser Legis­latur­periode dringend auf den Weg gebracht werden" sollten (hier ohne die jewei­ligen Begrün­dungen und Ergän­zungen aufge­listet):

  1. Bundes­regierung und Luft­verkehrs­wirt­schaft treiben gemeinsam den Aufbau einer Infra­struktur zur Erzeu­gung von strom­basierten Kraft­stoffen (Power-to-Liquid-Kerosin) voran, ...
  2. Die Bundes­regierung setzt sich auf EU-Ebene dafür ein, den Emis­sions­handel und die Energie­steuer-Richt­linie zu stärken und weiter­zuent­wickeln.
  3. Die Bundes­regierung entwickelt die natio­nale Luft­verkehr­steuer als wichtiges Instru­ment zur Steuer­gerech­tigkeit zwischen den Verkehrs­trägern weiter.
  4. Um die besonders klima­schäd­lichen Nicht-CO2-Effekte zu mini­mieren, müssen regula­tive Maß­nahmen und finan­zielle Anreize zur Ermög­lichung und Förde­rung klima­optimierter Flug­routen einge­führt werden sowie der Deut­sche Wetter­dienst (DWD) und die Deutsche Flug­siche­rung (DFS) ent­sprechend ertüch­tigt.
  5. Die Höhe der klima­schäd­lichen Subven­tionen des Bundes für den Luft­verkehr in Form von direkten Subven­tionen oder Steuer­erleichte­rungen wird planungs­sicher schritt­weise auf null gesenkt ...
  6. Attrak­tive Bahn­angebote ermög­lichen die Verlage­rung von inner­deutschen und europä­ischen Flügen sowie Flüge von und ins nahe Ausland auf die Bahn ... .
  7. Solange keine aus­reichenden Lösungen für klima­neutrales Fliegen verfügbar sind, muss der Flug­verkehr redu­ziert werden, wo immer möglich.
  8. Die Bundes­regierung setzt sich auf europä­ischer Ebene dafür ein, dass die kosten­lose Zutei­lung der Slots und die Praxis der „Groß­vater­rechte“ (Grand­fathering) abge­schafft werden.
Von diesen acht Forde­rungen betreffen sieben mehr oder weniger weit gehende Reformen bereits vorhan­dener Instru­mente, die auch in anderen Kreisen disku­tiert werden. Ledig­lich Forde­rung 7 fällt aus dem Rahmen: "Redu­zierung des Flug­verkehrs" ist für die gesamte Luft­verkehrs­wirt­schaft und nahezu alle Parteien, die bei dieser Wahl kandi­dieren, natür­lich ein absolutes "No-Go".
Dummer­weise ist diese Forde­rung die einzige, die auch nur halb­wegs geeignet ist, den Luft­verkehr auf einen Kurs zu bringen, der mit den inter­natio­nal verbind­lich beschlos­senen Klima­zielen halb­wegs verein­bar ist. Der Agenda-Text vermeidet es aller­dings, darauf einzu­gehen, welche Ausmaße die notwen­digen Reduzie­rungen, insbe­sondere auch im Mittel- und Lang­strecken­verkehr, haben müssen.

Die Stra­tegie zur Redu­zierung des Flug­lärms soll dazu beitragen, Flug­lärm in Über­einstim­mung mit den Zielen des EU Zero Pollu­tion Action Plan bis 2040 um 30% zu redu­zieren. Dazu werden für die kommende Legis­latur­periode vier Maßnahmen vorge­schlagen:

  1. Eine Novel­lierung des Flug­lärm­schutz­gesetzes sowie der 2. Flug­lärm­schutz­Verord­nung, um den baulichen Schall­schutz für Anwohne­rinnen und Anwohner gemäß den Erkennt­nissen der Lärm­wirkungs­forschung zu erweitern.
  2. Eine Novel­lierung des Luft­verkehrs­gesetzes, um neben der Sicher­heit des Luft­verkehrs gleich­berechtigt die Verpflich­tungen zur Lärm­minderung und zum Klima­schutz zu ver­ankern. ...
  3. Die Verpflich­tung von Flug­häfen, Maß­nahmen zur Redu­zierung des Lärms zu ergreifen, die dem Stand der Technik entsprechen. ...
  4. Ein allge­meines Nacht­flug­verbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ... .
Diese Forde­rungen kommen einem nur allzu bekannt vor. Bereits im letzten Bundes­tagswahl­kampf hatte die "Arbeits­gemein­schaft Deutscher Flug­lärm­kommis­sionen" ein Papier vorgelegt, in dem diese und weitere Forde­rungen so oder ähnlich enthalten waren. Die dama­lige Reaktion der gewählten "Fort­schritts­koalition" und die seit­herigen Entwick­lungen im aktiven und passiven Schall­schutz und in der Politik bieten keinen Grund zu der Annahme, dass es hier in nächster Zeit voran gehen könnte.

Das Hand­lungs­konzept zur Verring­erung der Luft­ver­schmut­zung ist der schwächste Teil der präsen­tierten Agenda. Zwar wird zurecht hervor­gehoben, dass "ultra­feine Partikel (UFP)" "beson­ders gesund­heits­schäd­lich sind", und mit Bezug darauf werden drei Maß­nahmen gefor­dert:

  1. Die Bundes­regierung setzt sich auf europä­ischer Ebene für einen streng­eren Schwefel-Grenz­wert bei Kerosin von 10 ppm ein, ... . Zusätz­lich begrenzt sie den Anteil der Aromaten so, dass er sich an der unteren Grenze der ASTM-Stan­dards (8%) orien­tiert.
  2. Die Bundes­regierung über­führt die europä­ische Mess­verpflich­tung für UFP zügig in natio­nales Recht und baut eine entspre­chende Mess­infra­struktur auf.
  3. Die Bundes­regierung unter­stützt die Verfüg­barkeit von schwefel- und aromaten­armen Kerosin an deutschen Flug­häfen ...
Das sind richtige und wichtige Forde­rungen. Ob sie aller­dings aus­reichen können, um die UFP-Belas­tung in ausrei­chendem Maß zu senken, ist mehr als nur frag­lich, es ist prak­tisch ausge­schlossen. Uner­wähnt bleiben hier auch alle anderen Schad­stoffe, insbe­sondere die Stick­oxide, bei denen der Flug­verkehr gerade in Ballungs­räumen wie dem Rhein-Main-Gebiet massiv dazu beiträgt, dass die neuen EU-Grenz­werte, die Ende 2024 in Kraft getreten sind, aber immer noch deut­lich hinter den von der WHO empfoh­lenen Richt­werten zurück­bleiben, auf Jahre hinaus nicht einge­halten werden können.

Als Fazit kann man fest­halten: diese "Agenda" ist sehr "real­politisch" geprägt und konzen­triert sich auf das, was beson­ders dring­lich ist und bei gutem Willen auch ohne dras­tische Verände­rungen durch­setzbar wäre. Das ist wichtig und not­wendig besonders vor dem Hinter­grund, dass der allge­meine poli­tische Trend in eine andere Rich­tung geht und die Chancen selbst dafür eher gering sind.
Es darf aller­dings nicht darüber hinweg­täuschen, dass eine Politik, die Gesund­heit und Umwelt wirk­lich schützen und die Klima­kata­strophe soweit wie möglich ein­dämmen wollte, sehr viel weiter­gehendere und drasti­schere Maß­nahmen erfor­dern würde. Poli­tische Kräfte, die so etwas auf dem Programm haben, sind derzeit aller­dings rar und aktuell in Gefahr, im nächsten Bundes­tag nicht mehr ver­treten zu sein.


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05.01.2025

Fraports Neujahrsgeschenk:
die Entgeltordnung 2025

Zum 01.01. ist die neue Fraport Entgelt­ordnung in Kraft ge­treten, die Bestand­teil eines vier­jährigen Entgelt­abkom­men zwischen Fraport und den auf FRA aktiven Flug­gesell­schaften ist.

Zum Umfang der Erhöh­ungen führt Fraport aus: "Für 2025 werden die Flug­hafen­entgelte durch­schnitt­lich um 5,7 Prozent steigen. ... In den Jahren 2026 bis ein­schließ­lich 2028 fallen die Entgelt­anpas­sungen von Jahr zu Jahr geringer aus. Im Durch­schnitt wird der Anstieg in den nächsten vier Jahren bei knapp vier Prozent pro Jahr liegen."
Sie legt auch grossen Wert darauf zu betonen, dass das Ab­kommen bzw. die Entgelt­ordnung "gemein­sam mit unseren Air­line-Kunden ... erar­beitet" wurde, d.h. also das Stan­dard-Ge­jammer über die "ständig steigen­den Stand­ort­kosten" hier höchs­tens noch von denje­nigen kommen wird, die (wie Chef-Jammerer Ryanair) derzeit nicht auf FRA aktiv sind.

Über die Entstehung dieser Entgelt­ordnung, und was daran falsch ist, kann man noch einiges aus den beiden Stel­lung­nahmen der Flug­lärm­kommis­sion vom August und vom Dezem­ber letzten Jahres lernen.
Wir wollen uns hier auf zwei für die Bevölke­rung im Umland des Flug­hafens be­sonders interes­sante Punkte konzen­trieren: die lärm- und emis­sions-abhäng­igen Teile der Entgelte und das neue Anreiz-Programm für mehr Flug­verkehr, genannt "Inter­kont-Incen­tive".


Die Entgelte

Die Lande- und Start-Entgelte enthalten neben den auf die maximale Start­masse (Maximum Take-Off Mass, MTOM) und die Passa­gier­anzahl und Fracht­menge bezo­genen Kom­po­nen­ten auch eine lärm­abhängige, "mit Fest­beträgen pro Lärm­kate­gorie" berech­nete, und eine emis­sions-abhängige Kompo­nente. Für erstere gibt es noch "in Anleh­nung an den inter­natio­nalen Standard „Noise Rating Index“" Rabatte, wenn sie in einem oder meh­reren der drei Krite­rien der ICAO-Lärm­kate­gorien bessere Werte zeigen.

Für die emis­sions­abhängige Kompo­nente hat sich im Vergleich zur Entgelt­ordnung 2024 nicht viel geändert, pro "Kilo­gramm Stick­oxid­äqui­valent" sind 3,90€ statt bisher 3,69€ zu zahlen. Die Berech­nungs­formel ist relativ komplex, aber man darf annehmen, dass die meisten Flug­gesell­schaften den Unter­schied kaum bemerken werden.
Die Erhöhung der lärm­abhängigen Kompo­nente bewegt sich in dem in der Fraport-PM angekün­digten Rahmen (5,7%), etwa gleich über alle Kate­gorien hinweg. Das bedeutet natür­lich auch, dass in den Kate­gorien, die die Arbeits­pferde der meisten Airlines ent­halten, Auf­schläge im einstel­ligen oder nied­rigen zwei­stelligen Euro-Bereich fällig werden, während Kate­gorie 16 um schwindel­erregende 1.555,82€ (von 27.295,11 auf 28.850,93€) teurer wird. Dummer­weise ist die als Einzige in dieser Kategorie enthal­tene Antonov 124 in Frank­furt seit Jahren nicht mehr gesehen worden.

Weiter­hin gibt es noch die sog. Lärm­zuschläge "zur Finan­zierung der Maß­nahmen­programme", womit die Schall­schutz­maß­nahmen gemeint sind, zu denen Fraport verpflich­tet wurde, sowie das Dach­siche­rungs­pro­gramm zum Schutz vor Wirbel­schleppen, das in Flörs­heim und Raun­heim umge­setzt wurde. Hier gibt es keine Verände­rungen: pro Bewe­gung (Start oder Landung) werden in den rele­vanten Kate­gorien Beträge zwischen 1,50 und 18,75€ fällig, zusätz­lich beim Start 24 Cent pro Passa­gier und bei Start und Landung 4 Cent pro 100 kg Fracht.
Eine Erhöhung wäre wohl auch kaum zu recht­fertigen, denn beim Schall­schutz ist Fraport bisher sehr billig wegge­kommen, und auch das Dach­siche­rungs­programm wurde derart abstos­send ausge­staltet, dass fast die Hälfte der Anspruchs­berech­tigten es garnicht ange­nommen hat bzw. nicht um­setzen konnte. Bei beiden sind kaum noch Folge­kosten absehbar.
Würde Fraport gezwungen, in diesen Bereichen das tatsäch­lich Notwen­dige zu finan­zieren, müssten sie die genannten Beiträge wohl ver­hundert­fachen, aber ein poli­tischer Wille dazu ist nirgendwo in Sicht.

Die Flug­lärm­kommis­sion hatte in ihrer August-Stellung­nahme zu den Entgelten vier schon länger erhobene Kern­forde­rungen formu­liert:

Der lärm­abhängige Entgelt­anteil liegt derzeit unter 15%, und die nächt­lichen Zuschläge bei 65% für die gesetz­liche und 300% für die Media­tions-Nacht.

In der Dezember-Stellung­nahme macht die FLK deutlich, dass Fraport offen­sicht­lich bei der Aushand­lung des Entgelt­abkommens erheb­liche Zuge­ständ­nisse gemacht und die durch­schnitt­liche Erhöhung von ursprüng­lich 8,5% auf 5.7% abge­senkt hat. Zusätz­lich wurde bei den Passa­gier­entgelten eine zusätz­liche Förde­rung einge­baut, durch die Airlines, die durch­schnitt­lich mindestens zweimal am Tag von FRA starten und ganz­jährig eine hohe Aus­lastung ihrer Flug­zeuge (>90%) erreichen, eine Erstat­tung in Höhe von 15€ für alle Passa­giere ober­halb einer "Kappungs­grenze" erhalten.
Das ist einer­seits ein Anreiz für bereits auf FRA aktive Airlines, die Frequenz zu erhöhen ("mind. 2mal pro Tag"), anderer­seits ist eine Auslas­tung über 90% ein Krite­rium, das insbe­sondere Billig­flieger in aller Regel leicht erreichen. Es wäre nicht erstaun­lich, wenn z.B. Ryanair nochmal nach­rechnen würde, ob sich damit eine Nutzung von Terminal 3 ab nächstem Jahr lohnen könnte.


Das "Interkont-Incentive"-Programm

Anreiz­programme zur Steige­rung des Betriebs auf FRA gab es in den letzten Jahren fast immer, und sie waren mehr oder weniger umstritten. Insbe­sondere das Incen­tive-Programm 2017, das Ryanair für ein paar Jahre nach FRA gelockt hat, sorgte vielfach für Streit. Das Programm, das im letzten Jahr galt, war dagegen ver­gleichs­weise zurück­haltend: da sollte ein even­tueller Überschuss-Betrag, der über die vorher kalku­lierten Entgelt-Ein­nahmen hinaus­ging, zur Hälfte an die Flug­gesell­schaften zurück­gezahlt werden, die 2024 mehr geflogen sind als im Vorjahr.
Im kommenden Jahr wird das anders. Schon der Programm-Name deutet an, worum es geht: "Das Inter­kont-Incen­tive hat zum Ziel, die Steige­rung des Passa­gier­volumens im Inter­konti­nental-Verkehr gegenüber dem Jahr 2024 ... zu fördern. Insbe­sondere die Hub-Funktion in Frank­furt soll dadurch weiter gestärkt und ausgebaut werden."

Unab­hängig vom Jahres-Gesamt­ergebnis will Fraport für jeden zusätz­lichen Passa­gier zahlen, den eine Flug­gesell­schaft über das "normale" Wachstum gegen­über dem Vorjahr hinaus befördert, sofern sie 2025 insge­samt mehr als 7.500 Passa­giere beför­dert hat. Das ist keine hohe Zahl, sie kann z.B. mit nur einem gut besetzten Flug pro Woche während des Sommer­flug­plans erreicht werden.
Im Detail gibt es dann noch Differen­zierungen. Für Originär­passa­giere, die den Flug in Frank­furt beginnen, wird ein "normales" Wachstum von 3,8% voraus­gesetzt, für jeden zusätz­lichen Passa­gier gibt es 15,00€. Für Transit- und Transfer-Passa­giere, die in Frank­furt umsteigen, braucht es nur 1,3% Wachstum, es gibt aber auch nur 7,50€. Für Airlines, die 2025 neu nach Frank­furt kommen, gilt jeder Passa­gier als "zusätz­liches Wachstum".

Es mag zunächst positiv erscheinen, dass mit diesem Programm Kurz- und Mittel­strecken-Verkehrs nicht mehr geför­dert werden, aber erstens profi­tieren diese Bereiche ja von der Anreiz-Regelung bei den Passa­gier-Ent­gelten, und zweitens werden durch die deut­lich niedri­geren Gebühren für Transfer- und Transit-Passa­giere gegen­über den­jenigen Passa­gieren, die ihre Reise in Frank­furt beginnen, Kurz­strecken-Zubringer­flüge gegen­über klima­freund­licheren Anreise­möglich­keiten z.B. mit der Bahn in einer Weise bevor­zugt, die schon lange als beson­derer Skandal ange­prangert wird. Dieser Unter­schied wird aber durch die neue Entgelt­ordnung sogar noch verstärkt.
Das Urteil der FLK fällt entspre­chend auch kurz und knapp aus: "Die Kommis­sion lehnt jeg­liches finan­zielle Anreiz­system (Incen­tive-Pro­gramm) für die Schaf­fung von Mehr­verkehr am Stand­ort Frank­furt ab", weil dadurch "künst­lich Verkehrs­bedarfe am Stand­ort Frank­furt finan­ziell unter­stützt und damit teil­weise erst gene­riert" werden.

Mit der Orien­tierung auf Inter­konti­nental­flüge befindet sich Fraport aller­dings in voller Über­ein­stimmung mit der Landes­regierung, deren zustän­diger Minister im September letzten Jahres stolz verkün­dete, dass er es als seinen Auftrag sieht, die Hub-Funktion, die grund­sätz­lich "nicht etwa an einen bestimm­ten Stand­ort gebun­den ist", in Frank­furt zu halten.
Das macht den Skandal aber nur noch grösser. Zum einen ist der Inter­konti­nental-Verkehr der klima­schäd­lichste Bereich des Luft­verkehrs, nicht nur, weil er den grössten Teil des Treib­stoffs verbraucht, sondern auch, weil die Klima­effekte durch Kondens­streifen hier in der Regel noch stärker sind als bei kürzeren Strecken. Natür­lich gibt es bei Inter­konti­nental­verbin­dungen oft keine brauch­bare Alter­native zum Flug­verkehr, aber trotz­dem ist es ange­sichts der Klima­kata­strophe dringend not­wendig, ihn auf das absolut unver­zichtbare Maß zu beschränken. Hier noch künst­lich Bedarf erzeugen zu wollen, ist absolut unver­antwort­lich.

Zum anderen ist es ebenso unver­antwort­lich, eine Region, die ohnehin über die gesund­heit­lichen Grenzen hinaus mit Lärm und Schad­stoffen belastet ist, aus reinen Profit­gründen mit einer Aktivi­tät zu belasten, die ebenso­gut anderswo abge­wickelt werden könnte. Die von der Welt­gesund­heits­organi­sation WHO empfoh­lenen Richt­werte für Lärm, Stick­oxide und andere Belas­tungen werden in Rhein-Main drastisch über­schritten, jede Steige­rung dieser Belas­tungen führt zu noch mehr Krank­heits­fällen und Verlust an Lebens­qualität.
Dass ein Hub, der zu zwei Dritteln touris­tische Flüge abwickelt, damit der Region derart rele­vante Vor­teile bringen würde, dass diese Schäden auch nur wirt­schaft­lich gerecht­fertigt werden könnten, hat noch niemand glaub­würdig begrün­den können.

Dass Fraport als Aktien­gesell­schaft nach den Prin­zipien dieses Wirt­schafts­systems handelt und auf gesell­schaft­liche Verant­wortung zugunsten des Profits pfeift, muss wohl als normal betrachtet werden. Dass die Landes­regierung und alle im Land­tag vertre­tenen Parteien diesen Kurs massiv unter­stützen, ist zwar auch keine Über­raschung, muss aber trotz­dem als Skandal ange­prangert werden, insbe­sondere, da sie im laufenden Wahl­kampf andere Töne an­schlagen und versuchen, ihre Politik als sozial und umwelt­freundlich zu verkaufen. Ihre Praxis macht mehr als deutlich, was davon zu halten ist.


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